TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/25 94/19/0974

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Veröffentlicht am 25.11.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §19 Abs1 Z2;
AVG §39 Abs2;
ZustG §8 Abs1;
ZustG §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des U in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Jänner 1994, Zl. 4.336.809/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer - ein Staatsangehöriger des Irak - ist am 16. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 17. April 1992 beantragt, ihm Asyl zu gewähren. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 19. Mai 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei. Dagegen hat dieser am 29. Mai 1992 Berufung erhoben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 19 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 ab. Die belangte Behörde ging dabei gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz AsylG 1991 von der Anwendbarkeit dieses Gesetzes aus; da der Beschwerdeführer (Asylwerber im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 2 AsylG 1991) am 1. Juli 1993 seine Abgabestelle geändert und diese Änderung der erkennenden Behörde nicht unverzüglich mitgeteilt habe, sei sein Asylantrag abzuweisen. Eine neue Abgabestelle habe nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden können, da trotz versuchter Meldeauskünfte keine Adresse eruiert habe werden können.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er bestreitet hiebei nicht die Annahme der belangten Behörde, er habe am 1. Juli 1993 seine Abgabestelle geändert und diese Änderung der erkennenden Behörde nicht unverzüglich mitgeteilt. Er bringt jedoch vor, daß es ihm bis Anfang Oktober 1993 nicht möglich gewesen sei, eine neue Unterkunft zu finden; er habe nur "bittweise, immer wieder für wenige Tage, bei Freunden kurzfristig Unterkunft" gefunden, sodaß er in dem Zeitraum "praktisch ohne ständigen Wohnsitz und ohne ordentliche Unterkunft" gewesen sei. Am 5. Oktober 1993 habe sich der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Salzburg ordnungsgemäß angemeldet. Es sei ihm nicht bekannt gewesen, daß er seine neue Adresse auch der Berufungsbehörde im Asylverfahren ausdrücklich zur Kenntnis hätte bringen müssen. Darüber hinaus habe er sich im Glauben befunden, daß in Österreich ein Datennetzwerk bestehe, an das alle Behörden angeschlossen seien, sodaß aufgrund seiner Anmeldung bei der Bundespolizeidirektion Salzburg die Asylbehörde "automatisch" von seinem neuen Wohnort Kenntnis erlangen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu erwogen:

Dem § 25 Abs. 2 AsylG 1991 zufolge sind am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängige (Berufungs-)verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Die belangte Behörde ist somit zutreffend von der Anwendbarkeit des Asylgesetzes 1991 auf den Fall des Beschwerdeführers ausgegangen, da dieser - von ihm nicht bestritten - am 29. Mai 1992 Berufung erhoben hat. Dem Gesetz ist eine Einschränkung auf verfahrensrechtliche Bestimmungen nicht zu entnehmen, sodaß das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1993, Zl. 92/01/1115).

Gemäß § 19 Abs. 1 Z. 2 AsylG 1991 sind Asylanträge in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen, wenn der Asylwerber eine Änderung der Abgabestelle (§ 8 Abs. 1 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982) nicht rechtzeitig mitgeteilt hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 94/19/0599, dargelegt hat, führt dem Wortlaut dieser Gesetzesstelle zufolge nicht die Unterlassung der Mitteilung einer Änderung der Abgabestelle schlechthin zu einer Abweisung des Asylantrages, sondern nur die Unterlassung, diese Änderung rechtzeitig mitzuteilen. Die Unterlassung der Mitteilung einer Änderung der Abgabestelle rechtfertigt nur dann im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 2 AsylG 1991 eine Abweisung des Asylantrages, wenn die Behörde das Asylverfahren aus diesem Grunde andernfalls nicht abschließen könnte (vgl. das hg. Erkenntnis Zl. 94/19/0599, auf das des weiteren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Die belangte Behörde hat daher, indem sie alleine "aufgrund der Tatsache", daß der Beschwerdeführer seine "Abgabestelle geändert und diese Änderung der erkennenden Behörde nicht UNVERZÜGLICH (Sperrung durch den Verwaltungsgerichtshof) mitgeteilt habe", die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Z. 2 AsylG 1991 als erfüllt ansah, die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein Ersatz von

werden kann.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190974.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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