TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/9 94/06/0105

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Veröffentlicht am 09.06.1994
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;

Norm

BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita idF 1983/009;
BauO Stmk 1968 §57 Abs1 lita;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der P-Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 24. März 1994, Zl. A 17-K-11.360/1994-1, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde im Zusammenhalt mit dem vorgelegten Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Am 22. November 1993 erließ der Magistrat der Landeshauptstadt Graz gemäß § 70 a der Steiermärkischen Bauordnung einen Bescheid, in welchem dem grundbücherlichen Eigentümer der Liegenschaft W 44, Grundstück 166/5, EZ 2030 KG X, der Auftrag erteilt wurde, die auf dieser Liegenschaft hergestellte Fundamentplatte binnen einer Frist von einem Monat ab Rechtskraft zu beseitigen und weitere Bauarbeiten, sofern sie nicht bewilligte Bauteile betreffen, sofort einzustellen. Begründet wurde dies damit, daß mit Bescheid vom 18. November 1991 die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung eines Wohnhauses mit Garage auf der obgenannten Liegenschaft bewilligt worden sei. Diesen Unterlagen könne kein Hinweis auf eine Fundamentplatte im Gesamtausmaß von ca. 181 m2 entnommen werden; es ergebe aber der Vergleich des Abstandes zu Nachbargrundgrenzen deutlich, daß das als Projekt bewilligte Bauwerk mit dem bis jetzt in der Natur hergestellten Bauwerkteil nicht übereinstimme. Darüber hinaus sei bei ordnungsgemäßer Ausführung des genannten Bauteiles bzw. für dessen Bemessung als Voraussetzung für die planliche Darstellung eine statische Berechnung erforderlich, dies deshalb, weil eine Fundamentplatte die aus dem Bauwerk resultierenden Kräfte auf den Untergrund zu übertragen habe. Aus diesem Grund sei ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse zur Herstellung dieses Bauteiles erforderlich.

Aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid hat die belangte Behörde den Bescheid insofern abgeändert, als die Wortfolge "und weitere Bauarbeiten, soferne sie nicht bewilligte Bauteile betreffen, sofort einzustellen" entfiel. Im übrigen wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Im wesentlichen bestreitet die Beschwerdeführerin die Bewilligungspflicht der hergestellten Betonplatte. In einer, der Beschwerde beigelegten gutächtlichen Stellungnahme des D.I. O. V. vom 12. April 1994 ist ausgeführt, das Herstellen der errichteten Platte, wie sie vom Gutachter der Lage und Ausführung nach vorgefunden worden sei, könne aufgrund der dem Gutachter bekannten Untergrundverhältnisse keine Hangrutschungen auslösen. Weiters bedürfe das Herstellen einer solchen Platte keiner besonderen bautechnischen Kenntnisse bzw. statischer Berechnungen. Sollten jedoch aufgehende Bauteile auf dieser Platte errichtet werden, dann seien genauere bautechnische Kenntnisse sowie entsprechende statische Berechnungen erforderlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 57 Abs. 1 lit. a der Steiermärkischen Bauordnung, LGBl. Nr. 149/1968 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1992 bedürfen Neubauten oder Bauten, bei denen nach Abtragung oder Zerstörung eines bestehenden Baues dessen Grund- und Kellermauern ganz oder teilweise wiederverwendet werden, einer Bewilligung der Baubehörde. Der steiermärkische Landesgesetzgeber hat im Unterschied zu anderen Landesgesetzgebern keine Begriffsbestimmungen in die Bauordnung aufgenommen, sodaß die verwendeten Begriffe der Auslegung durch die Rechtssprechung bedürfen. Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einem Bau bzw. einer baulichen Anlage eine Anlage zu verstehen, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht wird und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet ist, öffentliche Interessen zu berühren. Hiebei darf das von der Rechtssprechung geforderte Merkmal des wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse nicht so ausgelegt werden, daß eine nicht ordnungsgemäß ausgeführte Anlage bewilligungsfrei bliebe, während eine ordnungsgemäß ausgeführte Anlage der Bewilligungspflicht unterworfen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1978, Slg N.F. Nr. 9657 A). Nun bedarf die Herstellung einer Betonplatte im Ausmaß von ca. 181 m2 (19 x 9 m) bei ordnungsgemäßer Ausführung schon deshalb eines wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse, weil Betonplatten mit derartigen Dimensionen material- und geologisch bedingten Spannungen ausgesetzt sind, die nur aufgrund durchgeführter statischer Berechnungen oder aufgrund einschlägiger Erfahrungen, die eben mit einem wesentlichen Maß bautechnischer Kenntnisse gleichzusetzen sind, berücksichtigt werden können.

An der Bewilligungspflicht der 181 m2 großen Fundamentplatte ändert auch die beigelegte gutächtliche Stellungnahme nichts, aus der hervorgeht, daß aufgrund der bekannten Untergrundverhältnisse keine Hangrutschungen ausgelöst werden können. Vielmehr ist diese Stellungnahme ein Hinweis dafür, daß diese Betonplatte nicht im ebenen Gelände errichtet wurde, was schon wegen der ABSTRAKTEN MÖGLICHKEIT, Rutschungen auszulösen, noch ein WEITERES ARGUMENT für das Vorliegen der Bewilligungspflicht ist. Die Frage, ob tatsächlich Hangrutschungen ausgelöst werden können, ist erst bei der Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit des Bauvorhabens zu klären.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060105.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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