TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/27 94/02/0458

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Veröffentlicht am 27.01.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ASchG 1972 §31 Abs2 litp;
ASchG 1972 §31 Abs3 lite;
VStG §19;
VStG §20;
VStG §5 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der O in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 28. September 1994, Zl. 5-212 Lo 27/20-93, betreffend Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird zunächst auf das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0022, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der an die Beschwerdeführerin ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 8. Oktober 1993, mit dem die Beschwerdeführerin insgesamt 9 Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen für schuldig erkannt wurde, in Ansehung der Strafaussprüche einschließlich der Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen betreffend sechs dieser Übertretungen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Der danach ergangene Ersatzbescheid vom 8. Oktober 1993 wurde in dem hier in Frage kommenden Umfang (wieder) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben (hg. Erkenntnis vom 25. März 1994, Zl. 93/02/0304).

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom 28. September 1994 wurden die Geldstrafen betreffend eine Übertretung des § 29 Arbeitnehmerschutzgesetz (Spruchpunkt 2) und des § 13 Abs. 3 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) (Spruchpunkt 3) auf je S 900,-- herabgesetzt, hinsichtlich einer weiteren Übertretung betreffend § 90 Abs. 4 AAV (Spruchpunkt 1) wurde der Berufung keine Folge gegeben.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Gegenstand dieses Erkenntnisses sind nur die Strafbemessungen, soweit sie die drei Übertretungen nach der AAV sowie dem Arbeitnehmerschutzgesetz (AnSchG) betreffen. Hinsichtlich der übrigen Übertretungen ergeht die Entscheidung über die Beschwerde durch einen anderen - auf Grund der Geschäftsverteilung hiefür zuständigen - Senat des Verwaltungsgerichtshofes mit gesonderter Entscheidung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegen den angefochtenen Bescheid macht die Beschwerdeführerin erneut geltend, daß die zur Last liegenden Deliktformen nicht vorsätzlich zu begehen seien; es liege insoweit eine Verletzung des Doppelverwertungsverbotes vor, auch wären weitere Strafmilderungsgründe seitens der belangten Behörde nicht in Betracht gezogen worden. Weiters sei die Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in einer einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise in der Bescheidbegründung darzulegen.

Wie bereits in dem zu diesem Beschwerdefall ergangenen Vorerkenntnis vom 25. März 1994, Zl. 93/02/0304, ausgeführt wurde, kann es einen Erschwerungsgrund bilden, wenn eine Tat, für deren Verwirklichung Fahrlässigkeit ausreicht, vorsätzlich begangen wird, wobei dieser Vorsatz hier betreffend die Spruchpunkte 1) und 2) aus dem Umstand abzuleiten ist, daß die Beschwerdeführerin vom Arbeitsinspektorat aufgefordert wurde, den Rechtsvorschriften Folge zu leisten. Wenn nun eine fahrlässig gesetzte Tat bereits unter Strafe gestellt wird, muß dies auf alle jene Fälle erschwerend wirken, in denen - wie im Beschwerdefall - ein Gebot sogar vorsätzlich verletzt wird. Wenn auch im VStG das sogenannte "Doppelverwertungsverbot" anzuwenden ist, welches besagt, daß Merkmale, die die Strafdrohung bestimmen bzw. Tatbestandsmerkmale sind, nicht noch zusätzlich als Strafzumessungsgründe berücksichtigt werden dürfen, so ist dem zu entgegnen, daß der der Beschwerdeführerin jeweils zur Last gelegte Tatbestand bereits fahrlässig verwirklicht werden kann und auch die Strafdrohung nicht auf das Vorliegen von Vorsatz abstellt.

Die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde aufgezeigten Milderungsgründe sind insoweit berücksichtigt als sie die Unbescholtenheit gemäß § 34 Z. 2 StGB betreffen. Es kann dahinstehen, ob die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten weiteren Milderungsgründe (zur Gänze) heranzuziehen gewesen wären. Daß die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorlägen, ist nicht erkennbar (vgl. dazu näher z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0025). Da § 31 Abs. 2 lit. p und § 31 Abs. 3 lit. e AnSchG eine gesetzliche Mindeststrafe nicht vorsehen, kam die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) von vornherein nicht in Betracht (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., S. 811). Die belangte Behörde hat in einer einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise dargelegt, warum sie in teilweiser Abänderung des Vorbescheides vom 8. Oktober 1993, gerade zu dem von ihr festgelegten Strafausmaß gelangte. Hat aber die belangte Behörde - wie im vorliegenden Fall - von dem ihr im Rahmen der Strafzumessung eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht, dann ist die Strafzumessung darüber hinaus einer weiteren Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich entzogen (vgl. hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1994, Zl. 94/16/0103).

Auch im Rahmen der Darstellung des Beschwerdegrundes der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, die in einer einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise in der Bescheidbegründung darzulegen wäre.

Da bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren unter Einbeziehung der persönlichen Verhältnisse die Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse vorgenommen wurde, ist das Beschwerdevorbringen verfehlt. Darüber hinaus machte die Beschwerdeführerin auch keine Angaben darüber, zu welchem konkreten Ergebnis die von ihr vermißten Ermittlungen führen hätten sollen.

Da im vorliegenden Fall bei der Bescheidüberprüfung hinsichtlich der Strafzumessung bereits aus dem Beschwerdeinhalt zu erkennen ist, daß die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht (mehr) vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH ErmessensentscheidungenErschwerende und mildernde Umstände AllgemeinErschwerende und mildernde Umstände Schuldform

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994020458.X00

Im RIS seit

01.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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