TE Vwgh Erkenntnis 1993/5/3 93/18/0070

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Veröffentlicht am 03.05.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

AAV;
VStG §27 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs1 idF 1990/358;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 26. November 1992, Zl. Senat-MD-92-057, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 24. Dezember 1991 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe es als Gesellschafter der als Arbeitgeber fungierenden K.-OHG, sohin als deren zur Vertretung nach außen berufenes Organ, zu verantworten, daß am 26. September 1990, an welchem Tag Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien, in einer örtlich näher umschriebenen Filiale in V gegen drei näher angeführte Vorschriften der AAV verstoßen worden sei. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Der gegen Spruchpunkt 3) dieses Straferkenntnisses erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 26. November 1992 keine Folge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin behauptet unter anderem, die belangte Behörde sei zur Erlassung des angefochtenen Bescheides örtlich unzuständig gewesen. Damit ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Gemäß § 51 Abs. 1 VStG steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. März 1990, Zlen. 90/19/0091, 0092, 0093) kommt es für den Bereich des VStG in Sachen, die sich auf den Betrieb einer Unternehmung beziehen - und dies trifft auch auf in Filialen gegliederte Unternehmungen zu -, für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörden grundsätzlich nicht auf den Ort an, an dem das Unternehmen betrieben wird (also insbesondere nicht auf den Ort des Filialbetriebes); vielmehr ist gemäß § 27 Abs. 1 VStG örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Als Ort, an dem die gebotenen Vorsorgehandlungen unterlassen wurden, ist der Sitz der Unternehmensleitung anzusehen.

Im vorliegenden Fall läßt sich zwar aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 24. Dezember 1991 insoweit der Tatort nicht entnehmen; vielmehr ist die dort enthaltene örtliche Umschreibung der Filiale lediglich als ein - wenn auch wesentliches - Sachverhaltselement im Sinne des § 44a Z. 1 VStG anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0416). Für einen solchen Fall hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 1991, Zlen. G 187/91, G 269/91, im Zusammenhang mit der Prüfung des § 51 Abs. 1 VStG in Hinsicht auf seine Verfassungsmäßigkeit ausgeführt, daß der Tatzuschreibung in örtlicher Beziehung der konkretisierte Tatvorwurf, wie er sich aus den Akten in Verbindung mit der Bescheidbegründung in der Regel notwendig ergebe, zugrunde gelegt werden müsse. Im vorliegenden Beschwerdefall ist entsprechend der Begründung des Straferkenntnisses, aber auch nach der Aktenlage der Sitz der Leitung des Unternehmens, zu dem die in Rede stehende Filiale gehört, nicht in Niederösterreich, sondern in Wien gelegen.

Damit aber war die belangte Behörde im Grunde des § 51 Abs. 1 VStG für die Erledigung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung örtlich nicht zuständig.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne daß in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Mängel im Spruch Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993180070.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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