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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Februar 1994, Zl. 4.343.934/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Februar 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen Liberias, der am 17. Jänner 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Jänner 1994, betreffend Asylgewährung abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides habe der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch das Bundesasylamt am 24. Jänner 1994 im wesentlichen angegeben, er habe Liberia im Jahre 1991 mit dem Schiff verlassen und sei nach einer 14-tägigen Fahrt illegal in Jugoslawien eingereist. Er habe sich in der Folge drei Jahre in Belgrad aufgehalten und habe seinen Lebensunterhalt durch Bettelei bestritten. Er sei anschließend, zumal er die Absicht gehabt habe, in ein anderes westliches Land auszureisen und er nicht mehr von Bettelei habe leben wollen, aber keine geeignete Arbeit gefunden habe, gemeinsam mit anderen liberianischen Staatsangehörigen, die er in Jugoslawien kennengelernt habe, illegal nach Österreich gereist. Liberia habe er verlassen, weil bei seiner Ausreise Bürgerkrieg geherrscht und er Angst gehabt habe, sein Leben zu verlieren. Konkreten Verfolgungen sei er in Liberia allerdings nicht ausgesetzt gewesen.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe der Beschwerdeführer im wesentlichen ausgeführt, daß er bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, "Handlungen ausgesetzt zu werden, die eine Gefahr für Leib, Leben und Freiheit bedeuten" würden.
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht ergeben habe, daß der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Die Tatsache alleine, daß es in seinem Heimatland zu kriegerischen Handlungen gekommen sei, sei nämlich noch kein Grund, darin gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlungen zu erblicken, wie überhaupt "Benachteiligungen wie z.B. Eingriffe in die körperliche und geistige Unversehrtheit" in solchen Ausnahmesituationen keine individuellen und konkreten Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Konvention darstellten. Auch habe der Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben, konkreten, gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen nicht ausgesetzt gewesen zu sein. Eine Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung sei aber auch deshalb nicht glaubhaft, da er sich vor seiner Einreise nach Österreich durch drei Jahre hindurch in Jugoslawien aufgehalten, dort jedoch - obwohl ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre - keinen Asylantrag gestellt, sondern damit bis zu seiner Einreise nach Österreich zugewartet habe. Hätte er tatsächlich Furcht vor Verfolgung gehabt, hätte er bereits in dem "ersten westlichen Land", das er erreicht hätte, einen Asylantrag gestellt. Im übrigen habe sich die politische Lage in Liberia nunmehr geändert, sodaß "mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit" angenommen werden könnte, daß der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Heimat nicht in seinem Recht auf Leben verletzt oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt sein würde.
Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, daß der Umstand, wonach er sich, ohne einen Asylantrag gestellt zu haben, drei Jahre in Jugoslawien aufgehalten habe, deshalb nicht "gegen eine Asylgewährung in Österreich" spreche, weil er in Jugoslawien zunächst vor Verfolgung sicher gewesen sei und ihm keine Ausweisung gedroht habe, sodaß für ihn auch kein Anlaß dafür bestanden habe, in Jugoslawien um Asyl anzusuchen. Erst die Zustände im Verlauf des Bürgerkrieges hätten den Beschwerdeführer zu einer Einreise nach Österreich veranlaßt. Selbst wenn ihm daher seinerzeit Asyl gewährt worden wäre, hätten ihn die derzeit dort herrschenden Zustände veranlassen müssen, dieses Staatsgebiet zu verlassen und Zuflucht in einen sicheren Staat zu nehmen. Auch die Furcht, bei einer Rückkehr in sein Heimatland im Zuge des dort herrschenden Bürgerkrieges getötet zu werden, rechtfertige - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - die Annahme seiner Flüchtlingseigenschaft.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:
Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt nicht; es müssen vielmehr (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes einen weiteren Verbleib im Heimatland unerträglich erscheinen lassen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0605), wobei nur konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete, bzw. ihm drohende Verfolgungshandlungen in Betracht kommen.
Dem - unbestritten gebliebenen - Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren kann aber nicht einmal ansatzweise entnommen werden, daß er in seinem Heimatland Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen sei oder ihm solche gedroht hätten, die auf seine politische Gesinnung oder auf einen anderen der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe zurückzuführen gewesen wäre. Der Umstand, daß es in seinem Heimatland zu kriegerischen Handlungen gekommen ist, vermag nämlich - wie die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der hg. Judikatur zutreffend ausgeführt hat - für sich noch keinen Grund darzustellen, darin gegen den Beschwerdeführer selbst konkret gerichtete Verfolgungshandlungen zu erblicken (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/0034). Insoweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf die Geschehnisse im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien verweist, ist ihm überdies zu entgegnen, daß nur die Behauptung einer, dem Heimatstaat des Asylwerbers zurechenbaren Verfolgungshandlung Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 begründen könnte (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1994, Zl. 94/19/0281).
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Befürchtung, im Falle seiner Abschiebung in sein Heimatland getötet zu werden, kann von ihm im Falle eines Verfahrens über die Rückschiebung gemäß § 37 Fremdengesetz geltend gemacht werden, vermag aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu bewirken.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190999.X00Im RIS seit
20.11.2000