TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/22 95/06/0087

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Veröffentlicht am 22.06.1995
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1294;
AVG §69 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des A in I, vertreten durch Mag. B, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 5. Dezember 1994, Zl. MD/Präs.Abt.II-4916/1994, betreffend Devolutionsantrag hinsichtlich eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Zusammenhang mit einem baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der ergänzten Beschwerde und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat gemeinsam mit seiner Ehefrau Wohnungseigentum am Objekt N-Gasse 11 und 13 in Innsbruck begründet. Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 2. Juni 1993 erging an sämtliche Miteigentümer des genannten Objektes der behördliche Auftrag zur Durchführung näher konkretisierter Sanierungsmaßnahmen. Die Miteigentümer wurden verhalten, binnen einer Frist von sechs Monaten sämtliche schadhaften Deckenträme und Deckenschalungen zu entfernen, die Deckentragkonstruktion zu erneuern, die Holzteile mit Holzschutzanstrich gegen Blaufäule und Schimmel zu schützen und schließlich die Deckenfußböden zu erneuern, wobei auf eine ausreichend aufzubringende Wärmedämmung im Bereich der darüberliegenden Wohnbereiche zu achten war. Gleichzeitig wurden die Miteigentümer verhalten, die anläßlich der Sofortmaßnahme der Unterfangung der schadhaften Kellerdecke durch die Berufsfeuerwehr angefallenen Kosten in der Höhe von S 17.187,-- binnen einer Frist von 14 Tagen zu entrichten.

Mit Schriftsatz vom 26. November 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens. Mit Schriftsatz vom 3. Juni 1994 brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Übergang der Zuständigkeit der Entscheidung über den Wiederaufnahmsantrag ein. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. Dezember 1994 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Zuständigkeit der Entscheidung gemäß § 73 Abs. 2 AVG Folge gegeben und zugleich der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens zur Sanierung der Kellerdecke gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG abgewiesen. Begründet wurde dies damit, daß laut Vorbringen des Einschreiters erst durch die vom Beschwerdeführer persönlich am 15. November 1993 in der Urkundensammlung des Grundbuchs Innsbruck vorgenommene Einsicht in den Kaufvertrag vom 2. März 1993 ergeben habe, daß sowohl der unter der gegenständlichen Decke liegende Keller, als auch die darüberliegende Wohnung W 11/1 im Alleineigentum des N M stehe. Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde in der Bescheidbegründung entgegen, daß der Beschwerdeführer jederzeit in die Urkundensammlung des Grundbuches Einsicht nehmen hätte können um die von ihm vorgenommene Interpretation des Kaufvertrages vom 2. März 1993 der Baubehörde, die den in Frage stehenden Instandsetzungsauftrag erlassen hat, mitzuteilen, um einen anderslautenden Bescheid zu erwirken.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 27. Februar 1995, Zl. B 152/95-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde richtet sich gegen den gesamten Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck, wobei sich allerdings die Beschwerdeausführungen lediglich gegen die Versagung der Wiederaufnahme richten. Inwieweit der Beschwerdeführer auch durch Punkt 1 des angefochtenen Bescheides (mit dem dem Antrag des Beschwerdeführers auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme an die Berufungskommission in Bausachen Folge gegeben wurde) beschwert sein könnte, ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Unbestritten ist, daß der erstinstanzliche Bescheid vom 2. Juni 1993 betreffend die Sanierung der Kellerdecke am Objekt N-Gasse 11 dem Beschwerdeführer gegenüber in Rechtskraft erwachsen ist.

Der Beschwerdeführer machte als Wiederaufnahmegrund geltend, daß erst die von ihm am 15. November 1993 in die Urkundensammlung des Grundbuches BG Innsbruck vorgenommene Einsicht ergeben habe, daß sowohl der unter der verfahrensgegenständlichen Decke liegende Keller als auch die darüberliegende Wohnung im Alleineigentum des N.M. gestanden sei und der Beschwerdeführer bis dahin irrtümlich davon ausgegangen sei, daß sich der in Frage stehende Instandsetzungsbescheid auf einen im Miteigentum stehenden Teil des Wohnhauses beziehe und daher im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG neue Tatsachen bzw. Beweismittel hervorgekommen seien, die ohne sein Verschulden nicht geltend gemacht hätten werden können.

Bei dem Verschulden im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG handelt es sich, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgeführt hat, um ein Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1994, Zl. 94/06/0106, und die dort angeführte Vorjudikatur). Ein derartiges Verschulden stellt es auch dar, wenn der Beschwerdeführer nicht rechtzeitig, das heißt innerhalb der Rechtsmittelfrist in das Grundbuch und die Urkundensammlung Einsicht nimmt. Daß besondere Gründe vorgelegen wären, die den Beschwerdeführer an der Einsichtnahme in das Grundbuch und die Urkundensammlung innerhalb der Rechtsmittelfrist gehindert hätten, hat der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Mit Recht hat daher die belangte Behörde schon das Vorliegen eines tauglichen Wiederaufnahmegrundes verneint, sodaß die Frage, ob die Rechtsansicht des Beschwerdeführers bei einer Kellerdecke könne besonderes Wohnungseigentum begründet werden, richtig ist, nicht mehr zu beantworten war.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Verschulden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995060087.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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