TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/18 92/06/0265

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Veröffentlicht am 18.05.1995
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Index

L85007 Straßen Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
LStG Tir 1989 §70 Abs1 litc;
VVG §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des J in I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11. November 1992, Zl. IIb1-L-1921/6-1992, betreffend Enteignung nach dem Tiroler Straßengesetz 1989 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Innsbruck, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte dieses Enteignungsverfahrens sei auf das den selben Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 91/06/0229, verwiesen, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die straßenrechtliche Bewilligung für den Ausbau einer Verbindungsstraße zwischen der A-Straße und der B-Straße abwies. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über den Antrag der mitbeteiligten Stadtgemeinde einerseits auf Enteignung der von dem Straßenbauprojekt betroffenen Grundstücksteile des Grundstückes Nr. n1 (im Ausmaß von 353 m2), welches im Eigentum des Beschwerdeführers steht, und andererseits auf Enteignung von Teilen eines weiteren Grundstücks eines anderen Eigentümers. Gleichzeitig wurde in beiden Fällen die Höhe der Entschädigung für die Enteignung festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich - soweit er die Enteignung von Grundflächen des Beschwerdeführers und die dazu gehörende Entschädigung betrifft - die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Hinsichtlich des Ausspruches betreffend die Enteignung wird in der Beschwerde geltend gemacht, daß dieser Ausspruch zu unbestimmt sei. Diesbezüglich wird ausgeführt, daß nach § 70 Abs. 1 lit. c Tiroler Straßengesetz 1989 der Enteignungsbescheid die genaue Bezeichnung des Gegenstandes der Enteignung zu enthalten habe und nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der für die Einleitung des Enteignungsverfahrens erforderliche Grundeinlösungsplan die Qualität eines verbücherungsfähigen Teilungsplanes besitzen müsse.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht. Wenngleich der Beschwerdeführer nicht darlegt, worin die Ungenauigkeit des - im Akt einliegenden - Grundeinlösungsplanes im Maßstab 1:200 liegen sollte, ist der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Umschreibung der enteigneten Fläche tatsächlich unklar, ohne daß im Zusammenhalt zwischen Spruch und Begründung diese Unklarheit beseitigt würde.

Die belangte Behörde hat den Gegenstand der Enteignung nämlich ohne ausdrückliche Bezugnahme auf den im Akt einliegenden Grundeinlösungsplan umschrieben und im wesentlichen - unter offenbarer Voraussetzung der Kenntnis der Ergebnisse des durchgeführten Verfahrens - lediglich das AUSMAß des Teils des Grundstückes des Beschwerdeführers angegeben, der enteignet werden sollte. Eine solche Vorgangsweise mag bei einem unstrittigen Verfahrensergebnis - insbesondere in Verbindung mit einer exakten Bezugnahme auf einen Grundeinlösungsplan -, auch im Lichte der hg. Judikatur zur Formulierung des Spruches eines Bescheides durchaus ausreichend sein (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, zu § 59 AVG, S. 434 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung, insbesondere das a.a.O. unter Z. 11 genannte Erkenntnis).

Im vorliegenden Fall jedoch, in dem - worauf in der Beschwerde hingewiesen wird - ein Wertschätzungsgutachten vorliegt, welches OFFENBAR AUSGEHEND VOM SELBEN GRUNDEINLÖSUNGSPLAN, den auch die Behörde dem Verfahren zugrunde legte, ZU EINEM UM 20 % NIEDRIGEREN FLÄCHENAUSMAß DER ZU ENTEIGNENDEN FLÄCHE KOMMT, wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, sowohl im Spruch als auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides einerseits präzise die zu enteignende Fläche anzugeben und andererseits zu dem aktenkundigen Widerspruch hinsichtlich der Folgerungen, die aus dem vorgelegten Grundeinlösungsplan gezogen wurden, Stellung zu nehmen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, daß auch in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung das Ausmaß der zu enteignenden Fläche mit 353 m2 angegeben wird. Die Behörde ist somit offensichtlich nicht dem im Wertschätzungsgutachten VId3-1209/113-1992 zugrundegelegten Annahmen gefolgt (in diesem Gutachten wird die Beanspruchungsfläche hinsichtlich des Beschwerdeführers mit 284 m2 angenommen und auch detailiert hinsichtlich von sechs Teilflächen angegeben). Gemäß § 60 AVG haben die Verwaltungsbehörden jedoch in der Begründung des Bescheides die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen (und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage) klar und übersichtlich zusammenzufassen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, a.a.O., 449 ff, wiedergegebene hg. Judikatur). Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht nachgekommen; diese Mangelhaftigkeit führt im vorliegenden Fall auch dazu, daß der unklare Spruch des Bescheides nicht im Zusammenhalt mit der Begründung als ausreichend präzisiert angesehen werden kann. Unklar bleibt, aufgrund welcher Planunterlagen die Enteignung erfolgt und woraus sich die angegebenen 353 m2 errechnen. Dem Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang auch insoweit Recht zu geben, daß die Formulierung, daß "DIFFERENZBETRÄGE" binnen zwei Monaten "NACH BEKANNTGABE DES VERMESSUNGSERGEBNISSES" von der Straßenverwaltung zu bezahlen seien, ebenfalls eine Unklarheit hinsichtlich des Bescheidwillens bezüglich des Umfangs der Enteignung erkennen lassen. Die belangte Behörde hat daher Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Da somit der Ausspruch über die Enteignung aufgrund der vorliegenden Beschwerde aufzuheben ist, wird auch dem Ausspruch über die Festsetzung der Entschädigung die rechtliche Grundlage entzogen. Ungeachtet der nach § 74 Abs. 1 Tiroler Straßengesetz 1989, LGBl. Nr. 13/1989, gegebenen sukzessiven Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte hinsichtlich der Frage der HÖHE der Entschädigung war daher der angefochtene Bescheid zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zu viel verzeichneten Stempelaufwand.

Schlagworte

Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemein Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992060265.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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