TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/29 94/18/0362

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Veröffentlicht am 29.09.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
PaßG 1969 §25 Abs3 lite;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Mai 1994, Zl. 100.703/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. abgewiesen. In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer gemeinsam mit drei anderen Personen in einer Wohnung mit einer Nutzfläche von 36 m2 wohne. Ausgehend von einem grundsätzlichen Mindestbedarf von 10 m2 Nutzfläche pro Person könne im Hinblick auf eine derartige Beengtheit eine für Inländer ortsübliche Unterkunft jedenfalls nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer habe zwar arbeitsrechtlich in Österreich einigermaßen Fuß gefaßt, es bestünden jedoch sonst keine nennenswerten Bindungen zur Republik Österreich. Außerdem greife "eine Sichtvermerksversagung" nicht mit derselben Wahrscheinlichkeit und Intensität wie ein Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben ein. Es sei daher den öffentlichen Interessen an der Versagung der Aufenthaltsbewilligung Priorität einzuräumen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Die belangte Behörde ging davon aus, daß eine für Inländer ortsübliche Unterkunft nur dann vorliege, wenn auf jede der dort gemeinsam wohnenden Personen mindestens 10 m2 an Nutzfläche entfalle. Welche Erwägungen dieser These zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides allerdings nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt, der Verwaltungsgerichtshof habe mehrfach festgestellt, "daß für das Vorhandensein einer entsprechenden Unterkunft ein Bedarf von ca. 10 m2 pro Person besteht", ist ihr zu entgegnen, daß eine derartige generelle Aussage vom Gerichtshof zum Begriff der "für Inländer ortsüblichen Unterkunft" im Sinn des § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz nicht getroffen wurde. Sie kann auch aus den zu § 25 Abs. 3 lit. e PaßG 1969 ergangenen Entscheidungen (vgl. neben dem schon in der Gegenschrift angeführten Erkenntnis vom 20. Juni 1991, Zl. 91/19/0067, auch das Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 92/18/0411) nicht abgeleitet werden, in denen jeweils im Einzelfall die Eignung bestimmter Unterkünfte unter Zugrundelegung der maßgeblichen örtlichen Verhältnisse geprüft wurde.

Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 i.V.m. § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein den Pauschalbetrag übersteigender Schriftsatzaufwand nicht gebührt.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180362.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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