TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/28 92/07/0081

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Veröffentlicht am 28.03.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

ABGB §297;
ABGB §416;
ABGB §417;
ABGB §418;
ABGB §435;
AVG §56;
AVG §66 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §12;
WRG 1959 §38 Abs2 litb;
WRG 1959 §50;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 28. Februar 1992, Zl. 410.721/01-I4/91, betreffend wasserpolizeilichen Auftrag nach § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 (mitbeteiligte Parteien: 1. Leopoldine H in S, 2. Johannes H in K, und 3. Leopold H in S, alle vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und den mitbeteiligten Parteien in der Höhe von insgesamt S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. März 1985 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Tulln (BH) die erstmitbeteiligte Partei und deren Ehegatten gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959, mehrere Maßnahmen zum Zweck der Sanierung an der Zufahrtsbrücke über das Grundstück Nr. 478/1 (H.-Bach), KG. St. A., zu ihrem Grundstück Nr. 25, KG. St. A., vorzunehmen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die erstmitbeteiligte Partei und ihr Ehegatte Berufung an den Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) und stellten in weiterer Folge einen Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 1 AVG an die belangte Behörde. Mit Bescheid vom 10. Juni 1987 hob die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 in Verbindung mit § 73 AVG auf und verwies die Angelegenheit zur Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, eine wasserpolizeiliche Anordnung nach § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 könne sich nur an den Eigentümer derartiger Überbrückungen richten. Die von der BH festgestellten "Anhaltspunkte" für die Eigentümerschaft der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehegatten dieser Brücke würden "reine Vermutungen" darstellen, "die einen vollen Beweis über die Frage des Eigentums nicht ersetzen können". Dieser Bescheid wurde nicht vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten.

In weiterer Folge wurde von der erstmitbeteiligten Partei und ihrem Ehegatten mit Anträgen auf Übergang der Entscheidungspflicht neuerlich die belangte Behörde angerufen, die mit Bescheid vom 23. Jänner 1989 gemäß § 73 AVG den Devolutionsantrag unter Hinweis auf die amtswegige Durchführung des wasserpolizeilichen Verfahrens mangels Parteistellung der Antragsteller zurückwies. Gegen diesen Bescheid erhoben die erstmitbeteiligte Partei und ihr Ehegatte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der diese mit Erkenntnis vom 4. April 1989, Zl. 89/07/0046, als unbegründet abwies.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtete die BH mit Bescheid vom 28. Juni 1989 die Beschwerdeführerin gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 zur Durchführung näher bezeichneter Sanierungsmaßnahmen an der gegenständlichen Brücke. In der Begründung führte die BH unter anderem aus, aufgrund ihrer ergänzenden Erhebungen stehe fest, daß für die Brücke kein gesondertes Eigentumsrecht ausgewiesen sei. Aus der Katastermappe des Grundbuches beim BG Tulln sei zu ersehen, daß die Brücke, die vom Grundstück Nr. 25 über das Grundstück Nr. 478/1 (H.-Bach), beide KG. St. A., führe, in der Mappe mit zwei runden Klammern, jeweils zum Grundstück Nr. 478/1 weisend, verbunden sei. Ferner wird in diesem Bescheid auf ein Schreiben der Abteilung B/7 des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung mit folgendem Inhalt verwiesen:

"Das Grundstück 478/1 wird im Katasteroperat seit 1980 als Weg, früher als sonstige Benützungsart "Ortsraum" geführt. Diese Bezeichnung läßt sich unverändert bis ins Jahr 1912 verfolgen. Wie aus dem beiliegenden Ausschnitt aus der alten Katastermappe (gültig bis 1930) ersichtlich, wurden seinerzeit prinzipiell im Ortsbereich öffentliche Flächen verschiedenen Charakters (Wege, Straßen, Plätze, Bäche) nicht getrennt dargestellt, da die Zuordnung zum Verzeichnis des öffentlichen Gutes laut Grundbuchsbestimmungen ausreichend wahr. Erst anläßlich der Einbücherung und verwaltungsmäßigen Aufteilung des öffentlichen Gutes in Gemeinde-, Landes- und Bundesverwaltung wurden oftmals erst Teilungen in einzelne Grundstücke vorgenommen. Im gegenständlichen Fall wurde deshalb nur die Bundesstraße 14 und dazu - veranlaßt durch die Bundesstraßenverwaltung - das Weggrundstück 478/2 aus der Ortsraumparzelle 478 ausgeschieden. Durch die Änderung der Bundesstraßengrenzen, durchgeführt mit Anmeldungsbogen 1/80, wurde das Grundstück 478/1 im Bereich der Bundesstraße (Überdeckung des H.-Baches) als Gehsteig verwendet und daher als "Weg" im Katasteroperat eingetragen. Die Bezeichnung "Weg" wäre über Antrag des Eigentümers (Gemeinde) jederzeit beim Vermessungsamt zu ändern.

Eine Trennung der H.-Gasse vom H.-Bach wäre nur durch einen Teilungsplan möglich, dessen Kosten zweifellos die Gemeinde zu tragen hätte."

Im Gutachten des Gebietsbauamtes III des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung werde festgestellt, daß die Brücke zwei Privatgrundstücke - nämlich Grundstück Nr. 25 und Grundstück Nr. 459/2 verbinde. Durch eine Erhebung bei der Vermessungsbehörde habe aber zweifelsfrei erhoben werden können, daß das in einer Mappenkopie rot dargestellte Dreieck gemäß Grundbuchsbeschluß TZ 292/70 vom Grundstück Nr. 488/1 (Bundesstraße) nicht zum Grundstück Nr. 459/2, sondern zum Grundstück 478/1 übertragen worden sei, sodaß die Brücke eine Verbindung zwischen dem öffentlichen Gut der Bundesstraße über das öffentliche Gut des Grundstückes 478/1 zum Privatgrundstück Nr. 25 darstelle.

Abgesehen von diesen Feststellungen müsse nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß nach Ansicht der Behörde aus dem Eigentum an der Oberfläche nicht auf Eigentumsverhältnisse oder Erhaltungsverpflichtungen von Überbauungen (Brücken) geschlossen werden könne. Es sei eine seit vielen Jahrzehnten im Kataster geübte Praxis, daß der sogenannte "öffentliche Unterlieger" durch Überbauungen nicht im Eigentum unterbrochen werde. Dies zeige beispielsweise jede Bundes- oder Landesstraßenbrücke, die über ein öffentliches Gewässer führe. Das grundbücherliche Eigentum des öffentlichen Gewässers werde nicht unterbrochen, obwohl die volle Erhaltungspflicht der Brücke selbstverständlich bei der Straßenverwaltung liege.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 8. August 1989 Berufung und führte im wesentlichen aus, daß "vom Eigentum an der Erdoberfläche nicht auf die Eigentumsverhältnisse oder Erhaltungsverpflichtung von Verbauungen (Brücken) geschlossen werden könne. Die im Katasterblatt ausgewiesenen "S-Klammern an der Brücke" würden bedeuten, "daß der Unterlieger (H.-Bach) in seinem Eigentum durch den Oberlieger (die Brücke)" nicht unterbrochen werde. Dies bedeute jedoch nicht, "daß der Oberlieger (Brücke) zum Unterlieger (H.-Bach)" gehöre. Insbesondere wäre die Frage des "Öffentlichkeitscharakters" der Brücke zu klären.

Mit Eingabe vom 13. Februar 1990 - und nicht, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt, vom 15. September 1989 - stellten die erstmitbeteiligte Partei und ihr Ehegatte neuerlich einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht an die belangte Behörde und beantragten gleichzeitig die Zurückweisung der ihrer Meinung nach nicht gerechtfertigten Berufung der Beschwerdeführerin. Mit Bescheid vom 7. Mai 1990 wies die belangte Behörde gemäß § 73 AVG diesen Devolutionsantrag als unzulässig - mangels Parteistellung der Antragsteller - zurück. Gegen diesen Bescheid erhoben die erstmitbeteiligte Partei und ihr Ehegatte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 8. Oktober 1991, Zl. 90/07/0093, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In der Begründung verwies der Verwaltungsgerichtshof auf die vom Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juni 1987 ausgehende Bindungswirkung, wonach von der belangten Behörde die Frage des Eigentums an der Brücke als maßgeblich erachtet wurde. Da die erstmitbeteiligte Partei und ihr Ehegatte ebenso wie die Beschwerdeführerin als mögliche Eigentümer der Brücke in Frage kommen, sind auch die erstmitbeteiligte Partei und ihr Ehegatte im Hinblick auf die Einheit des anhängigen Verwaltungsverfahrens als Verfahrensparteien zu qualifizieren.

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 28. Februar 1992) wies die belangte Behörde mit Spruchpunkt I die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der BH vom 28. Juni 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Unter Spruchpunkt II wurde ein Antrag der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehegatten betreffend ein Kostenersatzbegehren gegenüber dem LH gemäß § 66 Abs. 4 als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, für die Überbrückung existiere naturgemäß kein Wasserberechtigter, sodaß sich ein wasserpolizeilicher Auftrag gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 "nur gegen den Eigentümer der Brücke richten könne".

Die gegenständliche Brücke sei nicht als Superädifikat im Sinne des § 435 ABGB zu qualifizieren, da es sich um eine feste Eisenkonstruktion mit Holzbohlen handle und ein "bestehendes, zeitlich begrenztes Nutzungsrecht" nicht habe ermittelt werden können. Die Brücke folge somit "als unselbständiger Bestandteil des Grundstückes dem sachenrechtlichen Schicksal der Hauptsache" und sei "sonderrechtsunfähig". Das Eigentum an der Hauptsache und am unselbständigen Bestandteil könne daher nicht verschiedenen Personen zustehen. Das durch die Brücke überbaute Grundstück Nr. 478/1, KG. St. A., stehe zweifelsfrei im Eigentum der Beschwerdeführerin; dies gelte daher auch für die Brücke über den H.-Bach.

Darüberhinaus sei in der Grundbuchsmappe die Brücke mittels zweier geschwungener Klammern mit dem Bachgrundstück verbunden. Gemäß § 46 Abs. 2 des Dienstbuches für die Führung der öffentlichen Bücher (Grundbuchsvorschrift) mache diese Zugehörigkeitsklammer ersichtlich, daß eine Linie nicht als Grundstücksgrenze anzusehen sei.

Nach Ansicht der belangten Behörde können "Personen, die nur Träger einer (zivilrechtlichen) Erhaltungspflicht sind, ... nicht Partei im Wasserrechtsverfahren und somit Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages sein." Der wasserpolizeiliche Auftrag sei daher an den Grundeigentümer zu richten.

Die Frage nach dem öffentlichen Charakter dieser Brücke sei nicht für das Wasserrechtsverfahren maßgeblich, weil das WRG 1959 - insbesondere § 38 leg. cit. - auf dieses Merkmal nicht abstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, "als Nichteigentümer bzw. nicht zur Erhaltung Verpflichtete" gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 zur Setzung notwendiger Maßnahmen an der Brücke über das Grundstück Nr. 478/1, KG. St. A., nicht verpflichtet zu werden.

Die Beschwerdeführerin bringt unter anderem vor, es stehe fest, daß die gegenständliche Brücke zuletzt im Jahre 1910 nach vorhandenen Originalplänen in der heutigen Form umgebaut worden sei. Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin habe jedoch im Jahre 1876 keinen Gemeinderatsbeschluß über Ausgaben für diese Brücke oder betreffend "sonstige Beziehungen der Gemeinde zu dieser Brücke" gefaßt. Auch würden bei der Beschwerdeführerin über die Umbauten im Jahre 1910 keinerlei Unterlagen oder Pläne aufliegen. Es sei daher davon auszugehen, daß der Umbau im Jahre 1910 vom damaligen Eigentümer des Grundstückes Nr. 25, KG. St. A., vorgenommen worden sei.

Von der belangten Behörde wäre daher ergänzend festzustellen gewesen, daß die Vertreter der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführerin im Jahre 1910 jedoch Kenntnis davon hatten, daß seitens des Eigentümers des Grundstückes Nr. 25, KG. St. A., diese Brücke errichtet worden sei. Dies ergebe sich schon aus dem Umstand, daß ein derartiges Bauwerk im Jahre 1910 den Gemeindevertretern "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auffällig" gewesen sei. Die Beschwerdeführerin rügt daher die Unterlassung dieser Feststellungen als sekundären Verfahrensmangel.

Auf der Grundlage dieser nicht festgestellten Tatsache ergebe sich jedoch, daß mit Wissen der Beschwerdeführerin vom Rechtsvorgänger der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehegatten "ein Bauwerk auf bzw. über dem Grund der Beschwerdeführerin" hergestellt worden sei.

Daraus, daß einerseits bei der Beschwerdeführerin seit dem Jahre 1876 keinerlei Aufzeichnungen betreffend die Brücke existieren würden, andererseits die Brücke aber ehemals bereits ca. 300 Jahre als Zufahrt zur Mühle bestanden habe, ergebe sich weiters, daß die Bauführung einerseits von der Beschwerdeführerin im Jahre 1910 nicht untersagt worden sei, der Bauführer jedoch die Brücke redlich auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin errichtet habe.

Es sei daher davon auszugehen, daß bereits der Rechtsvorgänger der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehegatten an der Brücke sowie auch am darunter liegenden Teil des Grundstückes Nr. 478/1, KG. St. A., gemäß § 418 ABGB durch Verschweigung der Beschwerdeführerin Eigentum erworben habe. Nach allgemeiner Rechtsauffassung sei in solchen Fällen das Intabulationsprinzip durchbrochen und stehe daher der aktuelle Grundbuchstand der Annahme eines tatsächlichen Eigentums der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehemannes nicht entgegen. Diese Rechtslage sei den betroffenen Personen offensichtlich bekannt, da sich aus einem Schreiben vom 18. Dezember 1981 der rechtsfreundlichen Vertreter der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehegatten entnehmen lasse, daß die Brücke im Eigentum des Ehegatten der erstmitbeteiligten Partei stehe.

Auch die Behauptung, Originalpläne seien vorhanden, deute jedenfalls in die Richtung, daß die erstmitbeteiligte Partei und ihr Ehegatte diese Pläne nur deshalb nicht vorgelegt haben, um nicht selbst ihr Eigentumsrecht zu dokumentieren. Der von diesen Personen im Jahre 1970 bis 1975 vorgenommene Austausch morscher Holzbohlen an der gegenständlichen Brücke "indiziere deren Eigentum". Nicht zuletzt lasse das rechtsuferig des H.-Baches am Beginn der Brücke angebrachte Gittertor auf ein Eigentum der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehegatten an der gegenständlichen Brücke schließen. Diesbezüglich dürfe auch nicht übersehen werden, daß seitens der Beschwerdeführerin niemals irgendwelche Beschlüsse gefaßt worden seien.

Die belangte Behörde habe die zivilrechtliche Vorfrage bezüglich des Bestehens oder Nichtbestehens des Eigentumsrechtes der Beschwerdeführerin an der gegenständlichen Brücke unrichtig beurteilt und dieser zu Unrecht den wasserpolizeilichen Auftrag gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 erteilt.

Hilfsweise wendet die Beschwerdeführerin ein, daß entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde die Brücke offenbar auf dem Grund der Beschwerdeführerin in der Absicht errichtet worden sei, diese nicht stets darauf zu belassen. Die Brücke sei daher als Superädifikat im Sinne des § 435 ABGB zu qualifizieren. Sie sei im Jahre 1910 vom Rechtsvorgänger der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehemannes ohne jedwede Mitwirkung der Beschwerdeführerin errichtet worden. Dabei sollte die Brücke zweifellos nur so lange auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin belassen werden, als nicht eine andere Zufahrtsmöglichkeit zum Grundstück Nr. 25, KG. St. A., geschaffen werde. Dies ergebe sich daraus, daß die Brücke nicht massiv in Stahlbetonbauweise ausgeführt, sondern lediglich auf Eisenträgerholzbohlen aufgelegt worden sei, die Brücke daher leicht entfernbar wäre. Abgesehen davon würde selbst eine "solide Bauart" die Überbauungseigenschaft nicht nehmen. Die Frage der Belassungsabsicht sei überdies danach zu beurteilen, was der Brückenbauer seinerzeit bezwecken wollte. Keineswegs komme es auf die "heutige Sicht der Dinge an". Daß im Grundbuch beim Grundstück Nr. 478/1 (H.-Bach), KG. St. A., dieses Superädifikat nicht ersichtlich gemacht worden sei, sei belanglos. Nach allgemeinen Grundsätzen sei überdies sowohl für den Erwerb als auch für den Übergang eines Superädifikates durch Erbgang keine Urkundenhinterlegung erforderlich. Andererseits sei niemals eine Urkunde hinterlegt worden, die den Übergang des Eigentums am Superädifikat auf die Beschwerdeführerin dokumentieren würde, obwohl dies als einzig gültige Erwerbsart in Frage komme. In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerdeführerin das Fehlen entsprechender Feststellungen durch die belangte Behörde. Hilfsweise wendet die Beschwerdeführerin weiters ein, daß sich selbst für den Fall der Annahme, die erstmitbeiligte Partei und ihr Ehegatte seien nicht Eigentümer der gegenständlichen Brücke, aus den von der Behörde im ersten Rechtsgang festgestellten Umständen ergebe, daß offensichtlich diese Personen für die Erhaltung dieser Brücke seit jeher zuständig gewesen und ihrer Erhaltungspflicht bislang auch stets nachgekommen seien. Wenn auch die Frage nach dem öffentlichen Charakter der Brücke nicht primär verfahrensgegenständlich sei, so hätte die belangte Behörde doch Rücksicht darauf nehmen müssen, daß der Erhalter der Brücke tatsächlich die erstmitbeteiligte Partei und ihr Ehegatte seien, und daher allein diese Personen als im Sinne des § 102 lit. b WRG 1959 zur Leistung verpflichtete Parteistellung gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG zukomme. Diese Personen hätten daher nur zur Durchführung von Maßnahmen im Sinne der genannten Bestimmung verhalten werden dürfen.

Die Beschwerdeführerin beantragte auch, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Über Anfrage des Gerichtshofes vom 17. Februar 1994 teilte schließlich die Beschwerdeführerin mit, daß nach Einbringung der Beschwerde ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage eine Sanierung der Brücke im Sinne des von der BH ergangenen Bescheides vom 28. Juni 1959 durchgeführt worden sei. Diese Arbeiten habe das Österreichische Bundesheer - Pioniertruppenschule - im Rahmen einer Truppenübung durchgeführt, wobei die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Kosten vorläufig in Vorlage getreten sei. Die Erneuerungskosten seien jedenfalls von der, nach dem Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, sowie allfälliger Bau- und sonstiger Verwaltungsverfahren oder zivilgerichtlicher Entscheidungen als unterliegend anzusehenden Partei zu tragen. Mit Rücksicht auf die Erfüllung der bescheidmäßigen Auflage werde daher der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgezogen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde bekannt, daß der Ehegatte der erstmitbeteiligten Partei, der als mitbeteiligte Partei gleichfalls diesem Verfahren beigezogen werden sollte, verstorben ist. Hierauf wurden die beiden Söhne des Verstorbenen ergänzend dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren als mitbeteiligte Parteien beigezogen. Die erstmitbeteiligte Partei hat zunächst mit Schriftsatz vom 10. Juni 1992 und schließlich nochmals gemeinsam mit der zweit- und drittmitbeteiligten Partei mit Schriftsatz vom 20. Juli 1992 eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 bedürfen kleine Wirtschaftsbrücken und -stege bei den nicht zur Schiff- oder Floßfahrt benutzten Gewässerstrecken keiner Bewilligung nach Abs. 1 leg. cit. Erweist sich jedoch eine solche Überbrückung als schädlich oder gefährlich, so hat die Wasserrechtsbehörde die zur Beseitigung der Übelstände notwendigen Maßnahmen nach § 38 Abs. 2 lit. b zweiter Teilsatz WRG 1959 zu erkennen.

Der Gesetzgeber läßt jedoch in § 38 Abs. 2 lit. b zweiter Teilsatz WRG 1959 offen, an wen ein derartiger wasserpolizeilicher Auftrag zu ergehen hat. Eine Anwendung des § 50 WRG hinsichtlich der in Pflicht zu nehmenden Personen scheidet jedoch aus, da diese Bestimmung nur auf "Wasserbenutzungsanlagen" und nach Abs. 6 leg. cit. auch auf alle "sonstigen Wasseranlagen" Anwendung findet, wenn sie aufgrund der erforderlichen Bewilligung errichtet oder geändert wurden (Arg.: die in Abs. 1 enthaltene Formulierung "Bewilligung entsprechend" als allgemeine Voraussetzung für alle den § 50 WRG 1959 unterliegenden Anlagen). Auf bewilligungsfreie Anlagen nach § 38 Abs. 2 WRG 1959 findet daher § 50 leg. cit. keine Anwendung (vgl. auch Raschauer, Wasserrecht, Rz. 2 zu § 50 WRG 1959).

Im Beschwerdefall ist für die Klärung der Frage der zu verpflichtenden Person der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG erlassene und mit 10. Juni 1987 datierte Bescheid entscheidend, da dieser unangefochten blieb und für das weitere Verfahren bindend festlegt, daß eine "wasserpolizeiliche Anordnung" nach § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 "nur an den Eigentümer derartiger Überbrückungen" gerichtet werden kann. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Zurückverweisungsbescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG sind die Wasserrechtsbehörden an die diesem Bescheid zugrunde liegende Rechtsanschauung gebunden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1991, Zl. 89/07/0195, sowie Azizi, Zur Bindung an die Rechtsanschauung der zurückverweisenden Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 2 AVG, ZfV 1976, S. 145 f.). Es war daher für die Klärung dieser Frage - entgegen der insbesondere in der Gegenschrift geäußerten Ansicht der belangten Behörde - nicht erforderlich, auf § 12 Abs. 2 WRG 1959 zurückzugreifen. Im übrigen erschiene ein derartiger Rückgriff rechtlich verfehlt, regelt doch § 12 leg. cit., wie aus dessen Überschrift und auch aus dessen Abs. 1 zu ersehen ist, "Grundsätze für die Bewilligung". Unbestritten ist jedoch im Beschwerdefall, daß eine Wirtschaftsbrücke vorliegt, die keiner Bewilligung nach § 38 Abs. 2 leg. cit. bedarf. Für die Interpretation, wer Verpflichteter nach § 38 Abs. 2 lit. b zweiter Teilsatz leg. cit. sein könnte, wäre daher aufgrund des § 12 Abs. 2 leg. cit. nichts zu gewinnen.

Obwohl die belangte Behörde die dargestellte Bindung an ihre in einem früheren Bescheid ausgedrückte Rechtsanschauung in der Begründung des angefochtenen Bescheides verkannt hat, wird dadurch die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt, weil die belangte Behörde ihre Entscheidung im tragenden Teil der Begründung auf die Frage des Eigentums an der Brücke stützt. Die erwähnte Bindungswirkung des Bescheides aus dem Jahre 1987 ist auch der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, wenn diese hilfsweise die Auffassung vertritt, daß es auf die Frage der "Erhaltungspflicht" der Brücke durch die mitbeteiligten Parteien ankomme.

Unbestritten ist, daß die gegenständliche Brücke im Jahre 1910 von Rechtsvorgängern der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehemannes auf dem Grundstück Nr. 478/1 (H.-Bach), KG. St. A., umgebaut wurde und dieses Grundstück schon seit damals im Eigentum der Beschwerdeführerin stand. Ferner ist unbestritten, daß in der Katastermappe des Grundbuches beim BG Tulln die Brücke mit zwei runden Klammern, jeweils zum Grundstück Nr. 478/1 weisend, verbunden ist, und daß für diese Brücke die vorgeschriebenen Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind.

§ 297 ABGB enthält den Grundsatz, daß für die Dauer bestimmte Bauwerke unselbständige Bestandteile der Liegenschaft werden. Ein außerbücherlicher Eigentumserwerb des Bauführers an einem auf fremdem Grund errichteten Bauwerk ist jedoch gemäß § 418 Satz 3 ABGB dann möglich, wenn der Eigentümer des Grundes von der Bauführung wußte und diese nicht sofort dem redlichen Bauführer untersagte; dem Grundeigentümer steht in diesem Fall nur der gemeine Wert für den Grund zu.

Soweit die Beschwerdeführerin zum Nachweis des außerbücherlichen Eigentums der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehemannes erstmals in der Beschwerde unter anderem vorbringt, es würden keine Beschlüsse der Gemeinde betreffend die Brücke vorliegen, die Gemeinde habe im Jahre 1910 Kenntnis vom Brückenbau gehabt, da ein derartiges Bauwerk mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Gemeindevertretern hätte auffallen müssen, ist ihr das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot gemäß § 41 VwGG sowie das Faktum entgegenzuhalten, daß aus einer Mutmaßung noch nicht auf das tatsächliche Vorliegen des Wissens über die Bauführung auf ihrem Grund geschlossen werden kann.

Da sich im Zuge des Verwaltungsverfahrens keine Hinweise auf einen möglichen außerbücherlichen Eigentumserwerb durch die erstmitbeteiligte Partei und ihren Ehegatten ergeben haben, bestand für die belangte Behörde im Beschwerdefall keine Notwendigkeit, hierüber nähere Ermittlungen durchzuführen.

Selbst wenn einzelne Holzbohlen in den Jahren 1970 bis 1975 durch die erstmitbeteiligte Partei und ihren Ehegatten ausgetauscht worden sein sollten, kann auch im Hinblick auf § 416 ABGB, wonach bei Verwendung fremder Materialien zur Ausbesserung einer Sache diese dem Eigentümer der Hauptsache gegen entsprechende Abgeltung des Wertes der Materialien zufallen, nichts für die Frage eines allfälligen Eigentums an der Brücke gewonnen werden. Auch das behauptete Gittertor am rechten Bachufer vermag kein, auf § 418 Satz 3 ABGB gestütztes Eigentum an der Brücke zu belegen.

Die Beschwerdeführerin wendet schließlich hilfsweise ein, die Brücke sei als Superädifikat zu qualifizieren und gehöre daher nicht ihr. Sie führt diese Ansicht auf die behauptete, zeitlich begrenzte Belassungsabsicht des Bauführers aus dem Jahre 1910 zurück, die sich aus der leicht entfernbaren Bauweise der Brücke erschließen lasse.

Ein Superädifikat, das die Anwendung des § 418 ABGB ausschließen würde (vgl. u.a. Spielbüchler in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch2, Rz. 2 zu § 417 ABGB), setzt das Fehlen der Absicht dauernder Belassung voraus. Diese Absicht ergibt sich entweder aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bauwerkes oder aus den zwischen dem Grundeigentümer und dem Errichter des Bauwerkes bestehenden Rechtsverhältnissen (vgl. das Urteil des OGH vom 13. April 1994, 3Ob 119/93 in NZ 1995, 16).

Für das Vorliegen "bestehender Rechtsverhältnisse" zwischen der Beschwerdeführerin und der erstmitbeteiligten Partei und ihrem Ehegatten im Sinne der zitierten Judikatur sind keine Anhaltspunkte im Verwaltungsverfahren hervorgekommen. Dem Argument der leichten Entfernbarkeit des Bauwerks ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Brücke offenbar den Bedürfnissen der Benützer entsprach und in hinreichend dauerhafter Konstruktion errichtet wurde, sodaß eine Art Generalsanierung erst nach mehr als 70 Jahren notwendig wurde. Es sprechen daher auch gute Gründe für eine ursprünglich bereits vorhandene dauernde Belassungsabsicht. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht im Rahmen ihrer Beurteilung davon ausgehen, daß die Brücke nicht im Eigentum der erstmitbeteiligten Partei und ihres Ehegatten, sondern gemäß § 297 ABGB im Eigentum der Beschwerdeführerin steht. Somit war die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrages gemäß § 38 Abs. 2 lit. b WRG 1959 an die Beschwerdeführerin zulässig.

Der Ausspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 49 Abs. 6 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien betrifft den Schriftsatzaufwand, der gemäß § 49 Abs. 6 VwGG bei mehreren mitbeteiligten Parteien nur in einfacher Höhe zusteht, sowie die zuviel begehrten Stempelgebühren.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992070081.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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