TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/29 94/03/0017

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Veröffentlicht am 29.06.1994
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Index

91/01 Fernmeldewesen;

Norm

FMGebO §11 Abs3;
FMGebO §13 Abs8;
FSprO 1966 §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des B in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung als oberste Fernmeldebehörde) vom 29. November 1993, Zl. 126789/III-25/93, betreffend Fernsprechgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 29. November 1993 wies der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung als oberster Fernmeldebehörde) den Antrag des Beschwerdeführers auf Neuberechnung der Gesprächsgebühren der Fernmeldegebühren-Rechnung Februar 1993 für einen näher bezeichneten Fernsprechanschluß gemäß § 11 Abs. 3 und § 13 Abs. 8 der Fernmeldegebührenordnung, BGBl. Nr. 170/1970, ab. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die derzeit noch offenen Gebühren der Fernmeldegebühren-Rechnung Februar 1993 in Höhe von S 15.366,20 innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides einzuzahlen. Die Zahlungspflicht gründe sich auf § 41 Abs. 1 der Fernsprechordnung, BGBl. Nr. 276/1966. Zur Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, eine Überprüfung der maßgeblichen Eingabekriterien in der elektronischen Datenverarbeitung habe ergeben, daß auf den zur automationsunterstützten Herstellung der Fernmeldegebühren-Rechnung verwendeten Datenbändern für den gegenständlichen Fernsprechanschluß ein Verbrauch von 1834 Gebührenimpulsen im Ortsverkehr und von

25.397 Gebührenimpulsen im Selbstwählfernverkehr gespeichert worden seien. Eine Überprüfung der Protokolle für gebührenrelevante Fehlermeldungen und Störungen des vollelektronischen und rechnergesteuerten digitalen Vermittlungssystems OES-E habe ergeben, daß für den gegenständlichen Zeitraum keine gebührenrelevanten Eintragungen vorlägen. Es sei eine eingehende Überprüfung sämtlicher Einrichtungen, welche auf die Gebührenerfassung bzw. -ermittlung Einfluß haben könnten, darunter auch der Teilnehmereinrichtungen, der Teilnehmeranschlußleitung einschließlich der Rangierungen im Hauptverteiler und der sonstigen Schaltstellen durchgeführt worden. Das Ergebnis dieser Überprüfungen lasse keinen Mangel an den genannten Einrichtungen erkennen. Während der Zeit vom 19. April bis zum 4. Mai 1993 sei eine Rufdatenerfassung durchgeführt worden, welche die einwandfreie Funktion der vergebührenden Einrichtungen bestätige. Eine Sichtung der teilnehmerbezogenen Schalt- und Entstörkarte habe folgende Eintragung ergeben:

"1. Dezember 1992/1017 Geräusche;

1. Dezember 1992/1414 Austausch der Hörerschnur bei zwei Fernsprechapparaten". Der gemäß § 52 AVG beigezogene Amtssachverständige führe in seiner gutachtlichen Beurteilung aus, die Einrichtungen, an denen ein Fehler mit gebührenbeeinflußender Auswirkung zu Ungunsten des Teilnehmers auftreten könne, seien in einem zur Beurteilung ausreichendem Ausmaß überprüft worden. Der genannte Tausch von

zwei Hörerschnüren könne keine Gebührenbeeinflussung zur Folge haben, weil die Hörerschnur bei aufgelegtem Fernsprechhandapparat von der Teilnehmeranschlußleitung abgeschaltet sei. Es sei eine eingehende optische und meßtechnische Überprüfung der Teilnehmeranschlußleitung, aller für die Vergebührung zuständigen Amtseinrichtungen sowie der Teilnehmereinrichtung veranlaßt worden. Bei dieser Überprüfung sei kein Mangel oder Fehler festgestellt worden, der sich bei der Erfassung der Fernsprechgebühr zu Ungunsten des Fernsprechteilnehmers ausgewirkt haben könnte. Aufgrund dieser Feststellungen des Sachverständigen komme die belangte Behörde zu dem Schluß, daß sämtliche Impulse vom Fernsprechanschluß des Beschwerdeführers aus verursacht worden seien. Im gegenständlichen Fall seien in der Zeit vom 30. November 1992 19.00 Uhr bis zum 1. Dezember 1992 19.00 Uhr beim Anschluß des Beschwerdeführers insgesamt 20.383 Ferntarifimpulse aufgelaufen. Kernpunkt des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens sei daher die Frage, ob diese Ferntarifimpulse, welche einer Gesprächsgebühr von S 16.306,40 entsprächen, durch eine vom Beschwerdeführer zu vertretende Inanspruchnahme des Anschlusses entstanden sei. Hiezu werde darauf verwiesen, daß im digitalen Telefonsystem (OES) lediglich bei einer aufrechten Verbindung Gesprächsgebühren anfielen. Lege der anrufende Teilnehmer den Hörer nicht ordnungsgemäß auf, fielen (weitere) Gesprächsgebühren grundsätzlich nur dann an, wenn auch der Angerufene den Hörer nicht oder schlecht auflege. Werde hingegen ein Tonband mit Endlosschleife angerufen und der Hörer nicht oder schlecht aufgelegt, bleibe die Verbindung aufrecht, sodaß bis zum ordnungsgemäßen Auflegen des Hörers Gesprächsgebühren der angewählten Zone anfielen. Seit rund zwei bis drei Jahren würden in Ländern der dritten und insbesondere der vierten Auslandszone einschlägige Mehrwertdienste unter Verwendung von entsprechenden Tonbändern angeboten. 20.383 Gebührenimpulse würden einer Sprechzeit von rund 9 1/2 Stunden in die vierte oder rund 14 1/2 Stunden in die dritte Auslandszone entsprechen. Da im gegenständlichen Zeitraum - etwa in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember 1992 - genügend Zeit bestanden habe, den registrierten Wert zu erreichen, sei die Argumentation des Beschwerdeführers nicht geeignet, die eindeutigen Aussagen des Amtssachverständigen zu widerlegen oder Zweifel an ihnen zu wecken. Der Anschluß sei möglicherweise auch durch andere, vom Beschwerdeführer nicht genannte Personen oder ohne Wissen des Beschwerdeführers benutzt worden. Es erübrige sich daher die vom Beschwerdeführer beantragte Einvernahme der Bediensteten seiner Rechtsanwaltskanzlei (Dr. R und Frau S) als Zeugen sowie die Einsichtnahme in die Handakten des Beschwerdeführers oder die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen. Bei dieser Sach- und Rechtslage habe die Berufungsbehörde in Übereinstimmung mit der Fernmeldebehörde I. Instanz zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß der bekämpften Gebührenvorschreibung kein Mangel anhafte. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Neuberechnung der Gesprächsgebühren lägen daher nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 11 Abs. 3 der Fernmeldegebührenordnung bestimmt in Ansehung von Ortsgesprächen, daß dann, wenn von Organen der Post- und Telegraphenverwaltung ein Fehler festgestellt wird, der sich bei der Berechnung der Gesprächsgebühr zuungunsten des Fernsprechteilnehmers ausgewirkt haben könnte, für den entsprechenden Zeitraum die im gleichen Zeitraum des Vorjahres aufgelaufene Gesprächsgebühr oder, wenn eine solche nicht in Betracht kommt, der Durchschnitt der Gebühren der drei vorhergehenden Zeitabschnitte oder, wenn auch dieser nicht in Betracht kommt, der Durchschnitt der Gebühren der drei nachfolgenden Zeitabschnitte der Gebührenberechnung zugrundezulegen ist. Gemäß § 13 Abs. 8 der Fernmeldegebührenordnung gilt für Fernsprechgebühren im Selbstwählfernverkehr die gleiche Regelung.

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren beantragt, Dr. R und S als Zeugen zu vernehmen, weil sie bestätigen könnten, daß im fraglichen Zeitraum von der Kanzlei des Beschwerdeführers keine Ferngespräche in außereuropäische Staaten geführt worden seien. Außerdem sei die Einsichtnahme in die Handakten des Beschwerdeführers sowie seine persönliche Einvernahme angeboten worden. Die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie den Beweisanträgen nicht nachgekommen sei. Zudem habe Mag. T, ein Bediensteter der Fernmeldebehörde I. Instanz, am 22. Juli 1993 bei Dr. R telefonisch Einkünfte eingeholt; es sei ihm dabei die Bürozeit (8.00 bis 18.30 Uhr) bekanntgegeben worden. Weiters sei ihm mitgeteilt worden, daß weder ein Hausverwalter noch ein Reinigungsinstitut Zugang zur Kanzlei hätte, daß somit außer dem Personal niemand Zugang bzw. einen Schlüssel zu den Büroräumlichkeiten habe. Des weiteren rügt der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde als unschlüssig.

Dem Verwaltungsgerichtshof steht die Kontrolle der Beweiswürdigung nur insoweit zu, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, nicht aber ob der Akt der Beweiswürdigung in dem Sinne richtig ist, daß z. B. eine den Beschwerdeführer belastende und nicht dessen Verantwortung entsprechende Sachverhaltsannahme den Tatsachen entspricht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Die belangte Behörde stützte die maßgebenden Feststellungen auf die im Gegenstand durchgeführten Ermittlungen, in deren Verlauf sämtliche Einrichtungen und Aufzeichnungen, die auf die Gebührenerfassung und die Gebührenermittlung von Einfluß sein könnten, überprüft wurden, sowie auf das Gutachten des von ihr beigezogenen Amtssachverständigen, wonach kein Fehler festgestellt werden konnte. Der Sachverständige hatte anläßlich seiner Begutachtung auch die Schalt- und Entstörungsunterlagen, die Protokolle für gebührenrelevante Fehlermeldungen, Störungen und Ausfälle des Systems sowie das Ergebnis der Prüfung der Teilnehmeranschlußleitung und der Teilnehmereinrichtung und der vom 19. April bis zum 4. Mai 1993 durchgeführten Rufdatenerfassung zur Verfügung. Nach seiner gutachterlichen Beurteilung seien die Einrichtungen, an denen ein Fehler mit gebührenbeeinflussender Auswirkung zu Ungunsten des Teilnehmers auftreten könne, in einem zur Beurteilung ausreichenden Umfang geprüft worden. Der Austausch von zwei Hörerschnüren an den vom Beschwerdeführer benutzten Fernsprechapparaten habe keine Gebührenbeeinflussung zur Folge haben können.

Gebührenbeeinflussende Fehler seien im Verrechnungszeitraum auszuschließen, weil weder in der Vergangenheit entsprechende Mängel oder Fehler beseitigt worden seien, noch bei der nunmehrigen Überprüfung das Vorliegen derartiger Mängel habe festgestellt werden können. Wenn die belangte Behörde darauf gestützt zu dem Ergebnis gelangte, daß der bekämpften Gebührenvorschreibung kein Mangel anhafte, sodaß die Voraussetzungen für eine Neuberechnung der Gesprächsgebühren nicht gegeben sind, vermag ihr der Verwaltungsgerichtshof nicht entgegenzutreten. Das Gutachten des Amtssachverständigen ist schlüssig. Gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde bestehen keine Bedenken.

Im Verwaltungsverfahren beantragte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 1. Juni 1993 die Einvernahme der Bediensteten der Kanzlei, Dr. R und S, als Zeugen (ausschließlich) zum Beweisthema, daß diese Bediensteten keine "überdimensionierten" Ferngespräche geführt hätten. Die Einsichtnahme in die Handakten beantragte er zum Beweisthema, daß sich aus diesen Handakten keine Ferngespräche ergäben, die die vorgeschriebenen Gebühren rechtfertigen könnten. Mit Eingaben vom 19. August 1993 und vom 9. September 1993 wurden diese Anträge wiederholt. Da die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht davon ausging, daß die namhaft gemachten Zeugen die strittigen Telefongebühren verursacht hätten oder daß Gespräche mit Mandanten, für welche Handakten geführt würden, diesen Gebühren zugrundelägen, sie die zu beweisenden Behauptungen somit nicht in Streit stellte, erübrigte sich die Aufnahme der entsprechenden Beweise, sodaß der behauptete Verfahrensfehler nicht vorliegt. Daß aber die Zeugen zur Frage einvernommen werden sollten, ob im gesamten Zeitraum vom 30. November 1992 19.00 Uhr bis zum 1. Dezember 1992 19.00 Uhr keine Ferngespräche geführt worden seien, wurde im Verwaltungsverfahren nicht beantragt. Auch in der Beschwerde wird nicht vorgebracht, daß die Zeugen Aussagen über die Nichtbenutztung der Fernsprechanlage in diesem Zeitraum, insbesondere in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember 1992, machen könnten. Für den Verwaltungsgerichtshof erübrigt sich daher auch eine Beurteilung der Beweisanträge aus der Sicht der den Beschwerdeführer als Rechtsanwalt treffenden Verschwiegenheitspflicht.

Sofern der Beschwerdeführer einen Verfahrensmangel darin erblickt, daß er selbst nicht von der belangten Behörde vernommen worden ist, legt er nicht dar, in welchem Vorbringen er dadurch gehindert worden wäre.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich darauf verweist, der Fernmeldebehörde I. Instanz seien die Bürozeiten der Rechtsanwaltskanzlei sowie der Umstand, daß nur das Personal über einen Schlüssel zu den Büroräumlichkeiten verfügt habe, mitgeteilt worden, so vermag er damit eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht darzutun. Auch bei Berücksichtigung dieser Umstände konnte die belangte Behörde nämlich von der Möglichkeit ausgehen, daß der Telefonanschluß durch andere Personen als die Bediensteten der Kanzlei, unter Umständen auch ohne Wissen des Beschwerdeführers, benützt worden ist oder daß nach Anrufen eines Tonbanddienstes der Hörer beim Anschluß des Beschwerdeführers nicht richtig aufgelegt worden ist.

Der Beschwerdeführer regt an, § 11 Abs. 3 und § 13 Abs. 8 der Fernmeldegebührenordnung beim Verfassungsgerichtshof als verfassungwidrig anzufechten. Hiezu sei auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 1992, G 23/70, verwiesen, mit welchem einem Gesetzesprüfungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes nicht Folge gegeben wurde.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994030017.X00

Im RIS seit

31.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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