TE Vfgh Erkenntnis 1992/6/11 V312/91

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Veröffentlicht am 11.06.1992
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Index

L3 Finanzrecht
L3706 Kurzparkzonenabgabe, Parkabgabe

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Allg
Kurzparkzonen-ÜberwachungsV, BGBl 250/1983
KurzparkzonenabgabeV des Gemeinderates der Stadt Wiener Neustadt vom 28.11.90
Nö KurzparkzonenabgabeG §1
Nö KurzparkzonenabgabeG §3
StVO 1960 §25
VStG §51c

Leitsatz

Ausreichende Determinierung einer Kurzparkzonenabgabeverordnung infolge Übernahme bundesrechtlicher Vorschriften hinsichtlich äußerer Form und Entwertung der Parkscheine

Spruch

Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 B-VG idF der B-VG-Novelle 1988, BGBl. 685, gestützten Antrag begehrt der durch ein Einzelmitglied einschreitende Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (im folgenden: UVS), "den Beschluß des Gemeinderates (der Stadt Wiener Neustadt) vom 28. November 1990, mit dem eine Verordnung gemäß §1 des NÖ Kurzparkzonenabgabegesetzes, LGBl. 3706, genehmigt wird, ...", in der am 22. April 1991 geltenden Fassung ihrem ganzen Inhalte nach als gesetzwidrig aufzuheben.

Diese Verordnung hat folgenden Wortlaut:

"Gemäß §1 des Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe für das Halten und Parken mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen (NÖ Kurzparkzonenabgabegesetz), LGBl. 3706-1, wird verordnet:

1) In den nachstehend angeführten Kurzparkzonen (§25 der Straßenverkehrsordnung, BGBl. Nr. 159, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 641/89) in der Stadt Wiener Neustadt ist für das Halten und Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen eine Abgabe (Kurzparkzonenabgabe) zu entrichten:

Hauptplatz, Domplatz, Herzog-Leopold-Straße (ehemalige Realschule), Johannes-von-Nepomuk-Platz, Neunkirchner Straße ab Fußgängerzone bis zum Südtiroler Platz.

2) Alle übrigen Kurzparkzonen im Gemeindegebiet werden von der Abgabepflicht ausgenommen.

3) Die Höhe der Kurzparkzonenabgabe für die unter Punkt 1) angeführten Kurzparkzonen wird einheitlich mit S 5,-- für jede angefangene halbe Stunde festgesetzt.

4) Beim Beginn des Haltens oder Parkens kann eine angefangene Viertelstunde unberücksichtigt bleiben.

5) Die Kurzparkzonenabgabe ist mittels Parkschein zu entrichten. Zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe werden Aufsichtsorgane, die von der Stadt Wiener Neustadt bestellt werden, eingesetzt.

6) Das bei Erwerb von Parkscheinen zu zahlende Entgelt beträgt pro Parkschein

    a) für eine halbe Stunde   (rot)     S  5,--

    b) für eine Stunde         (blau)    S 10,--

    c) für eineinhalb Stunden  (grün)    S 15,--

7) Übertretungen der Gebote und Verbote des §6 (1) des NÖ Kurzparkzonenabgabegesetzes werden mittels Organstrafverfügung mit Geldstrafen in der Höhe von S 200,-- bestraft.

8) Diese Verordnung tritt mit 1.1.1991 in Kraft.

9) Mit diesem Tag tritt die Verordnung über die Einhebung einer Kurzparkzonenabgabe, beschlossen in der Gemeinderatssitzung am 25. November 1987 außer Kraft."

2. Anlaß der Antragstellung des UVS ist ein bei ihm anhängiges Berufungsverfahren gegen einen Strafbescheid, mit dem über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt wurde, weil er gemäß §6 Abs1 lita des NÖ KurzparkzonenabgabeG, LGBl. für NÖ 3706-1, die Kurzparkzonenabgabe gemäß der Wiener Neustädter Kurzparkzonenabgabeverordnung hinterzogen bzw. fahrlässig verkürzt habe. Der antragstellende UVS geht davon aus, daß er diese Verordnung in dem bei ihm anhängigen Verfahren anzuwenden habe und legt seine Bedenken folgendermaßen dar:

"Abgesehen von den noch vorzubringenden inhaltlichen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung fällt auf, daß aus der Kundmachungsformel nicht ersichtlich ist, welcher Gemeinderat den Beschluß gefaßt hat und die eher unübliche Formulierung gewählt wurde: 'Die nachstehende Verordnung wird genehmigt'.

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ bildeten die folgenden Überlegungen Anlaß zur Anfechtung der Wiener Neustädter Kurzparkzonenabgabeverordnung:

Gemäß §3 Abs3 des NÖ Kurzparkzonenabgabegesetzes sind die Art der Entrichtung der Abgabe und die zu verwendenden Kontrolleinrichtungen durch Verordnung des Gemeinderates so zu bestimmen, daß

1.

die Handhabung möglichst einfach ist,

2.

der mit der Einhebung verbundene Verwaltungsaufwand möglichst gering ist,

3.

das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird und

4.

die ordnungsgemäße Überwachung möglich ist.

Die Wiener Neustädter Kurzparkzonenabgabeverordnung kommt diesem Gesetzesauftrag nur insoweit nach, als sie die Höhe der Kurzparkzonenabgabe festlegt (Z3) und deren Entrichtung mittels Parkschein sowie die Farben der Parkscheine und das bei deren Erwerb zu zahlende Entgelt normiert (Z6). Weiters enthält die Verordnung die Aussage, daß zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe Aufsichtsorgane, die von der Stadt Wiener Neustadt bestellt werden, eingesetzt werden (Z5).

Die Verordnung enthält - abgesehen von der Bestimmung der Farben und des Entgeltes - keine näheren Angaben über das Aussehen der Parkscheine. Wer die Parkscheine ausgibt, bzw. wo diese erhältlich sind (es wären z.B. der Ausdruck und die Ausgabe durch Automaten denkbar), ist ebenfalls nicht geregelt. Vor allem aber bleibt völlig offen, wann die Abgabe als entrichtet gilt. Es sind beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ übrigens derzeit auch einige Verfahren anhängig, wo die Berufungswerber die Entrichtung der Wiener Neustädter Kurzparkzonenabgabe durch Wiener Parkscheine geltend machen. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ folgt die Wiener Neustädter Kurzparkzonenabgabeverordnung daher nur teilweise dem Gesetzesauftrag des §3 Abs3 des NÖ Kurzparkzonenabgabegesetzes und entspricht in keiner Weise dem Bestimmtheitsgebot.

Zwar enthält die Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung des Bundesministers für Verkehr, BGBl. Nr. 250/1983, in der derzeit geltenden Fassung, sowohl Bestimmungen über die Entwertung als auch über die Anbringung von Parkscheinen, doch ist diese Verordnung nur im Rahmen des §25 Abs4 StVO 1960 maßgeblich. Sie dient ausschließlich der Überwachung der Kurzparkdauer, nicht auch der Abgabeentrichtung. Die Regelung der Überwachung der Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundesministers für (öffentliche Wirtschaft und) Verkehr, sondern in die des jeweiligen Gemeinderates.

Der Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt hat es auch verabsäumt, die Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung zumindest mit einem statischen Verweis zu rezipieren. Eine analoge Anwendung dieser Verordnung scheidet nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ aus, weil man im gegenständlichen Fall in Folge des Ausmaßes der Unbestimmtheit und des Regelungsdefizits kaum mehr von einer durch Analogie zu schließenden Lücke sprechen kann. Überdies würde es sich um eine im verwaltungstrafrechtlichen Bereich kaum vertretbare Analogie zu ungunsten des Beschuldigten handeln. Es wäre eher in Betracht zu ziehen, daß der normative Gehalt der Wiener Neustädter Kurzparkzonenabgabeverordnung derart gering ist, daß sie überhaupt nicht geeignet ist, eine Abgabepflicht zu begründen. Dies insbesondere im Hinblick darauf, daß die Gemeinden nicht verpflichtet sind, eine Kurzparkzonenabgabe einzuheben und im Falle der Regelung im Verordnungswege lediglich von einer ihr eingeräumten Ermächtigung Gebrauch machen."

3. Der zur Äußerung aufgeforderte Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er die Befugnis eines Einzelmitgliedes des UVS, eine Verordnung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, verneint. Auch beantrage der UVS die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses, nicht jedoch der Verordnung, sodaß der Antrag zurückzuweisen sei.

In der Sache selbst brachte das verordnungserlassende Organ vor, die angefochtene Verordnung sei ordnungsgemäß kundgemacht und von der Aufsichtsbehörde, der Niederösterreichischen Landesregierung, nicht beanstandet worden. Das NÖ KurzparkzonenabgabeG sei im Jahre 1990 novelliert worden, sodaß seither die Gebietskörperschaften ermächtigt seien, die Art der Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe zu regeln. Zu den vom UVS geäußerten Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots wurde im wesentlichen ausgeführt,

"daß bei Erhebung einer Kurzparkzonenabgabe mittels Verordnung, die übergeordneten bundesrechtlichen Normen betreffend die Kurzparkzonen, im gegenständlichen Fall die der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung, BGBl. Nr. 250/1983 i.d.F. BGBl. Nr. 411/1989, zur Anwendung gelangen und in keiner Weise tangiert werden dürfen. Es handelt sich hiebei um zwingende Rechtsvorschriften, welche für den Gemeinderat bindend sind.

Die bindende Wirkung der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung für den Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt ergibt sich aus dem Umstand, daß der Gemeinderat für die Entrichtung der Abgabe kein anderes System beschließen kann als für die Überwachung der Kurzparkdauer in der obzitierten Verordnung vorgesehen ist. Wenn sich der Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt in seiner Verordnung vom 28.11.1990 ausgesprochen hat, die Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe mittels Parkscheine zu regeln, so ist er bei seiner Beschlußfassung an das vorgegebene System in der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung gebunden. Der Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt kann in seiner Verordnung gar kein anderes System betreffend die Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe festlegen, da ansonsten die Bestimmungen der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung nicht eingehalten werden könnten.

Dies bedeutet, daß in der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung nicht nur die Überwachung der Kurzparkdauer, wie vom Unabhängigen Verwaltungssenat ausgeführt, geregelt ist, sondern letztendlich auch die Art der Entrichtung der Abgabe festgelegt ist. Eine Bestimmung über die Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe in der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wiener Neustadt wäre sohin nur dann vonnöten, wenn das System zur Entrichtung der Abgabe von dem der Überwachung der Kurzparkdauer abweichen würde. Da jedoch für den Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt hinsichtlich des Systems der Entrichtung der Kurzparkzonenabgabe mittels Parkschein keine Wahlmöglichkeit besteht, sondern die Bestimmungen der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung zwingend nicht nur die Überwachung der Kurzparkdauer, sondern letztendlich auch die Entrichtung der Abgabe regeln, ist es nicht notwendig, einen entsprechenden Verweis in der angefochtenen Verordnung selbst oder gar einen Anologieschluß, wie vom Unabhängigen Verwaltungssenat angeführt, vorzunehmen, sondern kommen vielmehr die Bestimmungen der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung kraft ihrer Rechtsgeltung im gegenständlichen Fall zur Anwendung. Anders wäre der Fall gelagert, wenn das Überwachungssystem nicht mit dem Entrichtungssystem betreffend Kurzparkzonen so verbunden wäre, daß eine Identität beider Systeme gegeben sein müßte. Hier hätte sich sehrwohl der Gemeinderat in seiner Verordnung zur Erhebung einer Kurzparkzonenabgabe auszusprechen, welches der Entrichtungssysteme zur Anwendung gelangen soll. Da dies im konkreten Fall nicht gegeben ist, das Überwachungs- und das Entrichtungssystem gezwungenermaßen ident sein muß, wird mit der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung bei Erhebung einer Kurzparkzonenabgabe mittels Parkschein nicht nur die Überwachung der Kurzparkdauer, sondern letztendlich auch die Entrichtung der Abgabe geregelt und es bedarf sohin in der angefochtenen Verordnung keiner diesbezüglich gesonderten Regelung."

Abschließend wird darauf hingewiesen, daß die angefochtene Verordnung mit 1. Dezember 1991, sohin vor Einbringen der Anfechtung durch den UVS, außer Kraft getreten ist.

4. Die Niederösterreichische Landesregierung sah "im Hinblick auf die bestehende Judikatur des Verfassungsgerichtshofes" von der Erstattung einer Äußerung ab.

5. In der Folge modifizierte der UVS mit Schriftsatz vom 24. März 1992 seinen Anfechtungsantrag dahingehend, daß der Verfassungsgerichtshof aussprechen möge, daß die angefochtene Verordnung gesetzwidrig war, und wies darauf hin, daß der UVS durch sein für die Entscheidung im zugrundeliegenden Berufungsverfahren zuständiges Einzelorgan tätig geworden sei.

II. Der Antrag ist zulässig, aber nicht gerechtfertigt.

1. Gemäß §9 Abs1 des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat in Niederösterreich, LGBl. für NÖ 0015-1, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern nicht nach diesem Gesetz die Zuständigkeit der Vollversammlung gegeben ist, durch einzelne Mitglieder oder durch Kammern. Zufolge §51c VStG, BGBl. 52/1991 (Wv.), entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate durch eines ihrer Mitglieder, wenn im angefochtenen Bescheid "weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde". Dieses nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied ist daher auch im Verfahren nach Art139 Abs1 B-VG zur Antragstellung namens des unabhängigen Verwaltungssenates berufen (vgl. VfGH 5.10.1991, G155/91).

Das Verfahren hat nichts ergeben, was gegen die Annahme des antragstellenden UVS spräche, daß er die angefochtene Verordnung in dem bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren anzuwenden hätte.

Die Prozeßvoraussetzungen des Prüfungsverfahrens liegen insgesamt vor, der Antrag ist also zulässig.

2. Die vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken sind aber nicht berechtigt.

2.1. Das im Sinne des §8 Abs5 F-VG 1948 die gesetzliche Grundlage der bekämpften Verordnung bildende

NÖ KurzparkzonenabgabeG ermächtigt in §1 Abs1 die Gemeinden, durch Beschluß des Gemeinderates für das Halten und Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen iS des §25 StVO 1960 idF des BG BGBl. 641/1989 eine Abgabe (Kurzparkzonenabgabe) zu erheben. Gemäß §2 Abs1 leg.cit. muß die Höhe der Kurzparkzonenabgabe der Gemeinderat durch Verordnung festsetzen; gemäß Abs2 dieser Gesetzesstelle darf die Höhe der Abgabe höchstens S 10,-- für jede angefangene halbe Stunde betragen, wobei sie für einzelne Kurzparkzonen in der Gemeinde oder für Teile davon unterschiedlich hoch festgesetzt werden kann.

§3 leg.cit. lautet:

"§3

Abgabenschuldner, Art der Entrichtung

(1) Zur Entrichtung der Abgabe ist der Lenker des Fahrzeuges verpflichtet.

(2) Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einer abgabepflichtigen Kurzparkzone zum Halten oder Parken abstellt, muß die Abgabe bei Beginn des Haltens oder Parkens entrichten.

(3) Die Art der Entrichtung der Abgabe und die zu verwendenden Kontrolleinrichtungen sind durch Verordnung des Gemeinderates so zu bestimmen, daß

o die Handhabung möglichst einfach ist,

o der mit der Einhebung verbundene Verwaltungsaufwand

möglichst gering ist,

o das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird und

o die ordnungsgemäße Überwachung möglich ist.

(4) Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung kann in dieser Verordnung (Abs3) festgelegt werden, daß beim Beginn des Haltens oder Parkens eine angefangene Viertelstunde unberücksichtigt bleiben kann."

Gemäß §7 des NÖ KurzparkzonenabgabeG haben die Organe der Bundesgendarmerie bzw. Bundespolizei an der Vollziehung des Gesetzes mitzuwirken. Neben den im §7 genannten Organen sieht §7a Abs1 leg.cit. vor, daß die Überwachung der Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften auch noch durch Gemeindewacheorgane oder besondere, von der jeweiligen Gemeinde bestellte Aufsichtsorgane erfolgen kann.

Vorausgeschickt sei, daß gegen die Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Erlassung des NÖ KurzparkzonenabgabeG, insbesondere gegen dessen Bestimmungen, die die Gebietskörperschaften zur Erlassung von Verordnungen ermächtigen, keine verfassungsrechtlichen Bedenken vorgebracht wurden und im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung (vgl. VfSlg. 5859/1968, 7967/1976, 8568/1979, VfGH 6.3.1991, B1292/90) beim Verfassungsgerichtshof auch aus Anlaß des vorliegenden Verordnungsprüfungsantrages nicht entstanden sind.

2.2.1. Im Kern erachtet der UVS die bekämpfte Verordnung insgesamt deshalb gesetzwidrig, weil sie völlig offen lasse, wann die Abgabe als entrichtet gelte. Es erfolge in ihr keine Verweisung auf die Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung des Bundes; deren analoge Anwendung komme nicht in Betracht.

2.2.2. Dieser Auffassung ist aus folgenden Erwägungen nicht zu folgen:

Gemäß §3 Abs2 des NÖ KurzparkzonenabgabeG muß jeder in Betracht kommende Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges die Abgabe bei Beginn des Haltens oder Parkens entrichten.

Ferner ordnet die bekämpfte Verordnung an, daß die Kurzparkzonenabgabe mittels Parkschein zu entrichten ist; darüber hinaus regelt sie die Höhe des beim Erwerb von Parkscheinen zu zahlenden Entgeltes sowie die - von der beabsichtigten Parkdauer abhängige - Farbe der Parkscheine.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber auch die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über die Überwachung der Einhaltung der Parkdauer in Kurzparkzonen (Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung), BGBl. 250/1983, idF der Verordnung BGBl. 411/1989, die eingehende Regelungen über die äußere Form, Entwertung und Anbringung von Parkscheinen zum Zwecke der Überwachung der Einhaltung der Parkdauer in Kurzparkzonen gemäß §25 StVO 1960 enthält.

Dem UVS ist zwar zuzugestehen, daß die bekämpfte Verordnung nicht ausdrücklich auf die genannte bundesrechtliche Vorschrift Bezug nimmt. Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich aber nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung (vgl. VfSlg. 8209/1977 (440), 9883/1985, VfGH 13.12.1991, G280,281/91, 325/91 (55)). Danach ist davon auszugehen, daß der Verordnungsgeber auf Bestehendes Bezug genommen hat und unter "Parkschein" das versteht, was in der Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung im einzelnen geregelt ist.

Unter Berücksichtigung von Zweck und Gegenstand der Regelung kann dem Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt nicht entgegengetreten werden, wenn er im Ergebnis der Auffassung ist, die bekämpfte Verordnung übernehme hinsichtlich der äußeren Form und der Entwertung der Parkscheine in hinreichend erkennbarer Weise die bezogenen Bundesvorschriften.

Daß solches aber an sich rechtlich unbedenklich ist, zieht auch der UVS nicht in Zweifel (vgl. VfSlg. 5023/1965, 5633/1967, 6355/1971, 7586/1975, 8172/1977, 9546/1982, 10715/1985, 10749/1986).

Gegen die bezogenen bundesrechtlichen Vorschriften, die insoferne auch mittelbar Inhalt der bekämpften Verordnung geworden sind, bringt der UVS keinerlei Bedenken vor.

Der Umstand aber, daß sich der Gemeinderat der Stadt Wiener Neustadt im Zuge der Neuerlassung einer Verordnung gemäß §1 NÖ KurzparkzonenabgabeG zu einer näheren Determinierung der Gestaltung der Parkscheine und der Entrichtungsmodalitäten entschloß, vermag an der ausreichenden Determinierung der hier zu prüfenden Verordnung nichts zu ändern (vgl. VfSlg. 10158/1984).

3. Die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken treffen darum nicht zu.

Dem Antrag war daher nicht Folge zu geben.

III. Von einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 abgesehen.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Unabhängiger Verwaltungssenat, Parkometerabgabe, Determinierungsgebot, Finanzverfassung, Abgabenwesen, Straßenpolizei, Kurzparkzone

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:V312.1991

Dokumentnummer

JFT_10079389_91V00312_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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