TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/19 94/19/0239

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Veröffentlicht am 19.05.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Oktober 1993, Zl.4.317.047/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Vietnams, hat am 22. Mai 1991 den Antrag gestellt, ihm Asyl zu gewähren. Anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich an eben diesem Tag brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, in Vietnam politisch nicht tätig gewesen zu sein. Er sei auch nicht aus politischen, religiösen oder sonstigen Gründen verfolgt worden. Er sei im Jahr 1987 gegen seinen Willen in die kommunistische Jugendpartei aufgenommen worden und habe für diese aktiv tätig sein müssen. Diese Tätigkeit habe im Singen, Fahnenschwingen und "politisch lernen" bestanden. Aufgrund der Stellung seines Vaters als Beamter in einer chemischen Fabrik sei es dem Beschwerdeführer gelungen, eine Arbeitsbewilligung für die Tschechoslowakei zu erhalten. Im Jahr 1988 sei er in diesen Staat eingereist. In der Folge sei jedoch sein Arbeitsvertrag, der bis 1994 Gültigkeit gehabt habe, von der Tschechoslowakei gekündigt worden. Am 15. März 1991 hätte der Beschwerdeführer nach Vietnam zurückfliegen müssen, sei jedoch vorläufig in der Tschechoslowakei geblieben. Dies deshalb, da er von anderen Vietnamesen gehört habe, daß Heimkehrer aus der Tschechoslowakei in Vietnam einer "Gehirnwäsche" unterzogen würden. Sie müßten während dieser Zeit in einem Lager hart arbeiten. Aus Angst vor einer solchen Behandlung sei er in der Tschechoslowakei geblieben. Dort habe es jedoch eine starke Diskriminierung der Vietnamesen durch tschechische Jugendliche gegeben; er sei im Jahr 1990 von einer Jugendgruppe überfallen und leicht verletzt worden. Eine Anzeige habe er nicht erstattet, da es infolge der Überlastung der Polizei sinnlos gewesen wäre. Er sei deshalb nach Österreich gekommen und wolle versuchen, sich hier eine neue Existenz aufzubauen.

Mit Bescheid vom 19. Juni 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei. In seiner Berufung dagegen verwies der Beschwerdeführer vor allem auf die allgemeinen Zustände in Vietnam; die Vietnamesen müßten nach "unerklärbaren Vorschriften" leben und hätten "keine Freiheit zu entscheiden, zu diskutieren und zu individualisieren". Briefe in das Ausland würden zeitweise kontrolliert und Häuser durchsucht, weil der Staat den Verdacht habe, es sei Gold versteckt. Er selbst sei nicht nach Vietnam zurückgekehrt, obwohl sein "Auftrag ungültig" geworden sei; wenn er nunmehr zurückkehren würde, würde er verhaftet werden und ins Gefängnis kommen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Der Beschwerdeführer habe vor seiner Ausreise aus Vietnam keinerlei Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 zu gewärtigen gehabt. Auch die glaubwürdige Behauptung, Opfer eines ausländerfeindlichen Überfalles durch Jugendliche im Gastland geworden zu sein, sei nicht seinem Heimatstaat zurechenbar und könne daher nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft führen. Da der Beschwerdeführer in der CSFR auch nicht politisch auffällig gewesen sei, könne ihm nicht geglaubt werden, daß er im Falle seiner Heimkehr einer "politischen Umerziehung" unterzogen werden würde. Die innere Ablehnung der Verhältnisse in Vietnam könne gleichfalls nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bewirken.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, daß ihm - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - die Heimreise in sein Heimatland unzumutbar wäre. Er wendet sich in seiner gesamten Beschwerde jedoch nicht dagegen, daß die belangte Behörde den Angaben des Beschwerdeführers über die im Falle seiner Heimkehr drohenden "Umerziehungslager" nicht Glauben geschenkt hat. Die belangte Behörde hat dies schlüssig mit der politischen Unauffälligkeit des Beschwerdeführers sowohl in Vietnam wie auch in der CSFR begründet.

Ausgehend von dem von ihr als glaubwürdig angesehenen Vorbringen des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, daß dieser nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist. Eine wohlbegründete Furcht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung von seinem Heimatstaat verfolgt zu werden, läßt sich nämlich insoweit aus den Angaben des Beschwerdeführers nicht erkennen.

Sollte aber - wie dies dem Beschwerdevorbringen entnommen werden könnte - der Beschwerdeführer aufgrund des Umstandes, daß er nicht zu der für ihn vorbestimmten Zeit aus der CSFR nach Vietnam zurückgekehrt ist, eine Verfolgungsgefahr (Umerziehungslager) ableiten, so ist er auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach in der Befürchtung wegen Übertretung den Aufenthalt vietnamesischer Staatsangehöriger im Ausland regelnder Vorschriften bestraft zu werden, kein Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention erblickt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0936). Hievon ausgehend, ist auch nicht erfindlich, was "Überprüfungen der konkreten politischen Situation und Lebenssituation in Vietnam" an entscheidungswesentlichen Umständen erbracht hätten.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften einen Verstoß gegen die gesetzliche Begründungspflicht geltend macht, führt er dies nicht weiter aus; im Hinblick auf die Begründung des angefochtenen Bescheides vermag der Verwaltungsgerichtshof den behaupteten Verfahrensmangel auch nicht zu erkennen.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190239.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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