TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/18 94/04/0186

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Veröffentlicht am 18.10.1994
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
GewO 1973 §87 Abs2;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des F in M, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. Juli 1994, Zl. Ge - 210841/18 - 1994/Pan/En, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und dem der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Beschluß des zuständigen Konkursgerichtes vom 30. April 1990 wurde ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land entzog hierauf dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 14. Mai 1991 die Gewerbeberechtigung 1.) Radiomechaniker,

2.) Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Einzelhandel mit Radio und Fernsehgeräten und deren Zubehör, im Standort M, gemäß § 87 Abs. 1 GewO 1973.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Landeshauptmann von Oberösterreich die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 87 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 GewO 1994 als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, der Beschwerdeführer bestreite das Vorliegen eines Entziehungstatbestandes nicht, erachte jedoch die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 für gegeben. Eine weitere Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer liege jedoch nicht vorwiegend im Interesse der Gläubiger, da bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zum Zeitpunkt 27. Mai 1994 ein Beitragsrückstand in der Höhe von S 249.666,68 zuzüglich Verzugszinsen bestanden und der Beschwerdeführer keinen Nachweis über erfolgte Zahlungen vorgelegt habe.

Zahlungsvereinbarungen seien nicht getroffen worden. Das Finanzamt Linz habe sich gegen die weitere Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer ausgesprochen. Der Beitragsrückstand bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe sich im Laufe des Entziehungsverfahrens noch erhöht. Der Beschwerdeführer habe auch nur vereinzelt "Nachweise über Bezahlung von anhängigen Exekutionen" erbringen können, weshalb bei weiterer Ausübung der nunmehr entzogenen Gewerbe eine Erhöhung des Schuldenstandes und eine zusätzliche Schädigung der Gläubiger zu erwarten sei. Auch die vorgelegte Aufstellung über Monatsumsätze lasse eine Rückzahlung der Schulden - bei gleichbleibenden, verhältnismäßig geringen Umsätzen - für nicht realistisch erscheinen. Der Beschwerdeführer habe auch keine Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung erteilt erhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Gewerbeausübung verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe zur Ermittlung der Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 Stellungnahmen einzelner von ihr ausgewählter Gläubiger eingeholt. Dies stelle einen Verfahrensmangel deshalb dar, weil es nicht der Beurteilung der Gläubiger anheimgestellt werden könne, ob die Fortführung des Gewerbes in ihrem überwiegenden Interesse sei, vielmehr habe diese Beurteilung die Behörde selbst vorzunehmen und die entsprechenden Erhebungen zu pflegen. Die Behörde hätte erheben müssen, wie sich der Schuldenstand des Beschwerdeführers seit der Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkurses mangels kostendeckenden Vermögens

(30. April 1990) bis zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt entwickelt habe. Diesfalls hätte die Behörde feststellen können, daß sich der Schuldenstand des Beschwerdeführers in Wahrheit verringert habe, sodaß eine Weiterführung des Gewerbes jedenfalls im überwiegenden Interesse der Gläubiger gelegen sei. Auch hätte die belangte Behörde feststellen müssen, "wie sich die Forderungen gegen den Beschwerdeführer der Höhe nach seit dem Jahre 1990 entwickelt haben". Daraus hätte sich ergeben, daß es zu einer teilweisen Schuldenabtragung gekommen sei. Im Falle der Entziehung der Gewerbeberechtigung sei insbesonders auf Grund des Lebensalters des Beschwerdeführers (59 Jahre) nicht zu erwarten, daß der Beschwerdeführer eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen werde können, sodaß in der Folge keinerlei Zahlung an die Gläubiger zu erwarten sei und damit keine Schuldenreduktion möglich wäre. In der Folge müßte der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt - zumal kein Pensionsanspruch bestehe - aus der vom Sozialhilfeverband zu gewährenden Sozialhilfe bestreiten, welche unter dem Pfändungsfreibetrag liege, sodaß keinerlei Zahlungen an die Gläubiger geleistet werden könnten. Bei Weiterführung des Gewerbes hingegen sei jedoch zu erwarten, daß Überschüsse erzielt werden könnten, welche nach Befriedigung der dringendsten Lebensbedürfnisse des Beschwerdeführers zur Abtragung der Schulden verwendet werden könnten. Die der belangten Behörde vorgelegte Umsatzentwicklung des Beschwerdeführers lasse jedenfalls erkennen, daß Überschüsse durch den Gewerbebetrieb des Beschwerdeführers erzielt worden seien. Zur Beurteilung, ob die Weiterführung des Gewerbebetriebes im überwiegenden Interesse der Gläubiger gelegen sei, wäre eine Globalbetrachtung anzustellen gewesen, die die Behörde jedoch unterlassen habe. Die Behörde habe unterlassen festzustellen, wie hoch der tatsächliche Schuldenstand des Beschwerdeführers sei und welche Rückzahlungen aus den Umsätzen getätigt werden könnten und in welchem Zeitraum daher mit der Abtragung der Schulden zu rechnen sei. Die belangte Behörde habe daher wesentliche Feststellungen nicht getroffen, weshalb der angefochtene Bescheid unter einem wesentlichen Begründungsmangel leide.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361) die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Zunächst ist festzuhalten, daß das Vorliegen der Voraussetzung für die Entziehung der Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994 in der Beschwerde nicht bestritten wird und sich aus dem angefochtenen Bescheid und dem Beschwerdevorbringen kein Anhaltspunkt für die Annahme ergibt, daß dies nicht der Fall wäre. Es geht daher im vorliegenden Beschwerdefall ausschließlich darum, ob die belangte Behörde die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 anzunehmen gehabt hätte.

Gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1994, Zl. 93/04/0030). Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzung ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, weshalb auch allfällige Erklärungen von Gläubigern, wegen ihrer offenen Forderungen ein Interesse an der Weiterführung des betreffenden Gewerbes zu haben, allein für eine derartige Annahme noch nicht als ausreichend anzusehen sind. Dies insbesondere auch deshalb, da, abgesehen von den bereits bestehenden Gläubigerforderungen, im Sinne der obigen Darlegungen auch zu berücksichtigen ist, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können müssen, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 93/04/0212). Entgegen dem Beschwerdevorbringen bedurfte es daher keiner weiteren Feststellungen durch die belangte Behörde, ob sich der Schuldenstand des Beschwerdeführers seit Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels kostendeckenden Vermögens bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides verringert hat und welche Gläubiger in welcher Höhe Forderungen gegen den Beschwerdeführer seit dem Jahre 1990 geltend gemacht haben. Ebensowenig ist allein entscheidungserheblich wie hoch der Schuldenstand des Beschwerdeführers ist und welche Rückzahlungen aus den Umsätzen seines Unternehmens getätigt werden können und in welchem Zeitraum mit der Abtragung seiner Schulden zu rechnen ist, vielmehr muß nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können. Es geht nämlich bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, ausschließlich darum, daß die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden. Dies wird jedoch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Solange daher nicht die Erwartung der Zahlung aller Verbindlichheiten bei Fälligkeit besteht, kommt einer den Abbau von Schulden in sich schließenden Unternehmensentwicklung keine Relevanz zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1994, Zl. 93/04/0030). Auch bieten die Bestimmungen des § 87 Abs. 1 Z. 2 und § 87 Abs. 2 GewO 1994 der Behörde keine Möglichkeit, bei ihrer Entscheidung über die Entziehung der Gewerbeberechtigung die Erhaltung der Existenzgrundlage des Gewerbeberechtigten zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0131).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen bedurfte es daher keiner weiteren Feststellungen durch die belangte Behörde zur abschließenden Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994. Es läßt somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den zu

hg. Zl. AW 94/04/0047 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040186.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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