TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/24 94/02/0021

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Veröffentlicht am 24.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

AAV;
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
AVG §1;
VStG §27 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs1;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des A in B, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 3. Juni 1993, Zl. KUVS-K2-226-228/5/93, betreffend Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft "als nach § 9 VStG Verantwortlicher (handelsrechtlicher Geschäftsführer)" einer Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in X, Niederösterreich, schuldig erkannt, er habe es zu verantworten, daß auf einer in Völkermarkt, Kärnten, gelegenen Baustelle am 27. Februar 1991 drei näher bezeichnete Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) nicht beachtet worden seien. Er habe dadurch drei Übertretungen nach § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, jeweils in Verbindung mit den in Rede stehenden Bestimmungen der AAV, begangen. Über ihn wurden drei Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auch wenn dies vom Beschwerdeführer nicht releviert wird, hat der Verwaltungsgerichtshof die Zuständigkeit der belangten Behörde zu überprüfen und eine allenfalls gegebene Unzuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG; vgl. auch das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1977, Slg. Nr. 9274/A).

Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung (vgl. das Erkenntnis vom 19. April 1994, Zl. 94/11/0055, und die dort zitierte Vorjudikatur), weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu treffen gewesen wären. In Entsprechung dieser Rechtslage ist auch als Strafbehörde erster Instanz die Bezirkshauptmannschaft Baden eingeschritten.

Gemäß § 51 Abs. 1 VStG ist jener unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über eine Berufung gegen ein Straferkenntnis zuständig, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Erstbehörde die Tat begangen wurde. Im Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 3. Jänner 1992 ist zwar unter der Rubrik "Ort" die in Kärnten gelegene Baustelle angeführt. Diese Angabe ist aber im Lichte der wiedergegebenen Rechtsprechung (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0070) als Teil der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z. 1 VStG anzusehen. Tatort ist vielmehr die ebenfalls im Spruch genannte Anschrift des Unternehmens, als deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer zur Verantwortung gezogen wurde. Daß die Erstbehörde in Wahrheit davon ausgegangen ist und die Formulierung des Spruches, was den "Ort" betrifft, auf einem zu irreführenden Ergebnissen führenden Versehen beruht, ergibt sich auch daraus, daß sie die Zuständigkeit zur Erlassung des Straferkenntnisses gemäß § 27 Abs. 1 VStG in Anspruch genommen hat, wovon nicht ausgegangen werden könnte, wenn sie einen in Kärnten gelegenen Tatort angenommen hätte.

Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung über die Berufung nicht zuständig. Der angefochtene Bescheid war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)örtliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994020021.X00

Im RIS seit

01.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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