TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/2 94/19/0140

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Veröffentlicht am 02.03.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
FlKonv Art1 AbschnB;
FlKonv Art33;
FlKonv Art43;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der E in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Juni 1993, Zl. 4.316.664/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Juni 1993 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen von Ghana, die am 22. Juni 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und am 2. Juli 1991 einen Asylantrag gestellt hatte - gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 10. Dezember 1991 - mit dem festgestellt worden war, daß bei ihr die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen - abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Soweit die belangte Behörde das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 (dieses Gesetz war gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 anzuwenden) verneinte und dadurch zur Versagung von Asyl kam, gleicht der vorliegende Beschwerdefall in allen für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" im § 20 Abs. 2 AsylG 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, Zl. G 92, 93/94) jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435, zugrundelag. Auf dieses Erkenntnis wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin aber nicht nur deshalb kein Asyl gemäß § 3 AsylG 1991 gewährt, weil sie ihre Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. verneint hat, sondern auch deshalb, weil sie der Ansicht war, daß der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Die Beschwerdeführerin führte diesbezüglich anläßlich ihrer schriftlichen Einvernahme am 5. Juli 1991 aus, daß sie am 1. Mai 1991 Rom erreicht habe; von dort sei sie mit dem Zug nach Udine gefahren, wo sie sich bis zum 21. Juni 1991 bei ihrem Bruder aufgehalten habe. Am 21. Juni 1991 sei sie dann in der Nacht nach Österreich eingereist.

Die belangte Behörde hat aus den Angaben der Beschwerdeführerin geschlossen, daß diese in Italien im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 vor allfälligen Verfolgungshandlungen der Behörden Ghanas in Sicherheit gewesen sei und nach nahezu zweimonatigem Aufenthalt dort keine (asylrechtlich relevante) Veranlassung gehabt habe, nach Österreich weiter zu reisen.

Damit hat jedoch die belangte Behörde keine Feststellungen über das Bestehen eines Rückschiebungsschutzes im Falle der Beschwerdeführerin getroffen. Verfolgungssicherheit im Sinne der zitierten Gesetzesstelle ist nämlich nur dann gegeben, wenn - neben Schutz vor Verfolgungshandlungen - auch ausreichender Rückschiebungsschutz vorliegt. Insoferne rügt die Beschwerdeführerin zu Recht das Fehlen konkreter Feststellungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413).

Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von entsprechenden Ergebnissen eines unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, diesen mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet.

Da jedoch die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aus den im Erkenntnis vom 25. August 1994 dargelegten Gründen einer solchen infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2 im Rahmen des geltend gemachten Begehrens.

Schlagworte

Parteiengehör Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994190140.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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