TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/30 94/09/0029

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Veröffentlicht am 30.06.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §13a;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AVG §58 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der Z Gesellschaft m.b.H. & Co KG in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Vorarlberg vom 5. Jänner 1994, Zl. III/6700, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 2. Dezember 1993 beim Arbeitsamt Dornbirn den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den "jugoslawischen" Staatsbürger D für die berufliche Tätigkeit als "Eisenleger" mit einem Bruttostundenlohn von S 100,--. Spezielle Kenntnisse oder Ausbildung wurden nicht gefordert. In einem Begleitschreiben zu diesem Antrag wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, daß die Ehegattin des beantragten Ausländers eine Arbeitsbewilligung (sie arbeite in L als Gebäudereinigerin) und eine Aufenthaltsberechtigung habe; nach einer öffentlichen Erklärung des Innenministers stehe dem beantragten Ausländer eine Aufenthaltsberechtigung zu.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 16. Dezember 1993 gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 AuslBG ab. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe dieser Gesetzesstellen aus, auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht habe nachgewiesen werden können (es handle sich hier auch nicht um einen Verlängerungsantrag). Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Eisenbieger Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Der Vermittlungsauschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, die Behauptung, eine Aufenthaltsberechtigung des beantragten Ausländers habe nicht nachgewiesen werden können, sei aktenwidrig, denn ein solcher Nachweis sei von ihr nie verlangt worden. Tatsächlich sei der beantragte Ausländer zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt; es handle sich um den Ehegatten einer in Österreich wohnhaften und erwerbstätigen Gastarbeiterin. Das Arbeitsamt werde eingeladen, der beschwerdeführenden Partei konkrete Namen arbeitswilliger Personen zu benennen; es gäbe jedoch keine derartigen arbeitssuchenden und arbeitswilligen Fachleute auf diesem Gebiet.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 5. Jänner 1994 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Bundesminister für Arbeit und Soziales habe mit Verordnung, BGBl. Nr. 794/1993, die Landeshöchstzahl für Vorarlberg für 1994 mit 16.000 festgesetzt. Mit Stichtag Ende November 1993 habe laut amtlicher Statistik die Zahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnenden Ausländer 25.155 betragen; die Landeshöchstzahl sei daher überschritten. Vom Vorliegen der im (demnach anzuwendenden) § 4 Abs. 6 AuslBG genannten besonders wichtigen Gründe für die Beschäftigung eines Ausländers könne nur ausgegangen werden, wenn die Dringlichkeit des Bedarfes über das übliche Interesse eines Dienstgebers, eine Arbeitskraft zu beschäftigen, hinausgehe. Der schon im Verfahren der ersten Instanz anzuhörende Vermittlungsausschuß habe aus arbeitsmarktpolitischen und volkswirtschaftlichen Erwägungen keine einhellige Zustimmung zur Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung erteilt. Die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG seien nicht gegeben, weil solche wichtigen Gründe, die eine Beschäftigung des beantragten Ausländers trotz Überschreitung der Landeshöchstzahl rechtfertigen könnten, oder öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen, welche die Beschäftigung von Ausländern erforderten, nicht vorlägen. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei sei bereits vom Arbeitsamt wegen Fehlens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG abgelehnt worden. In ihrer Berufung sei die beschwerdeführende Partei auf die - im § 4 Abs. 6 AuslBG genannten - Gründe überhaupt nicht eingegangen, sodaß der angefochtene Bescheid ohne Gewährung eines weiteren Parteiengehörs habe ergehen können. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage seien die Einwände der beschwerdeführenden Partei in der Berufung nicht geeignet gewesen, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt und bekämpft insbesondere die Feststellung einer Überschreitung der Landeshöchstzahl als mangelhaft.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Ausführungen in der Beschwerde zum angeblich verfassungswidrigen Instanzenzug geben nicht Anlaß zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes, weil dieser bereits in seinem Erkenntnis vom 2. Juli 1993, G 226/92-7, die Auffassung verworfen hat, daß mit verwaltungsrechtlichen Eingriffen in das Recht, Ausländer zu beschäftigen, "civil rights" verletzt würden.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Das Arbeitsamt Dornbirn hat seine Ablehnung auch auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG gestützt. Da von diesen Versagungsgründen im angefochtenen Bescheid nicht mehr die Rede ist, war darauf auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr einzugehen.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Auf Grund dieser Rechtslage besteht gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG im Falle der Überschreitung der Landeshöchstzahlen ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitskraft nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG UND § 4 Abs. 3 leg. cit UND § 4 Abs. 6 Z. 1 oder Z. 2 oder Z. 3 oder Z. 4 leg.cit vorliegen.

Schon das Arbeitsamt ist ersichtlich davon ausgegangen, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist, und daß der Vermittlungsausschuß die Erteilung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet hat. Dagegen hat die beschwerdeführende Partei in ihrer Berufung NICHTS vorgebracht.

Wenn die beschwerdeführende Partei erstmals in der Beschwerde die Behauptung der Behörde, die Landeshöchstzahl sei überschritten, bekämpft, muß sie damit an dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbot scheitern (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1993, 92/09/0389, vom 16. Dezember 1993, 93/09/0250, und vom 21. Jänner 1994, 93/09/0409).

Eine Pflicht der belangten Behörde in ihrem Bescheid zu begründen, wie die in der von ihr angewendeten Verordnung festgesetzte Landeshöchstzahl zustande gekommen ist, besteht nicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0429). Wenn die beschwerdeführerende Partei weiters eine Anfechtung der Festlegung der Landeshöchstzahl beim Verfassungsgerichtshof anregt, ist dem entgegenzuhalten, daß es ihrerseits im Verwaltungsverfahren zu keiner Bestreitung der Überschreitung der Landeshöchstzahl gekommen ist. Die belangte Behörde war daher nicht verhalten, näher auf diese Frage einzugehen und entsprechende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen. Mangels solcher besteht aber vorliegendenfalls keine Berechtigung von einem "absurden Mißverhältnis" zwischen der Zahl der aufrechten Arbeitsbewilligungen und der Landeshöchstzahl auszugehen und daraus eine Gesetzwidrigkeit abzuleiten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, 93/09/0250). Eine davon unabhängige im System des Gesetzes selbst liegende Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung betreffend Festlegung der Landeshöchstzahlen vermag der Verwaltungsgerichtshof aus der Sicht des Beschwerdefalles nicht zu erkennen.

Die belangte Behörde ist daher im Beschwerdefall zu Recht vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ausgegangen. Hat somit die beschwerdeführende Partei die Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht (rechtzeitig) bekämpft, dann wäre es an ihr gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in diesem erschwerten Verfahren maßgebend hätten sein können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1994, 93/09/0480, und die dort angeführte Vorjudikatur). Solche Gründe hat die beschwerdeführende Partei aber im Verwaltungsverfahren nicht vorgebracht.

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Schlagworte

Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994090029.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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