TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/6 93/16/0137

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Veröffentlicht am 06.10.1994
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
27/01 Rechtsanwälte;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §18 Abs2 Z1;
RAT §7;
ZPO §236;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der R-Gen.m.b.H. in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes St. Pölten vom 9. August 1993, Jv 2227-33/93, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einem zivilgerichtlichen Verfahren der Beschwerdeführerin als klagender Partei gegen die beklagte Brigitte P. stellte die beklagte Partei in der vor dem Bezirksgericht L. am 22. März 1993 durchgeführten mündlichen Verhandlung einen Zwischenantrag auf Feststellung i.S.d. § 259 Abs. 2 i.V.m.

§ 236 ZPO. In der Verhandlung wurde der Beschluß auf Bewertung dieses Feststellungsbegehrens mit S 840.000,-- verkündet. Die von beiden Parteien gestellten Anträge auf Beschlußausfertigung wurden abgewiesen, weil der Bewertungsbeschluß durch das Gericht gemäß § 7 RATG unanfechtbar sei.

Gegen die Zahlungsaufforderung über eine (restliche) Pauschalgebühr in Höhe von S 11.340,--, welcher Aufforderung unter anderem das Feststellungsbegehren im Wert von S 840.000,-- zugrunde gelegt wurde, wurde von der Beschwerdeführerin eingewendet, sie habe den Zwischenantrag nicht gestellt. Im übrigen seien neben der Pauschalgebühr keine weiteren Gerichtsgebühren zu entrichten. Zahlungspflichtiger sei im zivilgerichtlichen Verfahren derjenige, der den Antrag ausgelöst habe.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Berichtigungsantrag keine Folge gegeben. Von der belangten Behörde wurde zur Begründung insbesondere auf § 18 Abs. 2 GGG verwiesen, wonach bei Änderung des Wertes des Streitgegenstandes die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühren für das ganze Verfahren gleich. Davon bestehen nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle unter anderem folgende Ausnahmen: Wird der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert, so bildet - unbeschadet des § 16 GGG - der geänderte Streitwert die Bemessungsgrundlage (Z. 1). Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

Die im § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG angeführte Bestimmung des RATG, BGBl. Nr. 189/1969 lautet:

"§ 7

Findet der Beklagte die Bewertung des Streitgegenstandes nach den §§ 56 oder 59 der Jurisdiktionsnorm durch den Kläger zu hoch oder zu niedrig, so kann er spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung die Bewertung bemängeln. Das Gericht hat mangels einer Einigung der Parteien, möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen, den Streitgegenstand für die Anwendung dieses Bundesgesetzes im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten. Dieser Beschluß kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden."

Wird ein Zwischenfeststellungsantrag nach § 236 ZPO gestellt, so sind die Streitwerte der Klage und des Zwischenantrages zusammenzurechnen. Nach der Entscheidung des OGH vom 24. November 1956, Präs. 1148/55, EvBl 1957/206 = JBl 1957, 295, können solche Zwischenfeststellungsanträge keinesfalls ein verschiedenes Schicksal haben, je nachdem, ob sie vom Kläger oder vom Beklagten gestellt worden sind. Denn der Zusammenhang zwischen der Feststellung und dem Hauptanspruch bestehe in gleichem Maße, ob nun der Zwischenantrag von der einen oder der anderen Partei ausgegangen ist. Diese Gleichartigkeit erfordere die Gleichbehandlung. Aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Bestimmungen des § 7 RATG über die Änderung der Bewertung des Streitgegenstandes ergibt sich aber, daß für den Streitwert auch hinsichtlich der Bemessung der Gerichtsgebühren nichts anderes gelten kann. Im Beschwerdefall erfolgte eine Bewertung des Feststellungsbegehrens der beklagten Partei durch einen auf § 7 RATG gestützten Beschluß des Gerichtes. Durch diesen Beschluß wurde somit der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert. Daraus folgt, daß der geänderte Streitwert - der sich aus den zusammengerechneten Werten des Klagebegehrens und des Feststellungsbegehrens ergibt - nach § 18 Abs. 2 Z. 1 GGG die Bemessungsgrundlage bildet.

Soweit die Beschwerdeführerin ihre Zahlungspflicht bestreitet, ist ihr entgegenzuhalten, daß gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG bei zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren der Antragsteller (Kläger, Rechtsmittelwerber, betreibender Gläubiger) zahlungspflichtig ist. Im Hinblick auf die taxative Aufzählung der als Zahlungspflichtige anzusehenden Personen kommt somit im Beschwerdefall nur der Kläger, also die Beschwerdeführerin, als Gebührenschuldner in Betracht. Die Beschwerdeführerin übersieht, daß es durch den von der beklagten Partei gestellten Zwischenantrag nur zu einer Änderung des Streitwertes gekommen ist; an der Parteistellung im zivilgerichtlichen Verfahren hat sich dadurch nichts geändert.

Soweit die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, der Antrag auf Beschlußausfertigung sei - vom Gericht - abgewiesen worden, ist ihr entgegenzuhalten, daß es für die Verbindlichkeit des in der Streitverhandlung vom 22. März 1993 in Gegenwart beider Parteien verkündeten Beschlusses auf eine Zustellung an die Parteien nicht ankommt (§ 426 Abs. 3 ZPO) und daß sowohl der Kostenbeamte als auch der Präsident des Landesgerichtes als JustizVERWALTUNGSorgane bei der Gerichtsgebührenfestsetzung an die Entscheidungen des GERICHTES gebunden sind (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 17. September 1992, 91/16/0090 mit weiterem Hinweis).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993160137.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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