TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/8 94/03/0108

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Veröffentlicht am 08.02.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §47 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/03/0109 94/03/0111

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des A in I, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in I, gegen die Bescheide des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol 1) vom 25. November 1993, Zl. 15/175-1/1993, betreffend Übertretung des KFG 1967 (hg. Zl. 94/03/0108), 2) vom 29. November 1993, Zl. 15/177-1/1993, betreffend Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960 (hg. Zl. 94/03/0109) und 3) vom 10. Dezember 1993, Zl. 15/174-2/1993, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967 (hg. Zl. 94/03/0111), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen und den Ausfertigungen der angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheide ergibt sich folgendes:

Mit dem erstangefochtenen Bescheid - soweit hier noch gegenständlich (Spruchpunkt 1) - wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 13. Jänner 1993 einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gegen 11.40 Uhr auf der B 100 an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt, obwohl er nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung gewesen sei. Er habe hiedurch eine Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. Feber 1993 gegen 18.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der B 100 an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt, obwohl er keine Lenkerberechtigung besitze (Spruchpunkt 1), im Ortsgebiet von Abfaltersbach an einer näher bezeichneten Örtlichkeit vor einer unübersichtlichen Rechtskurve zwei vor ihm fahrende Pkw vorschriftswidrig überholt (Spruchpunkt 2), an einer näher bezeichneten Örtlichkeit die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich verordnete Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um mindestens 40 km/h überschritten (Spruchpunkt 3) und vorschriftswidrig die Nebelschlußleuchte verwendet (Spruchpunkt 4). Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen nach zu 1) § 64 Abs. 1 KFG 1967, zu 2) § 16 Abs. 2 lit. b StVO 1960, zu 3) § 52 (lit. a) Z. 10a StVO 1960 und zu 4) § 99 Abs. 5 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in der Höhe von zu 1) S 4.000,--, zu 2) S 2.000,--, zu 3) S 2.000,-- und zu

4) S 500,-- (und Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden. Mit dem drittangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 19. Jänner 1993 um 16.10 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der B 108 an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt, obwohl er nicht im Besitze einer Lenkerberechtigung gewesen sei (Spruchpunkt 1), und an einer näher bezeichneten Örtlichkeit die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich verordnete Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten. Er habe hiedurch Verwaltungsübertretungen zu 1) nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 und zu 2) nach § 52 (lit. a) Z. 10a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in der Höhe von zu

1) S 4.000,-- und zu 2) S 3.000,-- (und Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung abgelehnt und sie mit Beschluß vom 10. Mai 1994, B 38, 40, 41/94, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In seinen Beschwerdergänzungen an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Bescheid der belangten Behörde vom 25. November 1993, Zl. 15/175-1/1993:

Der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde davon ausgegangen sei, daß er der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei. Er habe von seiner ersten Verantwortung an erklärt, daß nicht er, sondern "ein gewisser S" Lenker des Fahrzeuges gewesen sei. Die Behörde habe die Strafverfügung vom 11. Mai 1993 erlassen, ohne den Beschwerdeführer im Gefangenenhaus diesbezüglich zu vernehmen. Bei seiner Vernehmung vom 7. Juli 1993 habe er sodann ausdrücklich den Antrag gestellt, S als Zeugen zu vernehmen. Nach Einvernahme der Gendarmeriebeamten habe der Beschwerdeführer seine Vernehmung hiezu im Gefangenenhaus begehrt. Die Erstbehörde habe jedoch, ohne diesem Antrag näherzutreten, ihr Straferkenntnis erlassen. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer "angeblich" gerügt, daß in dem Unterlassen der Vernehmung des S als Zeugen ein Verfahrensmangel liege.

Soweit der Beschwerdeführer Verfahrensmängel der Erstbehörde rügt, ist dem zu entgegnen, daß deren Bescheid nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist. Zum Vorbringen, die belangte Behörde habe dem Verfahrensmangel im Berufungsverfahren nicht die gehörige Bedeutung beigemessen, ist unter Bedachtnahme auf den Inhalt des vom Verwaltungsgerichtshof beigeschafften Verwaltungsstrafaktes folgendes zu bemerken: Der Beschwerdeführer hat in keinem Stadium des Verfahrens bestritten, daß er nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung war. Im Verwaltungsstrafverfahren hatte er sich zwar damit verantwortet, daß nicht er der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei, sondern "ein gewisser S", wobei der Beschwerdeführer hinzufügte "S wohnt in Italien" (Einvernahme des Beschwerdeführers vom 7. Juli 1993). Die Behauptung des Beschwerdeführers, er hätte die Einvernahme des S "ausdrücklich" als Zeugen beantragt ist aber ebenso unrichtig, wie die Behauptung in der Beschwerdeergänzung, er hätte (angeblich) die Unterlassung der Vernehmung dieses Zeugen als Verfahrensmangel gerügt. Nun ist wohl die Behörde verpflichtet, von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln. Diesem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens korrespondiert jedoch die Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes. Dies gilt umsomehr, wenn den amtswegigen behördlichen Erhebungen faktische Grenzen gesetzt sind, wie hier bei der Erhebung einer Adresse eines in Italien wohnhaften Zeugen. Es wäre Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, im Verwaltungsstrafverfahren den Beweisantrag unter Bekanntgabe der Anschrift des Zeugen soweit zu präzisieren, daß die Behörde in die Lage versetzt ist, eine Einvernahme dieses Zeugen in Italien zu betreiben. Dies hat der Beschwerdeführer unterlassen. Insoweit der Behörde die Verletzung der Manuduktionspflicht vorgeworfen werden könnte, weil sie den Beschwerdeführer nicht konkret zur Bekanntgabe der Adresse des Zeugen aufgefordert hat, vermag der Beschwerdeführer nicht, die Relevanz dieses Verfahrensmangels darzutun, weil aus seinem Vorbringen nicht hervorgeht, daß er überhaupt in der Lage gewesen wäre, eine konkrete Adresse bekanntzugeben. Unter diesem Gesichtspunkt kann sohin ein der Behörde unterlaufener Verfahrensfehler nicht erkannt werden. Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) kann es auch nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde im Ergebnis die Beweiswürdigung der Erstbehörde, die den Angaben des Meldungslegers folgte, billigte, zumal der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerdeergänzung nichts Stichhältiges dagegen vorzutragen vermag.

Zum Bescheid der belangten Behörde vom 29. November 1993, Zl. 15/177-1/1993:

Wenn der Beschwerdeführer hier rügt, daß ihm vor Erlassung der Strafverfügung nicht Akteneinsicht und Parteiengehör gewährt worden sei und das erstinstanzliche Straferkenntnis in der Folge erlassen worden sei, ohne daß dem Antrag des damals im landesgerichtlichen Gefangenenhaus einsitzenden Beschwerdeführers, daß ihn der zuständige Strafreferent besuche, nachgekommen worden sei, ist ihm zu entgegnen, daß Strafverfügungen gemäß § 47 Abs. 1 VStG ohne weiteres Verfahren zu erlassen sind. Daß der zuständige Strafreferent den Beschwerdeführer im landesgerichtlichen Gefangenenhaus nicht "besuchte", bewirkt schon deshalb keinen Verfahrensmangel, weil der Beschwerdeführer nicht aufzeigt, daß er gehindert gewesen wäre, die ihm von der Behörde eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme im Verwaltungsstrafverfahren auch in schriftlicher Form wahrzunehmen. Unter anderem auch aus diesem Grund ist das Argument des Beschwerdeführers, aus finanziellen Gründen sei es ihm nicht möglich gewesen, eine Person seines Vertrauens zur "Abgabe der geforderten Rechtfertigung zu entsenden" nicht stichhältig. Im übrigen konkretisiert der Beschwerdeführer nicht, inwieweit ihm über einen konkreten Antrag eine Vorführung aus dem landesgerichtlichen Gefangenenhaus zur Bundespolizeidirektion Innsbruck zwecks Akteneinsicht und Abgabe einer Stellungnahme verwehrt worden wäre.

Selbst wenn ihm durch die Behörde das Parteiengehör nicht im hinreichenden Ausmaß eingeräumt worden wäre, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Relevanz dieses Mangels hinzuweisen. Danach führt diese Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Ergebnis kommen konnte, was der Beschwerdeführer durch konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1993, Zl. 93/02/0014). Auf Grund des eigenen Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, daß ihm die Bescheide der Erstbehörde und der belangten Behörde zugestellt wurden. Es war ihm sohin bekannt, welches Verhalten in tatsächlicher Hinsicht ihm zur Last gelegt wurde. Eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides kann aber dann nicht Platz greifen, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt hat, einen Verfahrensmangel aufzuzeigen, ohne jedoch die ihm im angefochtenen Bescheid angelasteten Tathandlungen konkret zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn der behauptete Verfahrensmangel nicht vorgelegen wäre. Ein solches konkretes Vorbringen wird vom Beschwerdeführer nicht erstattet, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ist somit nicht erkennbar.

Zum Bescheid der belangten Behörde vom 10. Dezember 1993, Zl. 15/174-2/1993:

Schon auf Grund des Beschwerdevorbringens ergibt sich, daß gegen den Beschwerdeführer Verfolgungshandlungen SOWOHL wegen der am 19. Jänner 1993 begangenen Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 ALS AUCH wegen der an diesem Tag begangenen Übertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 gesetzt wurden, und zwar mit der am 26. April 1993 an ihn ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung zur Übertretung gemäß § 64 Abs. 1 KFG 1967 und mit Erlassung der Strafverfügung vom 11. Mai 1993 wegen Übertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960. Daß nicht zu beiden Übertretungen eine Strafverfügung gegen ihn erlassen worden war, bewirkt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Im übrigen kann, was die Behauptung des Beschwerdeführers anlangt, ihm sei nicht im hinreichenden Ausmaß Parteiengehör eingeräumt worden, auf die obigen Ausführungen zum Bescheid der belangten Behörde vom 29. November 1993, Zl. 15/177-1/1993, verwiesen werden.

Da somit schon auf Grund des Beschwerdevorbringens erkennbar ist, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, ohne daß es einer gesonderten Entscheidung über den - zur hg. Zl. AW 94/03/0040 protokollierten - Antrag auf aufschiebende Wirkung bedurfte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994030108.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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