TE Vwgh Erkenntnis 1994/7/4 94/19/0410

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Veröffentlicht am 04.07.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FrG 1993 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des D in U, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Juni 1993, Zl. 4.315.711/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein vietnamesischer Staatsangehöriger, der am 13. Mai 1991 in das Bundesgebiet einreiste und am 14. Mai 1991 einen Asylantrag stellte, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 6. August 1991 - mit dem festgestellt worden war, daß bei ihm die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen - mit Berufung bekämpft.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 3. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 18. Mai 1991 hinsichtlich seiner Fluchtgründe im wesentlichen angegeben, er sei in Vietnam Mitglied der kommunistischen Jugendpartei gewesen, er habe sich jedoch politisch nicht betätigt; er sei in seinem Heimatland nicht verfolgt worden. Aufgrund einer dem Beschwerdeführer 1988 problemlos erteilten Arbeitsbewilligung habe er bis Ende März 1991 in der Tschechoslowakei gearbeitet. Da er nach dem Ablauf seiner Arbeitsbewilligung nicht nach Vietnam habe zurückkehren wollen, sei er am 8. Mai 1991 "einfach nicht auf den Flughafen gefahren" (offenkundig damit gemeint: habe er seinen Rückflug nicht angetreten). In Vietnam habe man früher "kein einfaches Leben führen können"; daran habe sich nichts geändert, man sei "in Vietnam noch immer nicht frei". In Vietnam herrsche ein kommunistisches System. Der Beschwerdeführer habe nach seinem Schulabschluß keinen Arbeitsplatz (gemeint: in Vietnam) finden können. Für die Erlangung seiner Arbeitsbewilligung in der CSFR hätten die Eltern des Beschwerdeführers "Geld bezahlen müssen". Das Leben in der Tschechoslowakei sei immer besser als in Vietnam gewesen. In letzter Zeit habe es jedoch "rassistische Diskriminierungen von Vietnamesen" von Seiten der tschechischen Bevölkerung gegeben; man habe von Überfällen tschechischer Jugendlicher auf Vietnamesen gehört. Im September 1990 sei der Beschwerdeführer von mehreren Personen in Prag überfallen, bedroht und zur Herausgabe von Geld aufgefordert worden. Er habe diesen Personen sein Geld gegeben; eine polizeiliche Anzeige habe er deshalb nicht erstattet, weil "die Polizei überlastet sei" und gegen derartige Übergriffe nichts unternehmen könne oder wolle. Als seine Arbeitsbewilligung in der CSFR abgelaufen sei, habe sich der Beschwerdeführer zur "Flucht" nach Österreich entschlossen.

In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer gelten, daß die belangte Behörde seine Flüchtlingseigenschaft zu Unrecht verneint habe. Sein insoweit erstattetes Vorbringen ist aber nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Die belangte Behörde hatte gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 - dieses Gesetz hatte die belangte Behörde im Hinblick auf die erstinstanzliche Bescheiderlassung am 10. Oktober 1991 sowie die am 18. Oktober 1991 erhobene Berufung gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. anzuwenden (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831) - bei Beurteilung der Frage, ob asylrechtlich relevante Verfolgungsgründe glaubhaft gemacht wurden, vom Ermittlungsergebnis des Verfahrens erster Instanz auszugehen. Gründe die dagegen sprechen könnten, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung vom erstinstanzlichen Ermittlungsergebnis auszugehen hatte oder das Vorliegen eines der belangten Behörde unterlaufenen wesentlichen Verfahrensfehlers, hat der Beschwerdeführer jedenfalls nicht einmal behauptet. Insoweit sich der Beschwerdeführer vom erstinstanzlichen Ermittlungsergebnis entfernt, vermag er mit diesen Beschwerdeausführungen - die, soweit sie teilweise über das im Verwaltungsverfahren erstattete Sachvorbringen noch hinausgehen, überdies das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) verletzen - eine zur Aufhebung führende inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides daher nicht aufzuzeigen.

Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt nicht; vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes seinen Aufenthalt im Heimatland unerträglich erscheinen lassen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0605). Eine allfällige politische Überzeugung des Asylwerbers, die von der durch die Regierung vertretenen abweicht, ist für sich jedoch noch kein Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1991, Zl. 90/01/0182). Auch aus den allgemeinen politischen Verhältnissen alleine kann - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkennt (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0778) -, Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. nicht abgeleitet werden. Vielmehr müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete, bzw. ihm drohende Maßnahmen in der beschriebenen Intensität dargetan werden. Dem erstinstanzlichen Ermittlungsergebnis sind jedoch derartige Maßnahmen, aus denen die im § 1 Z. 1 leg. cit. geforderte wohlbegründete Furcht abgeleitet werden könnte, nicht zu entnehmen.

Zutreffend hat die belangte Behörde auch darauf verwiesen, daß die vom Beschwerdeführer geschilderten Vorfälle in der ehemaligen CSFR zur Begründung seines Asylansuchens nicht tauglich erscheinen, weil sie seinem Heimatstaat - nämlich Vietnam - nicht zurechenbar sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0828).

Soweit der Beschwerdeführer (erstmals in seiner Beschwerde) darauf verweist, bei seiner allfälligen Abschiebung in sein Heimatland würden ihm menschenrechtswidrige Behandlungen oder seine Tötung drohen, ist ein derartiges Vorbringen gegebenenfalls nach § 37 Fremdengesetz (FrG) zu berücksichtigen, vermag aber eine Rechtswidrigkeit des (im Asylverfahren ergangenen) angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesonders deren Art. III.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190410.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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