TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/27 91/07/0036

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Veröffentlicht am 27.09.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
WRG 1959 §32;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Z, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 31. Jänner 1991, Zl. 512.736/01-I5/90, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit seinem Bescheid vom 19. November 1990 hatte der Landeshauptmann von Oberösterreich auf Grund einer am 16. November 1990 durchgeführten mündlichen Verhandlung der Beschwerdeführerin gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 aufgetragen, jede Ableitung in den Aistfluß über das mit seinen Bescheiden vom 8. November 1977 (Bewilligung der Einleitung von Abwässern aus der Wasch- und Entwachsungsanlage, der häuslichen und betrieblichen Abwässer aus der Kfz-Werkstätte sowie der betrieblichen Abwässer aus der Servicehalle) und vom 5. April 1978 (Bewilligung der Einleitung der häuslichen Abwässer des Sozialgebäudes sowie der Versickerung der im Manipulationsbereich der Tankstelle für den Zollagerplatz anfallenden Niederschlags- und Manipulationsabwässer) verliehene Ausmaß hinaus (dies auch unter Beachtung eines Auftrages dieser Behörde vom 29. April 1987 sofort einzustellen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, die Verhandlung vom 16. November 1990 sei nicht ordnungsgemäß anberaumt worden, weshalb sie sich nicht hinreichend darauf habe vorbereiten können und worin somit eine Verletzung des Parteiengehörs gelegen sei. Insbesondere habe sie nicht vorbringen können, daß festgestellte Grenzwertüberschreitungen weder eine Gesundheitsgefährdung für Menschen noch eine Gefährdung für Tiere oder Pflanzen mit sich gebracht hätten.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 1991 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, konsensüberschreitendes Verhalten sei einem konsenslosen, weil nicht wasserrechtlich bewilligten Verhalten gleichzusetzen, wobei das konsensüberschreitende Verhalten der Beschwerdeführerin durch mehrmalige behördliche Überprüfungen dokumentiert sei. Im Hinblick darauf sei der wasserpolizeiliche Auftrag zu Recht ergangen. Zur geltend gemachten, nicht ordnungsgemäßen Anberaumung der Verhandlung sei darauf hinzuweisen, daß die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren gemäß § 138 WRG 1959 nicht verpflichtend sei. Die Verletzung des Parteiengehörs werde durch die nachträgliche Möglichkeit zur Stellungnahme im Berufungsverfahren saniert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Rücksicht auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem 1. Juli 1990 hatte die belangte Behörde das WRG 1959 bereits in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 anzuwenden (Art. IV Abs. 1 der Novelle).

Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen. Hiebei gilt als eigenmächtig vorgenommene Neuerung eine Vorgangsweise, die einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfte, ohne daß eine solche erwirkt wurde; es kann sich dabei um völlig konsenslose, ebenso aber auch um konsensüberschreitende Veränderungen handeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 89/07/0126).

Im Beschwerdefall kann weder dem Vorbringen der Beschwerdeführerin bei der mündlichen Verhandlung vom 16. November 1990 noch ihren Berufungsausführungen entnommen werden, daß sie das Vorliegen der der Behörde erster Instanz bekannt gewordenen und von den der angeführten Verhandlung beigezogenen Amtssachverständigen dargelegten Überschreitungen ihres Einleitungskonsenses dem Grunde nach bestritten hätte. Vielmehr hat die Beschwerdeführerin in dieser Verhandlung geltend gemacht, sie habe bereits eine Reihe von Maßnahmen und Tests zur Verbesserung der "momentanen Wasserwerte" in die Wege geleitet. In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat die Beschwerdeführerin "die fallweise festgestellten überhöhten Werte" darauf zurückgeführt, daß es möglicherweise zu einer Änderung der Waschmittel und der "sonstigen Mittelzusammensetzung" gekommen sei, durch die "möglicherweise eine Änderung der Abwasserzusammensetzung" eintrete. Weiters vermeint sie in der Berufung, daß sie, wäre ihr eine ausreichende Vorbereitungszeit zur Verfügung gestanden, in der Verhandlung eine auf Grund von ihr gesetzter Maßnahmen bereits wieder eingetretene Normalisierung der Immissionen hätte vorbringen und ausführen können, daß die festgestellten Grenzwertüberschreitungen weder eine Gesundheitsgefährdung für Menschen noch auch eine Gefährdung für Tiere oder Pflanzen mit sich gebracht habe. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin selbst davon ausgeht, ihr seien beim Betrieb ihrer Anlagen Überschreitungen des ihr erteilten Einleitungskonsenses unterlaufen. Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde auf Grund der Aktenlage - obwohl in den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten die Untersuchungsergebnisse betreffend die der Beschwerdeführerin zugerechneten Konsensüberschreitungen nicht enthalten sind - und insbesondere der gutachtlichen Äußerung der Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 1990, in der festgestellt worden war, durch diverse Probenahmen im Ablauf der Kanalisation der Beschwerdeführerin sei nachgewiesen, daß die ihr vorgeschriebenen Grenzwerte bei einzelnen Parametern um ein Vielfaches überschritten werden, davon ausgehen, daß der Beschwerdeführerin zurechenbare Konsensüberschreitungen erwiesen sind.

Die Beschwerdeführerin hat die ihrer Ansicht nach gegebene Unzulässigkeit des ihr erteilten auf § 138 Abs. 1 WRG 1959 gestützten Auftrages zur sofortigen Einstellung jeder die ihr erteilten Konsense übersteigenden Ableitung in den Aistfluß insbesondere damit begründet, daß es sich bei diesem Auftrag in Wahrheit lediglich um eine Festlegung dessen handle, was ohnehin bereits im Gesetz normiert sei. Dieser Einwand stellt in Wahrheit ein Argument gegen das in § 138 Abs. 1 WRG 1959 normierte Rechtsinstitut dar. Der in einer gesetzwidrigen Überschreitung einer wasserrechtlichen Bewilligung bestehenden Neuerung kann vielmehr erst auf Grundlage eines erforderlichenfalls zwangsweise vollziehbaren behördlichen Auftrages wirksam begegnet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1987, Zl. 87/07/0073). Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten hat, der angefochtene Bescheid sei der Vollstreckung nicht zugänglich, weil diese eine bescheidmäßige Umschreibung des rechtlich geforderten Zustandes voraussetze, ist ihr entgegenzuhalten, daß bei Konsensüberschreitungen, die ohne Vornahme baulicher Maßnahmen erfolgen, eine Umsetzung des wasserpolizeilichen Auftrages naturgemäß nicht in der im Wege der Ersatzvornahme zu bewerkstelligenden Beseitigung von Anlagen bestehen kann. Die Herstellung des konsensgemäßen und damit gesetzmäßigen Zustandes, der im Beschwerdefall durch die Bezugnahme auf die erteilten wasserrechtlichen Bewilligungen hinreichend definiert ist, hat im Falle der Notwendigkeit, einen derartigen wasserpolizeilichen Auftrag zwangsweise durchsetzen zu müssen, mit den sonst gegebenen Mitteln des Zwangsvollstreckungsverfahrens, etwa im Wege der Verhängung von Zwangsstrafen gemäß § 5 VVG zu erfolgen.

Soweit die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Verfahrensverstößen - so insbesondere Verletzung des Parteiengehörs, nicht gehörige Anberaumung einer Verhandlung - der Behörde erster Instanz erblickt, ist ihr entgegenzuhalten, daß Verfahrensmängel bei der Überprüfung eines im Instanzenzug ergangenen Bescheides für den Verwaltungsgerichtshof nur dann beachtlich sind, wenn sie das letztinstanzliche Verfahren betreffen (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1989, Zl. 86/07/0017).

Schließlich kommt dem Einwand der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es pflichtwidrig unterlassen darauf einzugehen, daß durch die festgestellte Wasserverunreinigung weder eine Gesundheitsgefährdung für Menschen noch eine Gefährdung von Tieren oder Pflanzen eingetreten sei, ist ihr zu erwidern, daß es im Fall der Überschreitung einer wasserrechtlichen Bewilligung zur Einleitung von Abwässern in ein Oberflächengewässer keiner gesonderten Feststellung über das Ausmaß und die Folgen der Konsensüberschreitung bedarf. Die wasserrechtliche Bewilligungspflicht (§ 32 WRG 1959) ist immer dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer gerechnet werden muß; dabei ist es ohne Bedeutung, ob bereits eine Gewässerverunreinigung durch eine eigenmächtige Neuerung (Maßnahme) eingetreten ist; einzige Voraussetzung ist es vielmehr, daß eine bewilligungspflichtige Maßnahme eigenmächtig, dh. ohne Bewilligung gesetzt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1991, Zl. 90/07/0166).

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III.

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991070036.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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