TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/9 95/02/0054

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Veröffentlicht am 09.06.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs1;
VStG §51e Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des A in Salzburg, vertreten durch Mag. C, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 30. Jänner 1995, Zl. Senat-KS-94-013, betreffend Ladung als Zeuge in einem Verwaltungsstrafverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der belangten Behörde war ein Berufungsverfahren betreffend ein Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Krems an der Donau vom 23. Februar 1994 wegen einer am 8. Mai 1993 begangenen Übertretung der StVO 1960 anhängig. Der Beschuldigte (Berufungswerber), der laut Auskunft der Zulassungsbesitzerin, eines Vermietungsunternehmens, bei dem der Beschwerdeführer die Funktion eines Geschäftsführers innehat, vom 12. Juli 1993 - wobei zur Person des Lenkers angegeben wurde, daß "von unserer Geschäftsführung niemand an der Fahrt teilgenommen hat" - das Tatfahrzeug gemietet hatte, gab in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 23. November 1994 an, das Fahrzeug mit Lenkerbeistellung gemietet zu haben. U.a. aus diesem Grunde wurde die mündliche Verhandlung vertagt. Die belangte Behörde richtete in der Folge an das Vermietungsunternehmen, welches seinen Sitz in Salzburg hat, das Ersuchen um Vorlage einer Kopie des Mietvertrages, der am Tag der Tat mit dem Berufungswerber bestanden hat. Dieses Ersuchen wurde mit Schreiben vom 29. Dezember 1994 dahingehend beantwortet, daß ein schriftlicher Mietvertrag nicht vorliege; dieses Schreiben ist vom Beschwerdeführer unterfertigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 19 AVG zu der für 10. Februar 1995 bei der Bezirkshauptmannschaft Krems anberaumten fortgesetzten Verhandlung als Zeuge geladen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1) Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Ladungsbescheid sei insofern mangelhaft, als ihm der Gegenstand der Amtshandlung (im Sinne des § 19 Abs. 2 AVG) nicht zu entnehmen sei.

Dieses Vorbringen ist schon insofern unbegründet, als im angefochtenen Bescheid die den Beschuldigten (Berufungswerber) betreffende Verwaltungsstrafsache wegen Übertretung der StVO 1960 genannt ist. Dies wird in der dem angefochtenen Bescheid angeschlossen gewesenen "Anberaumung einer mündlichen Verhandlung" vom selben Tag noch durch Datum und Geschäftszahl des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ergänzt. Dem Beschwerdeführer war die von der belangten Behörde zu beurteilende Problematik, ob nämlich die in Rede stehende Verwaltungsübertretung vom Beschuldigten begangen wurde, aus seinem Schriftverkehr mit der belangten Behörde bekannt. Schon weil sich der Beschwerdeführer über den Gegenstand der Amtshandlung vom 10. Februar 1995 im klaren war - der Beschwerdevertreter hat nach Angaben des Verhandlungsleiters in dieser Verhandlung überdies wenige Tage vor der Verhandlung fernmündlich eine diesbezügliche Auskunft eingeholt -, ist der Beschwerdeführer durch die Art der Angabe des Gegenstandes der Amtshandlung nicht in seinen Rechten verletzt.

2) Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, daß seine Ladung als Zeuge nicht zweckmäßig gewesen sei. Der Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens (ein "Parkdelikt", das von der Erstbehörde mit einer Geldstrafe von S 500,-- geahndet wurde) stehe in keinem Verhältnis zu seinem Aufwand, einer Reise von ungefähr 600 km (von Salzburg nach Krems und zurück). Allenfalls erforderliche ergänzende Befragungen seiner Person hätten auch im Rechtshilfeweg durchgeführt und in der Verhandlung vor der belangten Behörde zur Verlesung gebracht werden können.

Es kann dahinstehen, inwieweit eine Person ein aus § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG, wonach Niederschriften über die Vernehmung von Zeugen in der mündlichen Verhandlung vor einem unabhängigen Verwaltungssenat nur verlesen werden dürfen, wenn das persönliche Erscheinen der zu Vernehmenden wegen u.a. entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen nicht verlangt werden kann, abgeleitetes subjektives Recht darauf hat, als Zeuge oder Auskunftsperson nicht vor die Behörde geladen, sondern im Rechtshilfeweg durch eine ersuchte Behörde an ihrem Wohn- bzw. Berufssitz einvernommen zu werden. Entscheidend ist vielmehr, ob die belangte Behörde vertretbarerweise der Auffassung sein konnte, die persönliche Anwesenheit des Beschwerdeführers in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung werde für ihre Entscheidungsfindung im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG nötig sein. Dies ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall: Der Beschuldigte (Berufungswerber) hat - wie bereits ausgeführt - seine Täterschaft in einem verhältnismäßig weit fortgeschrittenen Verfahrensstadium implicit in Frage gestellt; die belangte Behörde hat vergeblich versucht, vom Beschwerdeführer im kurzen Wege eine (schriftliche) Aufklärung zu erlangen, um den Inhalt des vom Beschuldigten (Berufungswerber) mit dem Vermietungsunternehmen geschlossenen Vertrages zu ermitteln. Wenn es um die Feststellung des Inhaltes eines - angeblich bloß mündlich abgeschlossenen - Vertrages geht, ist es von vornherein nicht als unzweckmäßig oder gar willkürlich zu qualifizieren, wenn die Behörde die Vertragspartner zu dieser Frage persönlich einzuvernehmen trachtet, ist ihr doch die Unmittelbarkeit des Verfahrens grundsätzlich aufgetragen (§ 51 i VStG). Wenn es auch objektiv zulässig gewesen wäre, eine im Rechtshilfeweg gewonnene Aussage des Beschwerdeführers zu verlesen und sodann in ihrem Bescheid zu verwerten, so ist es umgekehrt nicht rechtswidrig, nicht den dem Beschwerdeführer vorschwebenden Weg zu beschreiten, sondern auf dessen persönlichem Erscheinen zu bestehen. So läßt sich auch die von ihm zu erteilende Auskunft besser würdigen, auch könnte bei widersprüchlichen Angaben der Beteiligten unmittelbar auf eine Klärung gedrungen werden.

Insgesamt ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß die belangte Behörde davon ausgehen konnte, daß das Erscheinen des Beschwerdeführers in der fortzusetzenden mündlichen Verhandlung im Sinne des Gesetzes nötig sein werde. Dabei spielt fallbezogen eine Rolle, daß Erhebungen im Rechtshilfeweg und allfällige weitere Anfragen im kurzen Weg im Lichte des Inhaltes der vom Beschwerdeführer gefertigten Auskünfte vom 12. Juli 1993 und vom 29. Dezember 1994 nicht dieselben Erfolgsaussichten wie eine persönliche Einvernahme versprachen; dies insbesondere im Hinblick auf die geringe Glaubwürdigkeit der Behauptung, es liege kein schriftlicher Mietvertrag in Ansehung des Tatfahrzeuges vor. Dazu kommt, daß die belangte Behörde auch im Hinblick auf § 51 Abs. 7 VStG erhebliche Verzögerungen zu vermeiden hatte.

Dem Beschwerdeführer ist ferner entgegenzuhalten, daß er jedenfalls kein subjektives Recht darauf hat, daß er nicht als Zeuge vor die Behörde geladen wird, weil es sich nur um ein "geringfügiges" Delikt handelt.

Der Beschwerdeführer verkennt auch, daß er offenbar nicht zu dem Tatgeschehen selbst befragt werden sollte, sondern daß er Auskünfte zu geben gehabt hätte, die die belangte Behörde in die Lage versetzen sollte, die Glaubwürdigkeit der in Rede stehenden Verantwortung des Beschuldigten (Berufungswerbers) zu beurteilen.

Im übrigen hätte der Beschwerdeführer Anspruch auf Entschädigung in Form von Zeugengebühren. Daß er - im Zusammenhang mit der wenig glaubwürdigen Ausführung, als Geschäftsführer eines Mietwagenunternehmens über kein Kraftfahrzeug zu verfügen - die frühe Uhrzeit beklagt, zu der er seinen Wohnsitz verlassen müßte, um rechtzeitig bei der belangten Behörde erscheinen zu können, vermag ebenfalls eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Die Zeugenpflicht ist eine Rechtspflicht, deren Erfüllung auch mit Unannehmlichkeiten verbunden sein kann.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995020054.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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