TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/18 94/04/0086

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Veröffentlicht am 18.10.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §38;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §26 Abs1;
GewO 1994 §28 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag.Dr. Balthasar, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 18. April 1994, Zl. 316.260/2-III/5/94, betreffend Verweigerung der Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 28. Februar 1993 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Buffet" im Standort G abgewiesen und dem Beschwerdeführer "gemäß § 28 Abs. 1, Z. 2, Abs. 2, 3 und 4 GewO 1973 i.d.F.d. Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993 i.V.m. § 1 der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. Nr. 387/1974, der Befähigungsnachweis für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Buffet" im Standort G nicht nachgesehen".

Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 18. April 1994 keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid "mit der Maßgabe, daß dem Berufungswerber die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für ein Gastgewerbe in der Betriebsart eines Buffets im Standort G gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 GewO 1994 verweigert wird". Zur Begründung führte der Bundesminister aus, der eingeholten Strafregisterauskunft vom 4. August 1993 zufolge schienen hinsichtlich des Beschwerdeführers im Strafregister folgende

Verurteilungen auf: "...

12)

LG Linz vom 07.09.76 RK 27.09.76 PAR 83/1 84/1 StGB 150 TAGS zu je 100 S (15.000 S) im NEF 75 T Freiheitsstrafe. Vollzugsdatum 21.03.77.

13)

BG Lembach im Mühlkreis vom 10.08.78 RK 10.08.78 PAR 125 StGB 200 TAGS zu je 80 S (16.000 S) im NEF 100 T Freiheitsstrafe. Vollzugsdatum 20.02.80.

14)

LG Linz vom 19.12.79 RK 14.05.80 PAR 87/1 StGB 2 J Freiheitsstrafe. Vollzugsdatum 29.01.81."

Der Beschwerdeführer sei somit mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19. Dezember 1979 wegen § 87 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden. Diese Strafe sei weder getilgt noch von der Auskunftserteilung ausgeschlossen. Mit Eingabe vom 10. Februar 1994 habe der Beschwerdeführer um Nachsicht gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1973 angesucht. Über dieses Ansuchen habe der Landeshauptmann von Oberösterreich noch nicht entschieden. Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 sei Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis u.a., daß keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorlägen. Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 sei von der Ausübung eines Gewerbes jedoch ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer 3 Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagesätzen verurteilt worden sei, wenn die Verurteilung weder getilgt sei noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterläge. Daß die letztgenannte Verurteilung des Beschwerdeführers noch nicht getilgt sei und auch nicht der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliege, sei auf den Umstand zurückzuführen, daß "es vor dieser Verurteilung zahlreiche andere Verurteilungen gegeben hat, die die Tilgungsfrist entsprechend verlängern". Der Umstand, daß die Strafe bereits getilgt wäre, lägen diese Verurteilungen nicht vor, sei für die Sachentscheidung im gegenständlichen Verfahren irrelevant. Mangels Erfüllung der im § 13 Abs. 1 GewO 1994 normierten allgemeinen Voraussetzung für die Gewerbeausübung und somit mangels Vorliegens einer Nachsichtsvoraussetzung gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 habe daher die beantragte Nachsicht verweigert werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer seinem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht auf Erteilung der begehrten Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes wird in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorgebracht, aufgrund der Gesetzesänderung durch die Gewerberechtsnovelle 1992 in § 26 Abs. 1 der Gewerbeordnung habe er einen Antrag auf Erteilung der Nachsicht vom Ausschluß der Gewerbeausübung bei der Behörde eingebracht. Diesen Antrag hätte die belangte Behörde im Berufungsverfahren berücksichtigen und beurteilen müssen, inwieweit die Voraussetzungen für eine Nachsichtserteilung gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 gegeben seien. Demgegenüber habe die belangte Behörde, ohne auf den aufgrund der zwischenzeitig eingetretenen Gesetzesänderung bedingten Antrag des Beschwerdeführers einzugehen, festgestellt, daß "über dieses Ansuchen das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung noch nicht entschieden habe". Im Hinblick auf die während des Berufungsverfahrens eingetretene Gesetzesänderung und mit Rücksicht auf das anhängige Berufungsverfahren sei die belangte Behörde als "Behörde" im Sinne des § 26 Abs. 1 (§ 346 Abs. 1 Z. 2) GewO 1994 anzusehen (§ 66 AVG). Die belangte Behörde hätte daher bei ihrer Entscheidung diesen Antrag berücksichtigen und das Berufungsverfahren zumindest bis zur Entscheidung des Landeshauptmannes über den Nachsichtsantrag des Beschwerdeführers aussetzen müssen. Tatsächlich seien die Voraussetzungen der Nachsichtserteilung gemäß "§ 26 Abs. 1 GewO 1973" gegeben. Die gegenständliche Verurteilung, die zur Ausschließung vom Gewerbe führe, liege nunmehr 15 Jahre zurück. Innerhalb dieses Zeitraumes habe sich der Beschwerdeführer wohlverhalten. Es könne erwartet werden, daß er sich auch in Zukunft wohlverhalten werde. Da die Voraussetzungen für eine Nachsichtserteilung gemäß "§ 26 Abs. 1 GewO 1973" somit vorlägen, hätte die belangte Behörde bei Durchführung eines mängelfreien Verfahrens dem Antrag stattgeben und die Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung erteilen müssen. Davon ausgehend wäre die belangte Behörde auch nicht zum Ergebnis gelangt, daß ein Ausschlußgrund gemäß § 13 GewO 1973 vorliege. Der Beschwerdeführer habe mit Schriftsatz vom 10. Februar 1994 sowohl im laufenden Berufungsverfahren als auch - aus Gründen besonderer Vorsicht - beim Landeshauptmann von Oberösterreich einen Antrag gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1973 eingebracht. Gleichzeitig habe der Beschwerdeführer für den Fall, daß die Berufungsbehörde nicht selbst über den Antrag entscheiden sollte, beantragt, das Berufungsverfahren für die Erledigung des Nachsichtsansuchens auszusetzen. Gemäß § 38 AVG wäre die belangte Behörde daher verpflichtet gewesen, sofern sie nicht selbst über diese Vorfrage entscheidet, das laufende Berufungsverfahren bis zur Entscheidung des Landeshauptmannes von Oberösterreich über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Nachsichtserteilung gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1973 auszusetzen. Der Beschwerdeführer sei daher in seinem Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt worden.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen.

Gemäß § 13 Abs. 1 leg. cit. ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt. Dies gilt auch, wenn mit dem angeführten Ausschlußgrund vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß - wie die belangte Behörde annahm - auf ihn der Gewerbeausschlußgrund des § 13 Abs. 1 GewO 1994 zutrifft.

Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte mit ihrer Entscheidung über den gegenständlichen Antrag zur Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis bis zur Entscheidung über sein ebenfalls anhängiges (während des Berufungsverfahrens eingebrachtes) Ansuchen um Erteilung der Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung nach § 26 Abs. 1 GewO 1994 zuwarten müssen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 16. Februar 1988, Zl. 87/04/0216, und vom 14. November 1989, Zl. 89/04/0202, ausgeführt hat, bietet die Rechtslage keine Grundlage für eine derartige Verpflichtung der belangten Behörde. Im Verfahren über die Erteilung der Nachsicht vom Befähigungsnachweis ist die Frage, ob Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung nach § 26 GewO 1994 zu erteilen ist, als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG nicht zu prüfen. Vielmehr hatte die belangte Behörde, solange eine derartige Nachsicht nicht erteilt war, vom Vorliegen eines derartigen Gewerbeausschließungsgrundes auszugehen. Aus diesem Grund hatte auch die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum das Ermittlungsverfahren nicht ausgesetzt (unterbrochen). Der vom Beschwerdeführer behauptete Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.

Hatte die belangte Behörde aber das Vorliegen eines Gewerbeausschließungsgrundes gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 ihrer Entscheidung zugrundezulegen, so erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht rechtswidrig. Damit war es für die belangte Behörde auch entbehrlich, die weiteren Voraussetzungen des § 28 GewO 1994 zu überprüfen.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040086.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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