TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/5 91/06/0102

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.05.1994
beobachten
merken

Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauO Stmk 1968 §12;
VVG;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder, den Vizepräsidenten Dr. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des JH und der AH , beide in K, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. April 1991, GZ. 03-12 Ha 129-91/2, betreffend die Nichterteilung einer Benützungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 21. August 1989 hat der Bürgermeister der Gemeinde K den Beschwerdeführern die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Garage erteilt und gleichzeitig zahlreiche Auflagen vorgeschrieben. Unter anderem war im Spruch des Bescheides folgendes vorgeschrieben worden:

"Bei größeren Umbauten der Kellerräume und bei Neubauten, die nach ihrer Zweckbestimmung zum längeren Aufenthalt einer größeren Anzahl von Menschen dienen soll (richtig: sollen), sind Schutzräume mit einem einsatzfähigen Schutzsystem (Trümmersicherheit der Decke, Strahlenschutz, Schutzraumtür, Sandfilterkasten und Lüftungsrohre) vorzusehen."

Mit Bescheid vom 25. September 1990 hat der Bürgermeister der Gemeinde K den Beschwerdeführern die Benützungsbewilligung erteilt, "soferne folgende Maßnahmen getroffen bzw. Mängel behoben werden". Als einzige zu treffende Maßnahme wurde die Herstellung eines Schutzraumes gemäß § 12 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 innerhalb einer bestimmten Frist ("bis spätestens 30. November 1990") vorgeschrieben. Im Spruch dieses Bescheides ist anschließend daran folgendes ausgeführt: "Erst nach vollständiger Erfüllung der Auflagen, Beseitigung der Mängel bzw. Beibringung eines Ausführungsplanes tritt die Benützungsbewilligung in Kraft." Seinen als "Teil-Benützungsbewilligung" bezeichneten Bescheid vom 25. September 1990 begründete der Bürgermeister damit, daß der im Bescheid vom 21. August 1989 laut Steiermärkischer Bauordnung 1968 (§ 12) vorgeschriebene Schutzraum nicht errichtet worden sei. In der Begründung wurde auch das (im Rahmen der "Ortsverhandlung" am 5. September 1990 erstellte) Gutachten des Sachverständigen wiedergegeben, in dem ausgeführt worden war, daß für den fertiggestellten Teil die Teilbenützungsbewilligung "erteilt werde"; nach Fertigstellung des Schutzraumes innerhalb der vorgesehenen Frist werde - so das Gutachten - die Gesamtbenützungsbewilligung "erteilt".

2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung und führten darin als Begründung im wesentlichen aus, daß das errichtete Einfamilienhauses nur ihnen beiden allein als Wohnsitz dienen werde. Die Bauausführung sei nach den zur Baubewilligung vorgelegten Plänen und unter Einhaltung aller im Baubewilligungsbescheid vom 21. August 1989 vorgeschriebenen Auflagen erfolgt. Ein Schutzraum sei in den Bauplänen nie vorgesehen gewesen. Eine konkrete Vorschreibung zur Errichtung eines Schutzraumes sei im Baubewilligungsbescheid nicht erfolgt. Der im Spruchteil des genannten Bescheides angeführte allgemeine Hinweis, der sich in der Wiedergabe des Gesetzestextes erschöpfe, könne in Ermangelung einer präzisen Vorschreibung wohl nicht als konkrete Auflage angesehen werden. Der in der Bescheidbegründung enthaltene Satz "Ein Schutzraum laut Steiermärkischer Bauordnung 1968 ist zu errichten" stelle lediglich eine Wiedergabe der bei der mündlichen Bauverhandlung geäußerten Meinung des Sachverständigen, aber nicht eine Anordnung der Behörde dar. Eine Vorschreibung könne daher darin nicht erblickt werden, weil nur der Spruchinhalt, nicht aber die Begründung in Rechtskraft erwachsen könne. Die Beschwerdeführer seien außerdem der Auffassung, daß für ein ebenerdiges Einfamilienhaus auch im Sinne des § 12 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 kein Schutzraum nötig sei, weil ein alleinstehendes Ehepaar wohl nicht als eine größere Anzahl von Menschen angesehen werden könne. Die Konzeption und das Ausmaß der Räume mit ca. 150 m2 seien für einen Zweipersonenhaushalt im gehobenen Wohnstandard ausgelegt; es seien in der Zukunft keine weiteren Bewohner dieses Hauses vorgesehen. Schließlich stünden auch die Kosten für einen Schutzraum in einem krassen Mißverhältnis zu den Gesamtbaukosten. Die Herstellung eines funktionsfähigen Schutzraumes erfordere nämlich mindestens einen Aufwand von ca. S 300.000,--; dies seien 10 % der Bausumme. Auf Grund der vollständigen Übereinstimmung des Bauvorhabens mit der erteilten Baubewilligung hätten sie ein Recht darauf, daß ihnen die Benützungsbewilligung ohne jede Auflage erteilt werde.

3. Mit Bescheid vom 22. März 1991 bestätigte der Gemeinderat der Gemeinde K den Bescheid des Bürgermeisters vom 25. September 1990 vollinhaltlich. Der Gemeinderat vertrat darin die Auffassung, daß im Baubewilligungsbescheid vom 21. August 1989 der § 12 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 in seiner letzten Fassung zitiert werde; dies stelle wohl unmißverständlich eine zwingende Vorschreibung dar. Auch im Gutachten des Bausachverständigen, das in der Niederschrift über die Bauverhandlung wiedergegeben sei, werde ausgeführt:

"Ein Schutzraum laut Steiermärkischer Bauordnung ist zu errichten." Der Gemeinderat sei der Ansicht, daß ein Wohnhaus mit einer Nutzfläche von etwa 150 m2 ohne weiteres geeignet sei, gemäß § 12 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 einem längeren Aufenthalt einer größeren Anzahl von Menschen zu dienen. In der Steiermärkischen Bauordnung 1968 seien keinerlei Begünstigungen oder Abänderungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Vorschreibungen vorgesehen, mit denen ein hoher finanzieller Aufwand verbunden sei.

4. Gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde K vom 22. März 1991 erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Darin führten sie im wesentlichen aus, Gegenstand des Benützungsbewilligungsbescheides könne nur die Frage der Übereinstimmung des angeführten Bauwerkes mit dem im Baubewilligungsbescheid bewilligten Bauvorhaben sein. Diese Übereinstimmung werde im Benützungsbewilligungsbescheid vom 25. September 1990 ausdrücklich festgestellt. Im Baubewilligungsbescheid sei keine konkrete Vorschreibung zur Errichtung eines Schutzraumes enthalten, sondern lediglich ein allgemeiner Hinweis auf den Gesetzestext, wonach beim Umbau von Kellerräumen und bei Neubauten Schutzräume vorzusehen seien. Da es sich im Beschwerdefall um keinen Umbau von Kellerräumen handle, zeige die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes, daß hier keine konkrete Vorschreibung vorliegen könne. Weiters enthalte der Baubewilligungsbescheid sogar als erste Vorschreibung die Einhaltung des vorgelegten Bauplanes samt Ergänzung, die der Baubewilligung zugrunde gelegt worden seien. Ein Schutzraum sei darin nicht vorgesehen. Die in der Begründung des Baubewilligungsbescheides vom 21. August 1989 enthaltene Feststellung des Sachverständigen, daß ein Schutzraum nach den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung zu errichten sei, gäbe lediglich die Meinung des Sachverständigen wieder, könne aber keinesfalls eine Anordnung der Behörde darstellen, weil nur der Spruchinhalt, nicht aber die Begründung in Rechtskraft erwachsen könne. Im Widerspruch dazu werde vom selben Sachverständigen eben dort die Aussage getroffen, daß die Bauausführung laut Plan zu erfolgen habe. Dieser Plan habe jedoch - wie erwähnt - keinen Schutzraum vorgesehen. Die Bewilligung eines Bauwerkes unter Vorschreibung bestimmter baulicher Maßnahmen, die nicht den zugrunde gelegten Plänen entsprechen, sei unzulässig. Keinesfalls könnten zusätzliche Räume oder Bauwerke durch eine Auflage angeordnet werden. Schon daraus könne eindeutig geschlossen werden, daß der Baubewilligungsbescheid vom 21. August 1989 die Vorschreibung eines Schutzraumes nicht umfaßt habe können. Deshalb sei von den Beschwerdeführern auch keine Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid erhoben worden. Im Benützungsbewilligungsbescheid könne ein Schutzraum ergänzend genauso wenig vorgeschrieben werden wie die erstmalige Aufforderung zur Beibringung eines Ausführungsplanes. Im Zusammenhang mit der Ansicht des Gemeinderates, ein Wohnhaus mit einer Nutzfläche von 150 m2 sei ohne weiteres geeignet, gemäß § 12 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 einem längeren Aufenthalt einer größeren Anzahl von Menschen zu dienen, sei festzustellen, daß es nicht auf die Eignung eines Gebäudes ankomme, sondern auf dessen Zweckbestimmung, ob es dem Aufenthalt einer größeren Anzahl von Menschen dienen soll. Das errichtete ebenerdige Einfamilienhaus sei für einen Zwei-Personenhaushalt im gehobenen Wohnstandard ausgestattet; auch in Hinkunft werde es keiner größeren Anzahl von Menschen als Wohnraum dienen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, daß der Bescheid des Gemeinderates vom selben Bürgermeister unterfertigt worden sei, der auch den erstinstanzlichen Bescheid erlassen habe, gegen den die Beschwerdeführer Berufung erhoben hätten. Damit sei der Berufungsbescheid von einem befangenen Organ unterfertigt. Es sei daher anzunehmen, daß der befangene Bürgermeister an der Beratung und Beschlußfassung im Gemeinderat teilgenommen habe. Hätte der Bürgermeister in der Sitzung nicht teilgenommen, wäre er nicht der Vorsitzende des Entscheidungsorganes und hätte daher den Bescheid nicht für den Gemeinderat unterzeichnen dürfen.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. April 1991 hat die belangte Behörde den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde K vom 22. März 1991 wegen Verletzung von Rechten der Vorstellungswerber behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde K verwiesen. Ihren Bescheid begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, daß im erstinstanzlichen Bescheid vom 25. September 1990 für die Schaffung des Schutzraumes eine Frist bis zum 30. November 1990 gesetzt worden sei. Durch die abweisende Berufungsentscheidung sei der gesamte Bescheidinhalt des erstinstanzlichen Bescheides und somit auch diese Fristsetzung übernommen worden. Bei einer Frist handle es sich begrifflich um einen Zeitraum, der in einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt ende. Die Beschwerdeführer seien daher ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides des Gemeinderates dazu verpflichtet gewesen, eine Frist einzuhalten, die bereits am 30. November 1990, also vor dem Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides, geendet habe. Darin liege eine rechtliche Unmöglichkeit; die Beschwerdeführer seien in ihrem Recht auf eine angemessene Fristsetzung verletzt worden. In der Sache selbst sei festzustellen, daß Voraussetzung für ein Baubewilligungsverfahren stets ein Antrag um Erteilung der Baubewilligung sei. Sinn und Zweck dieses Verfahrens sei die Überprüfung des Bauvorhabens auf seine Übereinstimmung mit den von der Baubehörde wahrzunehmenden gesetzlichen Bestimmungen. Das Ergebnis der Prüfung sei die Abweisung des Antrages des Bauwerbers oder die Erteilung der Baubewilligung. Die Baubewilligung sei ein Bescheid, somit ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, mit dem dem Bauwerber bestätigt werde, daß die Verwirklichung des Bauvorhabens in öffentlich-rechtlicher Hinsicht zulässig sei. Das gegenständliche Bauvorhaben sei zwar im Sinne des vorgelegten Bauplanes, jedoch mit Auflagen genehmigt worden. Das Wesen von Auflagen bestünde darin, daß die Verwaltungsbehörde in einen dem Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid belastende Gebote oder Verbote als Nebenbestimmungen aufnehme, mit denen der Inhaber des Rechtes für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten, im Wege der Vollstreckung erzwingbaren Tun oder Unterlassen verpflichtet werde. Auflagen seien demnach pflichtenbegründende Nebenbestimmungen eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Es sei daher Sache des Inhabers einer mit Auflagen belasteten Baubewilligung, die der Erfüllung der Auflage allenfalls entgegenstehenden Hindernisse zu beheben. Zwar sei die Behörde nur dann berechtigt, das Bauansuchen einschränkende Vorschreibungen zu treffen, wenn solche Maßnahmen nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auf Grund der von der Behörde wahrzunehmenden Interessen zu rechtfertigen seien; Bauwerber würden daher einen Rechtsanspruch besitzen, daß ihr Projekt als solches bewilligt werde, sofern nicht ein Versagungsgrund vorliege. Im Beschwerdefall hätte daher die Behörde bereits zum Zeitpunkt des Einlangens der Pläne die Beschwerdeführer darauf aufmerksam machen müssen, daß im Sinne der Bestimmung des § 12 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 jedes Bauvorhaben (Neubau) mit der Errichtung eines Schutzraumes verbunden sei. Wenn auch die Vorgangsweise der Baubehörde aus dem üblichen Rahmen falle, so handle es sich bei der Vorschreibung, daß ein Schutzraum gemäß § 12 leg.cit. zu errichten sei, doch um eine teilweise Abweisung des Ansuchens, zumal nach dem schriftlichen Inhalt des Bescheides die Bewilligung von der Errichtung eines Schutzraumes abhängig gemacht worden sei. Bei der Errichtung eines Schutzraumes handle es sich ebenfalls um eine bewilligungspflichtige Maßnahme, sodaß mit den Baumaßnahmen überhaupt erst begonnen hätte werden dürfen, wenn sämtliche Bewilligungen vorgelegen seien. Bei der Endbeschau ist zu untersuchen, ob der Bau mit der Baubewilligung übereinstimme und ob bei der Bauausführung die baurechtlichen Vorschriften eingehalten worden seien. Auf Grund der Endbeschau habe die Baubehörde mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an der Bau benützt werden dürfe. Ein Nachholen versäumter Einwendungen bzw. Rechtsmittel gegen einen Baubescheid sei im Benützungsbewilligungsverfahren nicht möglich. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behandle die Erteilung einer Baubewilligung unter Auflagen als eine Einheit. So sei vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. September 1967, Zl. 619/66, ausgeführt worden, daß dann, wenn die Baubewilligung ohne Auflagen nicht erteilt worden wäre, die Baubewilligung und die damit verbundenen Auflagen als eine untrennbare Einheit zu behandeln seien. Das heiße, daß das zur Ausführung gelangte Vorhaben dem Baubewilligungsbescheid vom 21. August 1989 nicht entspreche. Wenn auch die Frage, ob ein Schutzraum notwendig sei, im Bewilligungsverfahren zu klären sei - und im Anlaßfall darüber auch rechtsverbindlich abgesprochen worden sei -, so werde dennoch festgehalten, daß der Begriff "größere Anzahl" nicht auf die tatsächliche Summe der Konsenswerber abstelle; dieser Begriff stelle darauf ab, ob sich das Gebäude seinen Ausmaßen und seiner inneren Einteilung zufolge für die Aufnahme einer größeren Anzahl von Menschen eigne. Der "längere Aufenthalt" sei bereits dann anzunehmen, wenn das Vorhaben dem Wohnen diene. Auf die Bausumme komme es nicht an. Abschließend werde darauf hingewiesen, daß gegen die Erlassung von Intimationsbescheiden keine Bedenken bestünden. Die Unterfertigung eines Intimationsbescheides des Gemeinderates (als Berufungsbehörde) durch den Bürgermeister sei rechtlich unbedenklich.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführer beantragen, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführer wenden sich in ihrer Beschwerde zunächst gegen die Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde K vom 22. März 1991 durch die belangte Behörde deshalb, weil die darin vorgesehene Frist zur Errichtung des Schutzraumes bereits vor dem Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geendet habe. Es sei nicht Sache der Vorstellungsbehörde, die Rechtmäßigkeit eines Bescheides schlechthin zu prüfen, vielmehr sei die Aufsichtsbehörde an die Vorstellungsgründe gebunden. Die Rechtsverletzung durch Unmöglichkeit einer Fristerfüllung sei aber von den Beschwerdeführern nicht geltend gemacht worden.

Dem ist entgegenzuhalten, daß - anders als der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG - die Gemeindeaufsichtsbehörde an einen bestimmten Beschwerdepunkt nicht gebunden ist; die Aufsichtsbehörde ist vielmehr berechtigt, auch andere als vom Vorstellungswerber geltend gemachte Umstände, die zu seiner Rechtsverletzung führten, wahrzunehmen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. November 1980, Zl. 2285/80, sowie Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 5. Aufl., Rz. 558, und die dort zitierte hg. Judikatur). Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides besteht daher aus dieser Sicht nicht.

2. Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die Auffassung der belangten Behörde, der Bürgermeister habe ihnen mit dem Baubewilligungsbescheid vom 21. August 1989 rechtskräftig in einer Auflage die Errichtung eines Schutzraumes vorgeschrieben, sei unzutreffend. Der Baubewilligungsbescheid enthalte keine konkrete Vorschreibung, einen Schutzraum zu errichten. Die im Spruch des Baubewilligungsbescheides enthaltene Formulierung stelle eine bloße Wiedergabe des Gesetzestextes und keine konkrete Vorschreibung dar. Dies zeige schon der Umstand, daß die Baubehörde - obwohl ihr nur ein Ansuchen um Errichtung eines Neubaues ohne Keller vorgelegen sei - auch den Gesetzestext hinsichtlich größerer Umbauten der Kellerräume sowie eine Reihe weiterer Vorschreibungen, die mit dem Bauvorhaben in keinem Zusammenhang stünden, wiedergegeben habe, wie z.B. Feuermauern bei Anbau, Brandmauern für Räume zur Erzeugung und Verarbeitung feuergefährlicher Stoffe, Decken von Stiegenhäusern, Erdgeschoßfußboden mindestens 1 m über der Verkehrsfläche bei Gebäuden, die an der Straßenfluchtlinie liegen sowie keine unmittelbare Verbindung zwischen Wohnräumen und Stallungen. Die Auffassung, die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes des § 12 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 ohne nähere Konkretisierung bewirke die Erlassung einer (rechtskräftigen) Auflage zur Errichtung eines Schutzraumes, erscheine schon deshalb unzutreffend, weil in der ersten Auflage des Baubewilligungsbescheides ausdrücklich vorgeschrieben werde, daß "der vorgelegte Bauplan mit Ergänzungsplan einschließlich aller darin enthaltenen Plankorrekturen ... genau einzuhalten" sei. Ein Schutzraum sei in den eingereichten Bauplänen und Ergänzungsplänen nicht vorgesehen gewesen. Die in der Begründung des Baubewilligungsbescheides enthaltene Feststellung des Sachverständigen, daß ein Schutzraum laut Steiermärkischer Bauordnung zu errichten sei, gebe lediglich die Meinung des Sachverständigen wieder, könne aber keinesfalls eine Anordnung der Behörde darstellen, weil der Spruchinhalt, nicht aber die Begründung und die darin wiedergegebenen Sachverständigengutachten in Rechtskraft erwachsen könnten. Die Bewilligung eines Bauwerkes unter Vorschreibung bestimmter baulicher Maßnahmen, die nicht den zugrunde gelegten Plänen entsprächen, sei jedenfalls unzulässig. Keinesfalls könne die Errichtung zusätzlicher Räume oder Bauwerke durch eine Auflage angeordnet werden. Schon daraus könne eindeutig geschlossen werden, daß der Baubewilligungsbescheid vom 21. August 1989 die Vorschreibung eines Schutzraumes nicht umfassen hätte können. Deshalb sei von den Beschwerdeführern auch keine Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid erhoben worden. Im Benützungsbewilligungsbescheid sei die ergänzende Vorschreibung des Schutzraumes überhaupt ausgeschlossen; dies gelte ebenso für die erstmalige Aufforderung zur Beibringung eines Ausführungsplanes.

2.1. § 12 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der (für den Beschwerdefall maßgeblichen) Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1991, ist mit der Überschrift "Schutzräume" versehen und lautet:

"Bei größeren Umbauten der Kellerräume und bei Neubauten, die nach ihrer Zweckbestimmung zum längeren Aufenthalt einer größeren Anzahl von Menschen dienen sollen, sind Schutzräume mit einem einsatzfähigen Schutzsystem (Trümmersicherheit der Decke, Strahlenschutz, Schutzraumtür, Sandfilterkasten und Lüftungsrohre) vorzusehen."

Vergleicht man diesen Gesetzestext mit dem Spruch des Bescheides vom 21. August 1989, so ist den Beschwerdeführern Recht zu geben, wenn sie darauf hinweisen, daß der Spruch des Bescheides im Zusammenhang mit dem Schutzraum lediglich den Gesetzestext wiedergibt, ohne konkret die Errichtung eines Schutzraumes vorzuschreiben. Dies ergibt sich vor allem auch daraus, daß ein Teil des im Spruch wiedergegebenen Gesetzestextes - was die Schutzraumpflicht im Fall größerer Umbauten der Kellerräume anlangt - auf den Beschwerdefall gar nicht zutrifft; auch aus dem Umstand, daß zahlreiche weitere "Auflagen", die nicht auf das Bauprojekt der Beschwerdeführer bezogen sein können, im Spruch des Bescheides vom 21. August 1989 enthalten sind, ist abzuleiten, daß diesem Spruch - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - eine entsprechend konkretisierte Vorschreibung nicht entnommen werden kann. Beschränkt sich demnach die Behörde darauf, im Spruch lediglich einen - noch dazu auf einen weiteren im Beschwerdefall nicht zutreffenden Anwendungsfall bezogenen - Gesetzestext wiederzugeben, ohne ihn konkret auf den Einzelfall durch Vorschreibung einer präzisierten Auflage anzuwenden, kann von einer konkreten Vorschreibung nicht gesprochen werden. Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie im Beschwerdefall annahm, daß im Baubewilligungsbescheid vom 21. August 1989 die Errichtung eines Schutzraumes vorgeschrieben worden ist.

Der angefochtene Bescheid erweist sich demnach schon deshalb als rechtswidrig. Er ist somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Aus diesem Grund erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da nur die Kosten für erforderliche Stempelmarken zu ersetzen sind.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991060102.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten