TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/27 94/16/0168

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Veröffentlicht am 27.02.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;
40/01 Verwaltungsverfahren;
98/01 Wohnbauförderung;

Norm

AVG §37 impl;
GGG 1984 §2 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
WFG 1984 §53 Abs3 idF 1990/460;
WFG 1984 §53 Abs4 idF 1990/460;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der Z Gen.m.b.H. in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. Juni 1994, Zl. Jv 1062-33/94-18, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.670,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf den hg. Beschluß vom 4. November 1994, Zl. 94/16/0222 verwiesen, womit das mit hg. Erkenntnis vom 18. August 1994, Zl. 94/16/0168-3, abgeschlossene Beschwerdeverfahren wiederaufgenommen und das zitierte Erkenntnis beseitigt wurde.

Auf Grund der von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über hg. Anfrage gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 VwGG bzw. Aufforderung gemäß § 35 Abs. 2 VwGG erstatteten Äußerungen ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Datiert mit 15. April 1992 beantragte die damalige Eigentümerin der EZ 115, Grundbuch 77208 G, beim Bezirksgericht W drei Pfandrechtseinverleibungen und die Anmerkung einer Löschungsverpflichtung, wobei sie sich u.a. auf zwei "Schuldschein und Pfandurkunden", je vom 14. April 1992, stützte, die von der Beschwerdeführerin an G und W B gewährte Darlehen von S 261.000,-- und S 106.000,-- beurkundeten.

Die "Schuldschein und Pfandurkunden" tragen je zu Beginn, links oben eingerahmt, Vermerke, die wie folgt lauten:

Die Urkunde betreffend G: "Gemäß Wohnbauförderungsgesetz 1984 BGBl. 482/1984 erklärt der Darlehensnehmer als österr. Staatsbürger (bzw. gleichgestellte Person), daß die mit diesem Darlehen finanzierte Klein- bzw. Mittelwohnung mit normaler Ausstattung künftig der einzige Wohnsitz für G und W B sein wird. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens wird der Darlehensnehmer seine derzeitige Wohnung -- kein Eigenheim --";

Die Urkunde betreffend W B: "Gemäß Wohnbauförderungsgesetz 1984 BGBl. 482/1984 erklärt der Darlehensnehmer als österr. Staatsbürger (bzw. gleichgestellte Person), daß die mit diesem Darlehen finanzierte Klein- bzw. Mittelwohnung mit normaler Ausstattung künftig der einzige Wohnsitz für W B sein wird. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens wird der Darlehensnehmer seine derzeitige Wohnung

--- kein Eigentum ---."

Nach Vorschreibung der Eintragungsgebühr von S 4.840,-- richtete die Beschwerdeführerin an das Bezirksgericht Wolfsberg am 15. März 1994 folgendes Schreiben:

"Mit diesem Schreiben erhalten sie den Erlagschein über die vorgeschriebene Gebühr von S 4.840,-- wieder zurück. Gleichzeitig ersuchen wir um Erlassung eines Zahlungsauftrages, gegen den wir einen Berichtigungsantrag einbringen werden, weil das der Vorschreibung zugrundeliegende Darlehen gemäß § 53 Abs. 3/4 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 BGBl. 482/1984 gefördert wird.

Das Darlehen wird für die Finanzierung eines Eigenheimes, das den Voraussetzungen dieses Gesetzes entspricht, verwendet.

Wir nehmen daher in diesem Sinne die Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 bis 4 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 BGBl. 482/1984 in Anspruch.

Eine Kopie der vom Darlehensnehmer abgegebenen Erklärung legen wir bereits heute vor, damit eventuell eine Aufhebung dieser Vorschreibung schon jetzt möglich wird."

Am 23. März 1994 begehrte die Beschwerdeführerin betreffend den zwischenweilig ergangenen Zahlungsauftrag vom 21. März 1994 Berichtigung mit folgender Begründung:

"Wir haben unserem(n) Bausparer(n): G und W B, Darlehen gewährt, zu deren Sicherung die Pfandrechte im Betrag von S 106.000,-- und S 261.000,-- auf der Liegenschaft EZ 115 GB 77208 G einverleibt wurden. Die Vorschreibung erfolgte zu Unrecht, da diese(es) Darlehen zur Finanzierung eines Eigenheimes gewährt wurde(n), das nach den Bestimmungen des § 53 (3/4) Wohnbauförderungsgesetz 1984 durch Gebührenbefreiung gefördert wird.

Wir nehmen daher die Gebührenbefreiung gem. § 53 (3/4) des Wohnbauförderungsgesetzes 1984, in der jeweils gültigen Fassung, in Anspruch und ersuchen um Stundung der Pfandrechtseintragungsgebühr bis zur Entscheidung über unseren Berichtigungsantrag.

Die abgegebene Erklärung des(r) Bausparer(s) und den Zusicherungsbescheid legen wir in Fotokopie bei."

Der Zusicherungsbescheid des Landes Kärnten vom 14. Oktober 1992 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

    "... in Erledigung ihres Begehrens vom 01.04.1992 erteilt

Ihnen die Kärntner Landesregierung namens des Landes Kärnten

auf Grund der Empfehlung vom 05.01.1992 des

Wohnbauförderungsbeirates zur (zum) ERSTERWERB EINER

EIGENTUMSWOHNUNG ... die Zusicherung ..."

Laut Grundbuchsauszug betreffend die EZ 115, GB 77208 G, BG W (Abfragedatum 25. Juli 1994) sind die beiden obgenannten Darlehen der Beschwerdeführerin auf den gemäß § 12 Abs. 1 WEG 1975 verbundenen 734/30420 Anteilen der Eheleute W und G B, womit Wohnungseigentum an der im Hause 2 gelegenen Wohnung 9 im zweiten Obergeschoß verbunden ist, hypothekarisch sichergestellt.

Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag mit der Begründung nicht statt, daß im vorliegenden Fall die Bausparkassendarlehen nicht zur Errichtung einer Wohnung sondern zur Errichtung eines Eigenheimes gewährt und pfandrechtlich sichergestellt worden seien, weshalb die Befreiungsbestimmung des § 53 Abs. 4 WFG 1984 nicht zur Anwendung komme; da die Förderungszusicherung erst nach der Eintragung der beiden Darlehen im Grundbuch erfolgt sei, liege auch die tatbestandsmäßige Voraussetzung für die Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 53 Abs. 3 WFG 1984 nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit gemäß § 53 Abs. 4 WFG 1984 verletzt und vertritt in ihrer über hg. Aufforderung abgegebenen Äußerung die Auffassung, es sei schon im Verwaltungsverfahren bekanntgegeben worden und erkennbar gewesen, daß die verfahrensgegenständlichen Darlehen zum Erwerb einer Eigentumswohnung gedient hätten.

Die belangte Behörde vertritt dagegen die Auffassung, die Beschwerdeführerin habe selbst bekanntgegeben, daß die beiden Darlehen zur Finanzierung eines Eigenheims gewährt worden seien; von der Errichtung einer Wohnung sei im gesamten Verwaltungsverfahren keine Rede gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 53 WFG 1984 idF der auf den Beschwerdefall anzuwendenden

Nov. BGBl. 460/1990 lautet auszugsweise:

"(3) Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlaßt sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit; bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, daß die Nutzfläche 150 m2 nicht übersteigt.

(4) Die Gebührenbefreiung nach Abs. 3 gilt ferner für das Bausparkassendarlehen, das eine österreichische Bausparkasse einem Bausparer, der österreichischer Staatsbürger ist oder gemäß § 19 Abs. 3 gleichgestellt ist, zur Errichtung einer zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Bausparers oder der ihm nahestehenden Personen bestimmten Wohnung in normaler Ausstattung gewährt."

Anders als es die belangte Behörde sieht, kam bereits den beiden eingangs auf den "Schuldschein und Pfandurkunden" vom 14. April 1992 angebrachten, eingerahmten Textstellen und damit den Hinweisen auf die Darlehensfinanzierung einer "Klein- bzw. Mittelwohnung" sowie dem auf dem Darlehensvertrag der G B angebrachten Zusatz "kein Eigenheim" sehr wohl ein entsprechender Erklärungswert zu. Verstärkt wurde dieser Umstand in der Folge durch den Wortlaut der ebenfalls bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Förderungszusicherung des Landes Kärnten vom 14. Oktober 1992, worin die Förderungszusicherung ausdrücklich zum "Ersterwerb einer Eigentumswohnung" erteilt wurde.

Davon ausgehend bestand für die belangte Behörde ungeachtet des Wortlautes des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 15. März 1994 und des Berichtigungsantrages vom 23. März 1994 ("... Finanzierung eines Eigenheims") insbesondere in Verbindung mit dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin ausdrücklich auch den Befreiungstatbestand nach § 53 Abs. 4 WFG 1984 in Anspruch nahm, jedenfalls eine unklare Sachlage, die zu entsprechenden Ermittlungen (z.B. durch Einsichtnahme in den aktuellen Grundbuchstand) darüber hätte führen müssen, ob im konkreten Fall von der Beschwerdeführerin darlehensweise die Errichtung eines Eigenheims oder der Erwerb einer Wohnung finanziert wurde.

Die Beschwerdeführerin konnte die Behauptung, es sei von ihr der Erwerb einer Eigentumswohnung finanziert worden, mit Rücksicht auf die oben dargestellte Sachlage ohne Verletzung des Neuerungsverbotes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ins Treffen führen.

Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Durchführung der gebotenen Ermittlungen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu seiner Aufhebung führen muß.

Die Entscheidung konnte wegen der besonders einfachen Rechtsfrage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens gründet sich darauf, daß kein Fall des § 54 Abs. 1 VwGG vorliegt und daß gemäß § 49 VwGG der Schriftsatzaufwand im verwaltungsgerichtlichen Verfahren pauschaliert ist. Er wird unabhängig davon zuerkannt, wieviele Schriftsätze eine Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einbringt (vgl. z.B. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 696 Abs. 5 referierte Judikatur).

Schlagworte

Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt) Verfahrensgrundsätze außerhalb des Anwendungsbereiches des AVG VwRallg10/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994160168.X00

Im RIS seit

24.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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