TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/16 95/08/0051

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Veröffentlicht am 16.05.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
68/01 Behinderteneinstellung;

Norm

BEinstG §1 Abs1;
BEinstG §6;
BEinstG §9 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
InvEG 1969 §1 Abs1;
InvEG 1969 §5 Abs3;
InvEG 1969 §9 Abs1 idF 1975/096;
InvEG 1969 §9 Abs1;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des O in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. Februar 1995, Zl. Vd-1297/1, betreffend Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 23. November 1994 schrieb das Bundessozialamt Tirol dem Beschwerdeführer gemäß § 9 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) die Entrichtung einer Ausgleichstaxe für das Kalenderjahr 1993 in Höhe von S 38.430,-- vor, da er seiner Beschäftigungspflicht nach § 1 Abs. 1 leg. cit. nicht nachgekommen sei.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er im wesentlichen vorbrachte, behinderte Mitarbeiter einstellen zu wollen. Er erhalte solche jedoch weder vom Bundessozialamt noch von den zuständigen Arbeitsvermittlungsbüros.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. Nach der Begründung stehe fest, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1993 keinen begünstigten Behinderten eingestellt habe; er sei somit seiner Beschäftigungspflicht nach dem Behinderteneinstellungsgesetz nicht nachgekommen. Nach den genannten Bestimmungen sei der Beschwerdeführer verpflichtet, eine Ausgleichstaxe zu zahlen, wenn er die Beschäftigungspflicht nicht erfülle. Dies sei unabhängig davon, ob ihn an der Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht ein Verschulden treffe oder nicht. Der Umstand, daß dem Beschwerdeführer begünstigte Behinderte nicht hätten vermittelt werden können, vermöge die Entstehung des Ausgleichstaxenanspruches nicht zu verhindern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird - wie bereits im Verwaltungsverfahren - die Auffassung vertreten, daß nach § 9 BEinstG die Vorschreibung einer Ausgleichstaxe dann zu entfallen habe, wenn und insoweit der einstellungspflichtige Dienstgeber die zur Erfüllung der Einstellungspflicht erforderliche Anzahl von Behinderten beim zuständigen Arbeitsamt nachweisbar ohne Erfolg angesprochen habe. Diese Voraussetzung liege im Beschwerdefall vor, da nur eine einzige Vermittlung erfolgt sei. Die belangte Behörde habe auf diesen Umstand jedoch keine Rücksicht genommen.

Gemäß § 1 Abs. 1 BEinstG sind alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet 25 oder mehr Dienstnehmer beschäftigen, verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Behinderten einzustellen.

Für jede einzelne Person, die zu beschäftigen wäre, ist nach § 9 Abs. 2 BEinstG eine monatliche Ausgleichstaxe zu bezahlen.

Gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. ist vom Landesinvalidenamt die Entrichtung einer Ausgleichstaxe alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr mittels Bescheides vorzuschreiben, wenn die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt ist.

Die vom Beschwerdeführer zitierte Fassung des § 9 Abs. 1 BEinstG, wonach die Vorschreibung einer Ausgleichstaxe zu entfallen hat, wenn und insoweit der einstellungspflichtige Dienstgeber die zur Erfüllung der Einstellungspflicht erforderliche Anzahl von Invaliden beim zuständigen Arbeitsamt nachweisbar ohne Erfolg angesprochen hat, wurde bereits mit dem Bundesgesetz vom 23. Jänner 1975, BGBl. Nr. 96/1975, mit dem das (früher geltende) Invalideneinstellungsgesetz 1969 geändert wurde, aufgehoben. Die Lockerung der Beschäftigungspflicht (§ 1 Abs. 1) und die Möglichkeit der erweiterten Anrechnung von begünstigten Invaliden aufgrund der Bestimmungen des § 5 Abs. 3 ließen nämlich - nach Auffassung des Gesetzgebers - die Festlegung der unabdingbaren Verpflichtung zur Zahlung von Ausgleichstaxen zu, wenn die Beschäftigungspflicht, gleichgültig aus welcher Ursache, nicht erfüllt ist (vgl. RV 1420 BLGNR. 13. GP. Seite 7).

Seit dem Inkrafttreten der genannten Novelle besteht daher für den Dienstgeber nicht mehr die Möglichkeit, sich von der Zahlung der Ausgleichstaxe schon dadurch zu befreien, daß er die Zuweisung eines begünstigten Invaliden beim Arbeitsamt beantragt. Leistungsbefreiend wirkt nur die tatsächliche Beschäftigung der der Pflichtzahl entsprechenden begünstigten Personen (vgl. Ernst, Behinderteneinstellungsgesetz (1990), Erläuterungen zu § 1).

Die Ausgleichstaxe ist weder eine Steuer noch eine Strafe (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 1952, VwSlg. 2519/A). § 9 Abs. 1 widerspricht auch nicht dem Gleichheitsgebot und ist auch sonst verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. die Erkenntnisse des VfGH vom 28. Juni 1978, VfSlg. 8337, und vom 13. Juni 1983, VfSlg. 9708).

Die Zahlung der Ausgleichstaxe soll den Nachteil ausgleichen, der einem Dienstgeber bei der Beschäftigung von begünstigten Behinderten durch allenfalls häufigere Krankenstände und durch die im § 6 statuierte besondere Rücksichtnahme auf den Gesundheitszustand des Behinderten erwächst. Durch die Zahlung dieses Betrages wird ein Ausgleich zwischen jenen Dienstgebern geschaffen, die begünstigte Behinderte beschäftigen, und solchen, die begünstigte Behinderte nicht beschäftigen wollen oder nicht beschäftigen können (vgl. auch dazu Ernst, aaO, Erläuterungen zu § 9).

Da vom Beschwerdeführer der Pflichtzahl entsprechende begünstigte Personen nicht beschäftigt wurden, war die Vorschreibung einer Ausgleichstaxe nicht rechtswidrig. Nähere Erhebungen durch die belangte Behörde über die Gründe für die Nichtbeschäftigung waren daher entbehrlich, weshalb die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht gegeben ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995080051.X00

Im RIS seit

12.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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