TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/28 94/11/0351

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
VStG §51 Abs1;
VStG §51e Abs1;
VStG §51f Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. März 1994, Zl. UVS-07/01/00266/92, betreffend Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer wegen am 2. März 1991, 3. März 1991, 16. März 1991, 17. März 1991 und 18. März 1991 begangener Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs. 1 und 2 des Arbeitsruhegesetzes bestraft und es wurden Geldstrafen (und Ersatzfreiheitsstrafen) über ihn verhängt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht (unter anderem) geltend, daß die belangte Behörde die Bestimmung des § 31 Abs. 3 VStG nicht beachtet habe, wonach dann, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden sei, drei Jahre vergangen sind, ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden darf. Da der angefochtene Bescheid der belangten Behörde dem Beschwerdeführer am 6. Oktober 1994 zugestellt worden sei, sei er im Hinblick auf die im März 1991 begangenen Taten zu einem Zeitpunkt gefällt worden, als bereits Strafbarkeitsverjährung eingetreten war.

Damit ist der Beschwerdeführer im Recht.

Nach Rechtsprechung und Lehre ist § 31 Abs. 3 VStG dahin zu verstehen, daß auch ein ein erstinstanzliches Straferkenntnis bestätigender Berufungsbescheid - wie im vorliegenden Fall - nicht mehr erlassen werden darf, wenn seit dem in § 31 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zlen. 92/03/0029, 0030, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Vor der belangten Behörde hatte in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache am 28. Feber 1994 eine mündliche Verhandlung stattgefunden, zu der unter anderem auch der Beschwerdeführer persönlich sowie die Beschwerdevertreterin Dr. M erschienen waren. Zu Ende dieser Verhandlung vertagte die Verhandlungsleiterin die Verhandlung auf 1. März 1994, 9.00 Uhr, und hielt in der Niederschrift über die Verhandlung folgendes fest:

"Der Verhandlungsleiter vertagt die Verhandlung auf 1.3.1994 um 9.00 Uhr zur mündlichen Verkündung des Berufungsbescheides unter Ladungsverzicht auf Verzicht auf Teilnahme."

Am 1. März 1994 begann die Verhandlung jedoch bereits um

8.30 Uhr. In Abwesenheit der Parteien wurde der Berufungsbescheid verkündet, die Verhandlung endete um

8.45 Uhr. Die schriftliche Ausfertigung des Berufungsbescheides wurde sodann der Erstbehörde (laut Zustellschein) am 14. September 1994 und dem Beschwerdeführer am 6. Oktober 1994 zugestellt.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist zunächst darauf hinzuweisen, daß es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, daß durch die Verkündung eines Bescheides auch in Abwesenheit der Parteien Verjährungsfristen gewahrt werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, Zl. 94/03/0292, mit weiteren Judikaturhinweisen). Gemäß § 51f Abs. 2 VStG ist dies jedoch nur zulässig, wenn die Partei TROTZ ORDNUNGSGEMÄßER LADUNG nicht erschienen ist. Unbestritten ist, daß die Parteien zu dem Termin der Verhandlung 1. März 1994, 8.30 UHR, nicht geladen waren. Die Gründe, warum die belangte Behörde den Termin "vorverlegte" sind hier nicht von Bedeutung. Auch der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretene Standpunkt, daß ein genereller Verzicht des Beschwerdeführers auf die Teilnahme an der Verkündung der Berufungsentscheidung zu welchem Termin auch immer vorlag, kann nicht geteilt werden. Aus dem eingangs zitierten, die Vertagung betreffenden Passus aus der Niederschrift vom 28. Feber 1994, nach dem ausdrücklich der neue Termin mit 1. März 1994, 9.00 UHR bestimmt wurde, kann lediglich abgeleitet werden, daß die Parteien auf die Teilnahme an DIESEM TERMIN - aus welchen Gründen immer - verzichteten. Die Mutmaßungen der belangten Behörde, daß damit auch ein Verzicht für einen anderen Termin abgegeben worden sei, finden im Akteninhalt keine Deckung.

Da somit die Parteien im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. außer dem vorzitierten Erkenntnis weiters auch die Erkenntnisse vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0158, und vom 10. Dezember 1993, Zl. 93/02/0085) nicht ordnungsgemäß geladen waren, konnte in dieser Verhandlung auch eine Berufungsentscheidung nicht wirksam verkündet und damit erlassen werden. Zum Zeitpunkt der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung am 14. September 1994 bzw. am 6. Oktober 1994 durfte das im Instanzenzug ergangene Straferkenntnis der belangten Behörde nach § 31 Abs. 3 VStG nicht mehr erlassen werden.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994110351.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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