TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/25 93/08/0108

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Veröffentlicht am 25.10.1994
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §113 Abs1 idF 1986/111;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §59 Abs1;
BSVG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 3. März 1993, Zl. Vd-4044/1, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 34 Abs. 1 BSVG (mitbeteiligte Partei: E), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. Dezember 1992 stellte die Beschwerdeführerin gemäß den §§ 34 Abs. 1 und 16 Abs. 1 BSVG fest, daß die Mitbeteiligte für die Zeit vom 1. Februar 1990 bis 31. Mai 1992 für die nachzuzahlenden Beiträge zur Pensions-, Unfall- und Betriebshilfeversicherung einen Beitragszuschlag in der Höhe von S 4.691,70 zu entrichten habe. Begründet wurde der Bescheid damit, daß die Mitbeteiligte aufgrund der Einantwortungsurkunde vom 6. Februar 1990 Eigentümerin eines näher genannten land(forst)wirtschaftlichen Betriebes mit einem Ausmaß von 43,1762 ha und einem Einheitswert von S 403.000,-- geworden sei. Gemäß § 16 BSVG wäre die Mitbeteiligte daher verpflichtet gewesen, binnen einem Monat nach erfolgter Einantwortung, also bis 6. März 1990, eine Anmeldung zu erstatten. Sie sei aber ihrer Meldepflicht erst im September 1992 über Aufforderung der Beschwerdeführerin nachgekommen. Deshalb sei gemäß § 34 Abs. 1 BSVG ein Beitragszuschlag vorzuschreiben gewesen, der 15,5 % des nachzuzahlenden Betrages (an Beiträgen) von S 30.269,-- ausmache, wobei in diesem Hundertsatz 10,5 % als Zinsenersatz und 5 % für den Verwaltungsmehraufwand enthalten seien.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch wandte die Mitbeteiligte ein, es sei zwar richtig, daß sie nach dem Tod ihres Ehegatten mit Einantwortungsurkunde vom 6. Februar 1990 Alleineigentümerin des genannten land(forst)wirtschaftlichen Betriebes geworden sei. Dieser Betrieb setze sich aber aus landwirtschaftlichen Flächen im Ausmaß von 26,7984 ha und forstwirtschaftlichen Flächen im Ausmaß von 13,942 ha zusammen. Die landwirtschaftlichen Flächen seien seit Jahren verpachtet, sodaß nur der Wald auf ihre Rechnung und Gefahr geführt werde. Ihr sei nicht bekannt gewesen, daß sie aufgrund des Waldbesitzes die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Unfall-, Pensions- und Betriebshilfeversicherung nach dem BSVG bzw. dem BHG erfülle. Deshalb habe sie innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat auch keine Anmeldung erstattet. Erst im Zuge der von der Beschwerdeführerin eingeleiteten Erhebungen sei ihr bekannt geworden, daß sie dem meldepflichtigen Personenkreis angehöre. Danach sei sie rückwirkend in die Pensions-, Unfall- und Betriebshilfeversicherung einbezogen worden. Sie sei Bezieherin einer Witwenpension von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und verfüge außer dem Pachtschilling (aus der Verpachtung der genannten landwirtschaftlichen Flächen) über keine sonstigen Einkünfte. Deshalb bedeute für sie die Verhängung des Beitragszuschlages eine außerordentliche Härte. Sie beantrage daher, den bekämpften Bescheid zu beheben und festzustellen, daß sie keinen Beitragszuschlag zu entrichten habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch insoweit Folge, als festgestellt wurde, daß die Mitbeteiligte für die Zeit vom 1. Februar 1990 bis 31. Mai 1992 für die nachzuzahlenden Beiträge zur Pensions-, Unfall- und Betriebshilfeversicherung einen Beitragszuschlag in der Höhe von S 2.000,-- zu entrichten habe. Begründend wurde ausgeführt, es sei (von der Mitbeteiligten auch gar nicht bestritten) davon auszugehen, daß sie zum Kreis der meldepflichtigen Personen gehöre und ihrer Meldepflicht bis längstens 6. März 1990 hätte nachkommen müssen. Nach der Praxis der Beschwerdeführerin werde bei verspäteter Meldung ein Beitragszuschlag von 15,5 % (10,5 % Verzugszinsen plus 5 % Aufwandersatz) des Beitrages vorgeschrieben, der bei ordnungsgemäßer Meldung bereits fällig geworden wäre. Mit dem bekämpften Bescheid sei ein Beitragszuschlag in der Höhe von 15,5 % des nachzuzahlenden Betrages von S 30.269,-- festgesetzt worden. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages habe der Versicherungsträger aber neben dem Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge und der Art des Meldeverstoßes auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners zu berücksichtigen. In Anbetracht der Tatsache, daß die Mitbeteiligte Bezieherin einer Witwenpension sei und neben dem Pachtschilling über keine sonstigen Einkünfte verfüge, erscheine eine Herabsetzung des Beitragszuschlages auf S 2.000,-- den wirtschaftlichen Verhältnissen der Mitbeteiligten angemessen und gerechtfertigt. Auch müsse ihr Verschulden, der Meldepflicht nicht zeitgerecht nachgekommen zu sein, in Anbetracht des Todes ihres Gatten und der daraus resultierenden Verpflichtungen und Belastungen als gering beurteilt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Die Mitbeteiligte nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 34 BSVG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 587/1980 lautet:

"(1) Wird die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht oder verspätet erstattet, kann der Versicherungsträger den gemäß § 16 meldepflichtigen Personen einen Beitragszuschlag bis zur Höhe des nachzuzahlenden Beitrages vorschreiben.

(2) Werden die Beiträge zur Pflichtversicherung nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Fälligkeit eingezahlt, ist der rückständige Betrag einzumahnen. Die Mahnung wird durch Zustellung eines Mahnschreibens (Postauftrages) vollzogen, in dem der Beitragsschuldner unter Hinweis auf die eingetretene Vollstreckbarkeit aufgefordert wird, den Beitragsrückstand binnen zwei Wochen, von der Zustellung an gerechnet, zu bezahlen. Ein Nachweis der Zustellung des Mahnschreibens ist nicht erforderlich; bei Postversand wird die Zustellung des Mahnschreibens am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post vermutet.

(3) Nach erfolgloser Mahnung gemäß Abs. 2 hat der Versicherungsträger einen Beitragszuschlag im Ausmaß von 5 v.H. des eingemahnten Beitrages vorzuschreiben. Der Beitragszuschlag kann bis zum Ausmaß des eingemahnten Beitrages erhöht werden."

Die Beschwerdeführerin wendet unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes ein, der angefochtene Bescheid gebe die Höhe des Beitragszuschlages mit 15,5 % der bereits fälligen Beiträge wieder, ohne sich mit der Frage, ob dieser Prozentsatz sachgerecht sei, näher auseinanderzusetzen. Dem werde allerdings in der Bescheidbegründung hinzugefügt, daß für die Festsetzung des Beitragszuschlages der Versicherungsträger neben dem Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge und der Art des Meldeverstoßes auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners zu berücksichtigen habe. Dies finde in § 34 Abs. 1 BSVG keine Deckung, weil darin lediglich festgelegt sei, der Versicherungsträger könne "einen Beitragszuschlag bis zur Höhe des nachzuzahlenden Beitrages vorschreiben". Sollte die belangte Behörde jedoch eine Analogie zur gleichartigen Bestimmung des § 113 ASVG herstellen wollen, so hätte sie sich mit den dort angeführten Kriterien auseinandersetzen müssen. Nach § 113 Abs. 1 ASVG dürfe nämlich der Beitragszuschlag die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten. Durch den angefochtenen Bescheid sei der Beitragszuschlag unter die Hälfte herabgesetzt worden. Damit seien aber die Verzugszinsen im Sinne des § 113 Abs. 1 in Verbindung mit § 59 Abs. 1 ASVG (Untergrenze 8,5 %) unterschritten worden. Des weiteren habe die belangte Behörde, soweit ihr überhaupt ein Ermessensspielraum einzuräumen sei, das Ermessen auch im Sinne des § 113 ASVG nicht gesetzmäßig ausgeübt. So habe sie insbesondere bezüglich der "Art des Meldeverstoßes" nicht berücksichtigt, daß die Mitbeteiligte bereits mit 30. April 1990 ihre Liegenschaft verpachtet habe und spätestens aus Anlaß derselben sich darüber hätte im Klaren sein müssen, daß sie Meldepflichten im Rahmen der Sozialversicherung der Bauern treffe. Überdies betrage die jährliche Pacht S 135.347,--. Dies sei ein Betrag, der nicht mehr so geringfügig sei, daß man daraus auf beengte wirtschaftliche Verhältnisse schließen könnte. Schließlich sei unberücksichtigt geblieben, daß die Mitbeteiligte ihrer Meldepflicht nach Ablauf von mehr als 3 Jahren nach dem Tod ihres Ehegatten und von 2,5 Jahren nach Erwerb ihres Eigentums erst nachgekommen sei, als sie von der Beschwerdeführerin hiezu aufgefordert worden sei. Bei richtiger rechtlicher Würdigung des Sachverhaltes hätte die belangte Behörde daher zum Ergebnis kommen müssen, daß eine Herabsetzung des von ihr festgestellten Beitragszuschlages nicht in Frage komme.

Daran ist richtig, daß § 34 Abs. 1 BSVG (so wie schon die inhaltsgleiche Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 1 B-KVG, BGBl. Nr. 219/1965) hinsichtlich der Höhe des nach dieser Bestimmung festzusetzenden Beitragszuschlages weder einen Prozentsatz der bereits fälligen Beiträge noch eine Berücksichtigung des Ausmaßes der nachzuzahlenden Beiträge, der Art des Meldeverstoßes oder der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners vorsieht. Es wird vielmehr ohne ausdrückliche Anführung näherer Kriterien zum "ob" der Vorschreibung und zu ihrer Höhe nur bestimmt, daß der Versicherungsträger im Falle eines der angeführten Meldeverstöße den meldepflichtigen Personen einen Beitragszuschlag "bis zur Höhe des nachzuzahlenden Beitrages vorschreiben" könne.

Insofern ähnelt diese Bestimmung aber dem § 113 Abs. 1 ASVG in der Stammfassung, wonach unter anderem bei solchen Meldeverstößen ein Beitragszuschlag "bis zum zweifachen Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge vorgeschrieben werden" konnte. Es erhebt sich daher die Frage, ob und inwieweit die Rechtsprechung zu § 113 Abs. 1 ASVG (in der Stammfassung, der Fassung der 21. Novelle, BGBl. Nr. 6/1968, oder sogar der 41. Novelle, BGBl. Nr. 111/1986) bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 BSVG herangezogen werden kann.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. März 1964, VfSlg 4687, zu § 113 Abs. 1 ASVG in der Stammfassung, in Auseinandersetzung mit dem Einwand, diese Ermessensnorm widerspreche den Art. 18 Abs. 1 und 130 Abs. 2 B-VG, ausgeführt, daß das Gesetz den Sinn der Ermessensübung hinsichtlich der Vorschreibung von Beitragszuschlägen überhaupt in hinreichender Weise bestimme, weil es sich offensichtlich um Sanktionen für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit um Sicherungsmittel eines ordnungsgemäßen Funktionierens der Sozialversicherung handle. Beitragszuschläge gegen den säumigen Verpflichteten in der Sozialversicherung seien aber außerdem wegen des durch die Säumigkeit verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigt. Aber auch hinsichtlich der Bemessung und Vorschreibung der Beitragszuschläge im Einzelfall sei der Sinn des Gesetzes hinreichend bestimmt. Das Ausmaß der Zuschläge sei durch § 113 ASVG auf das Zweifache der nachzuzahlenden Beiträge beschränkt. Damit habe das Gesetz für die Ermessensübung einen engen Rahmen gezogen, einen engeren als etwa beim Gebühren- oder dem Beförderungssteuergesetz, aber auch enger als die bei Festsetzung eines Strafrahmens stets als unbedenklich erachtet worden sei. Der Sinn der Ermessensübung bei Bemessung der Zuschläge innerhalb des engen gesetzlichen Rahmens wieder ergebe sich offenkundig aus dem Gewicht des jeweiligen Verstoßes gegen die Beitragsbestimmungen, das heiße durch den mit solchen Verstößen verbundenen Mehraufwand der Verwaltung und dort, wo ein Verschulden vorliege, auch aus dem Grad des Verschuldens.

Durch die 21. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 6/1968, wurde dem § 113 Abs. 1 ASVG der Satz angefügt: "Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners, das Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen." Dazu meinte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. Juni 1983, VfSlg 9691, es sei dadurch der Gesetzestext "auch verbal in einer Weise ergänzt (worden), wie sie als Inhalt der Regelung vom Verfassungsgerichtshof (schon) mit dem ... Erkenntnis (vom 20. März 1964, VfSlg 4687) als dem Sinn der Bestimmung entsprechend erschlossen wurde."

Der Verwaltungsgerichtshof ging bei der Überprüfung von Bescheiden, mit denen gemäß § 113 Abs. 1 ASVG Beitragszuschläge vorgeschrieben wurden, daraufhin, ob die Verwaltungsbehörden von dem ihnen in dieser Gesetzesstelle eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht haben, in ständiger Rechtsprechung sowohl zur Rechtslage vor der 21. ASVG-Novelle (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 1. Oktober 1958, Slg. Nr. 4760/A, vom 17. Mai 1961, Slg. Nr. 5570/A, und vom 27. September 1967, Zl. 706/67) als auch zur Rechtslage danach, aber noch vor der 41. ASVG-Novelle (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 18. Dezember 1981, Zl. 2083/79 und Zl. 2119/79, vom 27. Jänner 1983, Slg. Nr. 10960/A, und vom 10. Jänner 1985, Zl. 83/08/0093) zwar davon aus, daß bei der Vorschreibung eines Beitragszuschlages in Handhabung der Vorschrift des § 113 Abs. 1 ASVG (also für das "ob" der Vorschreibung) die Frage des Verschuldens des Meldepflichtigen nicht zu untersuchen sei, weil die Auferlegung eines Beitragszuschlages nach dieser Bestimmung nicht als Verwaltungsstrafe zu werten sei und es daher einer ausdrücklichen Bezugnahme auf das Verschulden des Meldepflichtigen bedurft hätte, schloß aber - im Anschluß an das schon genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. März 1964, VfSlg 4687 - die Beachtung eines allenfalls vorliegenden Verschuldens und dessen Grades bei Handhabung des Ermessens hinsichtlich der Höhe des Beitragszuschlages nicht aus. Da aber die Auferlegung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine (neben der Bestrafung nach den §§ 111, 112 ASVG ermöglichte) "wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte" weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten sei, dürfe der Beitragszuschlag objektiv einerseits - unter weiterer Bedachtnahme auf den Regelungszusammenhang des § 113 ASVG mit § 59 leg. cit. - nicht den durch die Säumigkeit des Beitragspflichtigen verursachten Verwaltungsmehraufwand zuzüglich des Zinsenentganges infolge der verspäteten Beitragsentrichtung, andererseits - unter Bedachtnahme auf die Limitierung "bis zum zweifachen Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge" - nicht diese Höhe überschreiten. Der objektiv auf diese Weise nach oben hin begrenzte Beitragszuschlag könne bei der vorgesehenen Ermessensübung, bei der neben den wirtschaftlichen Verhältnissen auch das Verschulden des Meldepflichtigen zu berücksichtigen sei, eine Reduzierung erfahren (vgl. die zusammenfassende Darlegung im Erkenntnis vom 17. März 1988, Slg. Nr. 12674/A).

Durch die Novellierung des § 113 Abs. 1 ASVG mit der 41. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 111/1986, wurde dieses System zwar, bezogen auf Fälle, in denen nicht nur Meldeverstöße vorliegen, sondern auch (daraus resultierende) Beiträge nachzuzahlen sind (zu Fällen, in denen letzteres nicht der Fall ist, vgl. u.a. das eben genannte Erkenntnis vom 17. März 1988, Slg. Nr. 12674/A), modifiziert (und zwar durch eine gegenüber der bisherigen Regelung genauere Umschreibung der die Vorschreibung von Beitragszuschlägen rechtfertigenden Tatbestände und durch eine auf den jeweiligen Tatbestand abgestimmte Obergrenzenfestsetzung sowie die Festsetzung einer Untergrenze in Form der Höhe der Verzugszinsen, die ohne Vorschreibung des Beitragszuschlages aufgrund des § 59 Abs. 1 ASVG für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären sowie schließlich durch den Umstand, daß das "Ausmaß der nachzuzahlenden Beiträge" nicht mehr zu den bei der Festsetzung des Beitragszuschlages zu berücksichtigenden Tatbestandsmomenten zählt), aber nicht im grundsätzlichen (hinsichtlich des Zweckes des Beitragszuschlages sowie der beiden Höchstgrenzen) geändert (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 26. März 1987, Zl. 86/08/0223, vom 17. März 1988, Slg. Nr. 12674/A, vom 27. April 1989, Zl. 87/08/0286, vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/08/0189, und vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0172).

Da auch das BSVG (wie schon das B-KVG) für dieselben Meldeverstöße sowohl Verwaltungsstrafen (§ 21 BSVG) als auch Beitragszuschläge vorsieht, sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Auslegung des § 34 Abs. 1 BSVG zunächst - aus den oben zusammenfassend wiedergegebenen Erwägungen der Rechtsprechung zu § 113 Abs. 1 ASVG - die in ihr entwickelten Grundsätze zum Zweck des Beitragszuschlages, zur Irrelevanz des Verschuldens für das "ob" seiner Vorschreibung sowie zur Beachtung eines allenfalls vorliegenden Verschuldens und seines Grades neben den anderen in der 21. ASVG-Novelle angeführten Kriterien (die nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1983, VfSlg 9691, schon aus § 113 Abs. 1 ASVG in der Stammfassung erschließbar waren) bei der Festsetzung der Höhe des Beitragszuschlages heranzuziehen.

Im Hinblick auf das Fehlen einer Verzugszinsenregelung im B-KVG ("aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung": vgl. die Erläuterungen der Regierungsvorlage zum BKVG, 784 Blg NR X. GP, 47) und in dem diesen Rechtszustand übernehmenden BSVG (vgl. die Erläuterungen der Regierungsvorlage zum BSVG, 864 Blg NR XIV. GP, 69) stellt sich aber die Frage, ob auch die Judikatur zu den alternativen Höchstgrenzen des Beitragszuschlages und die durch die 41. ASVG-Novelle eingeführte Untergrenze des Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG auf jenen nach § 34 Abs. 1 BSVG übertragbar ist. Aus nachstehenden Gründen ist ersteres zu bejahen, letzteres nicht:

Im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Regelung des § 33 BSVG über Fälligkeit und Einzahlung der Beiträge hat das Fehlen einer dem § 59 ASVG entsprechenden Verzugszinsenregelung im BSVG und ihr intendierter Ersatz durch die Verpflichtung des Versicherungsträgers zur Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 34 Abs. 2 und 3 leg. cit. (vgl. die Erläuterungen zur Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 2 B-KVG,

784 Blg NR X. GP, 47) in Fällen rechtzeitiger Meldungen zur Pflichtversicherung zur Folge, daß - anders als im Falle des Bestehens einer dem § 59 ASVG entsprechenden Verzugszinsenregelung (vgl. zu dessen Zweck u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1992, Zl. 92/09/0177, sowie die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1994, G 85/93, und vom 25. Juni 1994, G 249/93) - dem Versicherungsträger jedenfalls für die Zeit bis zum Ablauf von zwei Wochen nach der entsprechend dem § 34 Abs. 2 BSVG erfolgten Einmahnung der nach § 33 leg. cit. fälligen Beiträge kein wirtschaftliches Äqualent (in der Form des Beitragszuschlages nach § 34 Abs. 2 und 3 BSVG) für den Zinsenverlust zukommt, den er dadurch erleidet, daß er die geschuldeten Leistungen nicht bei Fälligkeit bzw. innerhalb eines von vornherein fixierten Zeitraumes nach Fälligkeit (wie in § 59 Abs. 1 ASVG) erhält, und daß somit der Vorteil, den der Beitragsschuldner aus dem Umstand zieht, daß ihm die maßgebende Geldsumme länger als im Gesetz vorgesehen zur Verfügung gestanden ist, für diesen Zeitraum nicht ausgeglichen wird. Diese wirtschaftlichen Nach- bzw. Vorteile werden aber im Regelfall bei entsprechend zügiger Durchführung des Mahnverfahrens in bezug auf den jeweiligen Einzelfall größenmäßig nicht sehr ins Gewicht fallen.

Anders kann dies allerdings sein, wenn der Versicherungsträger mangels Erfüllung der Meldepflicht durch den Versicherungspflichtigen von der bestehenden Versicherungs- und damit Beitragspflicht gar keine oder verspätete Kenntnis hat und daher weder seiner Vorschreibe- noch seiner Mahnverpflichtung (rechtzeitig) nachkommen kann. In solchen Fällen hat die fehlende Verzugszinsenregelung im BSVG (zunächst unabhängig von der Ermöglichung der Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 34 Abs. 1 BSVG) zur Konsequenz, daß die genannten Vor- und Nachteile sehr wohl auch im Einzelfall ins Gewicht fallen können, weil und insoweit sie sich auf die von vornherein nicht abschätzbaren Zeiträume zwischen den jeweils fiktiven Fälligkeitszeitpunkten ab Beginn der nicht oder verspätet gemeldeten Pflichtversicherung und dem letzten vor der Anmeldung liegenden Fälligkeitszeitpunkt beziehen, in denen dem Versicherungsträger mangels Kenntnis der Versicherungs- und Beitragspflicht kein Einfluß auf den Zeitpunkt der Beitragszahlungen zukommt. Die Regelung des § 34 Abs. 2 und 3 BSVG kann dem jedenfalls bei rechtzeitiger Zahlung des nach Anmeldung eingemahnten Betrages nicht abhelfen. Wohl aber muß § 34 Abs. 1 BSVG seinem obgenannten Zweck nach als Mittel auch zum Ausgleich dieses Nachteiles des Versicherungsträgers und des Vorteiles des Beitragsschuldners mit der Konsequenz gewertet werden, daß dieser Zinsenverlust (im angeführten Zeitraum, weil für spätere Zeiträume bereits die Regelung des § 34 Abs. 2 und 3 BSVG greift) neben dem durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Verwaltungsmehraufwand (vgl. zu seiner Ermittlung u.a. die Erkenntnisse vom 26. März 1987, Zl. 86/08/0223, und vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0142) eine der beiden Höchstgrenzen des Beitragszuschlages nach § 34 Abs. 1 BSVG im Sinne der obzitierten Judikatur zu § 113 Abs. 1 ASVG darstellt. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet es auch nicht als rechtswidrig, wenn als Hilfsmittel zur Berechnung dieser Obergrenze jener Zinssatz herangezogen wird, der in der aufgrund des § 59 Abs. 1 ASVG erlassenen Verordnung (bezogen auf den im Beschwerdefall relevanten Zeitraum ab dem Jahre 1990: von 10,5 % aufgrund der insofern vom Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1991, VfSlg 12945, nicht berührten Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung, BGBl. Nr. 612/1982) bestimmt ist.

Hingegen ist eine Übertragung der Regelung des § 113 Abs. 1 ASVG in der Fassung der 41. Novelle, wonach der Beitragszuschlag die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten darf, die ohne seine Vorschreibung aufgrund des § 59 Abs. 1 für die nachzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären, und die Judikatur dazu (insbesondere zur Nichtanwendbarkeit des § 59 Abs. 2 ASVG im Fall der dann zwingenden Vorschreibung eines Beitragszuschlages in der Höhe der Verzugszinsen: vgl. die Erkenntnisse vom 24. Oktober 1989, Zl. 89/08/0189, und vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0172) abzulehnen, weil ohne Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 34 Abs. 1 BSVG eben keine Verzugszinsen zu zahlen wären. Das bedeutet, daß - so wie nach der Rechtslage des ASVG vor der 41. Novelle - keine von vornherein fixierte Untergrenze des Beitragszuschlages besteht.

Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze ist der angefochtene Bescheid insofern mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet, als die belangte Behörde bei der Festsetzung des Beitragszuschlages (hinsichtlich derer ihr volle Kognitionsbefugnis im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG zukam und die sie demgemäß zwar unter Beachtung der obgenannten Kriterien, aber nicht von vornherein begrenzt durch die Höhe des durch die Beschwerdeführerin festgesetzten Beitragszuschlages vorzunehmen hatte: vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 24. April 1990, Zl. 89/08/0172, und vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0142) von der in der Praxis der Beschwerdeführerin gehandhabten starren Obergrenze von 15,5 % der für den Zeitraum vom 1. Februar 1990 (dem Beginn der Beitragspflicht) bis zu dem (aus nicht näher genannten Gründen fixierten) 31. Mai 1992 nachzuzahlenden Beträge statt vom tatsächlichen Verwaltungsmehraufwand im Sinne der zitierten Judikatur und den entgangenen Verzugszinsen von 10,5 % in den Zeiträumen zwischen den jeweiligen fiktiven Fälligkeitszeitpunkten und dem letzten Fälligkeitszeitpunkt als einer der zu beachtenden Obergrenzen ausging. Schon dies hat - auch unter Beachtung der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde in ihrer Ermessensübung bei der Festsetzung der Höhe des Beitragszuschlages herangezogenen Kriterien - die Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Folge, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Beachtung dieser alternativen Obergrenze zu einem anderen Bescheid gekommen wäre. In diesem Zusammenhang ist überdies zu bemerken, daß das (nach den obigen Darlegungen bei der Festsetzung der Höhe des Beitragszuschlages beachtliche) Verschulden der Mitbeteiligten am Meldeverstoß schon nach ihrem Einspruchsvorbringen zu den Gründen desselben (nämlich dem behaupteten Nichtwissen über die bestehende Versicherungs- und damit Beitragspflicht) nicht "in Anbetracht des Todes ihres Gatten und den daraus resultierenden Verpflichtungen und Belastungen als gering beurteilt werden" kann, wohl aber dann, wenn das Einspruchsvorbringen zutreffen sollte und ihr lediglich die Unterlassung der ihr als Eigentümerin des forstwirtschaftlichen Betriebes obliegenden Verpflichtung, sich über die Rechtsfolgen einer solchen Betriebsinhabung ganz allgemein und daher auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht zu erkundigen, vorgeworfen werden könnte. Schließlich ist - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen - darauf hinzuweisen, daß die konkrete Berücksichtigungsfähigkeit der in der Begründung des angefochtenen Bescheides nur allgemein umschriebenen wirtschaftlichen Verhältnisse der Mitbeteiligten davon abhängt, wie hoch ihre Einkünfte aus ihrer Witwenpension und der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen im relevanten Zeitraum waren.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist der angefochtene Bescheid aber nicht deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weil die belangte Behörde - in Übereinstimmung mit der Annahme der Beschwerdeführerin selbst, die von der Mitbeteiligten im Einspruch nicht bestritten wurde - von deren Meldeverpflichtung bis längstens 6. März 1990 und damit von der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde ab 6. Februar 1990 (vgl. zur Übertragungswirkung der rechtskräftigen Einantwortungsurkunde selbst und nicht erst der Verbücherung: Welser in Rummel2, Rz 5 zu §§ 797, 798 ABGB), ausgegangen ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080108.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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