TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/24 94/04/0229

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Veröffentlicht am 24.01.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
50/02 Sonstiges Gewerberecht;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art49a Abs3;
GewO 1973 §13 Abs3;
GewO 1973 §87 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1973 §87 Abs1;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs4;
GewRNov 1992 Art4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Vorsitzenden SenatspräsidentDr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. September 1994, Zl. 309.356/2-III/5a/94, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und dem der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 2. Dezember 1985 wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 87 Abs. 1 Z. 1 und 89 Abs. 1 GewO 1973 in der bis 30. Juni 1993 geltenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, die Konzession für das Baumeistergewerbe im Standort Wien, R-Gasse 11/11 entzogen. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. September 1994 wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der Bescheid der Gewerbebehörde erster Instanz gestützt auf die Gewerbeentziehungsgründe "gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994" bestätigt. Begründet wurde dies damit, daß mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30. Mai 1983 ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der J-Gesellschaft mbH & Co KG sowie der J-Gesellschaft mbH, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer gewesen sei, mangels Vorhandenseins eines kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden sei. Bereits mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 27. Juli 1982 sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der J-Gesellschaft mbH mangels Vorhandenseins eines die Kosten deckenden Vermögens abgewiesen worden. In der Folge habe das Handelsgericht Wien mit Beschluß vom 22. August 1989 über das Vermögen des J den Konkurs eröffnet. In diesem Verfahren seien Forderungen in der Höhe von ca. 9 Mio. Schilling anerkannt worden. Nach rechtskräftiger Bestätigung des in diesem Konkursverfahren angenommenen Zwangsausgleiches habe das Handelsgericht Wien mit Beschluß vom 18. Februar 1993 den über das Vermögen des Beschwerdeführers eröffneten Konkurs gemäß § 157 Abs. 1 KO aufgehoben, der Beschwerdeführer habe jedoch gegenüber mehreren Konkursgläubigern den Zwangsausgleich nicht erfüllt. Nach Aufhebung des Konkurses hätten bereits im Jahre 1993 25 Gläubiger wegen Forderungen in der Höhe zwischen S 767,-- und S 411.756,46 und im Jahre 1994 bis 23. März 1994 7 Gläubiger wegen Forderungen in der Höhe zwischen S 3.543,-- und S 69.600,-- gegen den Beschwerdeführer Exekution geführt. Am 19. Juli 1994 habe das Exekutionsgericht Wien neuerlich wegen einer Forderung in der Höhe von S 120.942,20 gegen den Beschwerdeführer Exekution bewilligt. Der Beitragsrückstand des Beschwerdeführers bei der Wiener Gebietskrankenkasse habe zum 11. April 1994 S 304.216,32 betragen. Der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien, schulde er zum 18. Mai 1994 Beiträge in der Höhe von S 58.962,76. Mit Beschlüssen je des Handelsgerichtes Wien vom 4. Oktober 1993 und vom 20. April 1994 seien Anträge auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden. Dem Beschwerdeführer sei das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und die Erstattung einer Gegenäußerung bis 15. September 1994 freigestellt worden. Der Beschwerdeführer habe bisher weder ein entsprechendes Vorbringen bezüglich seiner wirtschaftlichen Lage erstattet noch Beweismittel dafür beigebracht, daß die Forderungen, derentwegen gegen ihn Exekution geführt worden sei, bezahlt seien oder daß auf diese Forderungen verzichtet worden sei. Auf Grund der ungünstigen wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers könne ein vorwiegendes Gläubigerinteresse an einer weiteren Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer, der offensichtlich über keine ausreichenden liquiden Mitteln zur Ausübung des gegenständlichen Gewerbes verfüge, nicht angenommen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinem Rechtsanspruch verletzt, daß ihm nicht rechtswidrig und ohne die gesetzlichen Voraussetzungen seine Baumeisterkonzession entzogen werde, insbesondere nicht ohne gänzliche Erledigung seines Vorbringens und der von ihm beantragten Beweise; weiters, ein Konzessionsentzug dann unzulässig ist, wenn es zum Insolvenzverfahren oder zur Abweisung des Konkursverfahrens über sein Vermögen durch Verschulden Dritter, deren Insolvenzverfahren oder deren Straftaten, jedenfalls ohne sein Verschulden gekommen ist und wenn weiters die weitere Ausübung seiner Gewerbetätigkeit im Interesse der Gläubiger gelegen ist; er erachtet sich weiters in seinem Rechtsanspruch verletzt, daß ein Konzessionsentzug dann ausgeschlossen ist, wenn Nachsichtsgründe vorliegen. Er erachtet sich weiters in seinem Recht verletzt, daß ein von ihm gesetzter Sachverhalt nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage entschieden wird und nicht gemäß einer später eintretenden Gesetzesänderung, die auf frühere Sachverhalte nicht anzuwenden ist". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, auf Grund seines Vorbringes vor der Verwaltungsbehörde und auf Grund der getroffenen Feststellungen, hätte ein Verfahren darüber durchgeführt werden müssen, daß es zu den erheblichen Schulden des Beschwerdeführers nur durch Insolvenzverfahren Dritter bzw. durch Straftaten Dritter gekommen sei. Nach der Gesetzeslage zum Zeitpunkt der Verwirklichung des gegenständlichen Sachverhaltes wäre dies ein Grund gewesen, von einem Konzessionsentzug abzusehen. Da die belangte Behörde zu Unrecht von der GewO 1994, die eine derartige Klausel nicht mehr vorsehe, ausgegangen sei und diese Rechtslage zugrundegelegt habe, sei "ein Verfahren über die durch Insolvenz und Straftat verursachte Verursachung der gegenständlichen Insolvenzverfahren zu Unrecht" nicht durchgeführt worden. Die gegenständliche Rechtssache sei zu Unrecht nach der Rechtslage entschieden worden, die nur für nach Inkrafttreten der GewO 1994 verwirklichte Sachverhalte anzuwenden sei. Von dieser unrichtigen Rechtsansicht ausgehend sei dem Beschwerdeführer auch nicht Gelegenheit geboten worden und er sei auch nicht angeleitet worden, eine Stellungnahme dahingehend abzugeben, inwieweit die gegenständlichen Insolvenzen von der Insolvenz und Straftat Dritter abhingen. Entsprechende Beweismittel seien auch nicht abverlangt worden. Sowohl die belangte Behörde als auch die Gewerbebehörde erster Instanz hätten aus dem bei der belangten Behörde anhängigen Nachsichtsverfahren gewußt, daß sich der Beschwerdeführer auf Sachverständigengutachten in diversen Gerichtsverfahren berufen habe.

Mit Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der die Gewerbeordnung 1973 wiederverlautbart wird, BGBl. Nr. 194/1994, wurde auf Grund des Art. 49a B-VG die Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974, wiederverlautbart. Nach § 49a Abs. 3 B-VG sind von dem der Herausgabe der Wiederverlautbarung folgenden Tag an alle Gerichte und Verwaltungsbehörden für die danach verwirklichten Tatbestände an den wiederverlautbarten Text des Bundesgesetzes gebunden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 94/04/0199, ausgeführt hat, haben die Verwaltungsbehörden im Verfahren bei Entziehung der Gewerbeberechtigung (§ 361 GewO 1994) ab dem dem Tage der Herausgabe der Wiederverlautbarung der Gewerbeordnung, das ist der 18. März 1994, folgenden Tage die GewO 1994 anzuwenden. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG i.V.m. Art. 14 Abs. 4 der GO des Verwaltungsgerichtshofes wird auf diese Rechtsprechung verwiesen.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen. Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist. Eine dem § 13 Abs. 3 GewO 1973 vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, vergleichbare Regelung, wonach ein Ausschluß von der Gewerbeausübung nicht auszusprechen ist, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist, kennt die GewO 1994 nicht.

Die belangte Behörde ging somit bei Beurteilung der gegenständlichen Gewerbeentziehungssache von der bestehenden Rechtslage aus. Die in den Beschwerdegründen geforderten weiteren Feststellungen sind für eine abschließende Beurteilung der Beschwerdesache gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 nicht erforderlich.

Es läßt somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den zu hg.

Zl. AW 94/04/0058 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994040229.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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