TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 93/09/0132

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Veröffentlicht am 15.09.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
HKG 1946 §57g Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der B Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, vom 29. März 1993, Zl. Präs 142-154/92/Wa/SO, betreffend Grundumlage 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich vom 18. September 1992 wurde über den Antrag der beschwerdeführenden Partei, Art und Ausmaß ihrer Grundumlagepflicht festzustellen, wie folgt abgesprochen:

"SPRUCH

Gemäß §§ 57 a und 57 g Handelskammergesetz (HKG), BGBl. 182/1946 i. d. F. BGBl. 620/1991 i. V. m. dem Beschluß der Landesinnung OÖ der Gärtner und Floristen vom 11.9.1991, dem Beschluß des Landesgremiums OÖ des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln vom 24.9.1991, dem Beschluß des Landesgremiums OÖ des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften vom 25.9.1991, dem Beschluß des Landesgremiums OÖ des Handels mit photographischem, optischem und ärztlichem Bedarf vom 10.9.1991 und dem Beschluß des Landesgremiums OÖ des Parfümeriewarenhandels vom 24.9.1991, veröffentlicht in der Kammernachrichtenbeilage zu Folge 49 vom 13.12.1991 auf den Seiten 5, 8, 9 und 10, wird für die Firma B Aktiengesellschaft in W eine Grundumlagenzahlungsverpflichtung in der Höhe von S 584.540,-- (in Worten: Schilling fünfhundertvierundachtzigtausendfünfhundertvierzig) festgestellt."

In der Begründung werden die Gewerbeberechtigungen der Beschwerdeführerin auf 46 Seiten mit Angaben über weitere Betriebsstätten, deren Standort, die Angabe der Gewerbebehörde, Ausstellungsdatum und Aktenzahl und die an diesem Standort gegebenen Fachgruppenmitgliedschaften aufgelistet.

Abschließend wurde in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ausgeführt, auf Grund der angeführten Gewerbeberechtigungen bestünden gemäß § 1 Abs. 2 Z. 40 und § 3 Abs. 2 Z. 1 (Abs. 5 lit. b), 13, 19 und 26 des Anhanges zur Fachgruppenordnung BGBl. Nr. 223/1947 (in der derzeit geltenden Fassung) in Verbindung mit §§ 29 Abs. 5, 57a Abs. 1 und 4 HKG grundumlagepflichtige Mitgliedschaften bei der Landesinnung OÖ der Gärtner und Floristen, beim Landesgremium OÖ des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln, beim Landesgremium OÖ des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften, beim Landesgremium OÖ des Handels mit photographischem, optischem und ärztlichem Bedarf und beim Landesgremium OÖ des Parfümeriewarenhandels.

Dann werden in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides die Beschlüsse der einzelnen Fachgruppen über die Grundumlage 1992 auszugsweise wiedergegeben und - nach Fachgruppen zusammengefaßt - die Berechnung der Grundumlage unter Angabe der Fachgruppenmitgliedschaft vorgenommen.

Über die Berufung der beschwerdeführenden Partei erging der angefochtene Bescheid mit folgendem Spruch:

"A

Der Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich vom 18.9.1992, BESCH 093/H/92/FB, wird gemäß § 66 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG 1950) hinsichtlich der für die Berufungswerberin festgestellten Zahlungsverpflichtung aufgrund deren Berechtigungen gemäß § 103 Abs 1 lit b GewO 1973 (siehe Anlage dieses Bescheides) aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die 1. Instanz zurückverwiesen.

B

Gemäß § 57 g HKG wird als verbleibende Zahlungsverpflichtung der B AG ein Betrag in Höhe von S 323.100,-- als Grundumlage 1992 aufgrund deren im erstinstanzlichen Bescheid angeführten und in der Anlage dieses Bescheides wiederholten Berechtigungen für den Handel von Büchern, etc. sowie den Photohandel festgestellt.

Die Anlage dieses Bescheides wird zum integrierenden Bestandteil dieses Spruches erklärt."

Zur Begründung wird hinsichtlich des aufhebenden Spruchteiles ausgeführt, die Behörde erster Instanz habe die Tatsache der Mitgliedschaft der beschwerdeführenden Partei auf Grund der im erstinstanzlichen Bescheid genannten "Berechtigungen für den Gemischtwarenhandel (siehe Anlage dieses Bescheides) zu den betreffenden Fachorganisationen festgestellt", ohne sich jedoch im einzelnen mit den Umständen näher auseinanderzusetzen. Auch der vorgelegte Verwaltungsakt lasse eine genaue Auseinandersetzung mit diesen Fragen im gegenständlichen Verfahren nicht erkennen. Da die Durchführung einer neuerlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine, sei nach § 66 Abs. 2 AVG vorzugehen gewesen.

Zum bestätigenden Teil B des Spruches wird im wesentlichen begründend ausgeführt, das Kalenderjahr der Grundumlagepflicht sei dem Spruch zu entnehmen. Die Grundumlage gemäß § 57a Abs. 4 HKG sei für jede Berechtigung nach § 3 Abs. 2 HKG, die in den Wirkungsbereich einer Fachgruppe fiele, zu entrichten und nicht für Standorte. Mit der Anzeige betreffend die Ausübung eines Anmeldegewerbes in einer weiteren Betriebsstätte werde eine neue Berechtigung begründet. Weiters wird auf die 8. HKG-Novelle hingewiesen, mit der eine - allfällige - Gesetzwidrigkeit der Grundumlagenbeschlüsse saniert worden sei; eine verfassungsrechtliche Auseinandersetzung mit der gesetzlichen Berechtigung zur "Staffelung" der Grundumlage erübrige sich. Zur bestrittenen Höhe der Grundumlage sei anzumerken, daß es sich um 133 Berechtigungen für den Photohandel und Buchhandel (siehe Anlage dieses Bescheides) handle, die zwecks Verfahrenskonzentration gemeinsam behandelt worden seien. Rechtlich ins Leere gehe der Hinweis auf § 57a Abs. 6 letzter Satz HKG, wonach die Grundumlage den Höchstbetrag von S 90.000,-- nicht übersteigen dürfe. Die Grundumlage sei für jede Berechtigung und nicht pro Standort oder als Gesamtgrundumlage für ein Bundesland zu entrichten. Schließlich wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides zur Frage der Fälligkeit unter Hinweis auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (Zl. 91/09/0181) ausgeführt, daß dem Verlangen auf bescheidmäßigen Abspruch im Sinne des § 57g Abs. 1 HKG keine aufschiebende Wirkung zukomme.

Dem Bescheid angeschlossen ist eine "Anlage", in der die verfahrensgegenständlichen Berechtigungen der beschwerdeführenden Partei inklusive der damit verbundenen Zugehörigkeit zu Fachgruppen aufgelistet ist. Diese Anlage, über deren Seitenzahl dem angefochtenen Bescheid nichts zu entnehmen ist, ist mit dem angefochtenen Bescheid aber nicht fest verbunden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "insofern in ihren Rechten verletzt, als

-

weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 59 (1) AVG entspricht, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat;

-

ohne gesetzliche Grundlage und ohne Grundlage in den Grundumlagenbeschlüssen für jede Betriebsstätte eine Grundumlagepflicht festgestellt wird;

-

die von den Fachgruppen beschlossenen Grundumlagen in gesetzwidriger Weise nach der Rechtsform vervielfacht werden und

-

entgegen der Höchstgrenze des § 57a (6) HKG die Verpflichtung zur Bezahlung einer S 90.000,-- übersteigenden Grundumlage festgestellt wird."

In Ausführung des erstgenannten Beschwerdepunktes bringt die beschwerdeführende Partei unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung insbesondere vor, weder der Spruch des erstinstanzlichen noch der des angefochtenen Bescheides entspreche den Anforderungen des § 59 Abs. 1 AVG, weil nicht dargestellt sei, auf Grund welcher "Berechtigungen" der beschwerdeführenden Partei sich die Zugehörigkeit zu bestimmten Fachgruppen ergeben solle und aus welchen konkreten Umständen letztlich die festgestellte Zahlungsverpflichtung abgeleitet werde. Ein Hinweis auf die Begründung eines Bescheides sei nicht als ausreichend anzusehen. Umsoweniger sei der Hinweis auf eine dem Bescheid beigelegte Anlage ausreichend.

Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei im Recht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 92/04/0248, oder jüngst das Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/04/0175) ausgesprochen hat, sind ausgehend von den Bestimmungen des § 57g Abs. 1 HKG und des § 59 Abs. 1 AVG sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57g Abs. 1 HKG aufzunehmen, was insbesondere für die hiefür maßgebenden "Berechtigungen" und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu bestimmten Gremien gilt. Im Bescheid enthaltene diesbezügliche Begründungsdarlegungen dürfen zur Ergänzung des normativen Abspruches eines Bescheides nicht herangezogen werden.

Im vorliegenden Fall enthält der erstbehördliche Bescheid in seinem Spruch weder einen Hinweis auf die die Grundumlagepflicht der beschwerdeführenden Partei begründenden Berechtigungen im Sinne des § 57a Abs. 4 HKG noch eine Gliederung der auf die einzelnen Fachgruppenmitgliedschaften entfallenden Beträge, sondern nur einen Gesamtbetrag. Die Darstellung in der Begründung dieses Bescheides vermag nach der soeben dargelegten Rechtslage an der dadurch begründeten Gesetzwidrigkeit dieses Spruches nichts zu ändern.

Insoweit der angefochtene Bescheid den erstbehördlichen Bescheid hinsichtlich eines Teilbetrages von S 323.100,-- bestätigt, verweist die belangte Behörde auf den erstbehördlichen Bescheid und die in der Anlage des angefochtenen Bescheides "wiederholten Berechtigungen für den Handel von Büchern, etc. sowie den Photohandel" und erklärt diese Anlage zum integrierenden Bestandteil des Spruches. Vorliegendenfalls besteht - im Gegensatz zu einem Hinweis auf Pläne oder dgl. - keine (technische) Notwendigkeit für eine solche "Anlage". Bei diesem Hinweis auf die Anlage mangelt es an jeglicher sprachlicher Verknüpfung des Inhaltes dieser Anlage mit dem Abspruch über die Grundumlagepflicht der beschwerdeführenden Partei; weiters ist - was insbesondere im Hinblick auf die Rechtssicherheit erforderlich wäre - mangels haltbarer mechanischer Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid oder entsprechender erforderlicher Bestimmbarkeitskriterien eine eindeutige Zuordnung nicht möglich.

Im übrigen fehlt vorliegendenfalls noch jeder Hinweis darauf, welchen Umfang diese Anlage hat und wie die darin enthaltenen Angaben im einzelnen den Spruchpunkten A und B zuzuordnen sind.

Da es sich bei dem aufgezeigten Mangel des Spruches nach ständiger Rechtsprechung um eine inhaltliche Rechtswidrigkeit handelt, kommt dem von der belangten Behörde in der Gegenschrift vorgebrachten Aspekt der Verfahrensrelevanz von vornherein keine entscheidende Bedeutung zu.

Der angefochtene Bescheid war daher mangels nachvollziehbarer Deutlichkeit und der daraus folgenden fehlenden Trennbarkeit im gesamten hinsichtlich beider Spruchpunkte schon aus den dargestellten Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß sich das Erfordernis der Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens ergab.

Zu der in der Gegenschrift der belangten Behörde enthaltenen "Anregung", den dort genannten Landes- bzw. Bundesgremien eine Gleichschrift der Beschwerde sowie der Gegenschrift zuzustellen, wird darauf hingewiesen, daß für eine derartige Vorgangsweise eine gesetzliche Grundlage fehlt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090132.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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