TE Vwgh Erkenntnis 1994/8/11 93/12/0195

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Veröffentlicht am 11.08.1994
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Index

72/13 Studienförderung;

Norm

StudFG 1983 §18 Abs1;
StudFG 1983 §19 Abs6 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 19. Mai 1993, Zl. 56.045/31-I/7/93, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin betreibt sie das Studium der Volkskunde und befand sich im Sommersemester 1993 im sechsten Semester des zweiten Studienabschnittes. Sie hatte bislang Studienbeihilfe bezogen und ersuchte mit Eingabe vom 30. März 1993 um "Verlängerung der Anspruchsdauer um ein weiteres Semester (§ 19 Abs. 6 Z. 1)".

Der Senat der Studienbeihilfenbehörde befürwortete das Ansuchen der Beschwerdeführerin nicht.

Die belangte Behörde wies dieses Ansuchen mit dem angefochtenen Bescheid ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Rechtslage nach dem StudFG weiter aus, nach der Studienordnung für die Studienrichtung Volkskunde, BGBl. Nr. 46/1978, betrage die Studiendauer für den zweiten Studienabschnitt vier Semester. Die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe betrage daher fünf Semester.

Die Beschwerdeführerin befinde sich im Sommersemester 1993 im sechsten Semester des zweiten Studienabschnittes der Studienrichtung Volkskunde und habe also die Anspruchsdauer (- bereits -) um ein Semester überschritten.

Die Beschwerdeführerin habe die Verlängerung der Anspruchsdauer um ein Semester beantragt und begründe ihre Studienverzögerung mit ihrer besonders zeitaufwendigen und umfangreichen Diplomarbeit, die sie im März 1992 übernommen habe. Auf Grund ihrer Angaben werde sie die Diplomprüfung voraussichtlich zu Beginn des Wintersemesters 1993/94, also erst nach einer allenfalls um ein (- weiteres -) Semester verlängerten Anspruchsdauer, ablegen.

Eine der Voraussetzungen für die Verlängerung der Anspruchsdauer gemäß § 19 Abs. 6 StudFG sei jedoch, daß der Studierende die Diplomprüfung innerhalb der Anspruchsdauer ablegen werde. Da diese Voraussetzung für eine Verlängerung der Anspruchsdauer nicht vorliege, habe das Ansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist nach § 6 Abs. 1 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305, u.a., daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist. Ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den Anspruch auf Studienbeihilfe liegt nach § 16 Z. 2 StudFG vor, wenn der Studierende die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19). Die Anspruchsdauer umfaßt nach § 18 Abs. 1 StudFG grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).

Im Beschwerdefall hat die gesetzliche Anspruchsdauer - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt hat - fünf Semester (zweiter Studienabschnitt = vier Semester und ein weiteres "Toleranzsemester") betragen.

Nach § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG hat der zuständige Bundesminister auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde bei Studien im Ausland, überdurchschnittlich umfangreichen und zeitaufwendigen wissenschaftlichen Arbeiten oder ähnlichen außergewöhnlichen Studienbelastungen die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester zu verlängern, wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird.

Auf Grund des Studienfortganges hat die Behörde zu entscheiden, ob damit gerechnet werden kann, daß innerhalb der (allenfalls verlängerten) Anspruchsdauer das Studium bzw. der Studienabschnitt abgeschlossen werden kann. Dies wird mit Sicherheit nicht der Fall sein, wenn bei Beantragung eines Zusatzsemesters noch so viele Prüfungen fehlen, daß ihre Ablegung innerhalb des Zusatzsemesters unmöglich erscheint (siehe die EB zur RV 473 BlgNr, XVIII. GP).

§ 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG räumt der belangten Behörde nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nur die Berechtigung ein, die Anspruchsdauer um EIN weiteres Semester zu verlängern, wenn die sonst genannten Voraussetzungen gegeben sind, insbesondere also zu erwarten ist, daß die Studierende die Diplomprüfung innerhalb der - solcherart verlängerten - Anspruchsdauer ablegen wird. Das bedeutet für den Beschwerdefall, daß eine Verlängerung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe auf sechs Semester zulässig war, wenn erwartet werden konnte, daß innerhalb dieser verlängerten Anspruchsdauer die Diplomprüfung abgelegt wird. Da die Beschwerdeführerin in Ergänzung ihres Antrages mit Schreiben vom 14. April 1993 mitgeteilt hat, daß sie die Diplomprüfung aber erst voraussichtlich im Oktober 1993 (- also im siebenten Semester des zweiten Studienabschnittes -) ablegen wird, steht die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung mit der Gesetzeslage im Einklang.

Die Beschwerdeführerin macht als Verfahrensmangel geltend, daß die belangte Behörde ihre gemäß § 13a AVG vorgesehene Pflicht zur Anleitung bei der Vornahme der Verfahrenshandlungen und die Pflicht zur Belehrung über die Rechtsfolgen unterlassen habe. Hätte die belangte Behörde sie nämlich darauf aufmerksam gemacht, daß eine Voraussetzung für die Verlängerung der Anspruchsdauer um ein Semester gemäß § 19 Abs. 6 Z. 1 StudFG darin liege, daß auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten sei, daß die Studierende die Diplomprüfung innerhalb der verlängerten Anspruchsdauer ablegen werde, hätte sie andere Angaben gemacht. Außerdem habe die belangte Behörde den Grundsatz des Parteiengehörs mißachtet und ihr keine Gelegenheit gegeben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß es im Ermittlungsverfahren nicht darauf ankommt, daß die Beschwerdeführerin allenfalls etwas anderes zum Erfolg Führendes hätte behaupten können, sondern daß die Ermittlung des wahren Sachverhaltes maßgebend ist. Wenn die belangte Behörde ihre Entscheidung auf die im Rahmen der der Beschwerdeführerin obliegenden Mitwirkungsverpflichtung im Verwaltungsverfahren erfolgten Mitteilung gestützt hat, die offensichtlich von der Beschwerdeführerin nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt ist, erscheint dies weder im Hinblick auf die Grundsätze des Ermittlungsverfahrens noch auf eine behauptete Verletzung der Manuduktionspflicht (§ 13a AVG) bedenklich. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin umfaßt diese Manuduktionspflicht keinesfalls die Verpflichtung, die Partei zu belehren, wie sie ihr Vorbringen gestalten müsse, damit ihrem Antrag stattgegeben werde (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Feber 1990, Zl. 89/01/0432).

Zur behaupteten Verletzung des Parteiengehörs wird festgestellt, daß die Verpflichtung, der Partei eines Verwaltungsverfahrens den festgestellten Sachverhalt vor Erlassung des Bescheides zur Kenntnis zu bringen, nur dann besteht, wenn die Partei dieses Sachverhaltsergebnis nicht bereits selbst kennt, weil sie z.B. die hiezu erforderlichen Nachweise selbst vorgelegt hat. Im Ermittlungsverfahren, das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt, wurden keinerlei Tatsachen erhoben, die nicht die Beschwerdeführerin selbst durch entsprechende Erklärungen und Nachweise der Behörde zur Kenntnis gebracht hat. Abgesehen davon hätte die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Verpflichtung getroffen, darzulegen, was sie vorgebracht hätte, wenn ihr Gelegenheit zum Parteiengehör gegeben worden wäre (vgl. in diesem Sinne beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1978, Slg. 9596/A).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993120195.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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