TE Vwgh Beschluss 1994/9/5 94/20/0139

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Veröffentlicht am 05.09.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §19 Abs1 Z2;
AsylG 1991 §19 Abs3;
AVG §39 Abs2;
ZustG §8 Abs1;
ZustG §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Blaschek und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftührers Mag. Lammer, in der Beschwerdesache des R in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 1993, Zl. 4.328.621/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hat am 9. Juni 1993 (Postaufgabe) gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 1993 Beschwerde erhoben. Zur Rechtzeitigkeit seiner Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, der angefochtene Bescheid sei am 26. Februar 1993 rechtswidrig hinterlegt worden, die belangte Behörde habe dabei die Bestimmung des § 19 Asylgesetz 1991 zu Unrecht angewendet; der Zustellmangel sei erst am 28. April 1993 durch Zustellung an seinen bevollmächtigten Vertreter geheilt worden. Die belangte Behörde sei von der unrichtigen Auskunft der Meldebehörde (Bundespolizeidirektion Wien), daß sich der Beschwerdeführer in die Türkei abgemeldet habe, ausgegangen; diese Auskunft sei jedoch unrichtig gewesen.

Vorauszuschicken ist, daß der erstinstanzliche Bescheid am 14. April 1992 erlassen (zugestellt) wurde und der Beschwerdeführer dagegen am 24. April 1992 (fristgerecht) Berufung erhoben hat, sodaß demnach - wie auch in der Beschwerde zutreffend eingeräumt wird - die belangte Behörde im vorliegenden Fall gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz Asylgesetz 1991 bereits dieses Gesetz anzuwenden hatte.

Auf Verfahren nach diesem Bundesgesetz findet, soweit nicht anderes bestimmt wird, gemäß § 11 leg. cit. das AVG Anwendung. Gemäß § 21 AVG sind Zustellungen nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes (BGBl. Nr. 200/1982) vorzunehmen. Nach § 8 Abs. 1 Zustellgesetz hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre Abgabestelle (im Sinne des § 4 Zustellgesetz) ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist - soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen - die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (§ 8 Abs. 2 Zustellgesetz). Daß die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Zustellgesetz im Asylverfahren anzuwenden ist, wird vom Beschwerdeführer mit Recht nicht bezweifelt. Der Beschwerdeführer räumt - im Rahmen seiner meritorischen Beschwerdeausführungen - ausdrücklich selbst ein, daß er die Änderung seiner Abgabestelle der belangten Behörde nicht bekanntgegeben habe.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides wegen der Abgabestelle des Beschwerdeführers beim Zentralmeldeamt angefragt und von diesem am 16. Februar 1993 die Auskunft erhalten, der Beschwerdeführer habe sich am 24. November 1992 in die Türkei abgemeldet (auch mit Telefax vom 6. August 1993 hat die Bundespolizeidirektion Wien als Zentralmeldeamt der belangten Behörde erneut mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer bis 24. Dezember 1992 an der Abgabestelle W, P-Gasse 1/1 gemeldet gewesen sei, sich ab diesem Zeitpunkt in die Türkei abgemeldet und erst ab 9. April 1993 wieder eine Anmeldung vorgenommen habe).

§ 8 Abs. 2 Zustellgesetz regelt die Folgen der Unterlassung der Mitteilung der Änderung der Abgabestelle in jenen Fällen, in denen die Behörde vor der zu veranlassenden Zustellung wohl von der Änderung weiß, die neue Abgabestelle aber nicht kennt. Diese Regelung ist von dem Gedanken getragen, daß die Unterlassung der Mitteilung dann zu Lasten der Partei geht, wenn die Behörde die geänderte Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten in Erfahrung bringen kann. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers vermag eine fehlerhafte (unrichtige) Auskunft der Meldebehörde über den aktuellen Stand seiner Meldedaten aber an der für die Behörde bestehenden Schwierigkeit, die geänderte Abgabestelle festzustellen, noch nichts zu ändern. Da eine Partei mit Unterlassung der in § 8 Abs. 1 leg. cit. normierten Mitteilungspflicht die Gefahr zu tragen hat, daß Zustellungen an ihrer früheren Abgabestelle ohne Zustellversuch erfolgen, weil ihre geänderte Abgabestelle für die Behörde nicht feststellbar war (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 1183 f, E 1b und c zu § 8 Zustellgesetz), vermag der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "Fehler der Meldebehörde" den unter Anwendung des § 19 Abs. 3 Asylgesetz 1991 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Zustellgesetz vorgenommenen Zustellvorgang nicht mit Rechtswidrigkeit zu belasten. Daß der belangten Behörde die vorliegend ins Treffen geführte Unrichtigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit der Auskunft der Meldebehörde auf andere Weise bekannt gewesen wäre oder offenkundig hätte auffallen müssen, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Abweichend von § 8 Abs. 2 Zustellgesetz wird im § 19 Abs. 3 Asylgesetz 1991 normiert, daß die ohne Zustellversuch vorzunehmende Hinterlegung nicht an der zuletzt amtsbekannten Abgabestelle, sondern bei der Behörde selbst zu erfolgen habe.

Die am 26. Februar 1993 durch Hinterlegung bei der belangten Behörde vorgenommene Zustellung des angefochtenen Bescheides war somit rechtmäßig und hat die daran geknüpften Rechtswirkungen ausgelöst. Die (über Bekanntgabe eines Zustellbevollmächtigten) am 23. April 1993 vorgenommene weitere (spätere) Zustellung an den Beschwerdeführervertreter hat keine Rechtsfolgen mehr ausgelöst (vgl. § 6 Zustellgesetz und das hg. Erkenntnis vom 18. April 1988, Slg. 12.701/A).

Da die sechswöchige Beschwerdefrist im Sinne des § 26 Abs. 1 VwGG vorliegend bereits am 26. Februar 1993 zu laufen begann und im Hinblick auf das auf Karfreitag (9. April 1993) fallende Fristende daher gemäß § 33 Abs. 2 AVG am 13. April 1993 endete, erweist sich die erst am 6. Juni 1993 erhobene Beschwerde als verspätet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesonders deren Art. III.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994200139.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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