TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/22 92/12/0037

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Veröffentlicht am 22.03.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Mag. A in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 9. Jänner 1992, Zl. 1836/4-1/91, betreffend Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Unterricht und Kunst. Er wurde, nachdem er am 17. Dezember 1984 die dritte Staatsprüfung der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien abgelegt hatte und am 16. Jänner 1985 um seine Überstellung in die Verwendungsgruppe A angesucht hatte, am 1. März 1991 in die beantragte Verwendungsgruppe überstellt. Zuvor war der Beschwerdeführer seit 1. April 1979 Beamter der Verwendungsgruppe B und in dem im Beschwerdefall interessierenden Zeitraum bei der für dienst- und besoldungsrechtliche Angelegenheiten des berufsbildenden Schulwesens zuständigen Abteilung (letzte Bezeichnung: Abteilung III/19) tätig.

Laut Gegenschrift der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer seit 28. November 1991 über eigenes Verlangen der Abteilung Präs 19 zur Dienstleistung zugewiesen.

Aus Anlaß seiner Beförderung in die Dienstklasse VI der Verwendungsgruppe B mit 1. Juli 1990 hatte der damalige Abteilungsleiter der Abteilung III/19 folgende Arbeitsplatzbeschreibung vom 17. April 1990 erstellt:

    "ASekr.Mag. A hat in der Abteilung III/19 für dienst- und

besoldungsrechtliche Angelegenheiten des berufsbildenden

Schulwesens folgende Arbeiten zu verrichten

                                                 Zeitanteil

1.   Anrechnung von Ruhegenußvordienstzeiten für

      Lehrer an pädagogischen Akademien und

      berufspädagogischen Akademien; Überwachung

      bzw. Veranlassungen im Überweisungsverfahren;

      Vorschreibung besonderer Pensionsbeiträge,

      Auskünfte, insbesondere an

      Sozialversicherungsträger                       30 %

2.1. Evidenz der dienst- und besoldungsrechtlich relevanten Gesetze, Verordnungen, allgemeinen Erlässe und Einzelentscheidungen sowie

einschlägiger Judikatur der Höchstgerichte;

Informationsweitergabe und Auskünfte an Abteilungsangehörige; Beschaffung solcher Unterlagen.

2.2. Erarbeitung der Grundlagen und Entwürfe für Rundschreiben betreffend dienst- und besoldungsrechtliche Fragen im Bereiche des berufsbildenden Schulwesens;

erforderlichenfalls im Einvernehmen mit

anderen Verwaltungseinheiten.

2.3. Entwürfe für Anfragenbeantwortungen für das Dienst- und Besoldungsrecht betreffende

Anfragen, die an den Bundesminister

gerichtet werden; desgleichen in Angelegenheiten der Volksanwaltschaft, der Personalvertretung und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst;

Vorbereitung allfälliger Gesprächstermine, Durchführung dieser oder Teilnahme an solchen Besprechungen. Bearbeitung dienstrechtlicher Anfragen und Beschwerden einzelner Lehrer.

Zeitanteil

2.4. Verfassung von Stellungnahmen zu Gesetzes- oder Verordnungsentwürfen oder zu

Erlaßentwürfen anderer Abteilungen;

Verfassung von Anregungen zu Änderungen oder Ergänzungen von Gesetzen, Verordnungen oder Erlässen, soweit dies von der Anwendungspraxis her tunlich erscheint.

2.5. Kostenberechnung bzw. -schätzung im Zusammenhang mit Gesetzes- bzw. Verordnungsänderungen;

Erhebung und Auswertung statistischer

Unterlagen, allenfalls im Einvernehmen mit den

mitbetroffenen Abteilungen; Erhebung und Auswertung beschäftigungspolitisch erheblicher Daten bezüglich der Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, soweit diese

nicht von anderen Verwaltungseinheiten zur Verfügung gestellt werden können.

2.6. Lösung dienst- und besoldungsrechtlicher Fragen, die von den zur Entscheidung zuständigen Landesschulbehörden an das Bundesministerium

für Unterricht und Kunst herangetragen werden; Lösung solcher Fragen, soweit dies für die Erledigung durch Abteilungsangehörige oder

für Maßnahmen anderer Verwaltungseinheiten erforderlich ist.

2.7. Prüfung und Veranlassungen in Angelegenheiten von Sachverhalten mit disziplinar- oder

strafrechtlicher Relevanz.

2.8. Aufbereitung dienst- und besoldungsrechtlicher Fragen oder Fragenbereiche für dienstliche Besprechungen des Abteilungsleiters; Bericht

über bzw. auszugsweise Zusammenfassungen aus facheinschlägiger Literatur, insbesondere aus Fachzeitschriften oder aus umfangreicheren Geschäftsstücken.

2.9. Teilnahme an dienstlichen Besprechungen, in

denen dienst- oder besoldungsrechtliche

Belange erörtert werden; Verfassung von

Berichten darüber; Anregung der Veranlassung erforderlicher Maßnahmen." 70 %

Mit Schreiben vom 6. Mai 1990 machte der Beschwerdeführer geltend, aus seiner Arbeitsplatzbeschreibung gehe hervor, daß er im erheblichen Ausmaß und dauernd Dienste leiste, die einer höheren als seiner derzeitigen Verwendungsgruppe zuzuordnen seien oder regelmäßig nur von Beamten einer höheren Dienstklasse erwartet werden könnten. Diese Dienste seien auch tatsächlich Jahre lang von Beamten der Verwendungsgruppe A geleistet worden. Dazu komme, daß die seiner derzeitigen Verwendungsgruppe entsprechende dienstliche Tätigkeit (Anrechnung der Ruhegenußvordienstzeiten) gelegentlich Erledigungen erfordere, die ebenfalls einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen seien. In diesem Zusammenhang wies der Beschwerdeführer auch auf das Vorliegen erheblicher mengenmäßiger Mehrleistungen hin. Da die Gebührlichkeit der Verwendungszulage nicht von einem Antrag abhänge, er die der Arbeitsplatzbeschreibung entsprechende Tätigkeit im wesentlichen seit seiner Versetzung "in die Lehrerpersonalgruppe" ausführe, mache er die Verwendungszulage auch für den noch nicht der Verjährung anheim gefallenen Zeitraum im Höchstausmaß rückwirkend geltend.

Nach einer Urgenz seines Antrages gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. April 1991 folgendes bekannt:

"Zu Ihren Eingaben betreffend Bemessung einer Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 Gehaltsgesetz 1956 wird Ihnen mitgeteilt, daß Sie laut übereinstimmenden Stellungnahmen Ihrer Dienstvorgesetzten bisher nie Aufgaben ausgeführt haben, die ihrer Wertigkeit nach der Verwendungsgruppe A zuzuordnen sind. Vielmehr mußten die Ihnen primär zugeordneten Arbeiten aus Gründen, die Sie selbst zu verantworten haben, sukzessive anderen Mitarbeitern zugewiesen werden.

Die mit Wirkung vom 1. März 1991 durchgeführte Überstellung in die Verwendungsgruppe A basiert auf den Tätigkeiten, für die Sie auf Grund Ihrer akademischen Ausbildung vorgesehen waren. Es wird nunmehr aus Anlaß dieser Überstellung erwartet und erhofft, daß Sie diese Tätigkeiten auch tatsächlich ordnungsgemäß ausüben werden.

Es steht Ihnen frei, zu diesen Ausführungen Stellung zu nehmen."

Mit Schreiben vom 26. September 1991 stellte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf seinen seinerzeitigen Antrag und das zuletzt genannte Schreiben der belangten Behörde den Antrag auf bescheidmäßige Zuerkennung einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 GG rückwirkend ab 1. September 1984. In der Begründung des Schreibens vom 30. April 1991 habe die belangte Behörde ausgeführt, daß laut übereinstimmender Stellungnahme seiner Dienstvorgesetzten der Beschwerdeführer bisher nie Aufgaben ausgeführt habe, die ihrer Wertigkeit nach der Verwendungsgruppe A zuzuordnen wären. Tatsächlich sei aber aus der Art und Vielzahl (Hinweis auf die beigelegte Arbeitsplatzbeschreibung aus 1990) der ihm obliegenden Tätigkeiten klar zu erkennen, daß er tatsächlich in erheblichem Ausmaß Dienst verrichtet habe, der einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sei. Diese Tätigkeiten erbringe er bereits seit 1. September 1984. Für die Zuerkennung einer Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 GG sei allein entscheidend, ob in einem erheblichen Ausmaß Dienste verrichtet würden, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen seien. Der Verwendungsgruppe A seien im Sinne der Rechtsprechung Dienste zuzuordnen, für die im allgemeinen eine abgeschlossene Hochschulbildung Voraussetzung sei. Da der Beschwerdeführer in erheblichem Ausmaß solche Dienste verrichte, welche der höheren Verwendungsgruppe A zuzuordnen seien, ersuche er um rückwirkende Zuerkennung einer ruhegenußfähigen Verwendungszulage.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. Jänner 1992 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Bemessung einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 GG (im folgenden Verwendungsgruppenzulage) ab. Nach Darstellung des Inhaltes des Vorhaltes vom 30. April 1991 führte die belangte Behörde aus, eine Stellungnahme des Beschwerdeführers dazu sei bis zum heutigen Tage nicht eingelangt. Es sei zu prüfen gewesen, inwieweit beim Beschwerdeführer Tätigkeiten vorgelegen seien, für die im allgemeinen eine abgeschlossene Hochschulausbildung Voraussetzung sei. Wie aus den jeweiligen Geschäftseinteilungen der belangten Behörde ersichtlich sei, sei der Beschwerdeführer in der für dienst- und besoldungsrechtliche Angelegenheiten des berufsbildenden Schulwesens zuständigen Abteilung tätig, wobei er dort grundsätzlich folgende Arbeiten (es folgt die Wiedergabe der oben wörtlich wiedergegebenen Arbeitsplatzbeschreibung) für ihn vorgesehen gewesen seien. Wie im durchgeführten Ermittlungsverfahren festgestellt worden sei, sei diese Aufgabenverteilung ausschließlich im Rahmen der für die Verwendungsgruppe B vorgesehenen Wertigkeit vorgenommen worden. Soweit Tätigkeiten angefallen seien, für die der Abschluß eines Hochschulstudiums notwendig gewesen sei, und die derart ihrer Wertigkeit nach der Verwendungsgruppe A zuzuordnen gewesen seien, seien diese vom damaligen Referatsleiter und nunmehrigen Abteilungsleiter Ministerialrat Dr. Ho. ausgeführt worden.

In diesem Zusammenhang sei ergänzend auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nach der die Ausfüllung einer selbständigen und verantwortlichen Stellung und die Erledigung auch nicht einfacher Fälle innerhalb eines beschränkten Aufgabenbereiches in den Rahmen der vom Beamten des Gehobenen Verwaltungsdienstes der Verwendungsgruppe B zu erbringenden Arbeitsleistungen falle. In einem sachlich beschränkten Umfang sei solchen Beamten auch die Verfassung von Bescheiden höheren Schwierigkeitsgrades und die Übernahme der Verantwortung hiefür zumutbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung der 24. Gehaltsgesetznovelle, BGBl. Nr. 214/1972, gebühren dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob der Beschwerdeführer, der im strittigen Zeitraum Beamter der Verwendungsgruppe B war, in erheblichem Ausmaß im Sinne des § 30a Abs. 1 Z. 1 GG Dienste verrichtete, die der Verwendungsgruppe A zuzuordnen waren.

Der Verwendungsgruppe A sind, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, nur Dienste zuzuordnen, für die im allgemeinen eine abgeschlossene Hochschulausbildung Voraussetzung ist. Dagegen führt selbst das Erfordernis von auf Hochschulniveau stehenden - allenfalls durch dienstliche oder private Fortbildung - angeeigneten Kenntnissen dann nicht zur Annahme einer A-wertigen Verwendung, wenn es sich lediglich um einen kleinen Ausschnitt aus dem Stoff einer Studienrichtung handelt.

Für den Beamten der Verwendungsgruppe B sind charakteristisch und damit dieser Verwendungsgruppe zuzuordnen Dienste vom Rang einer selbständigen und selbstverantwortlichen Arbeit, deren klaglose Bewältigung einerseits eine durch Absolvierung einer höheren Lehranstalt erworbene Bildung, andererseits Fachkenntnisse voraussetzt, wie sie durch die Zurücklegung der als Anstellungserfordernisse vorgeschriebenen Zeiten praktischer Verwendung und der als eben solches geforderten Ablegung entsprechender Prüfung erlangt zu werden pflegen. Dabei ist die - auch durch private Fortbildung herbeigeführte - Erfahrungskomponente für den Verwendungserfolg von Bedeutung (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 1988, Zl. 86/12/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann es im Beschwerdefall unter Zugrundelegung der für den Beschwerdeführer geltenden und von der belangten Behörde auch herangezogenen Arbeitsplatzbeschreibung keinem Zweifel unterliegen, daß die unter Punkt 2. aufgezählten Aufgaben (zumindestens teilweise, vgl. z.B. die Punkte 2.2., 2.3., 2.6., 2.7., 2.8. und 2.9.) nicht von vornherein bloß einen kleinen Ausschnitt aus dem Stoff einer Studienrichtung betreffen und ihre Besorgung der Verwendungsgruppe A zuzuordnen sein kann. Mangels einer detaillierten Zuordnung des "Zeitanteiles" zu einzelnen Untergliederungen des Punktes 2. - die unter Punkt 2. dargelegten Aufgaben des Beschwerdeführers machen nach der Arbeitsplatzbeschreibung insgesamt 70 % aus - kann auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß jene Aufgaben, die als A-wertig angesehen werden können, in erheblichem Ausmaß - dies ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung bei Vorliegen eines wenigstens 25 v.H. übersteigenden Anteiles der gesamten Tätigkeit der Fall (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1992, Zl. 90/12/0196, und die angeführte Vorjudikatur) - geleistet wurden.

Strittig ist weiters, ob die in der Arbeitsplatzbeschreibung aufgelisteten Tätigkeiten TATSÄCHLICH vom Beschwerdeführer geleistet wurden oder nicht, worauf es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen für die Verwendungsgruppenzulage entscheidend ankommt (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Jänner 1992, Zl. 90/12/0196, und die dort angegebene Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe weder den Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt noch zureichende Tatsachenfeststellungen getroffen. Zutreffend gebe die belangte Behörde die Arbeitsplatzbeschreibung richtig wieder und scheine nicht in Zweifel ziehen zu wollen, daß bei Erfüllung der vorgesehenen Aufgaben eine A-wertige Verwendung vorliege. Unrichtig, ja geradezu aktenwidrig, sei die Behauptung, der Beschwerdeführer habe zum Vorhalt vom 30. April 1991 nicht Stellung genommen. Soweit eine solche Stellungnahme möglich und zu erwarten gewesen sei, sei sie durch seine Eingabe vom 26. September 1991 erfolgt. Abgesehen davon könne die Mitwirkungspflicht der Partei bei der Klärung des Sachverhaltes zweifellos nicht so weit gehen, daß das Aufstellen irgendeiner behördlichen Behauptung ausreiche, mangels einer Erwiderung der Verfahrenspartei die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung und eine entsprechende Begründung entfallen zu lassen. Vielmehr trete die Mitwirkungspflicht der Partei erst dann ein, wenn die Behörde zunächst amtswegig den Sachverhalt ermittelt und diesen der Partei im Wege des Parteiengehörs mitgeteilt habe. Dies sei allerdings im Beschwerdefall überhaupt nicht geschehen. Im Vorhalt vom 30. April 1991 seien apodiktische Behauptungen ohne konkretes Substrat und noch dazu von rechtlichem Charakter mitgeteilt worden. Ob eine Tätigkeit A-wertig sei oder nicht, sei Angelegenheit der behördlichen rechtlichen Beurteilung. Offenbar seien im Beschwerdefall die Vorgesetzten befragt worden und solle deren Antwort (soweit sie dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden sei) gelautet haben, der Beschwerdeführer hätte tatsächlich keine der Verwendungsgruppe A zuzuordnenden Tätigkeiten ausgeführt. Diese Art der Antwort inkludiere unzulässigerweise auch die Beantwortung der (Rechts)Frage, welche Tätigkeiten A-wertig seien und welche nicht. Es sei nie auch nur eine Angabe gemacht worden, welche konkreten einzelnen Tätigkeiten der Beschwerdeführer nicht ausgeführt haben solle, obwohl sie gemäß der Arbeitsplatzbeschreibung in seinen Aufgabenbereich gefallen seien. Auch die Bescheidbegründung enthalte keine Tatsachenangaben darüber, welche in der Arbeitsplatzbeschreibung enthaltenen Tätigkeiten der Beschwerdeführer tatsächlich nicht ausgeführt haben solle; es sei daher die Überprüfung der Frage unmöglich, ob die Behauptung, der Beschwerdeführer hätte keine A-wertigen Arbeiten verrichtet, auf Grund einer rechtlich richtigen Beurteilung erfolgt sei. Jener Abteilungsleiter, der angeblich die A-wertigen Tätigkeiten an seiner Stelle gemacht haben solle, sei während der überwiegenden Zeit gar nicht sein Vorgesetzter gewesen. Diese Stellung habe bis Dezember 1990 Mag. H. innegehabt. Es sei dem Beschwerdeführer auch nicht klar, ob dieser ebenfalls nur die Behauptung aufgestellt habe, in den Arbeitsbereich des Beschwerdeführers fallende A-wertige Tätigkeiten hätte nicht der Beschwerdeführer, sondern er selbst ausgeführt.

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

Die Feststellungen der Behörde zur Frage, welche Tätigkeiten der Beschwerdeführer im strittigen Zeitraum tatsächlich von den in der Arbeitsplatzbeschreibung angeführten Aufgaben geleistet hat, begnügen sich mit einem allgemeinen Hinweis, daß die Aufgabenverteilung "ausschließlich im Rahmen der für die Verwendungsgruppe B vorgesehenen Wertigkeiten" vorgenommen worden sei. Entsprechende Sachverhaltsfeststellungen und rechtliche Auseinandersetzungen mit den konkreten vom Beschwerdeführer tatsächlich erbrachten Tätigkeiten unter den für die Zuordnung zur Verwendungsgruppe A bzw. B maßgeblichen Kriterien, wie sie oben dargelegt wurden, fehlen völlig. Der Hinweis auf die "übereinstimmenden Stellungnahmen der Dienstvorgesetzten" allein reicht mangels jeglichen Anhaltspunktes, von welchem Sachverhalt die Dienstvorgesetzten ausgegangen sind, nicht aus. Die Bemerkung, die A-wertigen Tätigkeiten laut Arbeitsplatzbeschreibung seien vom damaligen Referatsleiter und nunmehrigen Abteilungsleiter Ministerialrat Ho. ausgeführt worden, ist dem Beschwerdeführer im Vorhalt vom 30. April 1991 nicht bekanntgegeben worden, sodaß sie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ohne Verstoß gegen das Neuerungsverbot in Zweifel ziehen konnte.

Dem kann auch nicht - wie dies die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift getan hat - entgegengehalten werden, der Beschwerdeführer habe den Behördenvorhalt vom 30. April 1991 in Wahrheit nicht bekämpft und damit seine Mitwirkungsverpflichtung verletzt.

Der belangten Behörde ist zwar einzuräumen, daß der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens die Partei nicht von der Verpflichtung befreit, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Daher ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1993, Zl. 91/12/0175 und die dort genannte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer ist im Beschwerdefall seiner Mitwirkungsverpflichtung unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten hinreichend nachgekommen: In seinem (neuerlichen) Antrag vom 26. September 1991 hat er nämlich auch zum Vorhalt der Behörde vom 30. April 1991 dahingehend Stellung genommen, daß er unter gleichzeitiger Vorlage der Arbeitsplatzbeschreibung behauptete, die dort (konkret umschriebenen) Tätigkeiten tatsächlich in erheblichem Ausmaß verrichtet zu haben. Damit hat der Beschwerdeführer den lediglich abstrakten Feststellungen im Behördenvorhalt vom 30. April 1991 eine konkrete Behauptung entgegengesetzt, die - wegen der oben aufgezeigten hochgradigen Unbestimmtheit der bisherigen ins Treffen geführten behördlichen Ermittlungsergebnisse - entweder gemäß § 8 Abs. 1 DVG die Verpflichtung der Dienstbehörde auslöste, weitere amtswegige Ermittlungen anzustellen oder die Behörde - sofern sie ihrer Auffassung nach über bereits hinreichend konkrete behördeninterne Erhebungen verfügte - verpflichtete diese bisher nicht dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Ergebnisse der Wahrung des Parteiengehörs im Sinne des § 8 Abs. 2 DVG zu unterziehen.

Da die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden. Im fortgesetzten Verfahren wird wegen des im 2. Antrag vom 26. September 1991 gestellten Begehrens auch auf die Verjährungsbestimmungen nach § 13b GG Bedacht zu nehmen sein.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992120037.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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