TE Vwgh Beschluss 1995/3/31 95/17/0015

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Veröffentlicht am 31.03.1995
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Index

L10012 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Kärnten;
L34002 Abgabenordnung Kärnten;
L37052 Anzeigenabgabe Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

ABGB §1175;
AnzeigenabgabeG Krnt §3;
BAO §93 Abs2;
B-VG Art116a;
GdO Allg Krnt 1982 §69 Abs1;
GdO Allg Krnt 1982 §84 Abs1 litc;
GdO Allg Krnt 1982 §84 idF 1987/012;
GdO Allg Krnt 1993 §69 Abs1;
GdO Allg Krnt 1993 §84 Abs1 litc;
GdO Allg Krnt 1993 §84;
LAO Krnt 1983 §71 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die namens des Tourismusverbandes Karnische Region in 9620 Hermagor, durch Dr. M, Rechtsanwalt in X, eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung von 26. Juli 1994, Zl. Fin-273/1/94, betreffend Vorschreibung von Anzeigenabgabe, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid, dem Verwaltungsakt und dem bisherigen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid der Dienststelle für Landesabgaben beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 26. November 1993 wurde dem beschwerdeführenden "Tourismusverband Karnische Region" für die in den Jahren 1991, 1992 und 1993 im Ausland verbreiteten Anteile der Druckwerke "Regions- und Ortspreislisten Karnische Region" Anzeigenabgabe in der Höhe von S 321.427,70 sowie ein Säumniszuschlag vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung machte die beschwerdeführende Partei geltend, sie sei nicht abgabe- und haftpflichtige Person im Sinne des § 3 des Kärntner Anzeigenabgabegesetzes, LGBl. Nr. 10/1947.

1.2. Mit Bescheid vom 26. Juli 1994 wies die Kärntner Landesregierung die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es zur Abgabepflicht der beschwerdeführenden Partei, der Tourismusverband Karnische Region habe nach den Aktenunterlagen die Rechtsstellung eines Gemeindeverbandes mit eigener Rechtspersönlichkeit; dies ergebe sich aus einem Schreiben der Stadtgemeinde Hermagor-Pressegger See vom 5. Oktober 1993. Im Impressum des Kataloges 1993/94 sei der "Tourismusverband Karnische Region" als Herausgeber ausgewiesen, dem somit die Bestimmung der Richtung des gegenständlichen Druckwerkes zukomme. Dem Tourismusverband sei auch die Rechnung vom 23. März 1992 der Druckerei Carinthia über die Gesamtkataloge "Karnische Region" vorgelegt worden, aus der der Betrag, der an einzelne Inserenten verrechnet worden sei, ersichtlich sei. Diese Tatsache spreche auch für die Eigentümereigenschaft des Tourismusverbandes, der die Druckwerke habe herstellen lassen, im Sinne des § 3 des Kärntner Anzeigenabgabegesetzes. Auch wenn die Zahlungen der einzelnen (inserierenden) Betriebe direkt an die Druckereien erfolgt seien, sei die Veröffentlichung und Verbreitung der Anzeigen dem Tourismusverband zuzurechnen.

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der beschwerdeführende Verband zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 28. November 1994, B 1832/94, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Im Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes wird festgehalten, daß die vorliegende Beschwerde von ihm nicht auf das Vorliegen sämtlicher Prozeßvoraussetzungen beurteilt worden sei.

1.4. In dem für den Verwaltungsgerichtshof bestimmten Teil der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. In der Beschwerde heißt es unter anderem, abgabe- und haftpflichtige Personen seien die Druckereien bzw. Verleger, welche die Druckwerke inhaltlich gestalteten und herstellten, in denen die Anzeigen veröffentlicht oder mit welchen sie verbreitet worden seien. Die Entgelte seien nicht von der beschwerdeführenden Partei, sondern von den Druckereien vereinnahmt worden. Der Tourismusverband Karnische Region sei weder ein Verein noch eine juristische Person. Aus diesem Grund komme der beschwerdeführenden Partei keine Verleger- und Herausgebereigenschaft zu. Sie sei ein loser Zusammenschluß von acht Gemeinden, welche sich der Förderung des Fremdenverkehrs widmeten. Aus diesem Grund entrichte auch nicht der Tourismusverband das Entgelt für die Anzeigen in Druckwerken, sondern die einzelnen touristischen Betriebe, die im Gesamtpreiskatalog inserierten. Jeder Inserent bezahle seine Anzeige selbst, die Entgelte würden von den abgabepflichtigen Druckereien vereinnahmt.

Die Behörde könnte auch vermeinen, daß Auftraggeber der einzelne Unternehmer und Verleger der Tourismusverband als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes sei. Dieser Standpunkt sei jedoch unhaltbar. In diesem konkreten Fall hätten sich eben die betroffenen Unternehmer, die Verkehrsämter der Gemeinden und der Tourismusverband zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen, um sich durch vielfältige Aktivitäten, unter anderem durch das Erstellen des Gesamtkataloges, gemeinsam den Gästen, vor allem ausländischen Gästen, zu präsentieren. Diesfalls hätte eine solche Gesellschaft den Gesamtkatalog verlegt. Der Tourismusverband bestreite seine Verlegereigenschaft.

1.5. Über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof erstattete die beschwerdeführende Partei folgende Stellungnahme:

"Gemäß § 84 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung, LGBl. für Kärnten Nr. 77/1993, können sich Gemeinden zur Besorgung einzelner Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches zu einem Gemeindeverband zusammenschließen. Der Abschluß und die Änderung einer solchen Vereinbarung bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung ist durch Verordnung zu erteilen, wenn die Vereinbarung den Bestimmungen dieses Gesetzes entspricht und auf übereinstimmenden Beschlüssen des Gemeinderates der in Betracht kommenden Gemeinden beruht.

Das Amt der Kärntner Landesregierung hat die Satzung des Tourismusverbandes Karnische Region gemeindeaufsichtsbehördlich durch Verordnung noch nicht genehmigt, da die Vereinbarung der betreffenden Gemeinden, sich zu einem Gemeindeverband zusammenzuschließen, nicht die gemäß § 84 Abs. 2 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982, wiederverlautbart 1993, zwingend erforderlichen Bestimmungen enthält und somit dem vorgenannten Landesgesetz widerspricht.

Vinzenz Rauscher, Bürgermeister der Stadtgemeinde 9620 Hermagor-Presseggersee, wurde in der konstituierenden Sitzung des Tourismusverbandes Karnische Region am 6.12.1988 zum Verbandsobmann gewählt. Gemäß § 13 der Satzung hat der Verbandsobmann den Tourismusverband Karnische Region nach außen zu vertreten und obliegt ihm die Zeichnungsberechtigung.

Vinzenz Rauscher als Verbandsobmann hat in der gegenständlichen Beschwerdesache die beim Verwaltungsgerichtshof erliegende Rechtsanwaltsvollmacht unterfertigt. Der Unterschriftsname auf dieser Vollmacht lautet daher Vinzenz Rauscher.

Dem Tourismusverband Karnische Region fehlt derzeit noch die Rechtspersönlichkeit und damit die Parteifähigkeit, da die Vereinbarung (Satzung) der Gemeinden, sich zu einem Gemeindeverband zusammenzuschließen, durch Verordnung der Kärntner Landesregierung noch nicht genehmigt wurde.

Die Beschwerdeberechtigung des Beschwerdeführers gründet sich darauf, daß Adressat des angefochtenen Bescheides der "Tourismusverband Karnische Region", vertreten durch Bürgermeister Vinzenz Rauscher, ist. Letzterer schreitet auf der Grundlage der Satzung als Verbandsobmann ein, zu welchem er in der konstituierenden Sitzung vom 6.12.1988 gewählt wurde."

Gleichzeitig wurde ein Schreiben des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 17. Februar 1995 vorgelegt, in der seitens der Gemeindeaufsichtsbehörde festgehalten wurde, daß Bürgermeister Vinzenz Rauscher in der konstituierenden Sitzung des Tourismusverbandes Karnische Region am 6. Dezember 1988 zum Obmann gewählt worden sei und er unter anderem nach § 13 der Satzungen den Tourismusverband nach außen vertrete und die laufende Verwaltung des Verbandes als Träger von Privatrechten zu besorgen habe. In diesem Zusammenhang werde jedoch festgestellt, daß die Satzungen des Tourismusverbandes bisher nach § 84 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung der Kärntner Landesregierung LGBl. Nr. 77/1993 (im folgenden: AGO 1993), noch nicht genehmigt seien, zumal übereinstimmende diesbezügliche Beschlüsse aller verbandsangehörigen Gemeinden NICHT vorlägen.

In dem vom Beschwerdevertreter vorgelegten Exemplar der "Satzungen des Tourismusverbandes Karnische Region, Gail-, Gitsch- und Lesachtal und Weissensee" ist im § 26 festgehalten, daß unter anderem die Bildung des Tourismusverbandes der Genehmigung der Landesregierung bedarf. Aus § 27 dieser Ausfertigung der Satzung ist zu ersehen, daß in der Satzung bzw. der Vereinbarung keine übereinstimmenden Beschlüsse der Gemeinderäte der verbandsangehörigen Gemeinden, mit Ausnahme der Stadtgemeinde Hermagor-Pressegger See, gefaßt worden sind.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Fünfersenat erwogen:

2.1. Die Abgabenbehörden sind davon ausgegangen, daß der beschwerdeführende Tourismusverband die Rechtsstellung eines Gemeindeverbandes mit eigener Rechtspersönlichkeit hat. Dies wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich festgestellt. Die Abgabenbehörden haben intendiert, die Abgabenschuldigkeit dieser Rechtsperson gegenüber festzusetzen und den Abgabenbescheid an sie zu richten. Gewollte Bescheidadressatin ist eine Rechtsperson dieses Namens. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher im vorliegenden Beschwerdeverfahren davon aus, daß sich der angefochtene Bescheid ausschließlich gegen eine solche nach dem Inhalt der Statuten (vermeintlich) entstandene Rechtsperson richtet, nicht aber unter demselben Namen ein anderes Gebilde (allenfalls mit einem anderen Mitgliederkreis und anderen rechtlichen Voraussetzungen) als abgabepflichtig erfaßt hat.

Die Kärntner Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde hat mit Schreiben vom 17. Februar 1995 mitgeteilt, daß die Satzungen des Tourismusverbandes Karnische Region bisher nach § 84 Abs. 1 AGO 1993 noch nicht genehmigt sind, zumal übereinstimmende diesbezügliche Beschlüsse aller verbandsangehörigen Gemeinden nicht vorlägen.

Der Tourismusverband Karnische Region hat somit gemäß § 84 AGO 1982 in der Fassung LGBl. Nr. 12/1987, nunmehr § 84 AGO 1993, keine Rechtspersönlichkeit erlangt. Es fehlt nämlich sowohl die auf übereinstimmenden Beschlüssen des Gemeinderates der in Betracht kommenden Gemeinden beruhende Vereinbarung als auch die in Verordnungsform zu erteilende Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde.

Auch ist eine Art von Vorgesellschaft in bezug auf einen Gemeindeverband, welche - bei einem ausschließlich für Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung bestimmten Gemeindeverband - im Gründungsstadium als Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgefaßt werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 1993, Zl. 92/12/0109), jedenfalls schon deswegen nicht entstanden, weil ein solches Stadium erst ab Vorliegen der auf gemeinsamen Beschlüssen der Gemeinderäte der in Betracht kommenden Gemeinden beruhenden Vereinbarung (siehe § 84 Abs. 1 lit. c AGO als eine die Außenvertretungsbefugnis des Bürgermeisters nach § 69 Abs. 1 AGO beschränkende Sondernorm für die Vereinbarung eines Gemeindeverbandes) angenommen werden kann.

Es ist daher festzuhalten, daß ein als Gemeindeverband aufzufassender Zusammenschluß von Gemeinden im Sinne des Art. 116a B-VG und § 84 AGO nicht entstanden ist. Der an einen solchen Verband unter der Bezeichnung "Tourismusverband Karnische Region" gerichtete Abgabenbescheid ist daher ins Leere gegangen.

Durch eine solche Erledigung der Abgabenbehörde kann der "Tourismusverband Karnische Region", in dessen Namen die Beschwerde erhoben wurde (gleichgültig, welches nicht rechtsfähige Rechtsgebilde sonst noch unter dieser Bezeichnung allenfalls in Erscheinung getreten sein und als abgabepflichtig angesehen werden mag), nicht in seinen Rechten verletzt sein.

Die Beschwerde war daher mangels Vorliegens eines tauglichen Anfechtungsgegegenstandes wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes sowie wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluß gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof bemerkt in diesen Zusammenhang noch, daß dieses Ergebnis nicht ausschließt, daß sich alle Gemeinden (die in den "Satzungen" genannt sind) oder ein Teil von ihnen, allenfalls unter Mitwirkung einzelner Unternehmer, ausdrücklich oder konkludent zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben könnten. Dazu wäre die Prüfung erforderlich, worauf sich die Annahme einer übereinstimmenden Willensbildung stützt, worin deren Inhalt bestand und welches der Kreis der teilnehmenden Gesellschafter ist. Bemerkt wird ferner, daß in einem Abgabenbescheid deutlich zum Ausdruck zu bringen ist, welches rechtliche Gebilde als Steuersubjekt jeweils im Sinne des § 3 des Kärntner Anzeigenabgabegesetzes in Betracht kommt und in Anspruch genommen werden soll.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995170015.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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