TE Vfgh Erkenntnis 1992/10/3 V62/91, V37/92

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Veröffentlicht am 03.10.1992
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96 Straßenbau
96/01 Bundesstraßengesetz 1971

Norm

B-VG Art18 Abs2
Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 07.09.90, BGBl 599/1990, betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 146 Ennstal Straße im Bereich der Gemeinden Stainach. Aigen im Ennstal. Wörschach. Weißenbach bei Liezen. Lassing und Liezen
BStG 1971 §4 Abs1
BStG 1971 §7
BStG 1971 §7a

Leitsatz

Abweisung von Individualanträgen auf Aufhebung einer Trassenverordnung betreffend die B 146 Ennstal Straße; keine Überschreitung des dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch das BStG 1971 eingeräumten Planungsermessens; Neutrassierung angesichts der Verkehrserfordernisse und der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges gerechtfertigt; ausreichende Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit und die Umweltverträglichkeit nach Maßgabe der dem Bundesminister vorliegenden Sachverständigengutachten

Spruch

Den Anträgen wird keine Folge gegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken, die teils von der Straßentrasse durchquert werden, die durch die angefochtene Verordnung festgelegt wird, teils in dem durch die angefochtene Verordnung bestimmten Straßenbaugebiet liegen.

Sie beantragen gemäß Art139 B-VG die Aufhebung der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. September 1990 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 146 Ennstal Straße im Bereich der Gemeinden Stainach, Aigen im Ennstal, Wörschach, Weißenbach bei Liezen, Lassing und Liezen, BGBl. 599/1990, zur Gänze wegen Gesetzwidrigkeit.

2.a. Die angefochtene Verordnung lautet:

"Auf Grund des §4 Abs1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 63/1983 wird verordnet:

Der Straßenverlauf der B 146 Ennstal Straße wird im Bereich der Gemeinden Stainach, Aigen im Ennstal, Wörschach, Weißenbach bei Liezen, Lassing und Liezen wie folgt bestimmt:

Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt bei km 53,980, unterführt anschließend die Bahnlinie der ÖBB Bischofshofen-Selzthal, überbrückt die Enns vor und nach der Anschlußstelle Aigen/Wörschach, führt in der Folge nördlich der Enns über die Anschlußstelle Liezen/West nach neuerlicher Unterführung der vorangeführten Bahnlinie der ÖBB zur Anschlußstelle Liezen/Ost bei km 69,00 (neu), schließt dort an die Zu- und Abfahrtsstraße der Anschlußstelle Selzthal der A 9 Pyhrn Autobahn an und bindet über den bestehenden 'Zubringer Liezen' bei km 68,888 (alt) wieder in den Bestand der B 146 Ennstal Straße ein.

Im einzelnen ist der Verlauf der neu herzustellenden Straßentrasse einschließlich der Anschlußstellen Aigen/Wörschach, Liezen/West und Liezen/Ost mit ihren Zu- und Abfahrtsrampen aus den beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, beim Amt der Steiermärkischen Landeregierung sowie bei den Gemeinden Stainach, Aigen im Ennstal, Wörschach, Weißenbach bei Liezen, Lassing und Liezen aufliegenden Planunterlagen (Plan Nr. BO-146-05 im Maßstab 1:2 000) zu ersehen.

§15 Bundesstraßengesetz 1971 findet auf den vorangeführten Straßenabschnitt Anwendung. Die Grenzen des Bundesstraßenbaugebietes sind den aufliegenden Planunterlagen zu entnehmen."

b. Zur Legitimation bringen die Antragsteller vor, daß die bekämpfte Verordnung unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingreife, weil die betroffenen Grundstücke den Beschränkungen des §15 Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971) unterliegen und ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung sowie ohne Erlassung eines Bescheides in die Ablöse- und Enteignungsverfahren zur Errichtung der künftigen Ennstal Straße einbezogen würden. Die ersten Enteignungsverfahren im Bereich des verordneten Straßenverlaufes seien bereits eingeleitet worden. Ein anderer zumutbarer Weg, zu einer Überprüfung der bekämpften Verordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit zu gelangen, stehe den Antragstellern nicht zur Verfügung.

c. Die angefochtene Verordnung erachten die Antragsteller wegen Widerspruchs zu §4 Abs1 BStG 1971 als gesetzwidrig, weil vor ihrer Erlassung die Umweltverträglichkeit, die Wirtschaftlichkeit sowie die Verkehrsfunktionalität und -sicherheit der verordneten Trasse nicht ausreichend untersucht worden und daher die Entscheidungsgrundlagen der verordnungserlassenden Behörde unzureichend geblieben seien. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten habe darüber hinaus von dem ihm durch §4 Abs1 BStG 1971 eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht. Für die Wahl der verordneten Trassenvariante würden insgesamt nachvollziehbare "sachliche Grundlagen" fehlen.

Die Antragsteller begründen ihre Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung im wesentlichen wie folgt:

Aus der Vielzahl der im Verordnungserlassungsverfahren untersuchten Trassenvarianten sei der sogenannten "Ennsnahen Trasse" vor dem sogenannten "Bestandsausbau" der Vorzug gegeben worden, obwohl eine im Jahr 1986 im Auftrag des Bundes-Bundesstraßenverwaltung von Dipl.-Ing. Dr. S erstellte Studie (Nutzen-Kosten-Untersuchung) zu dem Ergebnis gekommen sei, daß "eine objektive Entscheidung zwischen einer ennsnahen und einer bestandsnahen Trasse nicht möglich" sei "und auch durch die Anwendung eines formalen Verfahrens (Kostenwirksamkeitsanalyse, Nutzwertanalyse) nicht herbeigeführt werden" könne. Die untersuchten ennsnahen Trassen würden nach dieser Studie zwar eine relativ kurzfristige und auch wirtschaftliche Lösung der Probleme entlang der bestehenden B 146 bieten, die untersuchten bestandsnahen Trassen dagegen würden den Zielen eines ganzheitlichen Umweltschutzes, der in der Schonung der bereits knapp gewordenen naturnahen Räume eine langfristige Vorsorge zur Erhaltung der Lebensgrundlagen des Menschen sieht, entsprechen. Es müsse daher entweder der Entlastung der Wohnbevölkerung von verkehrsbedingter Umweltbeeinträchtigung oder der Schonung der Natur und Landschaft der Vorzug gegeben werden.

Auch eine Stellungnahme der Naturschutzbehörde vom 29. September 1987 komme zu dem Ergebnis, daß ein Bestandsausbau gegenüber dem Ist-Zustand zu einer Verbesserung nahezu aller relevanten Zielkriterien der Bereiche Verkehr, Raumplanung und Umwelt führen würde und daß "zwar sämtliche untersuchten Variantenbündel mit Nachteilen behaftet sind, die Bestandstrasse jedoch den geschützten Naturraum am besten schont und als technisch und wirtschaftlich vertretbar gilt". Eine naturschutzbehördliche Bewilligung für eine ennsnahe Trasse könne daher nach Ansicht der Naturschutzbehörde wegen Widerspruchs zum Steiermärkischen Naturschutzgesetz nicht erteilt werden.

Bei Erlassung der angefochtenen Verordnung sei dem gesetzlichen Gebot der Bedachtnahme auf die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens (§4 Abs1 iVm Abs3 und 5 BStG 1971) nicht erkennbar entsprochen worden. Die Mehrheit der abgegebenen Äußerungen habe sich gegen den Bau der verordneten ennsnahen Trasse und für den Ausbau der Bestandstrasse ausgesprochen. Fast alle betroffenen Grundeigentümer hätten sich zum Abschluß einer Ablösevereinbarung nicht bereit erklärt, sodaß Enteignungen erforderlich sein werden.

Die Erhöhung der Verkehrssicherheit könne nicht als Argument für den Bau der ennsnahen Trasse herangezogen werden, weil der "großzügig gestaltete Straßenraum mit äußerst gestreckter Linienführung und niveaufreien Kreuzungen" zu einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens und der Geschwindigkeiten und damit zu einer Erhöhung der Unfallschwere und -rate führen werde, während der Bestandsausbau eine Verminderung sowohl der Unfallschwere als auch des Unfallrisikos zur Folge hätte. Auch führe die verordnete Trasse durch eine extrem nebelbelastete Kaltluftzone. Durch die Bezirkshauptmannschaft Liezen verfügte Verkehrsbeschränkungen auf der bestehenden B 146 hätten bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Unfallbilanz geführt.

Aus der vom Amt der OÖ Landesregierung im Februar 1991 vorgestellten Transitverkehrsstudie 1989/90 gehe hervor, daß der Ausbau der A 9 Pyhrn Autobahn zu einer Verlagerung eines Großteiles des PKW-Transitverkehrs von der B 146 Ennstal Straße auf die A 9 und damit zu einer Verringerung des Gesamtverkehrsaufkommens auf der bestehenden Ennstal Straße führen werde. Sowohl aus der genannten Transitverkehrsstudie als auch aus den Erfahrungen des täglichen Lebens ergebe sich, daß Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsqualität, insbesondere der Bau neuer Straßen, das Verkehrsaufkommen erheblich erhöhen. Der Bau einer neuen und kreuzungsfreien Straße mit sehr gestreckter Linienführung für den Durchzugsverkehr begünstige - im Gegensatz zu einem Bestandsausbau - die Routenwahl für das Ennstal und vergrößere so das (Transit)Verkehrsaufkommen auf der B 146. Da das der angefochtenen Verordnung zugrundeliegende Gutachten Dr. S undifferenziert von einer jährlichen linearen Verkehrszuwachsrate von 0,5 % ausgehe, ohne auf den Ausbaugrad der Alternativrouten zur B 146 (insbesondere der A 9 Pyhrn Autobahn) sowie auf die von der Trassenbestimmung selbst ausgehende Beeinflussung des künftigen Transitvolumens Bedacht zu nehmen, könnten alle auf dieser undifferenzierten Prognose basierenden Berechnungen und Schlußfolgerungen (vor allem betreffend Einwirkungen auf Umwelt und Nachbarn, Verkehrsqualität, Verkehrssicherheit und Wirtschaftlichkeit) nicht als hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Festlegung des Trassenverlaufes dienen. Darüber hinaus habe der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten keine Untersuchungen angestellt, ob die im Jahr 1986 erstellten Prognosen Dr. S mit der tatsächlichen Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Verordnungserlassung (September 1990) übereingestimmt haben.

Die der angefochtenen Verordnung zugrundeliegende Umweltverträglichkeitserklärung vom 18. Oktober 1989 und damit der Verordnungsgeber gehe von der unrichtigen Einschätzung aus, daß "die positiven Auswirkungen der ennsnahen Trasse auf die Umwelt bei weitem größer sind als die verbleibenden negativen Auswirkungen", was der Einschätzung sowohl des Gutachters Dr. S als auch der Naturschutzbehörde widerspreche. Die Umweltverträglichkeitserklärung vom 18. Oktober 1989 sei als Entscheidungsgrundlage nicht hinreichend. Da ein Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz noch nicht erlassen worden sei, müsse eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der herrschenden Lehre, des Anhanges III der EG-Richtlinie vom 27. Juni 1985, des BVG Umweltschutz, BGBl. 491/1984, sowie der Regierungsvorlage zum UVP-Gesetz, 269 BlgNR 18. GP, auf fachlicher Grundlage alle Auswirkungen umfassend darlegen, die ein Vorhaben insbesondere auf Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Biotope, Ökosysteme, Landschaft und Kulturgüter haben wird und die wirtschaftlichen Vorteile gegen die möglichen ökologischen Nachteile des Projektes abwägen. Diesen Anforderungen werde die der angefochtenen Verordnung zugrundeliegende Umweltverträglichkeitsprüfung nicht gerecht. Insbesondere sehe der geotechnische Vorbericht vom 20. Juli 1989 noch keine Auswertung der Bodenprofilaufnahmen vor, sodaß eine Bodenkennwertermittlung nicht existiere. Auch die durch die verordnete Trasse verursachte Grundwassergefährdung, die Hochwassersituation und die Auswirkungen auf die (Trink)Wasserversorgung des Raumes Liezen sowie der gesamten Steiermark seien nicht ausreichend geprüft worden. Über die Empfehlung des Gutachters Dr. S, ein zusätzliches hydrogeologisches Gutachten einzuholen, habe sich die verordnungserlassende Behörde hinweggesetzt. Neben der qualitativen Gefährdung des Grundwassers bestehe die Gefahr, daß gespanntes Wasser austrete und verloren gehe; Probebohrungen hätten bereits zu einer quantitativen Beeinträchtigung geführt. Ein von den Antragstellern zu V37/92 vorgelegtes hydrogeologisches Gutachten bestätige die Mangelhaftigkeit der Entscheidungsgrundlagen der verordnungserlassenden Behörde.

Zu erwartende Beeinträchtigungen der Umwelt durch Abgase, Schwermetalle, Streusalze usw. seien im vorliegenden Fall grundsätzlich anders zu betrachten als bei einer Straßenführung in anderen Gebieten, da die verordnete Trasse durch besonders geschützte Gebiete iSd Steiermärkischen Naturschutzgesetzes führe und der gesamte Bereich des Ennstales als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen sei. Diese Besonderheiten würden in der der angefochtenen Verordnung zugrundeliegenden Umweltverträglichkeitsprüfung keine Berücksichtigung finden. Auch die Studie des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr "Transitverkehr durch Österreich" vom 11. Oktober 1989 gehe davon aus, daß "die Zunahme der Emissionsmengen an den Transitrouten ... insbesondere wegen der möglichen Bildung von schädlichen Folgeproduktionen (richtig wohl: Folgeprodukten) als äußerst kritisch gesehen werden" müsse.

Die verordnete Trasse werde weder dem Schutz der Nachbarn vor Lärm und Abgasen noch dem Schutz der benachbarten Landwirte vor wesentlichen Betriebsverkleinerungen und schweren Beeinträchtigungen, insbesondere im Falle einer biologischen Bewirtschaftung der angrenzenden Flächen gerecht. Da die verordnete Trasse die Wohnbevölkerung entlang der bestehenden B 146 nur unzureichend entlaste, sei die Schwere der bewirkten Umweltbeeinträchtigungen im Hinblick auf den geringen erzielbaren Vorteil einer graduellen Verbesserung der Verkehrssituation, die auch im Falle eines Bestandsausbaues erreicht werden könnte, unverhältnismäßig. Eine Teilung des Verkehrs auf zwei Trassen führe zu einer größeren räumlichen Verteilung der Immissionen, während im Falle eines Bestandsausbaues konzentrierte Schutzmaßnahmen möglich wären. Die durch die verordnete Trasse - im Gegensatz zu einem Bestandsausbau - bewirkten schweren Beeinträchtigungen durch Lärm und Abgase im Bereich der Gemeinde Aigen im Ennstal seien im Gutachten Dr. S völlig unberücksichtigt geblieben. Eine von den Antragstellern zu V37/92 vorgelegte Studie eines Landschaftsplaners bestätige, daß die "landschaftspflegerische Begleitplanung 1989" weder die Auflagen der naturschutzbehördlichen Bewilligung zu erfüllen noch die schwerwiegenden negativen Auswirkungen der verordneten Trasse auf Natur und Landschaftsbild auszugleichen vermöge. Die hiefür erforderlichen Grundflächen würden nicht zur Verfügung stehen und könnten rechtmäßig auch nicht Gegenstand einer Enteignung gemäß den §§17 ff BStG 1971 sein.

Dem Bau der mit der angefochtenen Verordnung festgelegten Straßentrasse stehen nach Ansicht der Antragsteller "naturschutzrechtliche Hindernisse" entgegen, weil die mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Februar 1988 erteilte Bewilligung gemäß §6 Abs7 Steiermärkisches Naturschutzgesetz sowie die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 13. Jänner 1992 verfügte Aufhebung der Unterschutzstellung dreier für den Straßenbau benötigter Grundstücke gemäß §68 Abs2 AVG iVm §18 Abs2 Steiermärkisches Naturschutzgesetz gesetzwidrig seien. Die Beeinträchigung naturschutzrechtlicher Ziele hätte bei der Festlegung des Straßenverlaufes aufgrund des allgemeinen Gebotes der wechselseitigen Rücksichtnahme, welches insbesondere bei Planungsverordnungen zum Tragen komme, im Rahmen der Bedachtnahme auf die Umweltverträglichkeit berücksichtigt werden müssen. Mit der Verordnung eines nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz nicht konsensfähigen Straßenverlaufes habe der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten sein Planungsermessen entgegen §4 Abs1 BStG 1971 überschritten. Da die Erklärung dreier für den Straßenbau benötigter Grundstücke zu "geschützten Landschaftsteilen" gemäß §11 Abs1 lita Steiermärkisches Naturschutzgesetz durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 8. Jänner 1987 darüber hinaus der verordnungserlassenden Behörde im Zeitpunkt der Entscheidungsfindung offenbar nicht bekannt war, seien die Entscheidungsgrundlagen auch in dieser Hinsicht mangelhaft geblieben.

Die - möglicherweise - geringeren Investitionskosten der ennsnahen Trasse könnten nicht als Argument für die Trassenwahl herangezogen werden, weil sich die von §4 Abs1 BStG 1971 geforderte Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht ausschließlich auf einen Vergleich der "reinen Bau-(Erhaltungs- und Betriebs-)kosten" der einzelnen Trassenvarianten beschränken dürfe, sondern auch diejenigen Kosten berücksichtigen müsse, die sich aus den ökologischen und sozialen Folgen der Errichtung, Erhaltung und des Betriebes der verordneten Trasse ergeben werden. Hiebei sei grundsätzlich davon auszugehen, daß eine ennsnahe Neutrassierung schwerere Auswirkungen auf Landschaftshaushalt und Landschaftsstruktur durch Neubelastungen der Umwelt bringe als ein Bestandsausbau.

Die in dem der angefochtenen Verordnung zugrundeliegenden Gutachten Dr. S enthaltenen Kostenübersichten bilden nach Ansicht der Antragsteller zu V37/92 keine ausreichende Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der verordneten Trasse. Ein relevanter Kostenvergleich der verordneten Trasse mit anderen Varianten sei nicht möglich, weil sie im Gegensatz zum begutachteten Planfall über die Anschlußstelle "Liezen-West" verfüge, deren Kosten im Gutachten nicht erfaßt seien. Dasselbe gelte für die auf Grund des Technischen Berichtes vom März 1992 erforderliche Neuplanung der "wasserdichten Wanne Stainach", für den ebenfalls neu geplanten Lärmschutzdamm bei Aigen-Sallaberg und "besondere finanzielle Zuwendungen" sowie die "Einlösung nicht benötigter Grundflächen" im Rahmen der durchgeführten Enteignungsverfahren. Die Kostenübersichten des Gutachtens würden keinen Aufschluß darüber geben, ob die geschätzten Kosten der Kunstbauten bereits die 20 %ige Umsatzsteuer beinhalten oder nicht. Die geschätzten Kosten für Tunnels (Stainach) erscheinen "unverständlich hoch". Die Bauwerke seien nicht im einzelnen angeführt und ihre Ausführung nicht beschrieben. Die Kosten der - auch bei Errichtung der ennsnahen Trasse erforderlichen - Sanierung der bestehenden B 146 seien nicht berücksichtigt. Auch unter dem Aspekt der gerade in den vergangenen Jahren überproportional gestiegenen Liegenschaftspreise und des besonders hohen Flächenbedarfes der ennsnahen Trasse seien die Kostenschätzungen aus dem Jahr 1986 keine taugliche Entscheidungsgrundlage zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Verordnung im September 1990. Insgesamt fehle ein für den Zeitpunkt der Verordnungserlassung erstellter Kostenrahmen sowie eine aktuelle Kosten-Nutzen-Analyse. Im übrigen bestätige die Kostenwirksamkeits- und Nutzwertanalyse des Gutachters Dr. S die Vorteile eines Bestandsausbaues.

Die Antragsteller zu V37/92 sind weiters der Ansicht, die angefochtene Verordnung entbehre zur Gänze der gesetzlichen Grundlage. §4 Abs1 BStG 1971 ermächtige den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Bestimmung des Straßenverlaufes durch Verordnung nur im Rahmen der einen Bestandteil des BStG 1971 bildenden Verzeichnisse. Außerhalb dieser Verzeichnisse bedürfe der Bau weiterer Bundesstraßen eines besonderen Bundesgesetzes iSd §1 Abs2 BStG 1971. Die B 146 Ennstal Straße scheine im Verzeichnis der Bundesstraßen B idF BGBl. 165/1986 mit der Beschreibung "Radstadt (B 99) - Schladming - Trautenfels - Liezen - Admont - Hieflau (B 115)" auf. Da die Trasse der B 146 im Bereich zwischen Trautenfels und Liezen schon vor langer Zeit hergestellt und dem Verkehr übergeben worden sei und die angefochtene Verordnung ausdrücklich den Straßenverlauf einer "neu herzustellenden Straßentrasse" und nicht bloß die Umlegung von Teilen einer bestehenden Bundesstraße vorsehe, sei sie von der Verordnungsermächtigung des §4 Abs1 BStG 1971 nicht gedeckt. §4 Abs1 BStG 1971 erlaube nicht die Bestimmung mehrerer Straßenverläufe, die bestehende und die durch die angefochtene Verordnung trassierte neue B 146 würden aber auf einer Strecke von etwa 15 km parallel geführt. Eine derartige wesentliche Erweiterung des Straßennetzes sei iSd §1 Abs2 BStG 1971 dem Gesetzgeber vorbehalten. Sollte die Beschreibung der B 146 im Verzeichnis B des BStG 1971 die angefochtene Verordnung aber decken, so würde diese Beschreibung selbst gegen Art18 Abs2 B-VG verstoßen, weil sie die Bundesstraßenbehörde auch unter Bedachtnahme auf die Planungskriterien des §4 Abs1 BStG 1971 bei der Trassenwahl nicht ausreichend determiniere.

Nach Meinung der Antragsteller zu V37/92 ist die angefochtene Verordnung auch "zufolge geänderter Umstände" gesetzwidrig. Seit Erstellung der Planungsgrundlagen im Jahre 1986, insbesondere aber seit Erlassung der angefochtenen Verordnung im Jahre 1990 habe sich die Unfallstatistik auf dem betroffenen Teilstück der B 146 wesentlich verbessert, das Verkehrsaufkommen sei auf Grund der Verlagerung des Transitverkehrs auf die A 9 und die A 1 sowie auf Grund der geänderten Verhältnisse in Jugoslawien stark zurückgegangen. Die Planung sei daher "überholt". Da gerade bei Planungsverordnungen eine Anpassung an geänderte Umstände vor Realisierung des verordneten Vorhabens geboten sei, belaste dies die angefochtene Verordnung mit Gesetzwidrigkeit.

Die Antragsteller zu V37/92 halten darüber hinaus §4 Abs1 BStG 1971 wegen Widerspruchs zu Art18 Abs2 B-VG für verfassungswidrig, weil das Planungskriterium "Bedachtnahme auf die Umweltverträglichkeit" nicht ausreichend bestimmt sei. Weder finde sich in der österreichischen Rechtsordnung derzeit eine verbindliche Umschreibung des Begriffes "Umweltverträglichkeit" noch könne der Inhalt dieses Begriffes aus der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zweifelsfrei ermittelt werden. Da ein Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz bisher nicht erlassen worden sei, sei die Beurteilung der Umweltverträglichkeit iSd §4 Abs1 BStG 1971 lediglich im Erlaßwege durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten näher geregelt worden. §4 Abs1 BStG 1971 widerspreche Art18 Abs2 B-VG auch deshalb, weil er auf die "Verwirklichung einander kontradiktorisch gegenüberstehender Planungsziele" abstelle. Die gesetzliche Forderung der "Bedachtnahme" auf diese Ziele inkludiere nicht ausreichend deutlich die Forderung, daß die zu verordnende Trasse allen Planungszielen in einem bestimmten Maß gerecht werden muß. Ist dies aber - wie im Fall der angefochtenen Verordnung - in angemessener Weise nicht möglich, gelange der Verordnungsgeber in einen unlösbaren Zielkonflikt. Er stehe dann vor der Wahl zwischen vollkommen unterschiedlichen Planungskonzepten, die den Kriterien des §4 Abs1 BStG 1971 in keinem Fall ausreichend genügen würden, und müsse eine Entscheidung "nach freiem Ermessen" treffen, die auf die Preisgabe eines oder mehrerer Planungsziele hinauslaufe und in einem Rechtsstaat dem Gesetzgeber vorbehalten werden müsse.

3. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten beantragt in seinen Äußerungen, den vorliegenden Individualanträgen keine Folge zu geben.

Im Rahmen des gemäß §4 BStG 1971 durchgeführten Anhörungsverfahrens hätten sich alle derzeit vom Verkehr auf der bestehenden B 146 einschließlich all seiner Auswirkungen stark betroffenen und belasteten Gemeinden (Stainach, Wörschach, Weißenbach bei Liezen und Liezen) sowie das Land Steiermark für die verordnete Trasse ausgesprochen, während die nichtbetroffenen Gemeinden Aigen im Ennstal und Lassing sich gegen diese Trasse ausgesprochen hätten. Zu allen im Anhörungsverfahren eingebrachten Äußerungen habe die Bundesstraßenverwaltung ausführlich Stellung genommen und im Vorlagebericht an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten festgehalten, daß die ablehnenden Äußerungen zu einem nicht unerheblichen Teil nicht von Bewohnern der betroffenen Gemeinden stammten, weshalb sie kein echtes Bild der "Betroffenheit" vermitteln könnten. Auch hätten sich im Anhörungsverfahren die Befürworter der Trasse kaum artikuliert. Organisierten Widerstand gebe es sowohl gegen eine bestandsnahe als auch gegen eine ennsnahe Trasse, aber auch gegen die Verzögerungen des Baues der verordneten Trasse. Dem gesetzlichen Gebot der Bedachtnahme auf die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens sei bei Erlassung der angefochtenen Verordnung entsprochen worden.

Die verordnete Trasse stelle ein "äußerst wichtiges, überregional bedeutendes und volkswirtschaftlich wesentliches Anliegen" für alle Verkehrsteilnehmer, für die Bewohner der betroffenen Region, vor allem aber für die Bevölkerung der vom derzeit unzulänglichen Zustand betroffenen Gemeinden dar. Die extreme Verkehrsbelastung, insbesondere die enorme Verkehrsdichte erfordere die rasche Entlastung der bestehenden Bundesstraße mit ihren unzureichenden Anlageverhältnissen (Ortsdurchfahrten, im Freiland kurvenreich, geringe Überholsichtweiten usw.) vom Transitverkehr und vom überregionalen Verkehr. Vor allem die Belastung der Bevölkerung entlang der bestehenden B 146 sowie der "hohe Blutzoll" auf dieser Strecke ließen eine Verlagerung des Verkehrs auf die verordnete ennsnahe Trasse geboten erscheinen.

Die im Zuge des Planungsprozesses von Dipl.-Ing. Dr. S erstellte Nutzen-Kosten-Untersuchung mit einer Auswirkungsanalyse, einer Kostenwirksamkeitsanalyse und einer Nutzwertanalyse für sämtliche geprüften Trassenvarianten sei in den vorliegenden Individualanträgen nur bruchstückhaft wiedergegeben, was ein falsches Bild von der umfassenden Beurteilung der untersuchten Trassenvarianten vermitteln könne. Die Ergebnisse dieser Untersuchung würden insgesamt zeigen, daß die ennsnahe Trassenführung als "kompensatorisch effiziente Maßnahme im Spannungsfeld einander konkurrierender Komponenten - Wohnqualität zu Naturraum - der bereits vorbelasteten Ökologie im Planungsgebiet" liege, wobei diese Vorbelastung im wesentlichen durch die vor ca. 30 Jahren durchgeführte Ennsregulierung gegeben sei. Im Zuge des Straßenausbaues werde eine "Auslotung ökologischer Vorrangflächen" durch entsprechende landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen bewirkt werden. Da die genannte Untersuchung davon ausgehe, daß entweder der Entlastung der Wohnbevölkerung oder der Schonung von Natur und Landschaft der Vorzug zu geben sei, habe sich die verordnungserlassende Behörde für die Entlastung der bestehenden Siedlungsgebiete unter Berücksichtigung der geringen bauzeitlichen Schwierigkeiten sowie des einzigen positiven Nutzen-Kosten-Verhältnisses aller gegenübergestellten Planfälle durch die ennsnahe Trasse entschieden. Auch die Kriterien Verkehrssicherheit, Trennwirkung und Lärm würden eindeutig für die verordnete Trasse sprechen. Eine Trasse, für deren Bau keine zusätzlichen Landschaftsteile beansprucht werden müßten, durch die aber die Wohnbevölkerung im erforderlichen Umfang entlastet würde, sei nicht zu finden gewesen.

Auf Grund der hohen funktionellen Bedeutung der B 146 zwischen Radstadt und Liezen werde auch nach Fertigstellung der A 9 Pyhrn Autobahn kaum eine Entlastung eintreten, weil der zur A 9 verlagerbare - relativ geringe - (Transit)Verkehrsanteil voraussichtlich durch den bis dahin eintretenden Verkehrszuwachs wieder ausgeglichen sein werde. Die der angefochtenen Verordnung zugrundeliegenden, in den Jahren 1986 bis 1990 in Stainach durchgeführten automatischen Straßenverkehrszählungen hätten eine durchschnittliche jährliche Steigerung des Verkehrsaufkommens auf der bestehenden B 146 von 4,2 % ergeben. Da Bundesstraßen ex definitione ("wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr") als überörtliche Verkehrsverbindungen dienen, könne eine zu erwartende Belastung infolge der Inanspruchnahme der verordneten Trasse durch den Transitverkehr nicht deren Gesetzwidrigkeit belegen. Daß die Ennstal Straße bereits seit Jahrzehnten als sogenannte "Transitachse" benutzt werde, zeige, daß eine mindere Verkehrsqualität, insbesondere ein schlechter Ausbaustandard, nicht geeignet sei, Verkehr einzudämmen. Eine Verbesserung des Ausbaustandards führe ausschließlich dann zu einer Erhöhung der Verkehrsbelastung, wenn es Straßen gibt, von denen der Verkehr "abgesaugt" werden könne. Da dies bei der Ennstal Straße nicht der Fall sei, bewirke die verordnete Trasse - jedenfalls im Vergleich zu einem Bestandsausbau - kein zusätzliches Verkehrsaufkommen.

Die Nutzen-Kosten-Untersuchung Dipl.-Ing. Dr. S stelle nur eine der vielen Entscheidungsgrundlagen für die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 146 durch die angefochtene Verordnung dar. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten habe seiner Entscheidung darüber hinaus den Entwurf zum Verordnungsplan, das Detailprojekt 1988, den Anhang Umwelt zum Detailprojekt 1988, die wasserwirtschaftliche Untersuchung, ein bodenmechanisches Gutachten, Aufschlußbohrungen, einen geotechnischen Vorbericht, die Umweltverträglichkeitserklärung sowie das Projekt über die landschaftspflegerische Begleitplanung 1989 zugrundegelegt.

Da das Landschaftsschutzgebiet "Mittleres Ennstal" den gesamten Talraum erfasse, seien alle untersuchten Trassenvarianten nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz bewilligungspflichtig, sodaß das Vorliegen der naturschutzrechtlichen Bewilligung eine wesentliche Komponente für die verordnete Trasse darstellte. Die in den Individualanträgen angesprochene Stellungnahme der Naturschutzbehörde vom 29. September 1987 sei als überholt anzusehen, weil mit Bescheid vom 18. Februar 1988 auf Grund einer positiven Stellungnahme des Steiermärkischen Naturschutzbeirates vom 23. September 1987 gemäß §6 Abs3 lita und b, Abs4 lita und Abs7 Steiermärkisches Naturschutzgesetz die naturschutzrechtliche Bewilligung für den Bau der verordneten Trasse rechtskräftig erteilt worden sei. Daß die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung nicht unmittelbar an landesgesetzlichen Bestimmungen, insbesondere am Steiermärkischen Naturschutzgesetz zu messen ist, werde von den Antragstellern ausdrücklich zugestanden. Das Vorliegen eines rechtskräftigen Bescheides der Naturschutzbehörde erlaube dem Verordnungsgeber nicht, dessen ungeachtet selbst zu prüfen, ob das beabsichtigte Projekt mit dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz vereinbar ist. Die Behauptung der Antragsteller zu V37/92, die angefochtene Verordnung bestimme einen nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz nicht konsensfähigen Straßenverlauf, treffe daher nicht zu. In der Detailplanung seien alle Auflagen des naturschutzrechtlichen Bescheides berücksichtigt und zur Schonung des Natur-, Landschafts- und Erholungsraumes ein Projekt über die landschaftspflegerische Begleitplanung erstellt worden.

Die Nutzen-Kosten-Untersuchung Dipl.-Ing. Dr. S entspreche den Anforderungen des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 5.10.1991, V203/90) an eine Umweltverträglichkeitsprüfung iSd §4 Abs1 BStG 1971; sie habe insbesondere die Kriterien Verkehr, Raum, Umwelt und Aufwand (Betreiber- und Benützeraufwand, Kosten-Nutzen-Analyse) ausführlich erhoben und für die einzelnen Varianten einander gegenübergestellt. Die der angefochtenen Verordnung zugrundeliegende Umweltverträglichkeitserklärung umfasse eine Beschreibung des Bauvorhabens (mit Begründung der Notwendigkeit und der Trassenentscheidung), der derzeitigen Umweltsituation (Bestandsaufnahme) im Bereich der Neutrassierung und im Bereich der bestehenden Bundesstraße und schließlich die positiven und negativen Auswirkungen der beabsichtigten Trassenführung auf diese Umweltsituation einschließlich jener Maßnahmen, mit welchen die negativen Auswirkungen minimiert werden sollen. Der Verordnungsgeber habe daher bei Prüfung der Umweltverträglichkeit eine klare Einschätzung der Sachlage vornehmen können und dies auch getan. Widersprüche zwischen den einzelnen Gutachten und der Umweltverträglichkeitserklärung würden nicht bestehen. Die Lärmbeeinträchtigung einzelner Ortsteile der Gemeinde Aigen im Ennstal durch die projektierte Trasse werde durch im Detailprojekt 1988 vorgesehene Lärmschutzdämme herabgesetzt. Die unvermeidbaren Emissionskonzentrationen in den Portal- und Entlüftungsbereichen des von den Antragstellern befürworteten Tunnels Stainach würden die dort wohnende Bevölkerung einer besonderen Belastung durch Abgasemissionen aussetzen. Da in diesen Bereichen mit erheblichen Widerständen der betroffenen Bevölkerung gegen den Tunnelbau gerechnet werden müsse, könne dieser auch nicht zu einer raschen Entlastung der derzeit belasteten Wohnbevölkerung führen. Auf die Interessen der Landwirtschaft sei ausreichend Bedacht genommen worden. Ersatzgrundstücke für enteignete Flächen stünden in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung; an die verordnete Trasse angrenzende Grundstücke würden durch einen zu errichtenden Pflanzenschutzgürtel weitgehend gegen Emissionen abgeschirmt werden, bisher durch den Verkehr auf der bestehenden B 146 stark belastete Flächen würden spürbar entlastet werden.

Zur Ermittlung allfälliger Gefährdungen des Grundwassers durch den projektierten Straßenbau seien im Jahre 1982, 1985 und 1989 Bohrungen und Sondierungen durchgeführt sowie geotechnische Gutachten und Berichte der Bodenprüfstelle des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung eingeholt worden; die Untersuchungsergebnisse seien im geotechnischen Vorbericht sowie im geotechnischen Längenschnitt des Detailprojektes dargestellt. Dem Verordnungsgeber wären daher ausreichende Entscheidungsgrundlagen hinsichtlich der hydrogeologischen Verhältnisse sowie der geotechnischen Beurteilung der Untergrundverhältnisse (Boden und Grundwasser) zur Verfügung gestanden. Die durchgeführten Untersuchungen hätten gezeigt, daß Grundwasserschutz- und -schongebiete durch die verordnete Trasse nicht berührt würden. Es seien Pumpversuche zur Ermittlung der Grundwasserströmungsrichtung (hydrogeologisches Gutachten "Wasserdichte Wanne Stainach") und zur Erfassung der Grundwasserspiegelschwankungen (bodenmechanisches Gutachten "Wörschacher Moos") durchgeführt worden. Die zur Grundwasserbeobachtung errichteten Pegel würden periodisch beprobt und laufend gemessen. Für Dammschüttungen, die in das oberste Grundwasserstockwerk eingebracht werden, seien Vorkehrungen getroffen, die eine qualitative Beeinträchtigung ausschließen würden. Das Austreten einer gespannten Wasserführung sei nicht die Folge von Bohrungen der Bundesstraßenverwaltung, sondern von Bohrungen der Ennskraftwerke AG im Jahre 1950 gewesen. Eine quantitative Beeinträchtigung des Grundwassers, insbesondere eine Beeinträchtigung der gespannten Grundwasserhorizonte durch Aufschlußbohrungen der Bundesstraßenverwaltung sei nicht erfolgt. Im übrigen sei weder das Vorliegen rechtskräfiger wasserrechtlicher Genehmigungen für die im Zuge des Straßenbaues erforderlichen Maßnahmen noch die Durchführung von Erhebungen in der Art, wie sie im wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren üblich sind, Voraussetzung für die Gesetzmäßigkeit der Festlegung des Trassenverlaufes einer Bundesstraße gemäß §4 Abs1 BStG 1971.

Auch für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der verordneten Trasse iSd §4 Abs1 BStG 1971 seien dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ausreichende Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung gestanden. Aus den Kostenübersichten zum generellen Projekt gehe entgegen dem Vorbringen der Antragsteller deutlich hervor, daß in den geschätzten Kosten für Kunstbauten auch die Mehrwertsteuer enthalten sei. Die Höhe der geschätzten Kosten für den Tunnel Stainach (175 Millionen pro km exklusive Mehrwertsteuer) sei die Folge der nach Angabe der Bodenprüfstelle des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung besonders schwierigen geologischen Verhältnisse in dem für den Tunnelbau vorgesehenen Gelände. Auch der von den Antragstellern befürwortete Bestandsausbau würde zahlreiche Grundeinlösen erfordern, wobei es sich überwiegend um Baugrundstücke und nicht, wie im Fall der ennsnahen Trasse, um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (Wertrelation 1 : 7) handeln würde. Das Argument einer Kostenerhöhung infolge steigender Liegenschaftspreise treffe auf beide Trassenvarianten gleichermaßen zu. Die durchgeführten Berechnungen stellten auch für den Zeitpunkt der Verordnungserlassung eine ausreichende Entscheidungsgrundlage dar, weil sowohl für die ennsnahe Trasse als auch für die bestandsnahe Trasse eine Fortschreibung der durchgeführten Kostenschätzungen möglich sei; eine Veränderung eines Kostenfaktors, der ausschließlich für eine der beiden Trassenvarianten in Betracht kommt, sodaß sich die Relation der jeweiligen Gesamtkosten umkehren würde, habe nicht stattgefunden.

Da die Anlageverhältnisse der verordneten Trasse (niveaufreie Anschlußstellen verbunden mit einem Verbot zusätzlicher Weganschlüsse bzw. Grundstückszufahrten) die Anzahl der Konfliktpunkte gegenüber der bestehenden Bundesstraße wesentlich reduzierten, werde die Unfallrate auf etwa die Hälfte zurückgehen. Aus der Tatsache, daß auf gut ausgebauten Straßen die Unfallschwere im Einzelfall steigen kann, lasse sich nicht ableiten, daß durch einen Straßenausbau mit gestreckter Linienführung und niveaufreien Kreuzungen die Verkehrssicherheit nicht gehoben würde, weil das statistische Unfallrisiko in jedem Fall sinke. Auch sei die Unfallschwere nicht ausschließlich eine Funktion der Linienführung einer Straße. Die Verhängung von Geschwindigkeitsbeschränkungen als effektive Maßnahmen zur Verringerung der Unfallschwere sei auf beiden Trassenvarianten gleichermaßen möglich. Die Bestandstrasse würde eine Fülle von Unterflurabschnitten aufweisen, die bei Unfallereignissen nur schwer zugänglich wären und zu großen Problemen bei der Unfallbergung und Verkehrsumleitung führen würden. Die Erfahrungen im Grazer Becken und im Leibnitzerfeld, in denen wesentlich ungünstigere Verhältnisse hinsichtlich der Nebelbildung herrschten als im Bereich der verordneten Trasse, würden zeigen, daß die Nebelbildung auch auf Straßen mit gestreckter Linienführung zu keinen nennenswert höheren Unfallraten führt. Darüber hinaus könne die Nebelbildung durch begleitende Bepflanzung gemindert werden.

Die den Bedenken der Antragsteller hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung "zufolge geänderter Umstände" zugrundeliegenden Behauptungen seien unrichtig, weil Verkehrszählungen in den Jahren 1986 bis 1990 in Stainach eine durchschnittliche jährliche Steigerung des Verkehrsaufkommens von 4,2 % aufgezeigt hätten und der im Jahr 1991 infolge der Jugoslawien-Krise verzeichnete Verkehrsrückgang von 6,1 % lediglich temporärer Natur sei. Aus den positiven Auswirkungen der von der Bezirkshauptmannschaft Liezen auf der bestehenden B 146 verfügten Verkehrsbeschränkungen auf die Unfallbilanz könne keine so gravierende Änderung der Umstände abgeleitet werden, daß der Straßenneubau entbehrlich wäre.

Die angefochtene Verordnung entbehre entgegen den Behauptungen der Antragsteller auch nicht der gesetzlichen Grundlage. Die mit der Erklärung eines Straßenzuges zur Bundesstraße verbundene Beschreibung der Strecke in den einen Teil des BStG 1971 bildenden Verzeichnissen bestehe ausschließlich in einer Anführung von Orten oder Ortsteilen bzw. markanten Punkten des Straßenzuges, nicht jedoch in einer detaillierten Wiedergabe seines Verlaufes. Die konkrete Bestimmung des Straßenverlaufes sei vielmehr nach §4 Abs1 BStG 1971 dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vorbehalten. Die Einräumung eines derartigen planerischen Gestaltungsspielraumes durch den Gesetzgeber an die Verwaltung sei verfassungsrechtlich zulässig. Der durch die Individualanträge vermittelte Eindruck, es würde zu einer doppelten Belastung der Bevölkerung durch zwei Bundesstraßen kommen, sei falsch, weil die "alte Bundesstraße" entsprechend den Bedürfnissen des Landes Steiermark als Landesstraße übernommen bzw. rekultiviert werde oder eine letztmalige Instandsetzung in Form eines Rückbaues der Straße durchgeführt werde.

Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des §4 Abs1 BStG 1971 verweist der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1991, V203/90.

4. In einer ergänzenden Äußerung vom 6. Juli 1992 führen die Antragsteller zu V37/92 ihre Bedenken zur Grundwassergefährdung und Umweltverträglichkeit (unter Vorlage eines hydrogeologischen Gutachtens sowie eines Gutachtens zur "landschaftspflegerischen Begleitplanung 1989") und zu den Investitionskosten sowie zur Wirtschaftlichkeit in bezug auf die geplante Trasse aus. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist diesen Ausführungen mit Stellungnahme vom 27. August 1992 entgegengetreten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Da die Antragsteller Eigentümer von Grundstücken sind, die teils von der durch die bekämpfte Verordnung festgelegten neuen Straßentrasse der B 146 Ennstal Straße durchquert werden, teils in dem durch diese Verordnung festgelegten Bundesstraßenbaugebiet (§15 BStG 1971) liegen, sind ihre Anträge im Sinne der mit VfSlg. 9823/1983 beginnenden ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Anfechtung von Trassenverordnungen nach dem BStG 1971 (VfSlg. 12084/1989, 12149/1989; VfGH 5.10.1991, V203/90; 13.12.1991, V159/90) zulässig.

2. Die rechtlichen Bedenken der Antragsteller treffen aber in der Sache nicht zu.

a. §4 Abs1 BStG 1971 idF der hier maßgeblichen Novelle BGBl. 63/1983 ordnet an, daß der Straßenverlauf nach den Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges durch Verordnung zu bestimmen ist. Dabei ist auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens, den Denkmalschutz, die Umweltverträglichkeit, die Ergebnisse der Anhörung (gemäß den Abs3 und 5 des §4 BStG 1971) sowie auf die Bestimmungen der §§7 und 7 a BStG 1971 Bedacht zu nehmen. Durch die Verweisung auf die §§7 und 7 a BStG 1971 wird zum Ausdruck gebracht, daß der Straßenverlauf eine sichere Benützbarkeit der Straßen gewährleisten muß und daß vorzusorgen ist, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den künftigen Verkehr so weit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand ermöglicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Bundesstraße benachbarten Geländes zumutbar ist.

Für die konkrete Festlegung einer Trasse durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist somit von der gesetzlichen Erklärung des Straßenzuges zur Bundesstraße im Verein mit der damit verbundenen Beschreibung der Strecke in den einen Teil des Gesetzes bildenden Verzeichnissen sowie von den Verkehrserfordernissen und der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges auszugehen. Als weitere Entscheidungsfaktoren sind die "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens", der "Denkmalschutz", die "Umweltverträglichkeit", die "Verkehrssicherheit" und der "Nachbarschutz" zu berücksichtigen. Mit Rücksicht auf die bei jeder Straßentrasse jeweils unterschiedliche Sachlage hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, eine Rang- oder Reihenfolge dieser Entscheidungsgesichtspunkte allgemein im voraus zu bestimmen. Wie der Verfassungsgerichtshof jedoch in seinem Erkenntnis vom 5. Oktober 1991, V203/90, (unter Verweis auf seine Vorjudikatur, vgl. insbesondere VfSlg. 9823/1983) ausgesprochen und in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, V159/90, wiederholt hat, ist es auf Grund des §4 Abs1 BStG 1971 Aufgabe der planenden Verwaltungsbehörde, "anhand der angeführten gesetzlichen Abwägungskriterien für einen bestimmten Straßenverlauf eine wohlabgewogene Entscheidung nach Maßgabe des konkreten, festgestellten Sachverhaltes zu treffen, die auch auf einer Auseinandersetzung mit den im Zuge der Anhörung vorgetragenen Argumenten beruht".

b. Der Verfassungsgerichtshof teilt, wie bereits seiner bisherigen Judikatur zu §4 Abs1 BStG 1971 (vgl. VfSlg. 10356/1985 und VfGH 5.10.1991, V203/90; jeweils mit weiteren Hinweisen auf die Vorjudikatur) zu entnehmen ist, die verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragsteller zu V37/92 gegen §4 Abs1 BStG 1971 nicht. Sowohl der Vorwurf der nicht ausreichenden Bestimmtheit des Planungskriteriums der "Umweltverträglichkeit" als auch der vermeintliche Verstoß gegen das Legalitätsprinzip gemäß Art18 Abs2 B-VG dadurch, daß "§4 Abs1 BStG 1971 auf die Verwirklichung einander kontradiktorisch gegenüberstehender Planungsziele abstellt", berücksichtigen den Gesamtzusammenhang der unter Punkt a. dargestellten Rechtslage nicht hinreichend. Die Antragsteller übersehen, daß von Verfassungs wegen nicht nur nichts dagegen einzuwenden ist, daß §4 Abs1 BStG 1971 dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten bei der Festlegung der Trasse einer Bundesstraße einen planerischen Gestaltungsspielraum einräumt (so schon VfSlg. 9823/1983, S. 234, sowie VfGH 5.10.1991, V203/90), sondern daß darüber hinaus der Gesetzgeber ausgehend von den maßgeblichen Planungsdeterminanten der "Erfordernisse des Verkehrs" und der "funktionellen Bedeutung des Straßenzuges" die - bloße - "Bedachtnahme" auf weitere Entscheidungsfaktoren, wie insbesondere auch auf die "Umweltverträglichkeit", verlangt. Damit wird vom Gesetzgeber aber nicht mehr - und nicht weniger - gefordert, als daß der Verordnungsgeber vor der Festlegung einer Straßentrasse die daraus zu erwartenden Auswirkungen auf die Umwelt zu erheben und - bei mehreren alternativen Trassenvarianten - gegenüber anderen Entscheidungsfaktoren wie etwa der "Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs" (§7 Abs1 BStG 1971) und der "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" abzuwägen hat.

Gerade für das Planungsrecht ist ganz allgemein kennzeichnend, daß die einzelnen Abwägungskriterien, die auf Grund gehöriger Sacherhebungen von der Verwaltung in ihr planerisches Kalkül miteinzubeziehen sind, zu einander widersprechenden Ergebnissen führen können. "Umweltverträglichkeit" begründet sohin ebenso wie "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" iSd §4 Abs1 BStG 1971 nicht eine schlechthin feststehende tatbestandliche Voraussetzung für die Festlegung einer bestimmten Straßentrasse, so zwar, daß zu erwartende Umweltbeeinträchtigungen eines bestimmten Umfanges oder zu errechnende Investitionskosten für die Straße ab einer bestimmten Höhe die Trassenfestlegung rechtswidrig machen würden. Wie bereits aus der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 12084/1989 sowie insbesondere VfGH 13.12.1991, V159/90) entnommen werden kann, ist eine Trassenfestlegung durch den Bundesminister mangels Bedachtnahme auf die "Umweltverträglichkeit" oder die "Wirtschaftlichkeit" iSd §4 Abs1 BStG 1971 nur dann gesetzwidrig, wenn im Zuge des Planungsverfahrens diese Faktoren nicht hinreichend erhoben und/oder gegeneinander sowie gegenüber den sonstigen gesetzlichen Entscheidungskriterien abgewogen wurden.

c. Die Antragsteller zu V37/92 verkennen auch die Rechtslage, wenn sie die angefochtene Trassenverordnung deshalb für gesetzwidrig halten, weil dadurch neben der bestehenden Trasse der B 146 im Bereich zwischen Trautenfels und Liezen eine weitere, neu herzustellende Trasse festgelegt worden sei, sodaß "eine wesentliche Erweiterung des Straßennetzes" vorliege, die einer entsprechenden Erklärung des Bundesgesetzgebers bedürfe.

Wie der Verordnungsakt und die Stellungnahme des Bundesministers zeigen, wird nach Errichtung der neuen Straße die bisherige Bundesstraße aufgelassen (und im wesentlichen als Landesstraße übernommen) werden, sodaß die B 146 Ennstal Straße zwischen Stainach und Liezen keineswegs doppelt geführt werden wird, geschweige denn verordnet wurde. Daß jedoch der Bundesminister gestützt auf die Ermächtigung des §4 Abs1 BStG 1971 innerhalb der gesetzlich festgelegten Fixpunkte einer bestimmten Bundesstraße eine neue Trasse verordnen darf, ergibt sich nicht nur aus seiner gesetzlich begründeten planerischen Gestaltungsfreiheit, sondern auch daraus, daß eine Neutrassierung mit Rücksicht auf die gesetzlichen Planungsdeterminanten des §4 Abs1 BStG 1971 (, wie insbesondere die "Erfordernisse des Verkehrs" und die "funktionelle Bedeutung des Straßenzuges",) bei entsprechend geänderten tatsächlichen Verhältnissen rechtlich nachgerade geboten sein kann.

d. Unbestritten ist, daß die außerordentliche Belastung der Bevölkerung entlang der bestehenden B 146 Ennstal Straße zwischen Stainach und Liezen straßenbauliche Entlastungsmaßnahmen erforderlich macht. Die Antragsteller anerkennen auch, daß die Verkehrssicherheit auf der sogenannten "Gastarbeiterroute" - unter dem Aspekt der Unfallschwere - im Bereich zwischen Stainach und Liezen unzureichend ist, sodaß die Notwendigkeit einer Sanierung seit Jahrzehnten allseits bejaht wird. Aus einer Mehrzahl in die Planung miteinbezogener Trassenvarianten und -kombinationen hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten schließlich mit der angefochtenen Verordnung die sogenannte "Ennsnahe Trasse" festgelegt. Die Antragsteller sind demgegenüber der Auffassung, daß eine dem Gesetz entsprechende Erhebung der sachlichen Voraussetzungen und deren Würdigung durch die Behörde lediglich die Festlegung der sogenannten "Bestandsnahen Trasse" oder den sogenannten "Bestandsausbau" rechtfertigten. Sie verkennen damit die gesetzlich eingeräumte planerische Gestaltungsfreiheit des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (siehe oben Punkt a.) bei der Festlegung einer konkreten Trasse nach §4 Abs1 BStG 1971. Diese schließt von vornherein aus, daß der Verfassungsgerichtshof, dem lediglich die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit einer angefochtenen Verordnung gemäß Art139 Abs1 B-VG aufgetragen ist, die angefochtene Trassenverordnung mit Rücksicht darauf aufhebt, daß nur eine bestimmte andere Trassenfestlegung dem Gesetz entspräche.

Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich - anders als die Antragsteller offenbar meinen - nicht zu prüfen, ob und inwieweit eine "Bestandsnahe Trasse" besser als die vom Bundesminister verordnete Trasse den dargestellten gesetzlichen Kriterien entspricht. Er ist vielmehr - an Hand der von den Antragstellern vorgetragenen Bedenken - ausschließlich darauf beschränkt, zu prüfen, ob bei Erlassung der angefochtenen Verordnung das Verfahren nach den Abs3 und 5 des §4 BStG 1971 eingehalten sowie die oben unter Punkt a. dargestellten inhaltlichen Determinanten für die Festlegung einer Trasse gemäß §4 Abs1 in Verbindung mit den §§7 und 7 a BStG 1971 berücksichtigt wurden.

e. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß das Anhörungsverfahren gemäß den Abs3 und 5 des §4 BStG 1971 gehörig stattfand. Dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist von Rechts wegen nicht entgegenzutreten, wenn er in Auseinandersetzung mit den im Anhörungsverfahren abgegebenen Äußerungen und Stellungnahmen den Auffassungen der von der derzeit bestehenden Trasse besonders betroffenen Gemeinden sowie der Stellungnahme des Landes Steiermark, die sich entschieden für die Festlegung der ennsnahen Trasse aussprachen, größere Bedeutung beimaß als der relativ großen Zahl gegenteiliger Äußerungen, die ganz überwiegend von Personen stammen, die von den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen auf der B 146 Ennstal Straße nicht unmittelbar betroffen sind.

f. Was die inhaltlichen Determinanten der Trassenfestlegung gemäß §4 Abs1 in Verbindung mit den §§7 und 7 a BStG 1971 anlangt, sind sowohl angesichts der vorliegenden Verkehrszählungsergebnisse als auch wegen der Unfallbilanz auf dem fraglichen Straßenstück entsprechend den "Erfordernissen des Verkehrs und darüber hinaus der funktionellen Bedeutung des Straßenzuges" sowie unter Bedachtnahme "auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs" straßenbauliche Maßnahmen gerechtfertigt, wie sie die angefochtene Verordnung mit der Neutrassierung der B 146 Ennstal Straße vorsieht. Im Verordnungsakt (4. Einlageblatt zu Zahl: 926.146/1-VI/14-1990) wird auf die "hohe funktionelle Bedeutung der B 146 zwischen Radstadt und Liezen" hingewiesen, die "bereits bei der Erlassung des BStG 1971 erkannt (wurde), weshalb diese Verbindung zwischen der A 10 und der A 9 als Ennstalschnellstraße S 8 in das Gesetz aufgenommen wurde", wobei "die spätere Rückstufung zur Bundesstraße ... hauptsächlich aus umweltpolitischen Überlegungen (erfolgte) und nicht aus Gründen einer geringeren funktionellen Bedeutung". Die "durch den Ausbau der B 146 mögliche Verlagerung eines Verkehrs mit hoher funktioneller Bedeutung aus den Orten auf eine 'Umfahrungsstrecke' muß sowohl aus der Sicht der betroffenen Ortseinwohner als auch der Verkehrsteilnehmer als wünschenswert bezeichnet werden".

Die Argumente der Antragsteller gegen den mit der Trassenverordnung vorgesehenen Straßenausbau mit gestreckter Linienführung und niveaufreien Kreuzungen überzeugen schon deshalb nicht, weil die Ennstal Straße auch derzeit bereits dem Transit dient sowie angesichts der bestehenden Verkehrsbelastung ein entsprechend dieser Belastung gestalteter Ausbau der Straße gerechtfertigt erscheint. Daran kann auch die auf Grund politischer Ereignisse in Nachbarländern voraussichtlich vorübergehende Verringerung der Verkehrsfrequenz in der unmittelbaren Vergangenheit nichts ändern.

g. Die Wirtschaftlichkeit des verordneten Trassenverlaufs wurde sowohl hinsichtlich der Investitionskosten als auch durch entsprechende Kostenwirksamkeits- und Nutzwertanalysen in der "Nutzen-Kosten-Untersuchung" des Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. techn. S S vom Dezember 1986 samt Ergänzung vom Mai 1987 untersucht und vom Bundesminister berücksichtigt. Danach erfordert die nunmehr festgelegte Trasse die niedrigsten Investitionskosten. Mit Hilfe der Wirksamkeitsanalyse zeigt sich ferner "in Teilbereichen eine Trassenoptimierung" (S. 41 der Ergänzung).

Die vom Gutachter erarbeiteten Unterlagen erweisen sich jedenfalls für die Entscheidungsfindung als ausreichend, zumal der Bundesminister nicht gehindert ist, auch einem unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit suboptimalen Trassenverlauf im Interesse anderer für die Trassenfestlegung maßgeblicher Entscheidungskriterien, wie etwa des Schutzes der Nachbarn vor Beeinträchtigungen durch den bestehenden und zu erwartenden Verkehr, den Vorrang zu geben.

h. Die von den Antragstellern ganz besonders bezweifelte Umweltverträglichkeit der verordneten Trasse wurde nicht nur im bereits erwähnten Gutachten S (auf den S. 29-72, sowie Ergänzung S. 11-26) eingehend erörtert, sondern sie bildete auch den Gegenstand einer "Umweltverträglichkeitserklärung" der Fachabteilung IIa (Straßenplanung und Verkehrstechnik - Bundesstraßenverwaltung) des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Oktober 1989 sowie eines "Anhang(es) Umwelt" zum Detailprojekt 1988 des Abschnittes Stainach-Liezen der B 146 Ennstal Straße, verfaßt vom Ingenieurbüro Z-R im Auftrag des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung - Bundesstr

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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