TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/22 94/04/0123

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Veröffentlicht am 22.11.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 31. Mai 1994, Zl. Senat-HO-93-008, betreffend Übertretungen der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Nierderösterreich vom 31. Mai 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, zu einem bestimmten Tatzeitpunkt an zehn verschiedenen näher bezeichneten Standorten zum Zwecke des Verkaufes Automaten, die für die Selbstbedienung durch Kunden bestimmt gewesen seien, betriebsbereit betrieben zu haben, obwohl mit Verordnung der Stadtgemeinde Horn vom 30. Juni 1987 diese gewerbliche Tätigkeit mittels Automaten untersagt worden sei. Er habe dadurch jeweils Verwaltungsübertretungen nach § 367 Z. 15 GewO 1973 i.V.m. (den im einzelnen bezeichneten Punkten) der Verordnung der Stadtgemeinde Horn vom 30. Juni 1987 begangen, weshalb nach dem Einleitungssatz des § 367 GewO 1973 über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer Fehler des Spruches des angefochtenen Bescheides geltend. Er bringt ferner vor, es könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß die in Rede stehenden Automaten im Tatzeitpunkt betriebsbereit gewesen seien. Überdies würden die Automaten durch alleinverantwortliche Dienstnehmer aufgestellt, denen aufgetragen sei, die ordnungsgemäße Anbringung der Automaten "bei den zuständigen Behörden abzuklären". Dem Beschwerdeführer komme ein Gesetzesirrtum deshalb zugute, weil er nicht davon ausgehen habe können, daß die Aufstellung von Warenautomaten, die bereits längerfristig existierten und ordnungsgemäß gemeldet seien, einen Verstoß darstellten. Auch habe das Beweisverfahren keinen eindeutigen Hinweis in der Richtung ergeben, daß die fraglichen Automaten dem Beschwerdeführer zugeordnet werden könnten. Der Beschwerdeführer rügt ferner die Strafbemessung der belangten Behörde und bringt unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, es sei ihm keine Möglichkeit geboten worden, trotz entsprechenden Antrages in den Akt Einsicht zu nehmen. Auch seien ihm die Beweisergebnisse nicht ordnungsgemäß zur Stellungnahme vorgelegt worden. Schließlich habe eine Überprüfung der Verordnung ergeben, daß diese offensichtlich in mehreren Punkten gegen die gesetzliche Regelung und gegen verfassungsmäßig gewährleistete Rechte versoße, weshalb angeregt werde, "den Akt dem Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung der gegenständlichen Verordnung der Stadtgemeinde Horn vorzulegen".

Die Beschwerde erweist sich schon auf Grund nachstehender Erwägungen als berechtigt.

Gemäß § 367 Z. 15 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe mittels Automaten entgegen § 52 Abs. 2 oder entgegen den Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 52 Abs. 3 oder 4 ausübt, wenn nicht einer der Tatbestände des § 366 Abs. 1 Z. 1 und 2 gegeben ist.

Mit Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Horn vom 30. Juni 1987 wurde auf Grund des § 52 Abs. 4 GewO 1973 zum Schutz von unmündigen Minderjährigen vor unüberlegten Geldausgaben die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten zum Verkauf von Süßigkeiten, Kaugummi und Spielzeug sowie durch sonstige Automaten, die erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sind, an in der Folge im einzelnen aufgezählten Standorten in Horn untersagt.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterbricht eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11.525/A).

Entgegen dieser Vorschrift wurde dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall innerhalb der Verjährungsfrist mit dem allein als Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG in Betracht kommenden Rechtshilfeersuchen vom 29. Oktober 1992 zur Last gelegt, "zu dem in der Anzeige des GP Horn v. 31.7.1992 und in der Anzeige des GP Weitersfeld v. 18.9.1992 angeführten Zeiten und Orten zum Zwecke des Verkaufes Automaten, die für die Selbstbedienung des Kunden bestimmt sind", betrieben zu haben. Abgesehen davon, daß dieses Rechtshilfeersuchen weder Tatzeit noch die einzelnen in der Folge dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatorte enthält, wurde ihm darin insbesondere nicht etwa, wie es dem Inhalt der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Horn vom 30. Juni 1987 entsprechen würde, eine gewerbliche Tätigkeit mittels Automaten zum Verkauf von Süßigkeiten, Kaugummi und Spielzeug sowie sonstigen Automaten, die erfahrungsgemäß besonders auf die Inanspruchnahme durch unmündige Minderjährige ausgerichtet sind, zur Last gelegt, sondern vielmehr der Betrieb von Automaten, die für die Selbstbedienung des Kunden bestimmt sind. Es ist somit innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG gegenüber dem Beschwerdeführer eine den Anforderungen des § 32 Abs. 2 leg. cit. entsprechende Verfolgungshandlung nicht ergangen, weshalb sich die Verfolgung des Beschwerdeführers wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen zufolge § 31 Abs. 1 als unzulässig erweist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040123.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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