TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/24 95/17/0063

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Veröffentlicht am 24.03.1995
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Index

27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litb;
GebAG 1975 §18 Abs2;
GebAG 1975 §19 Abs2;
GebAG 1975 §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des JG in I (gemäß § 24 Abs. 2 VwGG unterfertigt von Dr. H, Rechtsanwalt in I), gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 30. Jänner 1995, Zl. 117-17A/95, betreffend Bestimmung einer Zeugengebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer war für den 23. November 1994 vor dem Bezirksgericht Innsbruck als Zeuge geladen und stand als solcher dem Gericht zwischen 11.00 und 12.05 Uhr zur Verfügung.

Er machte seinen Gebührenanspruch nach dem Gebührenanspruchsgesetz 1975, BGBl. Nr. 136 in der Fassung der erweiterten Wertgrenzennovelle 1989, BGBl. Nr. 343 (im folgenden: GebAG), wie folgt geltend:

"Für meine Befragung als Zeuge in oben angeführter Rechtssache erlaube ich mir, die Kosten gemäß Gebührenanspruchsgesetz 1975 in der geltenden Fassung wie folgt zu verzeichnen:

Entschädigung für Zeitversäumnis                   S 1.940,00

(siehe beiliegende Bestätigung)

Fahrt zu und von Gericht, 4 km zu je S 4,60        S    18,40

                                                   S 1.968,40"

    Der Beschwerdeführer legte die Bestätigung der

Fa. G-Ges.m.b.H. (im folgenden: Gesellschaft) in Innsbruck vom

25. November 1994 vor, in welcher sein Einkommensentgang in der

verzeichneten Höhe bestätigt wurde.

1.2. Mit Bescheid vom 4. Jänner 1995 bestimmte der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes Innsbruck die Zeugengebühr des Beschwerdeführers mit S 400,--. Nach der Begründung dieses Bescheides gebühre einem Selbständigen gemäß § 18 Abs. 2 GebAG nur eine Entschädigung von S 147,-- für jede begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zustehe, wenn er nur die Tatsache seines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2, nicht aber dessen Höhe bescheinige.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde an den Vorsteher des Bezirksgerichtes Innsbruck.

1.3. Mit Bescheid vom 30. Jänner 1995 gab der Vorsteher des Bezirksgerichtes Innsbruck dieser Beschwerde keine Folge und änderte den Bescheid dahin ab, daß die Gebühren wie folgt bestimmt werden:

"1) Reisekosten (§ 6 Abs 1 GebAG)

    Straßenbahn Ibk 2 x                            S  36,--

2) Entschädigung für Zeitversäumnis

    (§§ 17 bis 18 GebAG)

    Pauschalentschädigung (§ 18 (1) Z 1)

    2 Stunden a S 147,--                           S 294,--

                                                   S 330,--"

    Nach der Begründung dieses Bescheides habe der

Beschwerdeführer seinem Rechtsmittel eine weitere Bestätigung

der Gesellschaft angeschlossen. Darin werde bestätigt, daß

zwischen dem Unternehmen und dem Beschwerdeführer als

Unternehmensberater ein aufrechtes Werkvertragsverhältnis

bestehe, welches das Honorar nach tatsächlich erbrachter

Arbeitsleistung bestimme. Hiebei sei gemäß dem Honorartarif der

Berufsgruppe der Unternehmensberater ein Stundensatz von

S 970,-- zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart worden. Der

Beschwerdeführer müsse diese Leistungen persönlich erbringen.

Er habe am 23. November 1994 wegen einer gerichtlichen Ladung zwischen 10.40 und 12.20 Uhr die ihm beauftragte Tätigkeit nicht verrichten können, weshalb die Gesellschaft ihm diese Zeit auch nicht honorieren könne. Das auf diese Zeit entfallende Honorar hätte S 1.616,67 zuzüglich

20 % Umsatzsteuer, somit gesamt S 1.940,-- betragen.

Nach der weiteren Begründung dieses Bescheides sei der selbständig Erwerbstätige für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu entlohnen, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu entschädigen.

Der Zeuge selbst habe in seiner Eingabe vom 21. November 1994 angegeben, er stehe in einem Werkvertrag zur genannten Gesellschaft und erhalte für seine persönlich zu erbringende Tätigkeit ein Honorar von S 970,-- pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer. Im Falle von Krankheit oder sonstiger Abwesenheit, aus welchen Gründen immer, habe er naturgemäß keinen Honoraranspruch.

Für den Werkvertrag (§ 1151 ABGB), so heißt es in der Bescheidbegründung weiter, sei im Gegensatz zum Dienstvertrag das Fehlen der persönlichen Arbeitspflicht und das Fehlen jeder Einordnung in den fremden Unternehmensorganismus charakteristisch. Aus der Bestätigung der Gesellschaft gehe hervor, daß der Beschwerdeführer diese Leistung persönlich erbringen müsse. Das lasse den Schluß zu, daß die zu verrichtenden Arbeiten zu einem anderen Zeitpunkt nachgeholt worden seien und daher tatsächlich Einkommen gar nicht verloren gegangen sei. Gegenteiliges sei vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet worden, auch nicht eine erfolgte Stellvertretung. Der Beschwerdeführer habe das "tatsächlich entgangene" Einkommen nicht zu bescheinigen vermocht.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid deswegen in seinen Rechten verletzt, weil ihm die verzeichnete und bescheinigte Zeugengebühr zu Unrecht nicht zugesprochen worden sei. Der Beschwerdeführer habe kein entgangenes "fiktives Einkommen" begehrt, sondern das ihm tatsächlich entgangene reale Einkommen. Grund und Höhe dieses Anspruches habe er durch Bestätigung seines Auftraggebers vollständig nachgewiesen. Der Schluß der belangten Behörde, daß die zu verrichtenden Arbeiten zu einem anderen Zeitpunkt nachgeholt worden seien, sei eine Vermutung und keine bewiesene Tatsache. Tatsächlich könne der Beschwerdeführer die "beauftragten Tätigkeiten" nicht beliebig nachholen. Er habe die Mitarbeiter seines Auftraggebers anzuleiten und zu führen, Organisationsbesprechungen zu führen, Unternehmensentscheidungen gemeinsam mit leitenden Angestellten vorzubereiten u.s.w. Ein "Nachholen" dieser Tätigkeiten sei nicht möglich und auch nicht geschehen. Einerseits lasse sich seine Abwesenheit am betreffenden Tag zwischen 10.40 und 12.20 Uhr nicht ungeschehen machen, andererseits stünden die Mitarbeiter seines Auftraggebers nur während der relativ kurzen Kernarbeitszeit zur Verfügung. Sein Auftraggeber lege auf eine möglichst häufige und umfangreiche Anwesenheit des Beschwerdeführers Wert und hätte dessen Tätigkeit auch gerne in der in Rede stehenden Zeit genützt. Da der Beschwerdeführer nicht zur Verfügung gestanden sei, habe der Auftraggeber - verständlich und natürlich - für diese Zeit das vereinbarte Honorar nicht bezahlt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des GebAG in der genannten Fassung lauten:

"Umfang der Gebühr

§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfaßt

...

2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. ...

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1.

S 136,-- für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2.

anstatt der Entschädigung nach Z. 1

a)

beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

b)

beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

c)

anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,...

(2) Im Sinne des Abs. 1 Z. 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z. 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.

Geltendmachung der Gebühr

§ 19. (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen ... nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen ...

(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft ... zu bescheinigen.

(3) ..."

Die im § 18 Abs. 1 Z. 1 GebAG genannte Entschädigungssumme beträgt laut Verordnung BGBl. Nr. 214/1992 S 147,--.

2.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang bei einem selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1993, Zl. 92/17/0184, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung, sowie aus letzter Zeit die hg. Erkenntnisse vom 15. April 1994, Zl. 91/17/0172, und vom 17. Februar 1995, Zl. 92/17/0254).

Als wesentlich wurde in der Rechtsprechung bei der Beurteilung des tatsächlichen Einkommensentganges eines selbständig Erwerbstätigen auch erachtet, ob es dem Zeugen möglich und zumutbar war, die betreffenden Tätigkeiten nach Rückkehr vom Gericht durchzuführen, wobei auch die Dringlichkeit bzw. Terminisierung der versäumten Arbeiten eine Rolle spielen können (hg. Erkenntnis vom 15. April 1994, Zl. 91/17/0172). Geht es um behauptetermaßen tatsächlich entgangenes Einkommen wegen "verloren gegangener" Beratungsaufträge, dann ist zu berücksichtigen, welcher Art und welcher Dringlichkeit (allenfalls Unaufschiebbarkeit) diese entgangenen Beratungsaufträge gewesen sind (hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1995, Zl. 92/17/0254).

Beurteilt man den vorliegenden Beschwerdefall vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung, dann wird deutlich, daß dem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bescheinigungsmittel jegliche Aussagekraft zur entscheidenden Frage des verloren gegangenen Einkommens des Beschwerdeführers fehlt. Der Inhalt des Bescheinigungsmittels beschränkt sich darauf, daß dem Beschwerdeführer, der in der in Frage stehenden Zeit keine Werkleistung erbracht hat, bei der Abrechnung seines werkvertraglich vereinbarten Entgeltes diese Zeit nicht als Entgeltbestandteil berechnet wird. Das ist auf dem Boden des behaupteten Werkvertrages eine Selbstverständlichkeit (wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde selbst betont), sagt aber überhaupt nichts darüber aus, warum diese entfallene Beratungsleistung als endgültig unterblieben und das entsprechende Einkommen als endgültig verloren anzusehen wäre. Wenn der Beschwerdeführer (erst) in der Beschwerde die Behauptung aufstellt, daß ein Nachholen dieser unterbliebenen Tätigkeiten nicht möglich gewesen sei, so verkennt er, daß die Bescheinigung auch diesen Umstand hätte erfassen müssen. Das vom Beschwerdeführer der Berufung angeschlossene Bescheinigungsmittel kann nämlich - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers in der Beschwerde - nicht so verstanden werden, daß damit auch bestätigt worden sei, der Beschwerdeführer habe die zu verrichtenden Arbeiten zu keinem anderen Zeitpunkt nachgeholt. Es heißt dort nämlich nicht, "konnte die ihm aufgetragene Tätigkeit nicht verrichten", sondern "konnte AM VERGANGENEN DIENSTAG wegen einer gerichtlichen Ladung zwischen 10.40 und 12.20 Uhr die ihm beauftragte Tätigkeit nicht verrichten, weshalb wir ihm diese Zeit auch nicht honorieren können." Es lag daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch keinerlei Unklarheit vor, die es erforderlich gemacht hätte, ein Verbesserungsverfahren nach § 20 Abs. 2 GebAG einzuleiten und dem Beschwerdeführer weitere Bescheinigungsmittel abzuverlangen.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den geltend gemachten Anspruch nicht im Sinne des § 18 Abs. 2 GebAG als bescheinigt angesehen hat.

2.3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995170063.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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