TE Bvwg Erkenntnis 2024/8/12 W602 2275885-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.08.2024
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Entscheidungsdatum

12.08.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W602 2275885-3/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte GSTREIN über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2023, Zahl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.07.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Brigitte GSTREIN über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2023, Zahl: römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.07.2024, zu Recht:

A)

I.       Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geboren am XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.römisch eins.       Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 , geboren am römisch 40 , gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

II.      Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geboren am XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.römisch II.      Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 , geboren am römisch 40 , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B)       Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 24.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, nachdem sie mit einem Visum D gemäß § 26 FPG legal nach Österreich eingereist war. Sie wurde noch am Tag ihrer Einreise von der Polizei zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz erstbefragt und am 07.02.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Die Beschwerdeführerin stellte am 24.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, nachdem sie mit einem Visum D gemäß Paragraph 26, FPG legal nach Österreich eingereist war. Sie wurde noch am Tag ihrer Einreise von der Polizei zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz erstbefragt und am 07.02.2023 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.

In Erledigung der Sache fertigte das Bundesamt in der Folge zwei inhaltlich gleichlautende Bescheide ab, einen mit Datum 09.05.2023 und einen mit Datum 07.06.2023. Damit wies es den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der Asylberechtigten ab und erkannte der Beschwerdeführerin den Status der subsidiär Schutzberechtigten mit einer Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr zu. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Beschwerdeführerin kein glaubhaftes Vorbringen einer individuellen Gefährdung vorgebracht habe, sondern sich auf die Fluchtgründe ihrer Mutter berufen habe. Da sie mittlerweile volljährig sei, sei jedoch nicht mehr im Familienverfahren zu entscheiden und werde der Beschwerdeführerin aufgrund der prekären humanitären Lage in Somalia der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Der Grund für die zwei Bescheide lag darin, dass zwischen der Abfertigung des ersten Bescheides vom 09.05.2023 und der am 16.05.2023 erfolgten Zustellung dieses Bescheides an die Beschwerdeführerin bei der Behörde am 15.05.2023 eine Säumnisbeschwerde der Beschwerdeführerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt einlangte. Daraufhin datierte die Behörde den Bescheid um, änderte den Adressaten und fertigte diesen neuen Bescheid mit Datum 07.06.2023 ab und stellte ihn nachweislich am 14.06.2023 dem bevollmächtigten Rechtsanwalt zu.

Die Beschwerdeführerin bevollmächtigte die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (im Folgenden BBU) für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten und brachte gegen den ersten Bescheid vom 09.05.2023 Beschwerde ein. Diese wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgewiesen, da dieser – mangels Zustellung an den damals bevollmächtigten Rechtsanwalt – nicht rechtswirksam erlassen wurde. In der Begründung wurde festgehalten, dass nur der Bescheid vom 07.06.2023 rechtswirksam erlassen wurde.

Gegen den zweiten Bescheid vom 07.06.2023 wurde keine Beschwerde erhoben, weshalb die Beschwerdeführerin nach Zustellung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.10.2023, XXXX , zugestellt am 18.10.2023, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid stellte und zugleich Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.06.2023 erhob.Gegen den zweiten Bescheid vom 07.06.2023 wurde keine Beschwerde erhoben, weshalb die Beschwerdeführerin nach Zustellung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.10.2023, römisch 40 , zugestellt am 18.10.2023, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid stellte und zugleich Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.06.2023 erhob.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2024, XXXX , gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG stattgegeben.Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2024, römisch 40 , gemäß Paragraph 33, Absatz eins, VwGVG stattgegeben.

Beim Bundesverwaltungsgericht fand am 05.07.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung zur Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid statt, an welcher die Beschwerdeführerin, ihre Rechtsvertretung, sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Somali teilnahmen. Das Bundesamt blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Die Beschwerdeführerin legte einen Eltern-Kind-Pass vor, der auszugsweise in Kopie zur Verhandlungsschrift genommen wurde (Beilage ./1).

Der Beschwerdeführerin wurde aufgetragen, binnen einer gesetzten Frist eine Kopie des Reisepasses und allfällige Bestätigung über die Ein- und Ausreise der Beschwerdeführerin nach und aus Äthiopien vorzulegen und langte eine entsprechende Stellungnahme unter Anschluss der Kopien fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin heißt XXXX , ist am XXXX geboren und somalische Staatsangehörige. Ihre Identität steht fest. Sie ist sunnitische Muslimin und gehört dem Minderheitenclan der Tumaal, Subclan XXXX , Subsubclan XXXX , Subsubsubclan XXXX an.Die Beschwerdeführerin heißt römisch 40 , ist am römisch 40 geboren und somalische Staatsangehörige. Ihre Identität steht fest. Sie ist sunnitische Muslimin und gehört dem Minderheitenclan der Tumaal, Subclan römisch 40 , Subsubclan römisch 40 , Subsubsubclan römisch 40 an.

Die Beschwerdeführerin ist in XXXX in der Region Lower Juba (auch: Jubbada Hoose) in Somalia, geboren und aufgewachsen. Der Ort liegt in der Nähe eines Flusses rund XXXX km von XXXX entfernt. Nach der Ausreise der Mutter wohnte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Schwestern bei einer Bekannten der Mutter und deren Familie in XXXX , bis sie im Jahr 2017 nach Äthiopien ausreiste.Die Beschwerdeführerin ist in römisch 40 in der Region Lower Juba (auch: Jubbada Hoose) in Somalia, geboren und aufgewachsen. Der Ort liegt in der Nähe eines Flusses rund römisch 40 km von römisch 40 entfernt. Nach der Ausreise der Mutter wohnte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Schwestern bei einer Bekannten der Mutter und deren Familie in römisch 40 , bis sie im Jahr 2017 nach Äthiopien ausreiste.

Die Beschwerdeführerin ist mit einem äthiopischen Staatsangehörigen traditionell verheiratet, der Ehe entstammt ein Sohn. Der Ehemann und der Sohn leben in Addis Abeba. Im selben Haus leben zwei Schwestern der Beschwerdeführerin, eine hat die Betreuung des Sohnes übernommen. Im Herkunftsort der Beschwerdeführerin leben keine Verwandten der Beschwerdeführerin mehr, da ihr Vater verstorben ist, als sie etwa XXXX Jahre alt war und ihre Mutter im Jahr 2015 aus Somalia geflüchtet ist, als der Bruder der Beschwerdeführerin und ihr Onkel mütterlicherseits umgebracht worden sind. Auch die Großeltern der Beschwerdeführerin sind bereits verstorben. In Österreich lebt die Mutter der Beschwerdeführerin, diese ist asylberechtigt.Die Beschwerdeführerin ist mit einem äthiopischen Staatsangehörigen traditionell verheiratet, der Ehe entstammt ein Sohn. Der Ehemann und der Sohn leben in Addis Abeba. Im selben Haus leben zwei Schwestern der Beschwerdeführerin, eine hat die Betreuung des Sohnes übernommen. Im Herkunftsort der Beschwerdeführerin leben keine Verwandten der Beschwerdeführerin mehr, da ihr Vater verstorben ist, als sie etwa römisch 40 Jahre alt war und ihre Mutter im Jahr 2015 aus Somalia geflüchtet ist, als der Bruder der Beschwerdeführerin und ihr Onkel mütterlicherseits umgebracht worden sind. Auch die Großeltern der Beschwerdeführerin sind bereits verstorben. In Österreich lebt die Mutter der Beschwerdeführerin, diese ist asylberechtigt.

Die Beschwerdeführerin hat in Somalia etwa vier Jahre die Schule besucht.

Die Beschwerdeführerin wurde in Somalia als Kind beschnitten. Ihr erstes Kind kam per Kaiserschnitt zur Welt. Die Beschwerdeführerin ist zum Entscheidungszeitpunkt erneut von ihrem Ehemann schwanger, der Geburtstermin wurde für Anfang Dezember 2024 errechnet. Die Schwangerschaft verläuft bislang komplikationslos, auch sonst leidet die Beschwerdeführerin an keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung.

Die Beschwerdeführerin ist im Bundesgebiet strafrechtlich unbescholten und subsidiär schutzberechtigt.

1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin reiste im Jahr 2022 mit einem gültigen Visum D nach einem Einreiseantrag im Familienverfahren ein, da ihre Mutter in Österreich asylberechtigt ist. Im Zeitpunkt der Stellung des Einreiseantrages war sie noch minderjährig, zum Zeitpunkt der Einreise hatte sie jedoch bereits die Volljährigkeit erlangt und war ihr Antrag auf internationalen Schutz daher nicht mehr im Rahmen eines Familienverfahrens zu prüfen.

An der Beschwerdeführerin wurde in Somalia als Kind eine Genitalbeschneidung Typ III (pharaonische Beschneidung) durchgeführt. An der Beschwerdeführerin wurde in Somalia als Kind eine Genitalbeschneidung Typ römisch III (pharaonische Beschneidung) durchgeführt.

Die Beschwerdeführerin hat keine männlichen Verwandten oder Begleiter im Heimatort, die ihr verlässlich und ausreichend Schutz bieten können, es steht ihr kein Schutz durch männliche Verwandte oder auf staatlicher Seite zur Verfügung. Ein verlässlicher Schutz durch ihren Clan ist nicht gegeben. Sonstige tragfähige Anknüpfungspunkte in Somalia sind nicht hervorgekommen. Die Beschwerdeführerin ist de facto eine alleinstehende somalische Frau. Sie läuft somit Gefahr, im Falle einer Rückkehr in ein entsprechendes IDP-Lager gehen zu müssen. Sie gehört in Somalia der Gruppe der de facto alleinstehenden Frauen an, denen geschlechtsspezifische Gewalt droht. Eine geschlechtsspezifische Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Somalia gegeben.

Für den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt ist nicht eine aufrechte Ehe allein ausschlaggebend, sondern dass tatsächlich eine männliche Bezugsperson vorhanden ist, durch die die Frau ausreichend geschützt werden kann, dies kann außer dem Ehemann z. B. auch der Vater, weitere Familienangehörige, entfernte Verwandte oder auch der Clan bzw. das soziale Netzwerk sein. In der somalischen Gesellschaft wird es als den gesellschaftlichen Kulturen bzw. der Religion widersprechend angesehen, wenn eine Frau alleine lebt. Alleinstehende Frauen werden in Somalia daher als Gruppe mit abgegrenzter Identität wahrgenommen.

Hinweise für das Vorliegen anderer Verfolgungsgründe aufgrund von Religion, Nationalität, politischer Einstellung, ethnischer Zugehörigkeit oder Zugehörigkeit zu einer anderen sozialen Gruppe sind im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu Somalia, Stand 08.01.2024 (LIB):

1.3.1. Zur allgemeinen Situation in Somalia und der politischen Lage in Lower Juba:

LIB, S 6 ff: „[…] 4.1 Süd-/Zentralsomalia, Puntland

Staatlichkeit: Somalia wird als der am meisten gescheiterte Staat der Welt beschrieben, das Land verfügt über keine einheitliche Regierung. Seit dem Zusammenbruch des autoritären Regimes von Mohamed Siad Barre im Jahr 1991 kämpft Somalia darum, eine Regierung zu bilden (Rollins/HIR 27.3.2023). Nach anderen Angaben ist Somalia zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind demnach sehr schwach, wesentliche Staatsfunktionen können von ihnen nicht ausgeübt werden. Es gibt jedenfalls keine flächendeckende effektive Staatsgewalt (AA 15.5.2023). Denn obwohl das Land nominell von Präsident Hassan Sheikh Mohamud regiert wird, steht ein Großteil des Landes nicht unter staatlicher Kontrolle. Al Shabaab kontrolliert fast 70 % von Süd-/Zentralsomalia (Rollins/HIR 27.3.2023).

Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, ihren Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag (nach westlicher Konzeption des Nationalstaates) in und um Mogadischu auch nur teilweise nachzukommen, geschweige denn ein landesweites Gewaltmonopol zu errichten. Sie bietet ihren Bürgern derzeit nur wenige wesentliche Dienstleistungen an. Die ständige Instabilität bleibt ein prägendes Merkmal des Lebens. Viele Menschen verlassen sich hinsichtlich grundlegender Dienstleistungen und Schutz weiterhin auf bestehende traditionelle, informelle Institutionen (Sahan/SWT 5.6.2023). Denn der Staat leidet an gescheiterten Institutionen, vom Gesundheitswesen bis zu den Sicherheitskräften. Persönlichkeitsorientierter Politik wird Vorrang gewährt. Informelle politische und Clanbeziehungen dominieren einen fragilen Staat. Und die immer noch offene institutionelle Lücke wird durch eine Reihe anderer Akteure – darunter al Shabaab – aufgefüllt (Sahan/Awad 28.8.2023).

Die Bundesregierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (FH 2023a), da sie nur wenige Gebiete kontrolliert (BS 2022a). Gleichzeitig gilt Somalia als eines der korruptesten Länder der Welt und die Regierung ist zum Überleben stark auf internationale Hilfe angewiesen (Rollins/HIR 27.3.2023). Die Unfähigkeit, gegen die endemische Korruption vorzugehen, behindert den Staatsbildungsprozess und den Aufbau von Institutionen; der politische Machtkampf hat das Vertrauen der Bevölkerung in bestehende staatliche Institutionen weiter geschwächt, die politischen Konflikte haben die Kluft zwischen den Fraktionen vergrößert (BS 2022a).

Eigentlich sollte die Bundesregierung auch die Übergangsverfassung noch einmal überarbeiten, novellieren und darüber ein Referendum abhalten (USDOS 12.4.2022). Seit 2016 und 2017 die fünf Bundesstaaten gegründet wurden, stockt der Verfassungsprozess. Grundlegende Fragen des Staatsaufbaus sind nicht geklärt. Dies lähmt staatliches Handeln und fördert politische Spannungen zwischen Mogadischu und den föderalen Gliedstaaten, weil eben die Verfassungsgebung und Kompetenzverteilung noch immer nicht abgeschlossen sind (AA 15.5.2023). […]

Quellen: […]“

1.3.1.1. Politische Lage Lower Juba (LIB, S 14 ff):

„4.1.1 Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba)

Jubaland wurde im Jahr 2013 gebildet, damals wurde auch Ahmed Mohamed Islam 'Madobe' zum Präsidenten gewählt (HIPS 2021). Bei der Präsidentenwahl im Jahr 2019 hat die damalige Bundesregierung versucht, Madobe durch einen loyalen Präsidenten abzulösen. Dieser Versuch scheiterte, und Ahmed Madobe wurde - bei einer umstrittenen Wahl - als Präsident bestätigt (HIPS 8.2.2022). Im August 2022 hat das Parlament in Kismayo die Verfassung von Jubaland geändert und das eigene sowie das Mandat von Präsident Madobe bis August 2024 verlängert. Dies wurde (UNSC 1.9.2022b) und wird von der Opposition kritisiert. Eigentlich wäre die Amtszeit im August 2023 zu Ende gegangen (Sahan/SWT 14.6.2023). Die Lage in Jubaland ist relativ ruhig. Die nächstes Jahr stattfindenden Wahlen können aber neue Probleme mit sich bringen (DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023). Die in der Region Gedo neugebildete Union of Presidential Candidates um den ehemaligen Vizepräsidenten Fartag zeigt, dass es nach wie vor eine aufrechte Opposition der Marehan zu Madobe gibt (BMLV 1.12.2023).

Auch wenn Jubaland offiziell der Bundesregierung untersteht, stellt der Bundesstaat in der Realität ein weitgehend unabhängiges Gebilde dar, das von einer signifikanten Präsenz kenianischer Truppen gestützt wird (GITOC/Bahadur 8.12.2022; vgl. BS 2022a). Überhaupt hängt Präsident Madobe stark von Kenia ab (IO-D/STDOK/SEM 4.2023; vgl. MAEZA/STDOK/SEM 4.2023). Andererseits überschneiden sich in diesem Bundesstaat sowohl komplexe regionale und nationale Politik als auch Clanbeziehungen. Jubaland wird von vielen Clans bewohnt, aber die beiden dominanten Clans sind die Marehan (v.a. in Gedo) und die Ogadeni (v.a. in Lower Juba) (Sahan/SWT 14.6.2023). Dies sind die beiden Pole in Jubaland. Historisch haben diese beiden Clans kaum Gemeinsamkeiten. Sie spielen seit Jahren Äthiopien und Kenia gegeneinander aus, denn auch zwischen diesen beiden Ländern gibt es eine ständige Rivalität um regionale Machtansprüche (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Das vorrangige Ziel der Regierung von Jubaland ist die Herstellung der Autorität über das gesamte beanspruchte Gebiet – gegenüber jedermann, egal ob al Shabaab, Regierung oder Clans (BMLV 1.12.2023).Auch wenn Jubaland offiziell der Bundesregierung untersteht, stellt der Bundesstaat in der Realität ein weitgehend unabhängiges Gebilde dar, das von einer signifikanten Präsenz kenianischer Truppen gestützt wird (GITOC/Bahadur 8.12.2022; vergleiche BS 2022a). Überhaupt hängt Präsident Madobe stark von Kenia ab (IO-D/STDOK/SEM 4.2023; vergleiche MAEZA/STDOK/SEM 4.2023). Andererseits überschneiden sich in diesem Bundesstaat sowohl komplexe regionale und nationale Politik als auch Clanbeziehungen. Jubaland wird von vielen Clans bewohnt, aber die beiden dominanten Clans sind die Marehan (v.a. in Gedo) und die Ogadeni (v.a. in Lower Juba) (Sahan/SWT 14.6.2023). Dies sind die beiden Pole in Jubaland. Historisch haben diese beiden Clans kaum Gemeinsamkeiten. Sie spielen seit Jahren Äthiopien und Kenia gegeneinander aus, denn auch zwischen diesen beiden Ländern gibt es eine ständige Rivalität um regionale Machtansprüche (Sahan/STDOK/SEM 4.2023). Das vorrangige Ziel der Regierung von Jubaland ist die Herstellung der Autorität über das gesamte beanspruchte Gebiet – gegenüber jedermann, egal ob al Shabaab, Regierung oder Clans (BMLV 1.12.2023).

In Gedo kam es im Juni 2023 zu politischen Unruhen, als der Präsident einen neuen Gouverneur und vier Stellvertreter für die Region ernannt hat. Die amtierende Regierung von Gedo hatte die Ernennungen abgelehnt (ACLED 30.6.2023). Nach wochenlangen Spannungen um die von Madobe eingesetzte neue Verwaltung lenkten die Marehan ein und akzeptierten den neuen Gouverneur. Auch der nunmehrige Ex-Gouverneur erklärte seine Unterstützung für Madobe. Es sollen dafür erhebliche Geldmittel an Vertreter der Marehan geflossen sein (BMLV 1.12.2023). Die Akzeptanz des neuen Gouverneurs hängt offenbar auch an der Unterstützung der Bundesregierung für Madobe und an der Gleichgültigkeit Äthiopiens (Sahan/SWT 12.7.2023). Oppositionelle in Jubaland haben darüber geklagt, dass die Bundesregierung Druck auf die Behörden in Gedo ausübt, damit diese mit Präsident Madobe kooperieren. Demnach hat die Bundesregierung gedroht, Gehälter einzubehalten (HO 9.7.2023). Viele Politiker Gedos und auch viele Einwohner stehen trotzdem auch weiterhin in Opposition zur Verwaltung Madobes (Sahan/SWT 12.7.2023). Eine Quelle erklärt, dass die Marehan von Äthiopien abhängig sind. Zudem verfügt bei der Frage von Gedo die politische Seite von Ex-Präsident Farmaajo über maßgeblichen Einfluss (DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023).

In Kismayo hat sich die Verwaltung durch Jubaland gefestigt und diese funktioniert. Dies gilt auch für die Kooperation mit anderen Clans und deren Beteiligung an Regierungsaufgaben. Die Kooperation kenianischer Truppen mit lokalen Sicherheitskräften ist mit ein Grund für die in Kismayo gegebene, relative Stabilität (BMLV 1.12.2023).

Quellen: […]“

1.3.2. Zur Sicherheitslage in Lower Juba (LIB, S 53 ff):

„5.1.1 Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba)

Jubaland kontrolliert nur Teile des eigenen Gebietes. Middle Juba wird weiterhin von al Shabaab dominiert. Die Region Gedo steht nicht auf einer Linie mit der Führung von Präsident Madobe, und nur zwei von sechs Bezirken in Lower Juba stehen unter der Kontrolle von Jubaland (Sahan/SWT 14.6.2023; vgl. Researcher/STDOK/SEM 4.2023; vgl. PGN 23.1.2023). Den ländlichen Raum kontrolliert weitgehend al Shabaab. Auch die Gebiete zwischen Afmadow und Kismayo sowie zwischen der kenianischen Grenze und Kismayo werden von der Gruppe kontrolliert (Researcher/STDOK/SEM 4.2023; vgl. PGN 23.1.2023). Nach anderen Angaben befindet sich die Verbindung Kismayo-Afmadow-Kenia unter Kontrolle der Regierung. Jubaland nahm mit Anfang Feber 2023 den Kampf gegen al Shabaab wieder auf. Derzeit konzentrieren sich die Operationen auf den Unterlauf des Juba-Flusses. Laut Präsident Madobe ist die Einnahme von Buale das Ziel Jubalands (BMLV 1.12.2023).Jubaland kontrolliert nur Teile des eigenen Gebietes. Middle Juba wird weiterhin von al Shabaab dominiert. Die Region Gedo steht nicht auf einer Linie mit der Führung von Präsident Madobe, und nur zwei von sechs Bezirken in Lower Juba stehen unter der Kontrolle von Jubaland (Sahan/SWT 14.6.2023; vergleiche Researcher/STDOK/SEM 4.2023; vergleiche PGN 23.1.2023). Den ländlichen Raum kontrolliert weitgehend al Shabaab. Auch die Gebiete zwischen Afmadow und Kismayo sowie zwischen der kenianischen Grenze und Kismayo werden von der Gruppe kontrolliert (Researcher/STDOK/SEM 4.2023; vergleiche PGN 23.1.2023). Nach anderen Angaben befindet sich die Verbindung Kismayo-Afmadow-Kenia unter Kontrolle der Regierung. Jubaland nahm mit Anfang Feber 2023 den Kampf gegen al Shabaab wieder auf. Derzeit konzentrieren sich die Operationen auf den Unterlauf des Juba-Flusses. Laut Präsident Madobe ist die Einnahme von Buale das Ziel Jubalands (BMLV 1.12.2023).

Lower Juba: Die Region steht in Teilen unter Kontrolle von ATMIS, der kenianischen Armee, Kräften von Jubaland; und al Shabaab. Die Städte Kismayo, Afmadow und Dhobley sowie die Orte Tabta, Dif, Koday und Kolbiyow werden von Regierungskräften und ATMIS kontrolliert. Jamaame steht unter Kontrolle von al Shabaab; dies gilt auch für den nördlichen Teil Lower Jubas. Auch Badhaade und das Umland in Richtung Norden werden von al Shabaab kontrolliert (PGN 23.1.2023). Die Front zu al Shabaab verläuft an der Straße Richtung Jamaame bei Bar Sanguuni, wo auch immer wieder Angriffe stattfinden (UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023). Afmadow und Dhobley sind Bastionen von Jubaland, dort gibt es starke Checkpoints und eine große Präsenz. Beide Städte können laut einer Quelle als ziemlich sicher bezeichnet werden (Researcher/STDOK/SEM 4.2023). In Dhobley befinden sich das Kommando der Kenianer und ein Ausbildungslager, in Afmadow, Tabda und Bilis Qooqaani jeweils Stützpunkte. Diese Achse - inkl. Hosingow - kann als relativ sicher (BMLV 1.12.2023) und hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden (BMLV 9.2.2023).

Kismayo: Die Stadt gilt als sicher (AJ 14.9.2022) bzw. friedlich (BMLV 1.12.2023; vgl. Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Die Stadt hat hinsichtlich Sicherheit das Niveau von Garoowe (Puntland) erreicht. Der einzige Unterschied ist, dass die Front hier erheblich näher ist. Das letzte auffällige Ereignis hinsichtlich der Sicherheitslage in Kismayo war die Unruhe rund um die Wiederwahl von Präsident Madobe im Jahr 2019 (BMLV 1.12.2023). Eine Quelle der FFM Somalia 2023 erklärt, dass Kismayo eine der sichersten Städte in Somalia außerhalb Somalilands und sicherer als Städte in Puntland ist (Researcher/STDOK/SEM 4.2023). Eine weitere Quelle erklärt, dass es sehr sicher ist, sich in Kismayo aufzuhalten, auch wenn es hin und wieder zu Anschlägen kommt (UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023). Eine andere Quelle erklärt, dass Kismayo definitiv nicht der sicherste Dienstort ist, aber die Lage dort besser ist, als beispielsweise in Baidoa (MAEZA/STDOK/SEM 4.2023). In der Stadt wird versucht, Clanstreitigkeiten friedlich zu lösen. Die Bevölkerung hat verstanden, dass sie von einer Friedensdividende profitiert (BMLV 1.12.2023). Es gibt ein funktionierendes Gerichtssystem (Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021), die Regierung gilt als relativ stabil (BMLV 1.12.2023; vgl. ACCORD 31.5.2021). Ihr ist es zudem gelungen, eine Verwaltung zu etablieren. Diese ist gefestigt und funktioniert (BMLV 1.12.2023).Kismayo: Die Stadt gilt als sicher (AJ 14.9.2022) bzw. friedlich (BMLV 1.12.2023; vergleiche Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Die Stadt hat hinsichtlich Sicherheit das Niveau von Garoowe (Puntland) erreicht. Der einzige Unterschied ist, dass die Front hier erheblich näher ist. Das letzte auffällige Ereignis hinsichtlich der Sicherheitslage in Kismayo war die Unruhe rund um die Wiederwahl von Präsident Madobe im Jahr 2019 (BMLV 1.12.2023). Eine Quelle der FFM Somalia 2023 erklärt, dass Kismayo eine der sichersten Städte in Somalia außerhalb Somalilands und sicherer als Städte in Puntland ist (Researcher/STDOK/SEM 4.2023). Eine weitere Quelle erklärt, dass es sehr sicher ist, sich in Kismayo aufzuhalten, auch wenn es hin und wieder zu Anschlägen kommt (UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023). Eine andere Quelle erklärt, dass Kismayo definitiv nicht der sicherste Dienstort ist, aber die Lage dort besser ist, als beispielsweise in Baidoa (MAEZA/STDOK/SEM 4.2023). In der Stadt wird versucht, Clanstreitigkeiten friedlich zu lösen. Die Bevölkerung hat verstanden, dass sie von einer Friedensdividende profitiert (BMLV 1.12.2023). Es gibt ein funktionierendes Gerichtssystem (Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021), die Regierung gilt als relativ stabil (BMLV 1.12.2023; vergleiche ACCORD 31.5.2021). Ihr ist es zudem gelungen, eine Verwaltung zu etablieren. Diese ist gefestigt und funktioniert (BMLV 1.12.2023).

In Kismayo gibt es kenianische Kräfte. Die Sicherheitskräfte von Jubaland haben eine gute Reputation und eine starke Präsenz in der Stadt (Researcher/STDOK/SEM 4.2023). Regierungskräfte kontrollieren Kismayo, es gibt ausreichend Sicherheitskräfte. Der Aufbau von Polizei und Justiz wurde und wird international unterstützt. Die Polizei wurde in den letzten Jahren von AMISOM bzw. ATMIS, Kenia und UN ausgebildet, sie hat ein relativ gutes Ausbildungsniveau erreicht. Es gibt eine klare Trennung zwischen Polizei und anderen bewaffneten Kräften (BMLV 1.12.2023). Die Sicherheitskräfte in Kismayo bauen auch auf Informationen aus der Bevölkerung. Die Bedrohungslage durch al Shabaab in der Stadt wurde reduziert (NMG 25.10.2022; vgl. Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Durch die fähige nachrichtendienstliche und Sicherheitsstruktur wurde auch die Kriminalität eingeschränkt (Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Das verhängte Waffentrageverbot in der Stadt wird umgesetzt, die Kriminalität ist auf niedrigem Niveau, es gibt kaum Meldungen über Morde. Folglich lässt sich sagen, dass die Polizei in Kismayo entsprechend gut funktioniert. Zivilisten können sich in Kismayo frei und relativ sicher bewegen (BMLV 1.12.2023). In Kismayo gibt es kenianische Kräfte. Die Sicherheitskräfte von Jubaland haben eine gute Reputation und eine starke Präsenz in der Stadt (Researcher/STDOK/SEM 4.2023). Regierungskräfte kontrollieren Kismayo, es gibt ausreichend Sicherheitskräfte. Der Aufbau von Polizei und Justiz wurde und wird international unterstützt. Die Polizei wurde in den letzten Jahren von AMISOM bzw. ATMIS, Kenia und UN ausgebildet, sie hat ein relativ gutes Ausbildungsniveau erreicht. Es gibt eine klare Trennung zwischen Polizei und anderen bewaffneten Kräften (BMLV 1.12.2023). Die Sicherheitskräfte in Kismayo bauen auch auf Informationen aus der Bevölkerung. Die Bedrohungslage durch al Shabaab in der Stadt wurde reduziert (NMG 25.10.2022; vergleiche Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Durch die fähige nachrichtendienstliche und Sicherheitsstruktur wurde auch die Kriminalität eingeschränkt (Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Das verhängte Waffentrageverbot in der Stadt wird umgesetzt, die Kriminalität ist auf niedrigem Niveau, es gibt kaum Meldungen über Morde. Folglich lässt sich sagen, dass die Polizei in Kismayo entsprechend gut funktioniert. Zivilisten können sich in Kismayo frei und relativ sicher bewegen (BMLV 1.12.2023).

Jubaland kontrolliert etwa einen Umkreis von 30 km um Kismayo (Researcher/STDOK/SEM 4.2023; vgl. UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023, BMLV 1.12.2023, PGN 23.1.2023). Hier ist es Jubaland gelungen, ein sicheres Umfeld zu schaffen (UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023). Gemäß einer anderen Quelle handelt es sich hingegen nur um einen Umkreis von 15 km (INGO-F/STDOK/SEM 4.2023). Ein Mitarbeiter einer Organisation für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit gibt an, dass sich die eigenen internationalen Mitarbeiter in Kismayo bei Tag in der ganzen Stadt normal bewegen können. Es gibt kaum Einschränkungen. Bestimmte Einschränkungen gibt es für IDP-Lager am Rande der Stadt, größere Einschränkungen für solche außerhalb der Stadt. Entlang des Juba bewegen sich Mitarbeiter dieser Organisation bis Goobweyn. Allerdings gibt es im Schnitt jedes Monat eine Woche, in welcher die Sicherheitsbestimmungen verschärft und damit die Bewegungen für internationale Mitarbeiter komplett eingeschränkt werden (MAEZA/STDOK/SEM 4.2023).Jubaland kontrolliert etwa einen Umkreis von 30 km um Kismayo (Researcher/STDOK/SEM 4.2023; vergleiche UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023, BMLV 1.12.2023, PGN 23.1.2023). Hier ist es Jubaland gelungen, ein sicheres Umfeld zu schaffen (UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023). Gemäß einer anderen Quelle handelt es sich hingegen nur um einen Umkreis von 15 km (INGO-F/STDOK/SEM 4.2023). Ein Mitarbeiter einer Organisation für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit gibt an, dass sich die eigenen internationalen Mitarbeiter in Kismayo bei Tag in der ganzen Stadt normal bewegen können. Es gibt kaum Einschränkungen. Bestimmte Einschränkungen gibt es für IDP-Lager am Rande der Stadt, größere Einschränkungen für solche außerhalb der Stadt. Entlang des Juba bewegen sich Mitarbeiter dieser Organisation bis Goobweyn. Allerdings gibt es im Schnitt jedes Monat eine Woche, in welcher die Sicherheitsbestimmungen verschärft und damit die Bewegungen für internationale Mitarbeiter komplett eingeschränkt werden (MAEZA/STDOK/SEM 4.2023).

Al Shabaab ist nur sehr eingeschränkt in und um Kismayo aktiv. Die Gruppe hat keinen großen Einfluss in der Stadt. Dies beweist auch, dass die Kooperation zwischen Polizei und Bevölkerung funktioniert (BMLV 1.12.2023; vgl. Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Anschläge durch al Shabaab in Kismayo sind zur Seltenheit geworden (BMLV 1.12.2023). In der Stadt gibt es keine derartige „Besteuerung“ der Wirtschaft, wie al Shabaab dies etwa in Mogadischu praktiziert. Es gibt keine direkte Besteuerung von Gütern in der Stadt oder am Hafen. Trotzdem profitiert die Gruppe stark vom Hafen und kann Einkommen generieren, da sie Güter an Checkpoints außerhalb der Stadt besteuert (Researcher/STDOK/SEM 4.2023).Al Shabaab ist nur sehr eingeschränkt in und um Kismayo aktiv. Die Gruppe hat keinen großen Einfluss in der Stadt. Dies beweist auch, dass die Kooperation zwischen Polizei und Bevölkerung funktioniert (BMLV 1.12.2023; vergleiche Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Anschläge durch al Shabaab in Kismayo sind zur Seltenheit geworden (BMLV 1.12.2023). In der Stadt gibt es keine derartige „Besteuerung“ der Wirtschaft, wie al Shabaab dies etwa in Mogadischu praktiziert. Es gibt keine direkte Besteuerung von Gütern in der Stadt oder am Hafen. Trotzdem profitiert die Gruppe stark vom Hafen und kann Einkommen generieren, da sie Güter an Checkpoints außerhalb der Stadt besteuert (Researcher/STDOK/SEM 4.2023).

Rückkehrer aus Kenia kommen primär nach Kismayo. Gegenwärtig ist die Zahl an neuen Rückkehrern nicht sehr groß. Das Zusammenleben der Bevölkerung mit IDPs bzw. von Bevölkerung und Rückkehrern funktioniert relativ gut. Für al Shabaab sind Rückkehrer kein Ziel (MAEZA/STDOK/SEM 4.2023). Die Regierung von Jubaland hat es geschafft, die Stadt für alle ehemaligen Einwohner zugänglich zu machen - und zwar aus zahlreichen vormals streitenden Clans. Gleichzeitig wurde aber das Risiko von Clankämpfen reduziert (Majid/Abdirahman/LSE 26.3.2021). Präsident Madobe setzt sich auch außerhalb von Kismayo für Vermittlungen zwischen Clans ein. So etwa im Gebiet von Dif, wo es im Juni 2022 zu Auseinandersetzungen gekommen ist (RKIS 27.6.2022). Zur Bekräftigung der Vermittlungsversuche wurden dorthin auch Darawish-Truppen entsandt (MUST 8.6.2022).

Middle Juba: Die ganze Region und alle Bezirkshauptstädte (Buale, Jilib, Saakow) stehen unter Kontrolle der al Shabaab (PGN 23.1.2023; vgl. Sahan/SWT 14.6.2023). Jilib ist de facto die Hauptstadt der Gruppe (C4/Jamal 15.6.2022).Middle Juba: Die ganze Region und alle Bezirkshauptstädte (Buale, Jilib, Saakow) stehen unter Kontrolle der al Shabaab (PGN 23.1.2023; vergleiche Sahan/SWT 14.6.2023). Jilib ist de facto die Hauptstadt der Gruppe (C4/Jamal 15.6.2022).

Gedo: Die Städte Baardheere, Belet Xaawo, Doolow, Luuq und Garbahaarey sowie die Orte Ceel Waaq und Buurdhuubo werden von Regierungskräften und ATMIS kontrolliert. Die Orte und das Umland von Ceel Cadde und Qws Qurun befinden sich unter Kontrolle von al Shabaab. Dies gilt weitgehend auch für das übrige Zwischengelände der Region (BMLV 1.12.2023; vgl. PGN 23.1.2023). Die Städte Luuq, Garbahaarey, Doolow und Baardheere können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Die Grenzstadt Doolow sowie Luuq werden als sicher erachtet. Diese Städte und das direkte Grenzgebiet zu Äthiopien sind relativ frei von al Shabaab und stabil. Auch Garbahaarey gilt als stabil. Ceel Waaq wird – als einziger Teil von Gedo – von Sicherheitskräften Jubalands und kenianischen Truppen kontrolliert (BMLV 1.12.2023). In Teilen von Gedo steht die Bundesarmee, in anderen Teilen stehen mit Jubaland alliierte bewaffnete Gruppen (DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023). Entlang der Grenze zu Äthiopien wurde die Liyu Police aus der äthiopischen Somali Region durch Truppen der äthiopischen Armee ersetzt (IO-D/STDOK/SEM 4.2023; vgl. BMLV 14.9.2023).Gedo: Die Städte Baardheere, Belet Xaawo, Doolow, Luuq und Garbahaarey sowie die Orte Ceel Waaq und Buurdhuubo werden von Regierungskräften und ATMIS kontrolliert. Die Orte und das Umland von Ceel Cadde und Qws Qurun befinden sich unter Kontrolle von al Shabaab. Dies gilt weitgehend auch für das übrige Zwischengelände der Region (BMLV 1.12.2023; vergleiche PGN 23.1.2023). Die Städte Luuq, Garbahaarey, Doolow und Baardheere können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Die Grenzstadt Doolow sowie Luuq werden als sicher erachtet. Diese Städte und das direkte Grenzgebiet zu Äthiopien sind relativ frei von al Shabaab und stabil. Auch Garbahaarey gilt als stabil. Ceel Waaq wird – als einziger Teil von Gedo – von Sicherheitskräften Jubalands und kenianischen Truppen kontrolliert (BMLV 1.12.2023). In Teilen von Gedo steht die Bundesarmee, in anderen Teilen stehen mit Jubaland alliierte bewaffnete Gruppen (DIPL-X/STDOK/SEM 4.2023). Entlang der Grenze zu Äthiopien wurde die Liyu Police aus der äthiopischen Somali Region durch Truppen der äthiopischen Armee ersetzt (IO-D/STDOK/SEM 4.2023; vergleiche BMLV 14.9.2023).

Mit Bezug auf al Shabaab gibt es seit 2021 keine wesentlichen Veränderungen. Die Gruppe nutzt die von ihr in Gedo gehaltenen Gebiete v.a. als Ausgangsbasis für Angriffe in Kenia (BMLV 1.12.2023).

Vorfälle: In den Regionen Lower Juba (1,038.602), Middle Juba (366.851) und Gedo (938.249) leben nach Angaben einer Quelle 2,343.702 Einwohner (IPC 13.12.2022). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2021 insgesamt 34 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie violence against civilians). Bei 20 dieser 34 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2022 waren es 21 derartige Vorfälle (davon 12 mit je einem Toten) (ACLED 2023). In der Zusammenschau von Bevölkerungszahl und "violence against civilians" ergeben sich für 2022 folgende Zahlen (Vorfälle je 100.000 Einwohner): Lower Juba 0,67; Gedo 1,07; Middle Juba 1,09;

In der Folge eine Übersicht für die Jahre 2013-2022 zur Gesamtzahl an Vorfällen mit Todesopfern sowie zur Subkategorie violence against civilians, in welcher auch "normale" Morde inkludiert sind. Die Zahlen werden in zwei Subkategorien aufgeschlüsselt: Ein Todesopfer; mehrere Todesopfer. Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der Schwankungsbreite bei ACLED nicht berücksichtigt: [nicht abgebildet; Quelle: ACLED 2023 (und Vorgängerversionen)]

Quellen: […]“

1.3.3. Zur allgemeinen Situation von Frauen in Somalia und geschlechtsspezifischer Gewalt: (LIB, S 199 ff):

„20.1 Frauen - allgemein

Sowohl im Zuge der Anwendung der Scharia als auch bei der Anwendung traditionellen Rechtes sind Frauen nicht in Entscheidungsprozesse eingebunden. Die Scharia wird ausschließlich von Männern angewendet, die oftmals zugunsten von Männern entscheiden (USDOS 12.4.2022, S. 37/40). Zudem gelten die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivil- und Strafrechts. Entsprechend gelten für Frauen andere gesetzliche Maßstäbe als für Männer (z. B. halbe Erbquote). Insgesamt gibt es hinsichtlich der grundsätzlich diskriminierenden Auslegungen der zivil- und strafrechtlichen Elemente der Scharia keine Ausweichmöglichkeiten, diese gelten auch in Somaliland (AA 28.6.2022, S. 18). Auch im Rahmen der Ausübung des Xeer haben Frauen nur eingeschränkt Einfluss. Verhandelt wird unter Männern, und die Frau wird üblicherweise von einem männlichen Familienmitglied vertreten (SPC 9.2.2022). Oft werden Gewalttaten gegen Frauen außerhalb des staatlichen Systems zwischen Clanältesten geregelt, sodass ein Opferschutz nicht gewährleistet ist (AA 28.6.2022, S. 15).Sowohl im Zuge der Anwendung der Scharia als auch bei der Anwendung traditionellen Rechtes sind Frauen nicht in Entscheidungsprozesse eingebunden. Die Scharia wird ausschließlich von Männern angewendet, die oftmals zugunsten von Männern entscheiden (USDOS 12.4.2022, Sitzung 37/40). Zudem gelten die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivil- und Strafrechts. Entsprechend gelten für Frauen andere gesetzliche Maßstäbe als für Männer (z. B. halbe Erbquote). Insgesamt gibt es hinsichtlich der grundsätzlich diskriminierenden Auslegungen der zivil- und strafrechtlichen Elemente der Scharia keine Ausweichmöglichkeiten, diese gelten auch in Somaliland (AA 28.6.2022, Sitzung 18). Auch im Rahmen der Ausübung des Xeer haben Frauen nur eingeschränkt Einfluss. Verhandelt wird unter Männern, und die Frau wird üblicherweise von einem männlichen Familienmitglied vertreten (SPC 9.2.2022). Oft werden Gewalttaten gegen Frauen außerhalb des staatlichen Systems zwischen Clanältesten geregelt, sodass ein Opferschutz nicht gewährleistet ist (AA 28.6.2022, Sitzung 15).

Die von Männern dominierte Gesellschaft und ihre Institutionen gestatten es somalischen Männern, Frauen auszubeuten. Verbrechen an Frauen haben nur geringe oder gar keine Konsequenzen (SIDRA 6.2019b, S. 6). Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt werden oft im Rahmen kollektiver Clanverantwortung abgehandelt. Viele solche Fälle werden nicht gemeldet. Weibliche Opfer befürchten, von ihren Familien oder Gemeinden verstoßen zu werden, sie fürchten sich z. B. auch vor einer Scheidung oder einer Zwangsehe. Anderen Opfern sind die formellen Regressstrukturen schlichtweg unbekannt (SPC 9.2.2022).Die von Männern dominierte Gesellschaft und ihre Institutionen gestatten es somalischen Männern, Frauen auszubeuten. Verbrechen an Frauen haben nur geringe oder gar keine Konsequenzen (SIDRA 6.2019b, Sitzung 6). Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt werden oft im Rahmen kollektiver Clanverantwortung abgehandelt. Viele solche Fälle werden nicht gemeldet. Weibliche Opfer befürchten, von ihren Familien oder Gemeinden verstoßen zu werden, sie fürchten sich z. B. auch vor einer Scheidung oder einer Zwangsehe. Anderen Opfern sind die formellen Regressstrukturen schlichtweg unbekannt (SPC 9.2.2022).

Gemäß einer aktuellen Studie zum Gender-Gap in Süd-/Zentralsomalia und Puntland verfügen Frauen dort nur über 50 % der Möglichkeiten der Männer – und zwar mit Bezug auf Teilnahme an der Wirtschaft; wirtschaftliche Möglichkeiten; Politik; und Bildung (SLS 6.4.2021). Der Salafismus stellt in Somalia das größte Hindernis für die Förderung von Frauen dar. Trotzdem wächst die Zahl an Polizistinnen und Soldatinnen, und auch in Behörden werden zunehmend Frauen angestellt (Sahan 9.9.2022).

Quellen: […]

20.1.1 Süd-/Zentralsomalia, Puntland

Diskriminierung: Die Diskriminierung von Frauen ist gesetzlich verboten (USDOS 12.4.2022, S. 40). Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär (AA 28.6.2022, S. 17). Frauen werden in der somalischen Gesellschaft, in der Politik und in den Rechtssystemen systematisch Männern untergeordnet (LIFOS 16.4.2019, S. 10; vgl. USDOS 12.4.2022, S. 40). Sie genießen nicht die gleichen Rechte und den gleichen Status wie Männer und werden diesen systematisch untergeordnet. Frauen leiden unter Diskriminierung bei Kreditvergabe, Bildung, Politik und Unterbringung (USDOS 12.4.2022, S. 40). Diskriminierung: Die Diskriminierung von Frauen ist gesetzlich verboten (USDOS 12.4.2022, Sitzung 40). Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär (AA 28.6.2022, Sitzung 17). Frauen werden in der somalischen Gesellschaft, in der Politik und in den Rechtssystemen systematisch Männern untergeordnet (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 10; vergleiche USDOS 12.4.2022, Sitzung 40). Sie genießen nicht die gleichen Rechte und den gleichen Status wie Männer und werden diesen systematisch untergeordnet. Frauen leiden unter Diskriminierung bei Kreditvergabe, Bildung, Politik und Unterbringung (USDOS 12.4.2022, Sitzung 40).

Andererseits ist es der Regierung gelungen, Frauenrechte etwas zu fördern: Immer mehr Mädchen gehen zur Schule, die Zahl an Frauen im öffentlichen Dienst wächst (ICG 27.6.2019, S. 3). Frauen sind das ökonomische Rückgrat der Gesellschaft und mittlerweile oft die eigentlichen Brotverdiener der Familie (SIDRA 6.2019b, S. 2). Daher ist es üblich, in einer Stadt wie Mogadischu Kleinhändlerinnen anzutreffen, die Khat, Gemüse oder Benzin verkaufen (TE 11.3.2019; vgl. LIFOS 16.4.2019, S. 11). Außer bei großen Betrieben spielen Frauen eine führende Rolle bei den Privatunternehmen. In Mogadischu und Bossaso gehören ca. 45 % aller formellen Unternehmen Frauen (WB 22.3.2022).Andererseits ist es der Regierung gelungen, Frauenrechte etwas zu fördern: Immer mehr Mädchen gehen zur Schule, die Zahl an Frauen im öffentlichen Dienst wächst (ICG 27.6.2019, Sitzung 3). Frauen sind das ökonomische Rückgrat der Gesellschaft und mittlerweile oft die eigentlichen Brotverdiener der Familie (SIDRA 6.2019b, Sitzung 2). Daher ist es üblich, in einer Stadt wie Mogadischu Kleinhändlerinnen anzutreffen, die Khat, Gemüse oder Benzin verkaufen (TE 11.3.2019; vergleiche LIFOS 16.4.2019, Sitzung 11). Außer bei großen Betrieben spielen Frauen eine führende Rolle bei den Privatunternehmen. In Mogadischu und Bossaso gehören ca. 45 % aller formellen Unternehmen Frauen (WB 22.3.2022).

Politik: Viele traditionelle und religiöse Eliten stellen sich vehement gegen eine stärkere Beteiligung von Frauen am politischen Leben (AA 28.6.2022, S. 18). Die eigentlich vorgesehene 30-%-Frauenquote für Abgeordnete im somalischen Parlament wird nicht eingehalten. Aktuell liegt diese bei 20 % (UNSC 13.5.2022, Abs. 2; vgl. ÖB 11.2022, S. 12) im Unterhaus und 26 % im Oberhaus (14 von 54 Sitzen) (USDOS 12.4.2022, S. 31; vgl. ÖB 11.2022, S. 12; UNSC 8.2.2022, Abs. 12). In der neuen Regierung nehmen Frauen 10 Sitze ein, was einen Anteil von 13 % ausmacht (UNSC 1.9.2022, Abs. 9).Politik: Viele traditionelle und religiöse Eliten stellen sich vehement gegen eine stärkere Beteiligung von Frauen am politischen Leben (AA 28.6.2022, Sitzung 18). Die eigentlich vorgesehene 30-%-Frauenquote für Abgeordnete im somalischen Parlament wird nicht eingehalten. Aktuell liegt diese bei 20 % (UNSC 13.5.2022, Absatz 2 ;, vergleiche ÖB 11.2022, Sitzung 12) im Unterhaus und 26 % im Oberhaus (14 von 54 Sitzen) (USDOS 12.4.2022, Sitzung 31; vergleiche ÖB 11.2022, Sitzung 12; UNSC 8.2.2022, Absatz 12,). In der neuen Regierung nehmen Frauen 10 Sitze ein, was einen Anteil von 13 % ausmacht (UNSC 1.9.2022, Absatz 9,).

Auch wenn Gewalt gegen Frauen gesetzlich verboten ist (USDOS 12.4.2022, S. 37), bleiben häusliche (USDOS 12.4.2022, S. 37; vgl. AA 28.6.2022, S. 18) und sexuelle Gewalt gegen Frauen ein großes Problem. Bezüglich Gewalt in der Ehe – darunter auch Vergewaltigung – gibt es keine speziellen Gesetze (USDOS 12.4.2022, S. 34/37). Auch wenn Gewalt gegen Frauen gesetzlich verboten ist (USDOS 12.4.2022, Sitzung 37), bleiben häusliche (USDOS 12.4.2022, Sitzung 37; vergleiche AA 28.6.2022, Sitzung 18) und sexuelle Gewalt gegen Frauen ein großes Problem. Bezüglich Gewalt in der Ehe – darunter auch Vergewaltigung – gibt es keine speziellen Gesetze (USDOS 12.4.2022, Sitzung 34/37).

Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt bleiben ein großes Problem – speziell für IDPs (FH 2022a, G3; vgl. USDOS 12.4.2022, S. 34ff, ÖB 11.2022, S. 11). Im Jahr 2021 kam es zu einem Anstieg an derartigen Fällen, oft werden Opfer auch getötet (HRW 13.1.2022; vgl. UNFPA 14.4.2022). Auch im Jahr 2022 ist die Zahl an Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt weiter gestiegen. Im Jahr 2021 setzten sich die Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt wie folgt zusammen: 62 % physische Gewalt; 11 % Vergewaltigungen; 10 % sexuelle Übergriffe; 7 % Verweigerung von Ressourcen; 6 % psychische Gewalt; 4 % Zwangs- oder Kinderehe. 53 % der Fälle ereigneten sich im Wohnbereich der Opfer. 2021 war eine hohe Rate an Partnergewalt zu verzeichnen; mit der Rücknahme von Covid-19-bedingten Einschränkungen ist die Rate an Partnergewalt zuletzt gesunken. 74 % aller registrierten Vergehen von geschlechtsspezifischer Gewalt betreffen IDPs (UNFPA 14.4.2022). Auch weibliche Angehörige von Minderheiten sind häufig unter den Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt. NGOs haben eine diesbezügliche Systematik dokumentiert (USDOS 12.4.2022, S. 35).Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt bleiben ein großes Problem – speziell für IDPs (FH 2022a, G3; vergleiche USDOS 12.4.2022, Sitzung 34ff, ÖB 11.2022, Sitzung 11). Im Jahr 2021 kam es zu einem Anstieg an derartigen Fällen, oft werden Opfer auch getötet (HRW 13.1.2022; vergleiche UNFPA 14.4.2022). Auch im Jahr 2022 ist die Zahl an Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt weiter gestiegen. Im Jahr 2021 setzten sich die Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt wie folgt zusammen: 62 % physische Gewalt; 11 % Vergewaltigungen; 10 % sexuelle Übergriffe; 7 % Verweigerung von Ressourcen; 6 % psychische Gewalt; 4 % Zwangs- oder Kinderehe. 53 % der Fälle ereigneten sich im Wohnbereich der Opfer. 2021 war eine hohe Rate an Partnergewalt zu verzeichnen; mit der Rücknahme von Covid-19-bedingten Einschränkungen ist die Rate an Partnergewalt zuletzt gesunken. 74 % aller registrierten Vergehen von geschlechtsspezifischer Gewalt betreffen IDPs (UNFPA 14.4.2022). Auch weibliche Angehörige von Minderheiten sind häufig unter den Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt. NGOs haben eine diesbezügliche Systematik dokumentiert (USDOS 12.4.2022, Sitzung 35).

Frauen und Mädchen werden Opfer, wenn sie Wasser holen, Felder bewirtschaften oder auf den Markt gehen. Klassische Muster sind: a) die Entführung von Mädchen und Frauen zum Zwecke der Vergewaltigung oder der Zwangsehe. Hier sind die Täter meist nicht-staatliche Akteure; und b) Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen durch staatliche Akteure, assoziierte Milizen und unbekannte Bewaffnete. Nach anderen Angaben wiederum ereignet sich der Großteil der Vergewaltigungen - über 50 % - im eigenen Haushalt oder aber im direkten Umfeld; das heißt, Täter sind Familienmitglieder oder Nachbarn der Opfer. Diesbezüglich ist davon auszugehen, dass die Zahl an Fällen sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt aufgrund der Covid-19-Maßnahmen zugenommen hat. Alleine im Juli 2021 wurden von der UN 168 Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt dokumentiert - darunter auch Vergewaltigungen und versuchte Vergewaltigungen. Es wird angenommen, dass die Dunkelziffer viel höher liegt (USDOS 12.4.2022, S. 35f). Insgesamt hat sich aber aufgrund von Chaos und Gesetzlosigkeit seit 1991 eine Kultur der Gewalt etabliert, in welcher Männer Frauen ungestraft vergewaltigen können (TE 11.3.2019). Frauen und Mädchen bleiben daher den Gefahren bezüglich Vergewaltigung, Verschleppung und systematischer sexueller Versklavung ausgesetzt (AA 28.6.2022, S. 17). Frauen und Mädchen werden Opfer, wenn sie Wasser holen, Felder bewirtschaften oder auf den Markt gehen. Klassische Muster sind: a) die Entführung von Mädchen und Frauen zum Zwecke der Vergewaltigung oder der Zwangsehe. Hier sind die Täter meist nicht-staatliche Akteure; und b) Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen durch staatliche Akteure, assoziierte Milizen und unbekannte Bewaffnete. Nach anderen Angaben wiederum ereignet sich der Großteil der Vergewaltigungen - über 50 % - im eigenen Haushalt oder aber im direkten Umfeld; das heißt, Täter sind Familienmitglieder oder Nachbarn der Opfer. Diesbezüglich ist davon auszugehen, dass die Zahl an Fällen sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt aufgrund der Covid-

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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