TE Vfgh Erkenntnis 1992/6/9 B1135/91

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Veröffentlicht am 09.06.1992
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Tir GVG 1983 §6 Abs1 litc

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch willkürliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs mangels Selbstbewirtschaftung; fehlende Beurteilung der für eine positive Prognoseentscheidung sprechenden Argumente

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S 15.000,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Kaufvertrag vom 7. Juni 1977 erwarb der Beschwerdeführer land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im Ausmaß von

79.950 m2 (Gpn. 112/1, 113, 114, 115/1, 115/2, 116 und 117 je KG Leithen) und weiters mit Kaufvertrag vom 17. April/7. Mai 1979 im Ausmaß von 2.433 m2 (EZ 70 II KG Leithen, Gp. 100/1). Nachdem die Grundverkehrsbehörde Reith bei Seefeld diesen Rechtserwerben mit Bescheiden vom 11. und 12. Juli 1979 die Zustimmung versagt hatte, gab die Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung der Berufung des Käufers mit Bescheiden vom 11. und 12. März 1980 statt und erteilte jeweils die grundverkehrsbehördliche Zustimmung unter der Auflage, daß J P binnen drei Jahren ab Bescheidzustellung in der Ortschaft Leithen der Gemeinde Reith ein Wirtschaftsgebäude errichtet und ab Errichtung des Gebäudes darin Großvieh hält, wobei zur Sicherstellung der Erfüllung dieser Auflagen jeweils eine Kaution in Höhe von S 100.000,-- vorgeschrieben wurde.

2.1. Mit Kaufvertrag vom 19. Juni 1980 erwarb J P aus der Liegenschaft EZ 10 II KG Leithen die Bp. 30/2 mit 29 m2 sowie aus der Liegenschaft EZ 11 II KG Leithen die Gp. 102 mit 3.658 m2.

Die Grundverkehrsbehörde Reith b. S. hat diesem Rechtserwerb mit Bescheid vom 23. Juni 1982 die Zustimmung versagt; dies mit der Begründung, daß der Käufer weder ein Wirtschaftsgebäude auf den ihm bereits gehörenden Grundstücken errichtet habe, noch Großvieh halte; die landwirtschaftlichen Grundstücke würden vom Bruder des Käufers, F P, landwirtschaftlich genutzt, woraus zu schließen sei, daß eine Selbstbewirtschaftung auch der mit Kaufvertrag vom 19. Juni 1980 erworbenen Flächen nicht zu erwarten sei.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde ausgeführt, daß J P nach wie vor die Absicht habe, ein eigenes Wirtschaftsgebäude in der KG Leithen zu errichten und seinen landwirtschaftlichen Besitz selbst zu bewirtschaften und sich aus dem Transportgewerbe, das er bisher betrieben habe, zurückzuziehen; er habe inzwischen auch bereits seinen LKW-Bestand von ursprünglich ca. 20 Fahrzeugen auf vier Fahrzeuge reduziert.

2.2. Mit einem weiteren Kaufvertrag vom 11./13./14./21. Oktober 1980 erwarb J P aus der Liegenschaft EZ 27 II KG Leithen die Gp. 130/1 und Gp. 130/3 im Gesamtausmaß von 25.064 m2.

Auch diesem Rechtserwerb wurde von der Grundverkehrsbehörde Reith b. S. mit Bescheid vom 23. Juni 1982 aus den vorhin genannten Gründen die Zustimmung versagt.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde der bereits dargelegte Standpunkt neuerlich bezogen.

2.3. Mit Kaufvertrag vom 13. September 1982 hat J P schließlich die Liegenschaft EZ 2507 II KG Hötting, bestehend aus der Gp. 2008/2 im Ausmaß von 4.564 m2 erworben.

Mit Bescheid vom 9. November 1982 wurde diesem Rechtserwerb von der Grundverkehrsbehörde Innsbruck die Zustimmung erteilt.

Dagegen erhob der Landesgrundverkehrsreferent rechtzeitig Berufung, in der geltend gemacht wurde, daß der Rechtserwerber der von ihm übernommenen Verpflichtung zur Errichtung einer Hofstelle in Leithen nicht nachgekommen sei, daß durch den Erwerb des Kaufgrundstückes keinesfalls eine wirtschaftlich rentable Aufstockung für den Betrieb in Leithen erzielt werden könne und im vorliegenden Rechtserwerb eine spekulative Kapitalanlage zu erblicken sei.

3.1. Im Zuge der Berufungsverfahren gegen die unter Pkt. 2.1,

2.2. und 2.3. genannten Bescheide legte J P in mehreren Eingaben dar, auf welche Schwierigkeiten er im Bestreben, ein Wirtschaftsgebäude zu errichten, gestoßen sei. Den Schwierigkeiten des Beschwerdeführers Rechnung tragend, beschloß die Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung zunächst mit Bescheid vom 3. Dezember 1982, die Frist zur Erfüllung der in den Bescheiden vom 11. und 12. März 1980 erteilten Auflagen bis 1. Dezember 1983 zu verlängern, und mit Bescheiden vom 22. April 1983 und 23. Juni 1983, die Berufungsverfahren bis 1. Dezember 1983 auszusetzen; die Behörde sei seinerzeit bei Auflagenerteilung davon ausgegangen, daß das Wirtschaftsgebäude für den seinerzeit erworbenen Grund zu errichten sei. Dies bedeute, daß bei Erfüllung der Auflage und Errichtung des Wirtschaftsgebäudes auch für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke sichergestellt wäre, daß eine ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung durchgeführt würde.

Mit Bescheid vom 9. März 1984 wurde die Frist zur Erfüllung der Auflagen um weitere zwei Jahre bis 1. Dezember 1985 verlängert und die Berufungsverfahren bis zu diesem Zeitpunkt weiter ausgesetzt.

Aus den Administrativakten ergibt sich hiezu, daß J P bereits 1983 ein Bauansuchen um Errichtung einer Hofstelle eingebracht hatte, das zu weiteren Verfahren über die Errichtung eines Zufahrtsweges und die notwendige Wasserversorgung führte. In laufenden Eingaben berichtete der Berufungswerber über die jeweiligen Schritte, die von ihm gesetzt wurden, insbesondere auch über von ihm veranlaßte, letztlich jedoch erfolglose Bohrungen nach Wasser auf den angekauften Grundstücken. Er suchte u.a. 1985 neuerlich um Bewilligung des Anschlusses an die Gemeindewasserversorgungsanlage an und erhob, nachdem die Gemeindeinstanzen der Gemeinde Reith ihrer Entscheidungspflicht nicht nachkamen, schließlich eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser stellte am 23. Mai 1989 an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG einen Antrag auf Prüfung mehrerer Bestimmungen der Wasserleitungsordnung der Gemeinde Reith; der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 3. März 1990, V29/89, diese Bestimmungen als gesetzwidrig auf. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1990, Z88/07/0116, wurden hierauf die Anträge des Beschwerdeführers auf Anschluß seines Grundstückes an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde Reith mangels entsprechender Rechtsgrundlage zurückgewiesen.

3.2. Am 20. September 1990 führte hierauf die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung ab, bei der sich der Landesgrundverkehrsreferent gegen den "Landwirtschafts-Tourismus" - die zerstreute Lage von Grundstücken - aussprach. Der Beschwerdeführer verwies darauf, daß die Gemeinde Reith ihm nach Erlassung einer neuen Wasserverordnung den Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage zu bewilligen haben werde; andernfalls würde er den Anschluß privatrechtlich durchsetzen. Sodann wurde vom Bürgermeister der Gemeinde Reith der "Ablauf der Verfahren (erläutert) und betont, nicht er als Bürgermeister habe die erforderlichen Anschlüsse verhindert, sondern der Gemeinderat. Zudem sei von der BLWK (Bauernlandwirtschaftskammer) Innsbruck dargelegt worden, die Errichtung eines neuen Betriebes sei nicht zu befürworten, da es sich um einen zuschußbedürftigen Bergbauernbetrieb handeln würde. Die Rodung von Waldgrundstücken werde von der Forstbehörde abgelehnt; von der Wasserversorgung aus Tiefbrunnen sei nach Meinung des Kulturbauamtes abzuraten. Im übrigen sei die Gemeinde Reith bereit, die Liegenschaft anzukaufen, um entsprechende Tauschgründe erwerben zu können." Der Beschwerdeführer replizierte, er sei vom Bürgermeister "boykottiert" worden. Bezüglich der Errichtung des Zufahrtsweges verwies er darauf, daß eine Asphaltierung durchgeführt worden sei, damit nicht dauernd Schotter in die Wiesen geschwemmt werde. Ein Stadel, der errichtet worden sei, stehe - mit Ausnahme von Landmaschinen - leer. Dieser werde von ihm und seiner Familie nur gelegentlich an Wochenenden zu Erholungszwecken genutzt. Die Wassersuche habe ihn viel Geld gekostet; ein neues Projekt mit Tiefbohrungen würde mindestens S 250.000,-- kosten. Er sei auch hiezu bereit und werde, falls die Gemeinde Reith seinen Bemühungen weiter im Wege stehe, eine neue Hofstelle in Innsbruck errichten. "Besser wäre die Hofstelle jedoch in Reith plaziert, da dort 13,5 ha Eigengrund, davon 3 ha Wiesen vorhanden seien." Über Befragen gab er an, einen Frächtereibetrieb mit 15 bis 16 Bediensteten zu führen.

3.3. Über eine am 9. Oktober 1990 durchgeführte Erhebung findet sich im Akt weiters folgender Bericht:

"Bei den Grundstücken in der KG Leithen handelt es sich im wesentlichen um einen arrondierten Komplex, wie aus dem beiliegenden Lageplan ersichtlich ist. Die Zufahrt zu diesen Grundstücken ist durch einen Schranken abgesperrt. Sämtliche Wege sind asphaltiert und die landwirtschaftlichen Grundstücke kultiviert. Die Bewirtschaftung erfolgt derzeit nicht durch J P selbst, sondern vielmehr sind die landwirtschaftlichen Grundstücke verpachtet. Was den mit baubehördlicher Bewilligung errichteten Stadel anbelangt, ist zu erwähnen, daß darin derzeit kein Heu gelagert ist und auch keinerlei landwirtschaftl. Geräte eingestellt sind. Südseitig hat J P zwischenzeitlich einen Balkon angebracht, der jedoch nur von außen zugänglich ist. Die in der KG Hötting erworbene Liegenschaft EZ 2507 im Ausmaß von 4.564 m2 befindet sich in Innsbruck-Kranewitten im Nahbereich der Sporthotels Penz. Es schließt unmittelbar an das verbaute Gebiet an. Eine landwirtschaftliche Nutzung erfolgt derzeit nicht, vielmehr hat J P den auf diesem Grundstück vorhandenen Humus (wie aus dem beiliegenden Foto ersichtlich ist) entfernt. Was die gemeinsame Bewirtschaftung dieser Liegenschaft mit den Grundstücken in der KG Leithen anbelangt, ist darauf hinzuweisen, daß die Liegenschaft in EZ 2507 II KG Hötting praktisch im Stadtbereich liegt und zwischen dieser Liegenschaft und den Grundstücken in der KG Leithen verkehrsmäßig eine äußerst schwierige Situation besteht, zumal der Zirler Berg dazwischen liegt."

3.4. Mit einem Schreiben vom 30. Oktober 1990 nahm der Vorsitzende der belangten Behörde schließlich zu einer (von dritter Seite erstatteten) Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen den Vorsitzenden der Grundverkehrskommission wie folgt Stellung:

    "Es trifft zu, daß die Landesgrundverkehrsbehörde mit Bescheid

vom 11.3.1980 ... und ... vom 12.3.1980 ... Herrn J P die

grundverkehrsbehördliche Zustimmung zum Erwerb diverser land- und

forstwirtschaftlicher Grundstücke in der KG Leithen unter der

Auflage erteilt hat, daß J P binnen drei Jahren ... ein

Wirtschaftsgebäude errichtet und darin Großvieh hält. Zur Sicherung

der Erfüllung dieser Auflage wurde J P eine Kaution in der Höhe von

2 x S 100.000,-- vorgeschrieben. ... In der Folge wurde die Frist

zur Erfüllung der vorgeschriebenen Auflage auf Grund der aufgetretenen Schwierigkeiten bei der Errichtung des Wirtschaftsgebäudes wiederholt erstreckt und die grundverkehrsbehördlichen Verfahren bezüglich der von J P zwischenzeitlich getätigten Grundkäufe wurden ausgesetzt. Bis zum heutigen Tage scheiterte die von J P beabsichtigte Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes primär an der fehlenden Wasserversorgung. Der Gemeinderat der Gemeinde Reith hat einen Anschluß an die Gemeindewasserleitung abgelehnt bzw. über den diesbezüglichen Antrag des J P nie entschieden. Zuletzt hat der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 3.3.1990, V29/89-11, Teile der Wasserleitungsordnung der Gemeinde Reith als gesetzwidrig aufgehoben ... Wegen der fehlenden Wasserversorgung bzw. auf Grund der diesbezüglichen 'Schwierigkeiten' ist nach Ansicht der Landesgrundverkehrsbehörde wohl auch in absehbarer Zeit nicht mit der Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes durch J P zu rechnen. Die Landesgrundverkehrsbehörde beabsichtigt daher, die ausgesetzten grundverkehrsbehördlichen Verfahren einer Erledigung zuzuführen und allenfalls auch über einen Verfall der Kaution abzusprechen, wobei der Klärung der Verschuldensfrage erhebliche Bedeutung zukommen wird (vergl. §7 Abs2 GVG 1983).

Was die beiden Pacht- und Optionsverträge anbelangt, so wurde laut Mitteilung des Rechtsfreundes des J P diesbezüglich eine grundverkehrsbehördliche Entscheidung nicht eingeholt; bei der Landesgrundverkehrsbehörde ist kein Verfahren anhängig."

4. Mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 16. August 1991, Z LGv - 665/5-82, 666/24-82 und 748/11-82, wurden die vom Beschwerdeführer gegen die unter Pkt. 2.1. und 2.2. genannten Bescheide erhobenen Berufungen als unbegründet abgewiesen, der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten gegen den unter Pkt. 2.3. genannten Bescheid jedoch Folge gegeben und dem Rechtserwerb des Beschwerdeführers durch den Kaufvertrag vom 13. September 1982 gemäß §4 Abs1 und §6 Abs1 litc des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 (GVG 1983), LGBl. Nr. 69/1983 idF LGBl. Nr. 45/1988 (im folgenden: Tir. GVG 1983), (ebenfalls) die Zustimmung versagt.

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:

"In (§6 Abs1) des GVG 1983 findet sich ein in die Zukunft weisendes Moment ('... selbst bewirtschaften wird ...'), welches von der Behörde die Fällung einer Prognoseentscheidung verlangt. Sprechen konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Erwerber zu einer Selbstbewirtschaftung nicht in der Lage oder willens ist, so kann schon im Interesse des Schutzes gegen die Umgehung dieses Gesetzes eine gegenteilige Erklärung der Partei allein für den Wegfall dieses Versagungstatbestandes nicht ausreichend sein. Vielmehr muß in einem solchen Fall die Parteiaussage durch objektive Umstände so weit in ihrer Überzeugungskraft unterstützt sein, daß kein - vernünftiger - Grund besteht, daran zu zweifeln, daß es auch zur Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzung der Selbstbewirtschaftung kommt, und zwar nicht zu einem ungewissen oder in ferner Zukunft liegenden Zeitpunkt, sondern sobald der mit der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtsgeschäftes bedingte vertragliche Schwebezustand beseitigt ist.

Im vorliegenden Fall vertritt nun aber die Landesgrundverkehrsbehörde - entgegen ihrer seinerzeitigen Auffassung - die Meinung, daß im ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren keine solchen Umstände hervorgekommen sind, welche dafür sprechen würden, daß die verfahrensgegenständlichen Grundstücke vom Genehmigungswerber im Rahmen eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet werden würden und sohin eine ausreichend verläßliche Prognose im positiven Sinn nach §6 Abs1 litc GVG 1983 erfolgen könnte. Im Eigentum des J P stehen nämlich derzeit diverse landwirtschaftliche Nutzflächen in der KG Leithen. J P hat - aus welchem Grund auch immer - die von ihm beabsichtigte Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes bis heute nicht in die Tat umsetzen können. Er hat sich jedoch zwischenzeitlich mit baubehördlicher Genehmigung einen sog. 'Stadel' errichtet (vgl. das im Akt einliegende Foto). Damit wären eigentlich alle Voraussetzungen für eine Selbstbewirtschaftung in der Form einer Mähnutzung gegeben, zumal nunmehr auch die Möglichkeit bestünde, das Heu entsprechend einzulagern. Trotzdem sind die landwirtschaftlichen Grundstücke des J P nach wie vor verpachtet und kann daher nicht im entferntesten davon gesprochen werden, daß er eine Selbstbewirtschaftung - wenn auch in eingeschränkter Form - zwischenzeitlich aufgenommen hätte.

Ausgehend davon liegt im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes der Schluß durchaus nahe, daß sich an dieser Bewirtschaftungsform auch in Hinkunft nichts ändern wird (vgl. beispielsweise das Erk. vom 13.3.1986, B319/83-21). Die begründete Besorgnis der belangten Behörde, daß es auch in Zukunft zu keiner Selbstbewirtschaftung der in Rede stehenden Grundstücke kommen wird, wird des weiteren durch den Umstand untermauert, daß J P bei einem der kaufgegenständlichen Grundstücke, nämlich bei der in der KG Innsbruck gelegenen Fläche, den gesamten Humus entfernt hat und an eine landwirtschaftliche Nutzung somit derzeit überhaupt nicht zu denken ist (vgl. auch hier das im Akt einliegende Foto). Gegen eine dem Gesetz entsprechende Selbstbewirtschaftung spricht schließlich noch der Umstand, daß sich J P durch diverse 'Pacht- und Optionsverträge' im Großraum Innsbruck (jeglicher sinnvollen Agrarstruktur widersprechend) die wirtschaftliche Verfügungsmacht über verschiedene landwirtschaftliche Nutzflächen verschafft hat, diese Flächen jedoch keineswegs selbst bewirtschaftet, sondern vielmehr an aktive Landwirte verpachtet hat. Im übrigen darf nach Ansicht der Landesgrundverkehrsbehörde bei der von ihr zu erstellenden Prognoseentscheidung auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß J P in Innsbruck als Gewerbetreibender tätig ist und dort ein Transportunternehmen mit immerhin 16 Angestellten sowie einem Maschinenstand von 8 Lkw und 15 Baumaschinen führt, wofür naturgemäß ein entsprechender Arbeits- und Zeitaufwand erforderlich ist.

In Ansehung dieser Umstände und im Hinblick darauf, daß es zur Wahrung der durch das GVG 1983 geschützten öffentlichen Interessen und insbesondere im Zusammenhang mit dem Gedanken der Sicherung der Eigenbewirtschaftung unbedingt erforderlich ist, einen strengen Maßstab anzulegen, muß letztlich der Grundverkehrsbehörde Reith b.S. beigepflichtet werden, wenn sie den Schluß gezogen hat, daß die vertragsgegenständlichen Grundstücke keiner dem Gesetz entsprechenden Selbstbewirtschaftung - hiebei handelt es sich immerhin um den tragenden Grundsatz des Grundverkehrsrechtes - zugeführt werden sollen. Inwieweit und ob allenfalls vorliegend auch noch der Versagungstatbestand des §6 Abs1 litd GVG 1983 (spekulative Kapitalanlage) erfüllt wäre, kann dahingestellt bleiben, zumal die erkennende Behörde auf Grund der aufgezeigten Erwägungen ohnedies zu keiner anderslautenden Entscheidung hätte kommen können. Im Hinblick auf die von J P wiederholt abgeschlossenen 'Pacht- und Optionsverträge' sind die diesbezüglichen Überlegungen des Landesgrundverkehrsreferenten jedoch nicht von vornherein von der Hand zu weisen.

Zusammenfassend vertritt daher die Landesgrundverkehrsbehörde die Auffassung, daß die hier vorliegenden Rechtserwerbe den öffentlichen Interessen des §4 Abs1 GVG 1983 zuwiderlaufen und im speziellen der Versagungstatbestand des §6 Abs1 litc GVG 1983 erfüllt ist. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden."

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Hiezu führt der Beschwerdeführer im wesentlichen aus:

Die belangte Behörde habe ihre Prognose mangelnder Selbstbewirtschaftungsabsichten des Beschwerdeführers damit begründet, daß er die Errichtung eines landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäudes auf den bereits in seinem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Nutzflächen bislang nicht in die Tat habe umsetzen können, diese Grundflächen trotz Errichtung eines baubehördlich genehmigten Stadels bloß verpachtet habe, bei der in Innsbruck gelegenen Liegenschaft den Humus entfernt und sich durch den Abschluß von Pacht- und Optionsverträgen über Grundstücke im Großraum Innsbruck die wirtschaftliche Verfügungsmacht verschafft habe und schließlich nach wie vor als Transportunternehmer tätig sei. Wie aus dem Sachverhalt hervorgehe, sei der Beschwerdeführer jedoch deshalb bisher nicht in der Lage gewesen, der Auflage, ein landwirtschaftliches Wohn- und Wirtschaftsgebäude zu errichten, zu entsprechen, "da von den Gemeindeorganen der Gemeinde Reith bei Seefeld durch rechtswidrige Verletzung deren Verpflichtung, über seine Anträge auf Anschluß seiner Liegenschaft an die Gemeindewasserversorgungsanlage ohne Verzug, längstens jedoch binnen sechs Monaten zu entscheiden, an der Ausführung des planlich bereits seit dem Jahre 1980 feststehenden Bauernhofes gehindert wurde". Seine bisherigen Bemühungen seien letztlich daran gescheitert, daß die maßgeblichen Bestimmungen der Wasserleitungsordnung der Gemeinde vom Verfassungsgerichtshof mangels gesetzlicher Deckung aufgehoben worden seien, was zur Zurückweisung seines Anschlußantrages mangels öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlage geführt habe. Der Beschwerdeführer habe sich daher nunmehr entschlossen, die Gemeinde Reith klagsweise zu belangen, um auf diesem Wege den Anschluß an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde zu erzwingen und damit die Voraussetzungen für die Errichtung eines Bauernhofes und die Viehhaltung zu schaffen. Der belangten Behörde, die sich damit begnügt habe festzustellen, daß die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes - aus welchem Grund auch immer - bis heute nicht in die Tat habe umgesetzt werden können, sei eine denkunmögliche Gesetzesanwendung anzulasten, setze sie sich doch über die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente gänzlich hinweg. Davon abgesehen entspreche die von der belangten Behörde getroffene Feststellung, daß sich der Beschwerdeführer auf Verpachtung der in seinem Eigentum stehenden Grundstücke in Leithen beschränke, schlichtweg nicht den Tatsachen. Der Beschwerdeführer habe die in seinem Eigentum stehenden Wiesen wiederholt selbst gemäht und sich dabei der von ihm angeschafften landwirtschaftlichen Maschinen bedient. Der Beschwerdeführer habe lediglich das gemähte Heu bislang einem benachbarten Landwirt überlassen, da er es selbst nicht verwenden könne, solange er mangels gesicherter Wasserversorgung an der Viehhaltung gehindert sei. Es sei denkunmöglich, daraus auf eine fehlende Selbstbewirtschaftungsabsicht zu schließen. Ebensowenig könne ihm die Entfernung der Humusdecke der Liegenschaft in Innsbruck als Nachweis, daß er eine Selbstbewirtschaftung nicht beabsichtige, angelastet werden; solange die Nutzung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes mangels ausreichender Wasserversorgung verhindert sei, könne von ihm nicht verlangt werden, das Grundstück einfach brach liegen zu lassen und nicht anderweitig zu nutzen. Die Liegenschaft könne von ihm kurzfristig jederzeit einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Was die Ausführungen des angefochtenen Bescheides zu den von ihm abgeschlossenen - nicht Gegenstand dieses Verfahrens bildenden - Pacht- und Optionsverträgen betreffe, sei ihm im Verfahren überhaupt keine Gelegenheit geboten worden, Stellung zu nehmen. Es sei auch rational nicht nachvollziehbar, wenn die belangte Behörde auf seine Tätigkeit als Transportunternehmer hinweise, da ihm, solange er auf die wenig ertragreiche Mähnutzung seiner Wiesen durch das rechtswidrige Vorgehen der Organe der Gemeinde Reith beschränkt sei, zugebilligt werden müsse, das Transportunternehmen weiter zu betreiben. Aufgrund seiner ernsthaften Bemühungen, gegen den Widerstand der Gemeindeorgane die Voraussetzungen für die Errichtung des Wirtschaftsgebäudes zu schaffen, um eine Großviehhaltung aufnehmen zu können, gebe es nicht nur keinen Grund zur Annahme, daß er eine Selbstbewirtschaftung nicht anstrebe, sondern sei davon auszugehen, daß er eine Selbstbewirtschaftung beabsichtige und gerade um diese vorzubereiten, die erforderlichen landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen angeschafft habe. Indem die belangte Behörde die Gründe, welche den Beschwerdeführer bislang an der Errichtung eines landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäudes und damit auch an der Großviehhaltung hinderten, als unmaßgeblich nicht festgestellt habe, verkenne sie auch die Rechtslage in massiver, in die Verfassungssphäre reichender Weise. Der angefochtene Bescheid verletze ihn daher in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.

Der Beschwerdeführer hat diese Ausführungen in einer Sachverhaltsdarstellung wie folgt - auszugsweise wiedergegeben - ergänzt:

"... Herr Bürgermeister K (begann,) mich zu behindern, wo er nur konnte. Mein Ziel war es nur, angrenzende Grundstücke dazuzukaufen, um die landwirtschaftliche Fläche zu vergrößern. Ich habe im Laufe der Zeit 4 Grundstücke hinzuerworben, wobei mir dann die Landesgrundverkehrsbehörde die Auflage erteilte, binnen 3 Jahre einen Bauernhof zu bauen. Diese Auflage habe ich auch sofort angenommen. Ich ließ einen Plan mit der Festlegung des Bauplatzes (s. Foto-Nr.6) errichten und brachte diesen bei der Gemeinde Reith ein. Jetzt wußte der Bürgermeister, daß er über mich seine Macht aussprechen könne. Zuerst verweigerte er die Befahrung des Gemeindeweges, der zu den Feldern führt, mit der Begründung, dieser wäre zu schmal und die Baugenehmigung wird somit auch nicht erteilt. Es war mir klar, daß ich Herrn Bürgermeister K brauche, um die mir erteilte Auflage in der vorgeschriebenen Zeit zu erfüllen und habe alles nur Erdenkliche versucht mit ihm gut auszukommen.

Ich sah mich dann gezwungen, um jeden Preis ein dazwischenliegendes Grundstück zu erwerben, das es mir ermöglichte, eine eigene Zufahrt von der Landesstraße aus zu errichten. Hier stellte sich Herr Bürgermeister K wieder mit allen Mitteln dagegen, mit dem Hinweis daß die Ausfahrt auf die Landesstraße seitens des Baubezirksamtes nicht genehmigt werde. Das Baubezirksamt hat die Lage geprüft und mir die Ausfahrt sehr wohl bewilligt, da sich an dieser Stelle sowieso ein großer Parkplatz befindet und praktisch eine Ein- und Ausfahrt von meinem Grundstück über den Parkplatz mit bester Einsicht auf die Landesstraße gegeben ist. Diese Wegerrichtung hat mich viel Geld gekostet, da die Länge des neu erbauten Weges fast 400 lfm beträgt. Ich setzte also mein Bemühen zur Erlangung der Baugenehmigung abermals bei Herrn Bürgermeister fort, da ich ja jetzt selbst über eine Zufahrt über eigenen Grund verfügte. Dieser hat mich nur ausgelacht und gesagt: 'P, du spinnst, du hast kein Wasser und von der Gemeinde bekommst du keines.' Ich habe mich dann drei Jahre lang bemüht und Experten für die Auffindung einer Wasserader eingesetzt, die mir auch zu 90 % versicherten, hier Wasser zu finden. Alle Bemühungen waren umsonst, es sind noch heute mehrere Bohrlöcher in meinem Grundstück zu finden, die mit einer Stahlkappe abgedeckt, mit einem Schloß versperrt und mit Humus überdeckt sind (Tiefe 40 - 60 m). Diese aufwendige Suche nach Wasser hat mich wiederum sehr viel Geld und Ärger gekostet. Es ist auch in dieser Sache ein Verfahren beim Obersten Gerichtshof in Wien anhängig. Der Anschluß an die Gemeindewasserversorgungsanlage wurde vom Bürgermeister verweigert, obwohl der Wasseranschluß zur nächsten Hofstelle nicht weiter als 150 m entfernt ist. Ich erlaube mir, auch hier ein Foto beizulegen (s. Foto-Nr. 7), woraus man ersehen kann, wo die Hofstelle geplant wäre, da der Bauplatz mit Zufahrt bereits gesichert ist.

Ich habe nur eines in den 15 Jahren erreicht, und das nur durch Beschwerden der Spaziergänger und der Gemeindebürger, 2 alte verlotterte Stadel zu erneuern. Die Abtragung und die Errichtung eines neuen (s. Foto-Nr. 8) mußte mir fast gezwungenermaßen erlaubt werden. Immer noch in der Hoffnung, doch noch einen Bauernhof bauen zu können, habe ich landwirtschaftliche Maschinen angeschafft (siehe beiliegende Rechnungen), die ich wenigstens mittlerweile in dem neu errichteten Stadel einstellen konnte. Die ersten Jahre hindurch wurden die Felder selbst von mir gemäht und das Heu im Stadel eingelagert. Nur als ich dann immer noch keine Genehmigung erhielt, habe ich das Heu meinem Bruder Franz, der eine Landwirtschaft in Zirl ca. 3 - 4 km entfernt besitzt, kostenlos überlassen und beauftragte ihn zur Bemähung der Wiesen, das auch ein paar Jahre hindurch so gehandhabt wurde. Auch hat er im Herbst sein Vieh nach der Alm zur Weide nach Leithen gebracht.

Da der Nachbarbauer namens K N immer wieder an mich herantrat, ihm die Wiesen bis zur Errichtung meiner Hofstelle zu überlassen, habe ich nach Rücksprache mit meinem Bruder F, Herrn K N zugestimmt, die maschinell bemähbaren Flächen zu bearbeiten. Jedoch die gesamten Böschungen muß ich per Hand bis zum heutigen Tage selbst mähen. Eine durchgehende Selbstbewirtschaftung ohne Stall und Viehbestand hätte mir doch nur finanzielle Verluste gebracht und ich habe daher, wie schon erwähnt, die Grundstücke unentgeltlich dem in der Nachbarschaft tätigen Bauern, Herrn N K, überlassen. Es stimmt nicht, wie die Landesregierung behauptet, ich hätte keine Aktivitäten gesetzt. Herr Bürgermeister hat sich immer wieder überzeugt, ob beim Stadel keine Veränderungen durchgeführt wurden, vielleicht Innenausbau oder ähnliches, und hätte mir beim kleinsten Anlaß sofort die Gendarmerie geschickt.

Durch das Verhalten des Bürgermeisters wurde die Hoffnung eines Tages nun doch einen Bauernhof in Leithen zu besitzen, sehr eingeschränkt, deshalb suchte ich um einen weiteren landwirtschaftlichen Grund im Raume Innsbrucks, weil ich mich mit dem Gedanken befaßte, dann dort eine Hofstätte zu errichten und die Leithener Grundstücke, die in einer Höhe von ca. 1.100 m liegen, als Weidewiesen für das Kleinvieh zu verwenden. Es ergab sich, von den zwei Brüdern J und K T im Gebiet Amras, das zu Innsbruck gehört, eine Fläche von 4,5 ha zu pachten. Zur Sicherung meiner Verfügungsmacht wurde ein 99-jähriger Pachtvertrag abgeschlossen.

... Ich habe seit der mir erteilten Auflage alles lückenlos erfüllt, mit Schreiben und Ansuchen an Gemeinde und verschiedenen Behörden, mit Bitten und guten Worten, doch alles nützte bis zum heutigen Tage nichts. Ich kann Zeugen beibringen, die die Aussage des Reither Bürgermeisters jederzeit bestätigen können - ..."

Der Eingabe des Beschwerdeführers sind Rechnungen über den Ankauf eines Traktors, eines Anhängers, einer Wiesenhexelmaschine und verschiedener anderer landwirtschaftlicher Geräte (Anschaffungen in den Jahren 1984 und 1985) angeschlossen.

6. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt. Sie habe keineswegs die intensiven Anstrengungen des Beschwerdeführers, die Voraussetzungen für die Errichtung eines Bauernhofes und für die Viehhaltung zu schaffen, mißachtet. Sie sei zur Erstellung einer negativen Prognose primär deswegen veranlaßt gewesen, weil der Beschwerdeführer an sich bereits derzeit zu einer - wenn auch eingeschränkten - Selbstbewirtschaftung in der Lage wäre, diese jedoch nicht vornehme. Daß der Beschwerdeführer eigentlich gar nicht willens sei, eine dem Gesetz entsprechende Selbstbewirtschaftung vorzunehmen, ergebe sich darüber hinaus geradezu zwingend, wenn man sich die wiederholt abgeschlossenen Pacht- und Optionsverträge vor Augen führe. Der Beschwerdeführer habe sich zwar die wirtschaftliche Verfügungsmacht über diese Grundflächen verschafft, bewirtschafte jedoch auch diese Flächen keineswegs selbst. Wenn man in diesem Zusammenhang weiters berücksichtige, daß diese Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht jeglicher sinnvoller Agrarstruktur widerspreche - diese Flächen lägen von Reith aus gesehen auf der anderen Seite des Inntales - so müsse nach den Erfahrungen des täglichen Lebens davon ausgegangen werden, daß der Ankauf von landwirtschaftlichem Grund und Boden bzw. die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über solche Flächen seitens des Beschwerdeführers nicht deswegen erfolgt sei, um diese selber zu bewirtschaften, sondern aus gänzlich anderen Motiven. Warum die belangte Behörde schließlich die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Erstellung ihrer Prognose nicht hätte berücksichtigen dürfen, sei nicht ganz einsichtig.

7. J H und A R, (Mit-)Eigentümer der verkauften Grundstücke, haben schriftliche Stellungnahmen abgegeben, in denen sie sich für die Genehmigung der Kaufverträge aussprechen.

8. Aus dem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Akt des Landesgerichtes Innsbruck, Z Cg 30/91, geht schließlich hervor, daß der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 2. Jänner 1991, eingelangt beim Landesgericht Innsbruck am 16. Jänner 1991, die Gemeinde Reith bei Seefeld geklagt hat, den Anschluß der in seinem Eigentum stehenden Gp. 115/1 KG Leithen an die Gemeindewasserversorgungsanlage zur Versorgung des von ihm projektierten Bauernhofes zu den ortsüblichen Bedingungen zu gestatten. Mit Urteil vom 15. April 1991 wurde die Gemeinde Reith für schuldig erkannt, mit dem Beschwerdeführer binnen 14 Tagen einen Vertrag auf Gestattung des Anschlusses abzuschließen. Das Rechtsmittelverfahren ist derzeit noch offen.

9. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer behauptet in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt zu sein.

Die geltend gemachte Gleichheitsverletzung liegt tatsächlich vor.

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985, 11682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).

Dies bedeutet, daß es in der Regel nicht ausreichen wird, wenn die Behörde nur die für die Abweisung eines Anspruches maßgeblichen Gründe aufzählt, es jedoch unterläßt, sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, die für die Bejahung der Anspruchsberechtigung sprechen, sodaß sie gar nicht in die Lage kommen kann, Gründe und Gegengründe einander gegenüberzustellen und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben zu lassen (zB VfSlg. 8674/1979, 9665/1983 und 12102/1989).

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf §6 Abs1 litc Tir. GVG 1983. Als spezieller Versagungsgrund ist nach dieser Bestimmung einem Rechtserwerb nicht zuzustimmen, wenn zu besorgen ist, daß Grundstücke jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- bzw. forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird (vgl. VfSlg. 11413/1987).

In der genannten Gesetzesstelle findet sich, wie der angefochtene Bescheid zu Recht darlegt, ein in die Zukunft weisendes Moment ("... selbst bewirtschaften wird ..."), welches von der Behörde die Fällung einer Prognoseentscheidung verlangt. Sprechen konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Erwerber zu einer Selbstbewirtschaftung nicht in der Lage oder willens ist, so kann schon im Interesse des Schutzes gegen die Umgehung dieses Gesetzes eine gegenteilige Erklärung der Partei allein für den Wegfall dieses Versagungstatbestandes nicht ausreichend sein.

Der Verfassungsgerichtshof pflichtet dieser von der belangten Behörde vertretenen Auffassung bei. Daraus folgt aber auch, daß bei einer Prognoseentscheidung im Hinblick auf die Schwierigkeiten, die mit einer ein zukünftiges Verhalten bewertenden Entscheidung verbunden sind, eine umfassende Beurteilung aller für und gegen ein bestimmtes Ergebnis sprechenden Umstände besonders wichtig ist. Ins Gewicht können dabei sowohl Umstände fallen, die für die Einschätzung der Persönlichkeit des Erwerbers und die Glaubwürdigkeit seiner Erklärungen von Bedeutung sind, wie auch objektive Umstände verschiedenster Art, die bei der konkreten Beurteilung beachtenswert sein können. Im Rahmen der Prognoseentscheidung wird aber auch zu erörtern sein, ob bei einem Anknüpfen an Auflagen, die derselben Partei bei einem früheren Rechtserwerb erteilt wurden, deren Nichterfüllung der Partei anzulasten ist oder ob Umstände vorliegen, die bisher eine Auflagenerfüllung unmöglich machten.

Besteht - wie im vorliegenden Fall - für die belangte Behörde die Notwendigkeit, ein komplexes Geschehen, das sich über neun Jahre erstreckt, zu beurteilen, so wird aber auch der allgemeine Rechtsgrundsatz zu beachten sein, daß eine Behörde nicht von einem von ihr der Partei gegenüber bezogenen Standpunkt, der diese zu einem bestimmten Verhalten veranlaßte, abgehen darf, ohne der Partei in angemessener Weise Gelegenheit zu geben, sich auf die geänderte Einschätzung durch die Behörde einzustellen.

Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Verfahren in einer - auszugsweise - wiedergegebenen Darstellung behauptet, daß er während des gesamten Berufungsverfahrens alle möglichen Bemühungen entfaltet habe, um der genannten Auflage zu entsprechen. Er habe Administrativverfahren laufend betrieben und zufolge Säumnis der Gemeindebehörden auch den Verwaltungsgerichtshof angerufen. Daß sein Antrag an die Gemeindebehörde schließlich zurückgewiesen worden sei, beruhe ausschließlich darauf, daß die maßgebliche Wasserleitungsordnung der Gemeinde Reith gesetzwidrig erlassen war und deshalb vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden sei. Er habe sodann auch auf dem Zivilrechtsweg die erforderlichen Schritte eingeleitet, um die Auflage erfüllen zu können.

Er behauptete auch, namhafte Aufwendungen in diesem Zusammenhang getätigt zu haben (zB Herstellung eines Zufahrtsweges, kostspielige Probebohrungen nach Wasser); er habe auch landwirtschaftliche Geräte angeschafft und einen Stadel errichtet. Der Beschwerdeführer hat weiters darauf verwiesen, daß er über diese Umstände im Administrativverfahren laufend berichtet habe.

Der angefochtene Bescheid läßt dennoch jegliche Feststellungen und Erwägungen in diesem Zusammenhange vermissen. Er begnügt sich damit, dem Beschwerdeführer anzulasten, daß er eine Selbstbewirtschaftung durch Mähen der Grundstücke nicht vorgenommen habe, obwohl diesem Umstand in dem viele Jahre dauernden Verfahren erkennbarerweise keine entscheidende Bedeutung beigemessen wurde. Der verfahrensrechtliche Konnex zur Auflagenerfüllung, der durch die Aussetzungsbescheide hergestellt worden war, bleibt im angefochtenen Bescheid unerörtert; ebenso fehlt jede Auseinandersetzung mit dem Verhalten der Gemeinde Reith in den Verfahren, die vom Beschwerdeführer angestrengt wurden, um die Auflage erfüllen zu können. Die negative Prognose bezüglich der Selbstbewirtschaftung im angefochtenen Bescheid ist somit damit belastet, daß die erforderliche Abwägung mit allen für eine positive Beurteilung sprechenden Argumenten unterblieben ist, und sich die Behörde auf Argumente für eine negative Prognoseentscheidung beschränkt hat.

Soweit schließlich der Bescheid auf diverse "Pacht- und Optionsverträge" zum Nachteil des Beschwerdeführers Bezug nimmt, lassen die vorgelegten Verwaltungsakten nicht einmal erkennen, daß dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben worden wäre, sich hiezu zu äußern. Dazu kommt, daß die belangte Behörde über drei Berufungen zu entscheiden hat, die von den Erwägungen nicht unbedingt in gleicher Weise betroffen sein müßten.

Der angefochtene Bescheid nimmt schließlich darauf Bezug, daß der Beschwerdeführer Transportunternehmer sei und "naturgemäß ein entsprechender Arbeits- und Zeitaufwand (für dieses Unternehmen) erforderlich" sei. Es wurde dazu weder erhoben, ob die Behauptung des Beschwerdeführers zutrifft, daß er sein Transportunternehmen bereits erheblich eingeschränkt habe, noch wurde erwogen, ob dem Beschwerdeführer ein Einstieg in die Land- und Forstwirtschaft auf Basis einer bloßen Mähwirtschaft trotz der schwebenden Verfahren, die eine Erfüllung der Auflagen zum Zwecke der Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes und der Großviehhaltung zum Ziel haben, zumutbar war.

Der angefochtene Bescheid ist demnach mit Willkür belastet.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde eine umfassende Beurteilung aller Umstände vorzunehmen haben, die für und gegen eine positive Prognoseentscheidung sprechen.

10. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG; in den Kosten ist USt im Betrage von S 2.500,-- enthalten.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Selbstbewirtschaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1135.1991

Dokumentnummer

JFT_10079391_91B01135_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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