TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/16 94/19/0306

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Veröffentlicht am 16.06.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art33;
FlKonv Art43;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Dezember 1992, Zl. 4.303.936/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid vom 10. Dezember 1992 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 31. Jänner 1991 - mit dem festgestellt worden war, daß beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen - ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 17. März 1993, Zl. B 51/93-6, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ghanas, der am 5. Oktober 1990 aus Ungarn kommend in das österreichische Bundesgebiet einreiste und am 5. Oktober 1990 einen Asylantrag stellte, hat anläßlich seiner am 9. Oktober 1990 von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vorgenommenen niederschriftlichen Erstbefragung hinsichtlich seines Fluchtweges angegeben, er sei am 11. September 1990 mit der KLM nach Amsterdam geflogen; er habe sich dort kurz im Transitraum aufgehalten und sei anschließend mit der JAT nach Belgrad weitergeflogen, weil er für das ehemalige Jugoslawien kein Visum benötigt habe. In Belgrad sei der Beschwerdeführer bis Ende September 1990 geblieben. Anschließend sei er von Belgrad mit der Bahn nach Budapest weitergereist; auf dieser Fahrt habe er seinen Reisepaß verloren. Der Beschwerdeführer sei bis 5. Oktober 1990 in Budapest geblieben; ein in Budapest (Ungarn) gestellter Asylantrag sei abgelehnt worden. Am 5. Oktober 1990 sei der Beschwerdeführer mit der Bahn nach Sopron gefahren und habe anschließend bei Sopron die grüne Grenze nach Österreich überquert.

Unter Zugrundelegung dieser niederschriftlichen Angaben hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter anderem auch deshalb kein Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. In rechtlicher Hinsicht befaßte sich die belangte Behörde näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetztesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.

Dieser Argumentation vermag der Beschwerdeführer weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas Entscheidendes entgegenzusetzen. Der Beschwerdeführer bestreitet weder, daß er sich nach seinem noch am 11. September 1990 angetretenen Flug von Amsterdam nach Belgrad bis Ende September 1990 im damaligen Jugoslawien aufgehalten hat, noch ist er der Annahme der belangten Behörde entgegengetreten, daß ihm die Möglichkeit offengestanden ist, in der früheren SFRJ in objektiver Hinsicht um Asylgewährung anzusuchen. Umstände, die darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer auf dem Boden der anläßlich seines Aufenthaltes in Belgrad bestehenden Rechtslage im "damaligen Jugoslawien" nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, bzw. Gründe, die den Beschwerdeführer daran gehindert hätten, im früheren Jugoslawien zu bleiben und bereits dort um Asyl anzusuchen, hat er konkret nicht geltend gemacht.

Für die "frühere SFRJ" ist die Genfer Flüchtlingskonvention jedenfalls bereits am 14. März 1960 mit der Maßgabe in Kraft getreten, daß sie hinsichtlich ihrer Konventionsverpflichtungen die Alternative b (Ereignisse, die vor dem 1. Jänner 1951 in Europa oder anderswo eingetreten sind) des Abschnittes B, Art. 1 anwenden wird (s. BGBl. Nr. 86/1962), sodaß der Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei im "damaligen Jugoslawien" bereits vor Verfolgung sicher gewesen, nicht erfolgreich entgegengetreten werden kann (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 1994, Zl. 94/01/0039, und vom 23. März 1994, Zl. 94/01/0115).

Insoweit sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der Auslegung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 auf die zur früheren Rechtslage (zu den §§ 5 Abs. 3 und 7

Abs. 2 Asylgesetz 1961; BGBl. Nr. 126/1968) ergangene Judikatur bezieht, verkennt er die Rechtslage, weil abweichend vom früheren Wortlaut "Schutz vor Verfolgung gefunden hat" der Wortlaut der nunmehr anzuwendenden neuen Rechtslage darauf abstellt, ob der Asylwerber "bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war", sodaß eine Kenntnis, Duldung oder Billigung des Aufenthaltes durch Behörden des Aufenthaltstaates nicht mehr erforderlich ist; im übrigen genügt insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG der Verweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 15. Dezember 1993, Zlen. 93/01/1244, 1245. Auf die gegen die Annahme von Verfolgungssicherheit im Transitraum in Amsterdam gerichteten Beschwerdeausführungen braucht daher ebensowenig weiter eingegangen zu werden, wie auf die in Ungarn hinsichtlich außereuropäischen Ereignissen fehlende Verfolgungssicherheit (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/01/0230).

Da die belangte Behörde durch die Heranziehung des Asylausschließungsgrundes gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit belastet hat, könnte selbst die Bejahung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, sodaß sich ein Eingehen auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen erübrigt. Zur Frage des mangelnden Ausspruches über die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung in einem besonders berücksichtigungswürdigen Fall gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1991 wird auf die Begründung im hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0936 gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen, wonach das Fehlen eines Abspruches zu dieser Norm keine Rechtswidrigkeit des Bescheides über den Asylantrag begründen kann.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs.2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190306.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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