TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/25 94/20/0043

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Veröffentlicht am 25.05.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art43;
Rechtsstellung der Flüchtlinge Protokoll 1974;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/20/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerden 1. des MG, und 2. des AG, beide in E, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in X, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 28. März 1994, Zl. 4.344.163/2-III/13/94 (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers) und Zl. 4.344.164/2-III/13/94 (hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers), beide betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der im wesentlichen gleichlautenden Beschwerden und der diesen jeweils angeschlossenen Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Beschwerdeführer sind türkische Staatsangehörige und jeweils nach einer Reisedauer von insgesamt 6 Tagen auf dem Landweg (per Lastkraftwagen) über die russische Föderation, Griechenland und Bulgarien am 3. März 1994 in das Bundesgebiet eingereist. Der Erstbeschwerdeführer hat am 4. März 1994 und der Zweitbeschwerdeführer hat am 9. März 1994 einen Asylantrag gestellt. Mit den jeweils am 28. März 1994 im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres wurden die jeweiligen Berufungen der Beschwerdeführer gegen die den jeweiligen Asylantrag abweisenden Bescheide des Bundesasylamtes vom 9. März 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, vom jeweiligen Beschwerdeführer hinsichtlich des ihn betreffenden Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines jeweiligen Inhaltes erhobenen Beschwerden. Die Beschwerdeführer erachten sich - nach den Beschwerdeinhalten erkennbar - jeweils in ihrem Recht auf Gewährung von Asyl verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der in sachlichem Zusammenhang stehenden Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat unter Heranziehung des Ausschließungsgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 den Beschwerdeführern im wesentlichen mit der Begründung kein Asyl gewährt, daß die Beschwerdeführer nach dem Verlassen der Türkei entweder in Bulgarien, in Griechenland oder in der russischen Föderation um Asylgewährung ansuchen hätten können und dort bereits Verfolgungssicherheit erlangt hätten.

Dieser Argumentation vermögen die Beschwerdeführer weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas Entscheidendes entgegenzusetzen. Die Beschwerdeführer bezweifeln gar nicht, daß ihnen die Möglichkeit offenstand, in einem der in Rede stehenden Transitländer um Asylgewährung anzusuchen. Ohne auf die Durchreise über die russische Föderation und über Bulgarien einzugehen, genügt in Ansehung der von der belangten Behörde für Griechenland zutreffend angenommenen Verfolgungssicherheit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG der Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 94/01/0038; Griechenland hat nämlich insbesonders die Erklärung abgegeben, die Verpflichtungen hinsichtlich der am 4. Juli 1960 für Griechenland in Kraft getretenen Genfer Flüchtlingskonvention auch in Ansehung von außereuropäischen Ereignissen zu übernehmen.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - wie dies der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat - genügt nach der vorliegend anzuwendenden Regelung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 für die Annahme der Verfolgungssicherheit, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und wirksamen Abschiebungsschutz in den Verfolgerstaat hatte. Auf die von den Beschwerdeführern aufgrund der zu den §§ 5 Abs. 3 und 7 Abs. 2 Asylgesetz (1968; BGBl. Nr. 126/1968) ergangenen Judikatur ins Treffen geführten Argumente (Kenntnis, Duldung bzw. Billigung des Aufenthaltes eines Asylwerbers durch die Behörden des betreffenden Staates) kommt es nach der neuen Rechtslage nicht mehr an (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256 und vom 15. Dezember 1993, Zlen. 93/01/1244, 1245). Aber auch die Ansicht der Beschwerdeführer, sie wären nicht verpflichtet gewesen, in einem Staat ihrer Durchreise um Asylgewährung anzusuchen, weil bei einem bloßen Transit weder ein Aufenthalt noch der Wille zur Fluchtbeendigung angenommen werden dürfe, erweist sich im Lichte der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als verfehlt. Der Ort der tatsächlichen bzw. vom Asylwerber nach seinen Vorstellungen angezielten "Fluchtbeendigung" ist asylrechtlich ebenso ohne Bedeutung wie auch die "Verweildauer" in einem Drittland keinen "stationären Aufenthalt" erfordert. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Flüchtende unter Bedachtnahme auf das in seinem Einzelfall zur Vermeidung seiner weiteren Verfolgung erforderliche Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" schon vor der Einreise nach Österreich hätte abbrechen können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357 und vom 26. Jänner 1994, Zlen. 93/01/0021, 0022). Umstände, die darauf schließen ließen, daß die Beschwerdeführer in Griechenland nicht vor Verfolgung sicher gewesen wären, haben sie konkret nicht geltend gemacht.

Da die belangte Behörde den Ausschließungsgrund gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 sohin ohne die behauptete Rechtsverletzung bejahen konnte, muß auf die Frage, ob die Beschwerdeführer überhaupt als Flüchtlinge im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 anzusehen sind, nicht mehr eingegangen werden, weshalb auch die von den Beschwerdeführern insoweit vermißten Ermittlungen unterbleiben konnten.

Da der Inhalt beider Beschwerden erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren beide Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über die Anträge der Beschwerdeführer, ihren Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994200043.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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