TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/27 94/02/0438

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Veröffentlicht am 27.01.1995
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §23 Abs1;
StVO 1960 §23 Abs2;
StVO 1960 §24 Abs2;
StVO 1960 §24 Abs3 litb;
StVO 1960 §9 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 6. September 1994, Zl. MA 67-12/327/93, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. September 1994 wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 89a Abs. 7 und Abs. 7a StVO in Verbindung mit den §§ 1 und 2 der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 14. April 1978 (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 17/1978) die Zahlung der Kosten für die von der Magistratsabteilung 48 am 9. Dezember 1992 um 19.40 Uhr vorgenommene Entfernung und nachfolgende Aufbewahrung eines in Wien 15, Zwölfergasse 23, verkehrsbeeinträchtigend abgestellt gewesenen, dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges in der Höhe von insgesamt S 1.289,-- an die Stadt Wien vorgeschrieben.

In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei unbestrittenermaßen Zulassungsbesitzerin des entfernten Pkws. Sie wende jedoch ein, sie habe ihr Fahrzeug innerhalb der Bodenmarkierung für den Parkstreifen abgestellt, wie sich aus den im Akt befindlichen (von der Beschwerdeführerin vorgelegten) Fotos ergebe; die Bodenmarkierung zeige an, daß das Parken vor der dort befindlichen Einfahrt erlaubt sei.

Zwar sei auf Grund der Fotos - so die belangte Behörde - erkenntlich, daß im Abstand von einem Fahrstreifen vom Gehsteigrand eine weiße Begrenzungslinie vorhanden sei, diese bedeute aber lediglich, daß Schrägparken bzw. -halten im Bereich der Einfahrt jedenfalls verboten sei, keinesfalls werde das vor Haus- und Grundstückseinfahrten schon von Gesetzes wegen geltende Parkverbot aufgehoben. Da vor einer solchen Einfahrt immerhin das Halten erlaubt sei, beeinträchtige das Vorhandensein der Bodenmarkierung nicht die Erkennbarkeit der Grundstückseinfahrt. Daß durch das Fahrzeug der Beschwerdeführerin ein anderer Lenker an der Einfahrt gehindert gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin ebensowenig bestritten wie das Vorhandensein der Gehsteigabschrägung. Außerdem habe der "Aufforderer" zeugenschaftlich angeführt, daß der Bereich vor der Grundstückseinfahrt durch zwei schräg zur Gehsteigkante verlaufende weiße Linien hervorgehoben sei und daß er weiters durch das Fahrzeug der Beschwerdeführerin daran gehindert gewesen sei, zu seinem Parkplatz auf dem in Rede stehenden Grundstück einzufahren. Auf Grund dieser Beweisaufnahmen sei als erwiesen anzusehen, daß das Fahrzeug der Beschwerdeführerin vor einer als solchen erkennbaren Grundstückseinfahrt abgestellt gewesen und ein anderer Verkehrsteilnehmer an der Einfahrt in das Grundstück konkret gehindert gewesen sei. Die Rechtswidrigkeit der Abstellung sei somit in Ansehung einer Vorschrift vorgelegen, durch die eine Verkehrsbeeinträchtigung der eingetretenen Art hintangehalten werden solle. Angesichts der gesetzwidrigen Aufstellung des Fahrzeuges und des Eintrittes der Voraussetzungen zur Entfernung desselben sei nicht nur diese, sondern auch die Vorschreibung der Kosten zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, die Beseitigung des Fahrzeuges und damit die bekämpfte Vorschreibung von Kosten im Grunde des § 89a Abs. 7 StVO sei deshalb rechtswidrig erfolgt, weil zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges am Abstellort weiße Bodenmarkierungen für den ruhenden Verkehr angebracht gewesen seien. Damit ist die Beschwerdeführerin im Recht:

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl. 94/02/0163, den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 2. März 1994, mit welchem die Beschwerdeführerin im Instanzenzug wegen desselben Vorfalles für eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 3 StVO bestraft wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies deshalb, weil es der damals belangten Behörde oblegen wäre, die ihr zur Verfügung stehenden Beweismittel in Hinsicht auf die von der Beschwerdeführerin behauptete Existenz der in Rede stehenden Bodenmarkierung für eine Parkfläche vor der Grundstückseinfahrt zur Tatzeit zu würdigen und eine entsprechende Feststellung zu treffen, ob diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin Berechtigung zukomme oder nicht. Dieser der damals belangten Behörde unterlaufene Verfahrensmangel sei wesentlich, weil bei Zutreffen der Behauptung der Beschwerdeführerin jedenfalls ihr Verschulden an der ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretung zu verneinen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang verwies der Gerichtshof auf sein Erkenntnis vom 7. September 1990, Zl. 90/18/0074, betreffend eine Sperrlinie vor einer Einfahrt, aber auch auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 8. Juni 1993, Zl. 92/02/0263, wonach mit Bodenmarkierungen das Halten und Parken erlaubt werden kann, wo es nach dem Gesetz verboten wäre.

Anders als der Unabhängige Verwaltungssenat Wien in seinem zitierten Bescheid vom 2. März 1994 ging der Berufungssenat der Stadt Wien in der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides offenbar von der Existenz einer Bodenmarkierung für eine Parkfläche vor der Grundstückseinfahrt zum Zeitpunkt der Entfernung des Fahrzeuges aus, zumal sich in diesem Bescheid keine Anhaltspunkte dafür finden, daß die belangte Behörde daran Zweifel gehabt hätte (die davon abweichenden Ausführungen in der Gegenschrift sind bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides aufgrund des Neuerungsverbotes unbeachtlich, sodaß darauf nicht einzugehen ist).

Mit dem zitierten Erkenntnis vom 7. September 1990, Zl. 90/18/0074, wurde der damals angefochtene Bescheid (betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO) unter anderem deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil es Sache der belangten Behörde gewesen wäre, eine eindeutige Feststellung darüber zu treffen, ob eine nicht unterbrochene Längsmarkierung in gelber Farbe, also eine Sperrlinie, vor der Haus- und Grundstückseinfahrt angebracht gewesen sei oder nicht; sei dies der Fall gewesen, so habe der damalige Beschwerdeführer darauf vertrauen dürfen, daß kein Fahrzeug diese Sperrlinie, auch nicht zum Zwecke der Ein- und Ausfahrt, überfahren hätte dürfen.

Wendet man dies auf den vorliegenden Beschwerdefall an, so erweist sich der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, durfte doch auch die Beschwerdeführerin auf Grund der vor der Grundstückseinfahrt bestehenden Bodenmarkierung für eine Parkfläche darauf vertrauen, daß sie ihr Fahrzeug dort zum Parken abstellen dürfe, zumal auch die laut der Begründung des angefochtenen Bescheides vom Aufforderer erwähnten "schräg zur Gehsteigkante verlaufenden" Linien auf den im Akt befindlichen Lichtbildern nicht aufscheinen. Der Hinweis in der Begründung des angefochtenen Bescheides, die hier in Rede stehenden Bodenmarkierungen hätten lediglich die Bedeutung gehabt, daß das "Schrägparken bzw. -halten" im Bereich der Einfahrt jedenfalls verboten gewesen sei, ist unverständlich, da es einer solchen Bodenmarkierung im Hinblick auf die Vorschrift des § 23 Abs. 2 StVO (betreffend u.a. das Gebot, außerhalb von Parkplätzen ein Fahrzeug "parallel" zum Fahrbahnrand aufzustellen) gar nicht bedurfte. Ob die Einfahrt für die Beschwerdeführerin erkennbar war, ist bei diesem Ergebnis nicht entscheidend, sodaß es sich erübrigt, auf diesen Umstand näher einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des gestellten Begehrens für Schriftsatzaufwand. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Stempelgebühren war mangels Erforderlichkeit des Aufwandes zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994020438.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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