TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/27 95/04/0041

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Veröffentlicht am 27.06.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
23/01 Konkursordnung;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs2;
KO §69;
KO §72 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Dezember 1994, Zl. MA 63-G 208/94, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid vom 14. Dezember 1994 entzog der Landeshauptmann von Wien dem Beschwerdeführer im Instanzenzug unter Bezugnahme auf § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung "Glasergewerbe" in einem näher bezeichneten Standort. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges und des Inhaltes der Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen aus, es sei unbestritten, daß mit Beschlüssen des Handelsgerichtes Wien vom 24. Juni 1991 und vom 12. November 1991 Anträge auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden seien. Es sei daher nur mehr zu prüfen gewesen, ob die weitere Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei, sodaß von einer Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen sei. Vom Bezirksgericht L sei mitgeteilt worden, daß gegen den Beschwerdeführer ab dem Jahr 1993 insgesamt 15 im angefochtenen Bescheid näher bezeichnete Exekutionen über eine Gesamtsumme an Kapitalbeträgen von rund S 200.000,-- bewilligt worden seien. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe mit Schreiben vom 21. Juni 1994 mitgeteilt, es bestehe ein Rückstand für die Zeit von Februar bis Mai 1994 in der Höhe von S 22.100,--. Dieses Ermittlungsergebnis sei dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und er aufgefordert worden, darzulegen, wie es ihm konkret möglich sein werde, die Schulden aus den Einkünften der weiteren Gewerbeausübung zu begleichen bzw. zu vermindern und die weiteren anfallenden Verbindlichkeiten zu erfüllen. Eine Äußerung hiezu habe der Beschwerdeführer ohne Angabe von Gründen trotz ausgewiesener Zustellung der Aufforderung unterlassen. Er habe damit seine Verpflichtung zur Mitwirkung am Verfahren unterlassen. Denn zur Feststellung, ob der Beschwerdeführer die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der sich aus der weiteren Gewerbeausübung ergebenden Verbindlichkeiten besitze und wie es ihm konkret möglich sein werde, aus den Einkünften der weiteren Gewerbeausübung die Gläubiger zu befriedigen, seien keine amtswegigen Ermittlungen möglich. Es wäre am Beschwerdeführer gelegen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Da sich aus dem Verwaltungsakt keine konkreten Hinweise ergäben, die für das Vorhandensein von verfügbaren Barmitteln sprächen, gehe die mangelnde Mitwirkung des Beschwerdeführers insofern zu seinen Lasten, als davon ausgegangen werden müsse, daß die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung der Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht er geltend, richtig sei lediglich, daß das Unternehmen des Beschwerdeführers in einen finanziellen Engpaß geraten sei, woran den Beschwerdeführer jedoch kein Verschulden treffe. Die Ursache liege vielmehr in der Insolvenz eines Großauftraggebers, als deren Folge der Beschwerdeführer eine nicht unerhebliche Forderung als uneinbringlich habe ausbuchen müssen. Das Unternehmen des Beschwerdeführers habe Verbindlichkeiten von rund S 3 Mio. aufgewiesen. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer jedoch hinreichendes Vermögen gehabt, sodaß eine Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit im Sinne der Insolvenzgesetze zu keinem Zeitpunkt vorgelegen sei. Er sei Hälfteeigentümer einer Liegenschaft in W mit einem Verkehrswert von rund S 5 Mio. Darüber hinaus verfüge er über eine weitere Liegenschaft in B, welche zwischenzeitig verkauft worden sei. Aus dem Verkaufserlös seien die Verbindlichkeiten abgedeckt worden. Richtig sei zwar, daß im September und November 1991 gegen ihn Konkursanträge gestellt und diese mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden seien. Die Konkursanträge seien jedoch mit der Absicht gestellt worden, die Forderungen gegen den Beschwerdeführer rascher einbringlich zu machen. Aus der Tatsache, daß der Beschwerdeführer über eine Liegenschaftshälfte verfüge, deren Wert bei rund S 2,5 Mio. gelegen sei, ergebe sich, daß in Wahrheit hinreichendes Vermögen vorhanden gewesen und auch noch immer vorhanden sei, sodaß kein Grund vorliege, ihm die Gewerbeberechtigung zu entziehen. Auch habe er vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nahezu sämtliche darin genannten Exekutionen überwiegend ausbezahlt. Die Verbindlichkeiten bei der Wiener Gebietskrankenkasse hätten im Oktober 1994 lediglich S 8.450,11 betragen. Neben den Liegenschaftsanteilen stehe auch ein Pkw Porsche 928 im Alleineigentum des Beschwerdeführers. Der Wert dieses Fahrzeuges allein hätte ausgereicht, die im angefochtenen Bescheid angeführten Exekutionen abzudecken bzw. aus dem Verkaufserlös die Gläubiger zu befriedigen. Im Verfahren wegen Entziehung der Gewerbeberechtigung sei der Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten gewesen. Er sei davon ausgegangen, die Behörde werde von Amts wegen "ihr eigenes Vorbringen überprüfen", insbesondere vor Erlassung ihres Bescheides beim Exekutionsgericht nachfragen, ob Exekutionen noch anhängig oder bereits zur Einstellung gebracht worden seien. Gleiches gelte für die als Grund für die Entziehung der Gewerbeberechtigung genannten Konkursanträge. Hätten sowohl die belangte Behörde als auch die Behörde erster Instanz hinreichende amtswegige Erhebungen vorgenommen, so hätten sie zu dem Ergebnis gelangen müssen, das Unternehmen des Beschwerdeführers weise keine Verbindlichkeiten auf, die als Überschuldung zu werten seien. Es sei wirtschaftlich gesund und es bestehe keine wie auch immer geartete Befürchtung, es werde über das Vermögen des Beschwerdeführers ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Der Grund für die mehrfachen Exekutionen liege ausschließlich darin, daß der Beschwerdeführer in den letzten zwei Jahren als einzige Arbeitskraft tätig gewesen sei und täglich zumindest zehn bis zwölf Stunden in der Werkstatt gearbeitet und außerhalb seines Unternehmens Montagen durchgeführt habe. Dadurch sei die Administration vernachlässigt worden. Wie sich aus den vorgelegten Empfangsbestätigungen des Gerichtsvollziehers ergebe, habe er jedoch jeweils hinreichende Geldbeträge parat, sodaß er auch anläßlich der Exekutionsvollzüge, deren Termin ihm im vorhinein nicht bekannt seien, auch Zahlungen geleistet habe.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361) die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Gemäß 87 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Was zunächst den Einwand der Beschwerde betrifft, es hätte zu keinem Zeitpunkt eine Zahlungsunfähigkeit des Beschwerdeführers im Sinne der Insolvenzgesetzes bestanden, ist darauf hinzuweisen, daß die Konkurseröffnung bzw. die Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens für die Gewerbebehörde ein Sachverhaltselement darstellt, wobei sie nicht zu überprüfen hat, ob die diesbezügliche Entscheidung des Gerichtes der Rechtslage entsprach (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/04/0233). Da der Beschwerdeführer die Existenz derartiger Gerichtsbeschlüsse nicht in Zweifel zieht, bildet es keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 GewO 1994 und damit auch des § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. ausgegangen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, die auch auf die Rechtslage nach der Gewerberechtsnovelle 1992 zutrifft, da die mit dieser Novelle erfolgte Änderung des § 87 Abs. 2 GewO 1973 diesbezüglich keine inhaltliche Änderung zur früheren Rechtslage brachte, dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, der Gewerbetreibende werde auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Denn, abgesehen von den bereits bestehenden Gläubigerforderungen, ist auch zu berücksichtigen, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können müssen, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0186).

Wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, trifft die Partei insbesondere dann eine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Dies trifft bei der Bestimmung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 insofern zu, als die damit im Zusammenhang stehenden Feststellungen notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbieten der Partei voraussetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 94/04/0029). Im vorliegenden Fall wäre es daher Sache des Beschwerdeführers gewesen, auf die entsprechende Aufforderung, in der ihm die Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde über die gegen ihn offenen Verbindlichkeiten mitgeteilt worden waren, der belangten Behörde mitzuteilen, über welches Vermögen er verfügt und wie er beabsichtigt, daraus die noch offenen Verbindlichkeiten zu berichtigen. Auch ohne anwaltliche Beratung müßte dem Beschwerdeführer zumindest nach Erhalt der entsprechenden Aufforderung der belangten Behörde klar gewesen sein, daß diese ohne entsprechendes Vorbringen mangels Kenntnis von diesen Umständen bei ihrer Entscheidung darauf nicht Bedacht nehmen werde können. Auf das in diesem Zusammenhang erst in der Beschwerde erstattete Sachverhaltsvorbringen ist aber schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht weiter einzugehen.

Ausgehend von dem somit in einem mängelfreien Verfahren gewonnenen, der belangten Behörde vorliegenden Sachverhalt über die gegen den Beschwerdeführer bestehenden Verbindlichkeiten vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040041.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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