TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/28 94/12/0231

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.09.1994
beobachten
merken

Index

72/13 Studienförderung;

Norm

StudFG 1983 §2 Abs3 litg;
StudFG 1992 §15;
StudFG 1992 §17 Abs2;
StudFG 1992 §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des E in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 28. März 1994, Zl. 56.045/20-I/7a/94, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des vom Beschwerdeführer vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer studierte seit dem Wintersemester 1976/77 das Studium der Chemie sowie seit dem Sommersemester 1979 zusätzlich das Studium der Technischen Chemie, beides an der Universität Graz. In keiner der beiden Studienrichtungen hat der Beschwerdeführer die erste Diplomprüfung absolviert. Im Wintersemester 1992/93 nahm der Beschwerdeführer das Studium der Rechtswissenschaft an dieser Universität auf. Am 23. November 1993 beantragte er zum ersten Mal eine Studienbeihilfe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. März 1994 wies die belangte Behörde gemäß § 6 Z. 3 und § 20 Abs. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG 1992) die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde vom 26. Jänner 1994 ab, mit dem das Ansuchen des Beschwerdeführers um Studienbeihilfe abgelehnt worden war. In der Begründung setzte sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, es sei ihm in unrichtiger Auslegung des StudFG 1992 ein Anspruch auf Studienbeihilfe versagt worden, auseinander. Die Vorinstanz habe seinen Antrag mangels Vorliegens eines günstigen Studienerfolges abgewiesen, da er aus seinen beiden Vorstudien die erste Diplomprüfung nicht innerhalb der in § 20 Abs. 2 StudFG 1992 genannten Frist (für die Studienrichtung Chemie bzw. Technische Chemie umfaßt der erste Studienabschnitt jeweils fünf Semester) abgelegt habe. Die Vorinstanz habe dabei übersehen, daß § 15 StudFG 1992 den Begriff "Vorstudien" definiere und seine (früheren) Studien an der Universität Graz keine Vorstudien für sein Studium Rechtswissenschaften seien, sodaß auch die Studienzeitüberschreitung (nach § 20 Abs. 2 leg. cit.) aus diesen (früheren) Studien in seinem Fall nicht rechtserheblich seien. Dem hielt die belangte Behörde entgegen, es sei im Beschwerdefall zu klären, ob der Gesetzgeber "nach Wortlaut und Intention" unter einem Vorstudium nach § 20 Abs. 2 StudFG 1992 lediglich ein Kurzstudium im Sinne des § 13 Abs. 1 lit. b AHStG oder § 17 KHStG bzw. einen Hauptstudiengang eines Konservatoriums (§ 15 StudFG 1992) erfasse, wie dies offenbar der Beschwerdeführer in seiner Berufung meine, oder jedes einem Studium vorangehende (andere) Studium. Die belangte Behörde gelangte dabei zur Auffassung, daß letzteres aus folgenden Gründen zutreffe:

-

Die in § 15 StudFG 1992 erwähnten Kurzstudien würden nicht mit Diplomprüfung abgeschlossen. Hingegen stelle § 20 Abs. 2 leg. cit. darauf ab, daß die erste Diplomprüfung des Studiums oder eines Vorstudiums innerhalb einer bestimmten Zeit (zweifache Studienzeit zuzüglich eines Semesters) absolviert werde. Wäre ein Vorstudium im Sinne des § 20 Abs. 2 StudFG 1992 nur ein Kurzstudium im Sinne des § 15 leg. cit., das ohne Diplomprüfung abgeschlossen werde, wäre die Regelung des § 20 Abs. 2 nicht anwendbar.

-

Auch aus § 17 Abs. 2 StudFG 1992 (danach gelte ein Studienwechsel nach Ablegung der ersten Diplomprüfung, bei welchem die gesamten "VORSTUDIENZEITEN" bis auf ein Semester in die neue Studienrichtung eingerechnet würden, nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z. 1 und 2 leg. cit.) ergebe sich, daß unter einem Vorstudium nicht nur ein Kurzstudium verstanden werden könne.

-

§ 20 Abs. 2 StudFG 1992 entspreche durchaus auch dem Sinn des Studienförderungsgesetzes, das in einer Gesamtbetrachtung auf einen Nachweis eines günstigen Studienerfolges abstelle. Während für ein Studium, für das Studienbeihilfe bezogen werde, die Studienzeit pro Studienabschnitt nicht mehr als ein Semester überschreiten dürfe, führe eine Studienzeitüberschreitung um mehr als das Zweifache zum Ausschluß von der Gewährung einer Studienbeihilfe, weil ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium im Sinne des § 16 Z. 1 StudFG 1992 nicht vorläge.

-

Auch die Systematik des StudFG 1992 spreche gegen die Auffassung des Beschwerdeführers. Während in der taxativen Aufzählung des § 6 die Anspruchsvoraussetzung des absolvierten Studiums (§ 6 Z. 3 - richtig wohl Z. 2 StudFG 1992) im dritten Abschnitt (§§ 13 bis 15) geregelt sei, seien im vierten Abschnitt (§§ 16 bis 25) näher die Voraussetzung des günstigen Studienerfolges normiert (§ 6 Z. 3 leg. cit.). Damit lege § 15 StudFG 1992 eine Ausnahmebestimmung fest, wann ein absolviertes Studium als ansonst negative Anspruchsvoraussetzung nicht vorliege. § 20 Abs. 2 StudFG 1992 treffe hingegen eine Regelung, wann ein günstiger Studienerfolg nicht vorliege. Ein Hinweis, daß der Begriff Vorstudium im Sinne des § 20 Abs. 2 ein Kurzstudium im Sinne des § 15 leg. cit. sei, finde sich im Gesetz nicht.

Aus diesem Grund sei daher jedes Studium, das dem Studium, für das Studienbeihilfe beantragt worden sei, vorausgehe, als Vorstudium (im Sinne des § 20 Abs. 2 StudFG 1992) zu verstehen und dessen zurückgelegte Studienzeit entsprechend zu berücksichtigen. Auf Grund des unstrittigen Sachverhaltes (der Beschwerdeführer habe das Studium der Technischen Chemie um weit mehr als das Zweifache der Studienzeit überschritten, ohne je die erste Diplomprüfung absolviert zu haben) sei der Antrag des Beschwerdeführers in richtiger Anwendung des § 20 Abs. 2 StudFG 1992 abgewiesen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. Auf Grund des in der Beschwerde unbestritten gebliebenen Sachverhaltes (erstmalige Beantragung einer Studienbeihilfe im Wintersemester 1993/94) kommt die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 2 leg. cit. nicht in Betracht. Paragraphenzitate beziehen sich im folgenden, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist, auf das StudFG 1992.

Nach § 6 ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, daß der Studierende

1.

sozial bedürftig ist (§§ 7 bis 12),

2.

noch kein Studium absolviert hat (§§ 13 bis 15),

3.

einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25),

4.

das Studium, für das Studienbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 40. Lebensjahres begonnen hat und

              5.              nicht mehr als halbbeschäftigt ist.

§ 15 lautet:

"Vorstudien

(1) Anspruch auf Studienbeihilfe besteht trotz Absolvierung eines Kurzstudiums (§ 13 Abs. 1 lit. b AHStG, § 17 KHStG) oder eines Hauptstudienganges eines Konservatoriums, wenn diese Vorstudienzeit zur Gänze in die Studienzeit eines Diplomstudiums eingerechnet wird.

(2) Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Doktoratsstudium (§ 13 Abs. 1 lit. e AHStG) besteht trotz Absolvierung eines Diplomstudiums, wenn der Studierende die vorgesehene Studienzeit zur Absolvierung des zweiten und dritten Studienabschnittes des Diplomstudiums um nicht mehr als vier Semester überschritten hat."

Nach § 17 Abs. 2 gelten Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, sowie Studienwechsel nach Ablegung der ersten Diplomprüfung, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten bis auf ein Semester in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 2 Z. 1 und

2.

Gemäß § 20 Abs. 2 liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn ein Studierender die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, oder eines Vorstudiums nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat.

Wie bereits im Verwaltungsverfahren bringt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde im wesentlichen vor, § 15 enthalte eine Legaldefinition des Begriffes "Vorstudium", die auch für die Auslegung dieses Begriffes in § 20 Abs. 2 heranzuziehen sei. Dies bedeute im Beschwerdefall, daß seine früheren Studien, die auch in keinem fachlichen oder sonstigen Zusammennhang mit seinem jetzigen Studium der Rechtswissenschaft stünden, für das um Studienförderung angesucht worden sei, nicht als Vorstudien im Sinne des § 20 Abs. 2 zu berücksichtigen seien.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß der im § 20 Abs. 2 verwendete Begriff "Vorstudium" dort nicht definiert wird und das Studienförderungsgesetz unter der Überschrift "Vorstudien" in seinem § 15 nähere Regelungen trifft. Daraus allein kann jedoch der Beschwerdeführer nichts für seine Auffassung gewinnen, darf doch einem Gesetz in der Anwendung "kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorgeht" (§ 6 ABGB). Die Auslegungsregeln des ABGB sind als allgemeine Grundsätze auch für öffentlich-rechtliche Normen heranzuziehen (vgl. dazu Bydlinsky in Rummel/Hrsg, ABGB2, Rdz 2 zu § 6; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes7, Rz 1311, sowie Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 91 f, insbesondere die in FN 30 auf Seite 92 angeführte Judikatur sowie z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, Zl. 93/09/0377).

Zutreffend hat die belangte Behörde zunächst darauf hingewiesen, daß § 17 Abs. 2 offenkundig von einem anderen Vorstudienbegriff ausgeht als § 15, sodaß von einer abgeschlossenen Regelung in § 15 nicht die Rede sein kann. Sie hat sich auch zu Recht auf systematische Überlegungen berufen und überzeugend nachgewiesen, daß § 15 Abs. 1 - Abs. 2 scheidet für eine mögliche Auslegung des § 20 Abs. 2 von vornherein aus, setzt er doch den Abschluß der Diplomstudien voraus - eine Ausnahme von der in § 6 Z. 2 normierten Voraussetzung, grundsätzlich noch kein Studium absolviert zu haben, anordnet und sich der Regelungsgehalt des § 15 Abs. 1 in dieser Bedeutung erschöpft. Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch die Auffassung, daß das in § 20 Abs. 2 genannte Erfordernis der Absolvierung der ersten Diplomprüfung auch für den Fall der Vorstudien gilt und eine Auslegung dieser Norm im Lichte des § 15 Abs. 1 mangels Erfordernis einer ersten Diplomprüfung bei den dort genannten Kurzstudien § 20 Abs. 2 zweiter Fall leerlaufen ließe. Im übrigen ist § 20 Abs. 2 die Nachfolgebestimmung des § 2 Abs. 3 lit. g StudFG 1983, eingefügt durch die Novelle BGBl. Nr. 379/1988, der - ungeachtet der textlichen Verschiedenheit - bereits als "absoluter" Ausschlußgrund für den Anspruch auf Studienbeihilfe für andere Studien ausgelegt wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. September 1994, Zl. 91/12/0143), was durch § 20 Abs. 2 StudFG 1992 nur verdeutlich wurde (vgl. dazu die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum StudFG 1992 zu § 20, 473 Blg. 18. GP, auf Seite 33 linke Spalte).

Da bereits die Beschwerde ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994120231.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten