TE Bvwg Erkenntnis 2024/6/25 W192 2289730-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.06.2024
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Entscheidungsdatum

25.06.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W192 2289730-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2024, Zl. 1293986405/222743783, zu Recht erkannt: Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX geb. römisch XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2024, Zl. 1293986405/222743783, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides wird als unbegründet abgewiesen. A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 31.01.2022 das erste Mal schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein, stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 01.02.2022 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Hierbei gab er an, dass er aus Laghman stamme sowie seine Eltern, vier Brüder und vier Schwestern noch in Afghanistan leben würden. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er an, dass er wegen des Krieges und der Taliban Afghanistan verlassen habe. Die Taliban hätten alles zerstört. Ihre wirtschaftliche Lage sei sehr schlecht gewesen und hätten sie dort auch keine Arbeit gefunden. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er Angst vor den Taliban habe.

Der Beschwerdeführer begab sich zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt weiter nach Deutschland, wo er am 05.04.2022 einen Asylantrag stellte.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 08.03.2022 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 31.01.2022 aufgrund der Zuständigkeit Bulgariens gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 08.03.2022 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 31.01.2022 aufgrund der Zuständigkeit Bulgariens gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge nach Konsultationen gemäß der Dublin-III-Verordnung am 01.09.2022 nach Österreich rücküberstellt.

Am selben Tag stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am folgenden Tag erstbefragt wurde. Hierbei gab er zu seinen in Afghanistan verbliebenen Angehörigen an, dass noch seine Eltern sowie fünf Brüder und drei Schwestern in Afghanistan leben würden.

Anlässlich der am 19.10.2023 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu durchgeführten Einvernahme vor dem BFA gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Seine Angaben, die er bei der Erstbefragung gemacht habe, als er nach Österreich gekommen sei (gemeint: am 01.02.2022), seien teilweise falsch. Er sei damals krank und müde gewesen. Das Alter und das Geburtsdatum seiner Eltern und Geschwister habe er nicht genau angegeben, auch sein eigenes Geburtsdatum nicht. Das sei alles. Bezüglich seiner Familienangehörigen gab er an, dass seine Eltern sowie vier Brüder und drei Schwestern in Kabul in Afghanistan leben würden. Einer seiner Brüder habe in Pakistan um Asyl angesucht, da er bei der alten Regierung für das Militär gearbeitet habe und nicht mehr nach Afghanistan zurückkönne. Seine Familie sei deshalb auch von Laghman nach Kabul gezogen, als die Taliban die Macht übernommen hätten, da die Tätigkeit seines Bruders beim Militär in Laghman bekannt gewesen sei. Zu seinen eigenen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er ein Schüler in Afghanistan gewesen sei und die Taliban nach der Machtübernahme gewollt hätten, dass er nicht mehr zur Schule gehe, sondern für sie arbeite. Außerdem habe sein Bruder wegen seiner beruflichen Tätigkeit bei der Armee mit dem Rest seiner Familie in einem Haus gewohnt. Eigentlich hätte die gesamte Familie wegen der Tätigkeit seines Bruders Afghanistan verlassen wollen, jedoch habe nur sein Bruder nach Pakistan einreisen können.

Der Beschwerdeführer legte folgende Unterlagen vor: afghanische Geburtsurkunde des Beschwerdeführers samt englischer Übersetzung, Kopien von einer afghanische Geburtsurkunde des Bruders des Beschwerdeführers samt englischer Übersetzung, einer afghanische Tazkira des Bruders des Beschwerdeführers, einer Beschäftigungsbestätigung betreffend den Bruder des Beschwerdeführers bei einem amerikanischen Unternehmen als Minenentschärfer vom 12.09.2021, einer Genehmigung der US-Botschaft vom 02.10.2022 betreffend den Bruder des Beschwerdeführers bezüglich des Ansuchens um den „Afghan Special Immigrant Visa Status“ sowie eine Kursbestätigung Deutsch für Asylwerbende – Alphabetisierung 2 vom 23.06.2023

2. Das BFA hat mit dem angefochtenen Bescheid den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).2. Das BFA hat mit dem angefochtenen Bescheid den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

Die Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei oder im Fall einer Rückkehr zu befürchten habe. In der Beweiswürdigung führte die Behörde aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund unterschiedlicher Angaben zu seinem Geburtsdatum offensichtlich versucht habe, sein wahres Alter zu verschleiern. Der Beschwerdeführer habe anlässlich seiner ersten Asylantragstellung in Österreich im Rahmen der Erstbefragung als Fluchtgrund ausschließlich angegeben, dass er Afghanistan wegen des Krieges und der Taliban verlassen hätte, auch sei die wirtschaftliche Lage sehr schlecht gewesen und hätten sie keine Arbeit gefunden. In der Erstbefragung anlässlich seiner Folgeantragstellung habe er hingegen hinsichtlich seiner Ausreisegründe angegeben, dass die Taliban von ihm gewollt hätten, dass er nicht mehr zur Schule gehe und seine Familie mit seinem Bruder, der in der Armee gewesen sei, in einem Haus zusammengelebt hätte. Seine Aussage, dass sein letzter Schultag ungefähr mit der Machtübernahme der Taliban zusammenfalle, könne angesichts seiner Angaben zu seinem zuletzt angegebenen Geburtsdatum nicht zutreffen und sei überdies den Länderfeststellungen zu entnehmen, dass die Taliban eher Mädchen, nicht aber Jungen, den Schulbesuch verweigern würden. Auch seine Verfolgungsbehauptung durch die Tätigkeit seines Bruders bei der Armee habe er nicht schlüssig ausführen können und sei zudem nicht nachvollziehbar, dass die Familie des Beschwerdeführers nach wie vor unbehelligt in Afghanistan lebe, während der Beschwerdeführer aufgrund der Tätigkeit seines Bruders von den Taliban bedroht werden sollte. Auch würden die vorgelegten Unterlagen seinen Bruder betreffend keine asylrelevante Bedrohung desselben bestätigen und sei diesen zudem zu entnehmen, dass die Arbeitstätigkeit des Bruders im Jahr 2017 geendet habe, sodass kein zeitlicher Zusammenhang zur Ausreise des Beschwerdeführers erkennbar sei. Sein Vorbringen wirke in der Gesamtheit konstruiert und nicht mit der Lebenswirklichkeit vereinbar. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keinesfalls einen Sachverhalt glaubhaft gemacht habe, dem die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft entnommen werden hätten können. Rechtlich folge daraus, dass keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK vorliege, weswegen es nicht zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten kommen könne. Aufgrund der derzeitigen schlechten Versorgungslage könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat zum gegenwärtigen Zeitpunkt einer Gefahr für Leib und Leben im Sinne des Art. 2 EMRK ausgesetzt wäre, sodass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Die Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei oder im Fall einer Rückkehr zu befürchten habe. In der Beweiswürdigung führte die Behörde aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund unterschiedlicher Angaben zu seinem Geburtsdatum offensichtlich versucht habe, sein wahres Alter zu verschleiern. Der Beschwerdeführer habe anlässlich seiner ersten Asylantragstellung in Österreich im Rahmen der Erstbefragung als Fluchtgrund ausschließlich angegeben, dass er Afghanistan wegen des Krieges und der Taliban verlassen hätte, auch sei die wirtschaftliche Lage sehr schlecht gewesen und hätten sie keine Arbeit gefunden. In der Erstbefragung anlässlich seiner Folgeantragstellung habe er hingegen hinsichtlich seiner Ausreisegründe angegeben, dass die Taliban von ihm gewollt hätten, dass er nicht mehr zur Schule gehe und seine Familie mit seinem Bruder, der in der Armee gewesen sei, in einem Haus zusammengelebt hätte. Seine Aussage, dass sein letzter Schultag ungefähr mit der Machtübernahme der Taliban zusammenfalle, könne angesichts seiner Angaben zu seinem zuletzt angegebenen Geburtsdatum nicht zutreffen und sei überdies den Länderfeststellungen zu entnehmen, dass die Taliban eher Mädchen, nicht aber Jungen, den Schulbesuch verweigern würden. Auch seine Verfolgungsbehauptung durch die Tätigkeit seines Bruders bei der Armee habe er nicht schlüssig ausführen können und sei zudem nicht nachvollziehbar, dass die Familie des Beschwerdeführers nach wie vor unbehelligt in Afghanistan lebe, während der Beschwerdeführer aufgrund der Tätigkeit seines Bruders von den Taliban bedroht werden sollte. Auch würden die vorgelegten Unterlagen seinen Bruder betreffend keine asylrelevante Bedrohung desselben bestätigen und sei diesen zudem zu entnehmen, dass die Arbeitstätigkeit des Bruders im Jahr 2017 geendet habe, sodass kein zeitlicher Zusammenhang zur Ausreise des Beschwerdeführers erkennbar sei. Sein Vorbringen wirke in der Gesamtheit konstruiert und nicht mit der Lebenswirklichkeit vereinbar. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keinesfalls einen Sachverhalt glaubhaft gemacht habe, dem die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft entnommen werden hätten können. Rechtlich folge daraus, dass keine Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK vorliege, weswegen es nicht zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten kommen könne. Aufgrund der derzeitigen schlechten Versorgungslage könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat zum gegenwärtigen Zeitpunkt einer Gefahr für Leib und Leben im Sinne des Artikel 2, EMRK ausgesetzt wäre, sodass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren sei.

3. Mit Schriftsatz seines bevollmächtigten Vertreters vom 25.03.2024 brachte der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des genannten Bescheids wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften ein. Vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer entgegen dem auf der von seinen Eltern zur Verfügung gestellten Tazkira immer von einem anderen Geburtsjahr, wonach er jünger sei, ausgegangen sei, weshalb er jenes auch ursprünglich anlässlich seiner Erstbefragung angegeben habe. Sofern das auf der Tazkira angeführte Geburtsdatum zutreffe, wäre der Beschwerdeführer einige Jahre später als üblich eingeschult worden. Im August 2021 sei eine Gruppe von Taliban an seine Schule gekommen und habe diese dem Beschwerdeführer erklärt, dass er nun nicht mehr weiter zur Schule gehen könne, sondern von nun an für die Taliban arbeiten solle. Der Beschwerdeführer sei daraufhin bis zu seiner Flucht zu Hause geblieben. Der Bruder des Beschwerdeführers sei für die afghanische Nationalarmee bzw. die alte Regierung von etwa 2014 bis 2017 im Bereich der Minenräumung tätig gewesen und würden die Länderberichte zeigen, dass bei vielen ehemaligen Staatsdienern und Mitarbeitern von in Afghanistan tätigen US-Firmen die Gefahr bestehe, nun von den Taliban verfolgt zu werden. Es fänden sich keine Hinweise im angefochtenen Bescheid, dass sich die Behörde mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismitteln betreffend die ehemalige berufliche Tätigkeit seines Bruders näher befasst hätte. Seine Familie habe im August 2021 versucht, nach Pakistan zu fliehen, was aber nicht gelungen sei. Lediglich dem älteren Bruder des Beschwerdeführers sei die Flucht nach Pakistan gelungen. Dem Beschwerdeführer drohe aufgrund der früheren Tätigkeiten seines Bruders als langjährigen Angestellten einer US-Firma, die im Auftrag der NATO bzw. der afghanischen Armee tätig gewesen sei, politisch motivierte Verfolgung. Auch habe die Behörde, sofern man vom ursprünglich vom Beschwerdeführer angegebenen Geburtsdatum ausgehe, erkennbar nicht auf die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Flucht Rücksicht genommen. Ausgehend davon, dass Asylwerber bei der polizeilichen Erstbefragung angehalten würden, ihren Fluchtgrund nur kurz zu schildern, könne dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er anlässlich der ersten Erstbefragung nur angegeben habe, „wegen dem Krieg und den Taliban“ geflüchtet zu sein, ohne dies näher auszuführen, wie er es dann in der Einvernahme gemacht habe. Der Argumentation der Behörde, wonach die seinen Bruder betreffenden Unterlagen keine asylrelevante Bedrohung desselben bestätigen würden, könne nicht gefolgt werden, da in einem der Schreiben klar bestätigt werde, dass der Bruder des Beschwerdeführers sowie dessen Familie in Gefahr seien. Die UNHCR Leitlinien zum internationalen Schutz von Personen, die aus Afghanistan fliehen vom Februar 2023 (UNHCR: Leitlinien zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus Afghanistan fliehen – Update I, Februar 2023) würden ebenso von einem erhöhten Schutzbedarf von Personen sprechen, die mit den ehemaligen internationalen Streitkräften verbunden gewesen seien und deren Angehörigen. Bei richtiger Würdigung sei ihm gemäß § 3 Abs. 1 AsylG Asyl zu gewähren. Es wurde die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt.3. Mit Schriftsatz seines bevollmächtigten Vertreters vom 25.03.2024 brachte der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des genannten Bescheids wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften ein. Vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer entgegen dem auf der von seinen Eltern zur Verfügung gestellten Tazkira immer von einem anderen Geburtsjahr, wonach er jünger sei, ausgegangen sei, weshalb er jenes auch ursprünglich anlässlich seiner Erstbefragung angegeben habe. Sofern das auf der Tazkira angeführte Geburtsdatum zutreffe, wäre der Beschwerdeführer einige Jahre später als üblich eingeschult worden. Im August 2021 sei eine Gruppe von Taliban an seine Schule gekommen und habe diese dem Beschwerdeführer erklärt, dass er nun nicht mehr weiter zur Schule gehen könne, sondern von nun an für die Taliban arbeiten solle. Der Beschwerdeführer sei daraufhin bis zu seiner Flucht zu Hause geblieben. Der Bruder des Beschwerdeführers sei für die afghanische Nationalarmee bzw. die alte Regierung von etwa 2014 bis 2017 im Bereich der Minenräumung tätig gewesen und würden die Länderberichte zeigen, dass bei vielen ehemaligen Staatsdienern und Mitarbeitern von in Afghanistan tätigen US-Firmen die Gefahr bestehe, nun von den Taliban verfolgt zu werden. Es fänden sich keine Hinweise im angefochtenen Bescheid, dass sich die Behörde mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismitteln betreffend die ehemalige berufliche Tätigkeit seines Bruders näher befasst hätte. Seine Familie habe im August 2021 versucht, nach Pakistan zu fliehen, was aber nicht gelungen sei. Lediglich dem älteren Bruder des Beschwerdeführers sei die Flucht nach Pakistan gelungen. Dem Beschwerdeführer drohe aufgrund der früheren Tätigkeiten seines Bruders als langjährigen Angestellten einer US-Firma, die im Auftrag der NATO bzw. der afghanischen Armee tätig gewesen sei, politisch motivierte Verfolgung. Auch habe die Behörde, sofern man vom ursprünglich vom Beschwerdeführer angegebenen Geburtsdatum ausgehe, erkennbar nicht auf die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Flucht Rücksicht genommen. Ausgehend davon, dass Asylwerber bei der polizeilichen Erstbefragung angehalten würden, ihren Fluchtgrund nur kurz zu schildern, könne dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er anlässlich der ersten Erstbefragung nur angegeben habe, „wegen dem Krieg und den Taliban“ geflüchtet zu sein, ohne dies näher auszuführen, wie er es dann in der Einvernahme gemacht habe. Der Argumentation der Behörde, wonach die seinen Bruder betreffenden Unterlagen keine asylrelevante Bedrohung desselben bestätigen würden, könne nicht gefolgt werden, da in einem der Schreiben klar bestätigt werde, dass der Bruder des Beschwerdeführers sowie dessen Familie in Gefahr seien. Die UNHCR Leitlinien zum internationalen Schutz von Personen, die aus Afghanistan fliehen vom Februar 2023 (UNHCR: Leitlinien zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus Afghanistan fliehen – Update römisch eins, Februar 2023) würden ebenso von einem erhöhten Schutzbedarf von Personen sprechen, die mit den ehemaligen internationalen Streitkräften verbunden gewesen seien und deren Angehörigen. Bei richtiger Würdigung sei ihm gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG Asyl zu gewähren. Es wurde die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Der volljährige Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und des moslemischen Glaubens sunnitischer Ausrichtung. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Laghman, wo er bis zu seiner Ausreise im August 2021 lebte. Er begab sich über eine unbekannte Route nach Österreich, wo er am 01.02.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, am 27.02.2022 nach Deutschland weiterreiste, wo er am 05.04.2022 einen Asylantrag einbrachte, am 01.09.2022 von Deutschland nach Österreich rücküberstellt wurde und am selben Tag erneut einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.

Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan für neun Jahre die Schule besucht, erhielt keine Berufsausbildung und hat keine Arbeitserfahrung. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt und zum Zeitpunkt dieser Entscheidung strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist gesund.

Die Eltern sowie vier Brüder und drei Schwestern des Beschwerdeführers leben in Kabul in Afghanistan. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in Pakistan.

1.2. Zu den geltend gemachten Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer war im Herkunftsstaat weder einer individuellen gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt noch hätte er dies im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan weder vorbestraft noch wurde er dort jemals inhaftiert. Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an.

Weiters wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht ohne Hinzutreten weiterer wesentlicher individueller Merkmale mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder von staatlichen Organen geduldete Verfolgung durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit (Paschtune), seiner Religion (sunnitischer Islam), Nationalität (Afghanistan), Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht aufgrund der Tatsache, dass er sich nunmehr seit jedenfalls Anfang des Jahres 2022 in Europa aufhält, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen ausgesetzt wäre. Er hat keine "westliche Lebenseinstellung" angenommen, welche im Widerspruch zur Gesellschaftsordnung in Afghanistan steht.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Politische Lage

Letzte Änderung 2023-09-21 13:02

Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 1.6.2023). Sie bezeichnen ihre Regierung als das "Islamische Emirat Afghanistan" (USIP 17.8.2022; vgl. VOA 1.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem "islamischen Recht und den afghanischen Werten" regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweisen bestimmen (USIP 17.8.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.6.2023). Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 1.6.2023). Sie bezeichnen ihre Regierung als das "Islamische Emirat Afghanistan" (USIP 17.8.2022; vergleiche VOA 1.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem "islamischen Recht und den afghanischen Werten" regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweisen bestimmen (USIP 17.8.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.6.2023).

Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.8.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 7.7.2022a; vgl. REU 7.9.2021a; VOA 19.8.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 8.9.2021; vgl. DIP 4.1.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 1.6.2023) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.6.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansässige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 1.6.2023). Innerhalb weniger Wochen kündigten die Taliban "Interims"-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.8.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.8.2022; vgl. HRW 4.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge "Sittenpolizei" berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.8.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.8.2021; vgl. USDOS 12.4.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.9.2021; vgl. GD 20.9.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.6.2023).Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.8.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 7.7.2022a; vergleiche REU 7.9.2021a; VOA 19.8.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 8.9.2021; vergleiche DIP 4.1.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 1.6.2023) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.6.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansässige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 1.6.2023). Innerhalb weniger Wochen kündigten die Taliban "Interims"-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.8.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.8.2022; vergleiche HRW 4.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge "Sittenpolizei" berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.8.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.8.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.9.2021; vergleiche GD 20.9.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.6.2023).

Der Ernennung einer aus 33 Mitgliedern bestehenden geschäftsführenden Übergangsregierung im September 2021 folgten zahlreiche Neuernennungen und Umbesetzungen auf nationaler, Provinz- und Distriktebene in den folgenden Monaten, wobei Frauen weiterhin gar nicht und nicht-paschtunische Bevölkerungsgruppen nur in geringem Umfang berücksichtigt wurden (AA 26.6.2023).

Die neue Regierung wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 8.9.2021; vgl. REU 7.9.2021b, Afghan Bios 18.7.2023a).Die neue Regierung wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 8.9.2021; vergleiche REU 7.9.2021b, Afghan Bios 18.7.2023a).

Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 7.9.2021; vgl. REU 7.9.2021b, Afghan Bios 16.2.2022) der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.2.2021 unterzeichnete (AJ 7.9.2021; vgl. VOA 29.2.2020) und Abdul Salam Hanafi (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 7.7.2022b) der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 7.7.2022b; vgl. UNSC o.D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminister ernannt (Afghan Bios 18.7.2023b; vgl. 8am 5.10.2021, UNGA 28.1.2022).Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 7.9.2021; vergleiche REU 7.9.2021b, Afghan Bios 16.2.2022) der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.2.2021 unterzeichnete (AJ 7.9.2021; vergleiche VOA 29.2.2020) und Abdul Salam Hanafi (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 7.7.2022b) der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 7.7.2022b; vergleiche UNSC o.D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminister ernannt (Afghan Bios 18.7.2023b; vergleiche 8am 5.10.2021, UNGA 28.1.2022).

Weitere Mitglieder der vorläufigen Taliban-Regierung sind unter anderem Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerkes (Afghan Bios 4.3.2023; vgl. JF 5.11.2021) als Innenminister (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 4.3.2023) und Amir Khan Mattaqi als Außenminister (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 1.3.2023) welcher die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen vertrat und im ersten Taliban-Regime unter anderem den Posten des Kulturministers innehatte (Afghan Bios 1.3.2023; vgl. UNSC o.D.b). Der Verteidigungsminister der vorläufigen Taliban-Regierung ist Mohammed Yaqoob (REU 7.9.2021b; vgl. Afghan Bios 4.5.2023) dem 2020 der Posten des militärischen Leiters der Taliban verliehen wurde (Afghan Bios 4.5.2023; vgl. RFE/RL 29.8.2020). Auch hohe Beamte auf subnationaler Ebene, darunter Provinzgouverneure, Polizeichefs, Abteilungsleiter, Bürgermeister und Distriktgouverneure, wurden in weiterer Folge ernannt (UNGA 28.1.2022; vgl. 8am 5.10.2021). Weitere Mitglieder der vorläufigen Taliban-Regierung sind unter anderem Sirajuddin Haqqani, der Leiter des Haqqani-Netzwerkes (Afghan Bios 4.3.2023; vergleiche JF 5.11.2021) als Innenminister (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 4.3.2023) und Amir Khan Mattaqi als Außenminister (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 1.3.2023) welcher die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen vertrat und im ersten Taliban-Regime unter anderem den Posten des Kulturministers innehatte (Afghan Bios 1.3.2023; vergleiche UNSC o.D.b). Der Verteidigungsminister der vorläufigen Taliban-Regierung ist Mohammed Yaqoob (REU 7.9.2021b; vergleiche Afghan Bios 4.5.2023) dem 2020 der Posten des militärischen Leiters der Taliban verliehen wurde (Afghan Bios 4.5.2023; vergleiche RFE/RL 29.8.2020). Auch hohe Beamte auf subnationaler Ebene, darunter Provinzgouverneure, Polizeichefs, Abteilungsleiter, Bürgermeister und Distriktgouverneure, wurden in weiterer Folge ernannt (UNGA 28.1.2022; vergleiche 8am 5.10.2021).

Nach ihrer Machtübernahme kündigten hochrangige Taliban-Führer eine weitreichende Generalamnestie an, die Repressalien für Handlungen vor der Machtübernahme durch die Taliban untersagte, auch gegen Beamte und andere Personen, die mit der Regierung vor dem 15.8.2021 in Verbindung standen (USDOS 12.4.2022a; vgl. UNGA 28.1.2022). Es wird jedoch berichtet, dass diese Amnestie nicht konsequent eingehalten wurde, und es kam zu willkürlichen Verhaftungen, gezielten Tötungen und Angriffen auf ehemalige afghanische Regierungsmitarbeiter (ANI 20.7.2022; vgl. USDOS 20.3.2023, UNGA 28.1.2022).Nach ihrer Machtübernahme kündigten hochrangige Taliban-Führer eine weitreichende Generalamnestie an, die Repressalien für Handlungen vor der Machtübernahme durch die Taliban untersagte, auch gegen Beamte und andere Personen, die mit der Regierung vor dem 15.8.2021 in Verbindung standen (USDOS 12.4.2022a; vergleiche UNGA 28.1.2022). Es wird jedoch berichtet, dass diese Amnestie nicht konsequent eingehalten wurde, und es kam zu willkürlichen Verhaftungen, gezielten Tötungen und Angriffen auf ehemalige afghanische Regierungsmitarbeiter (ANI 20.7.2022; vergleiche USDOS 20.3.2023, UNGA 28.1.2022).

Sah es in den ersten sechs Monaten ihrer Herrschaft so aus, als ob das Kabinett unter dem Vorsitz des Premierministers die Regierungspolitik bestimmen würde, wurden die Minister in großen und kleinen Fragen zunehmend vom Emir, Haibatullah Akhundzada, überstimmt (USIP 17.8.2022). Diese Dynamik wurde am 23.3.2022 öffentlich sichtbar, als der Emir in letzter Minute die lange versprochene Rückkehr der Mädchen in die Oberschule kippte (USIP 17.8.2022; vgl. RFE/RL 24.3.2022, UNGA 15.6.2022), was Experten als ein Zeichen für eine Spaltung der Gruppe in Bezug auf die künftige Ausrichtung der Herrschaft in Afghanistan bezeichnen (GD 6.7.2022). Seitdem sind die Mädchenbildung und andere umstrittene Themen ins Stocken geraten, da pragmatische Taliban-Führer dem Emir nachgeben, der sich von ultrakonservativen Taliban-Klerikern beraten lässt. Ausländische Diplomaten haben begonnen, von "duellierenden Machtzentren" zwischen den in Kabul und Kandahar ansässigen Taliban zu sprechen (USIP 17.8.2022) und es gibt auch Kritik innerhalb der Taliban, beispielsweise als im Mai 2022 ein hochrangiger Taliban-Beamter als erster die Taliban-Führung offen für ihre repressive Politik in Afghanistan kritisierte (RFE/RL 3.6.2022a). Doch der Emir und sein Kreis von Beratern und Vertrauten in Kandahar kontrollieren nicht jeden Aspekt der Regierungsführung. Mehrere Ad-hoc-Ausschüsse wurden ernannt, um die Politik zu untersuchen und einen Konsens zu finden, während andere Ausschüsse Prozesse wie die Versöhnung und die Rückkehr politischer Persönlichkeiten nach Afghanistan umsetzen. Viele politische Maßnahmen unterscheiden sich immer noch stark von einer Provinz zur anderen des Landes. Die Taliban-Beamten haben sich, wie schon während ihres Aufstands, als flexibel erwiesen, je nach den Erwartungen der lokalen Gemeinschaften. Darüber hinaus werden viele Probleme nach wie vor über persönliche Beziehungen zu einflussreichen Taliban-Figuren gelöst, unabhängig davon, ob deren offizielle Position in der Regierung für das Problem verantwortlich ist (USIP 17.8.2022).Sah es in den ersten sechs Monaten ihrer Herrschaft so aus, als ob das Kabinett unter dem Vorsitz des Premierministers die Regierungspolitik bestimmen würde, wurden die Minister in großen und kleinen Fragen zunehmend vom Emir, Haibatullah Akhundzada, überstimmt (USIP 17.8.2022). Diese Dynamik wurde am 23.3.2022 öffentlich sichtbar, als der Emir in letzter Minute die lange versprochene Rückkehr der Mädchen in die Oberschule kippte (USIP 17.8.2022; vergleiche RFE/RL 24.3.2022, UNGA 15.6.2022), was Experten als ein Zeichen für eine Spaltung der Gruppe in Bezug auf die künftige Ausrichtung der Herrschaft in Afghanistan bezeichnen (GD 6.7.2022). Seitdem sind die Mädchenbildung und andere umstrittene Themen ins Stocken geraten, da pragmatische Taliban-Führer dem Emir nachgeben, der sich von ultrakonservativen Taliban-Klerikern beraten lässt. Ausländische Diplomaten haben begonnen, von "duellierenden Machtzentren" zwischen den in Kabul und Kandahar ansässigen Taliban zu sprechen (USIP 17.8.2022) und es gibt auch Kritik innerhalb der Taliban, beispielsweise als im Mai 2022 ein hochrangiger Taliban-Beamter als erster die Taliban-Führung offen für ihre repressive Politik in Afghanistan kritisierte (RFE/RL 3.6.2022a). Doch der Emir und sein Kreis von Beratern und Vertrauten in Kandahar kontrollieren nicht jeden Aspekt der Regierungsführung. Mehrere Ad-hoc-Ausschüsse wurden ernannt, um die Politik zu untersuchen und einen Konsens zu finden, während andere Ausschüsse Prozesse wie die Versöhnung und die Rückkehr politischer Persönlichkeiten nach Afghanistan umsetzen. Viele politische Maßnahmen unterscheiden sich immer noch stark von einer Provinz zur anderen des Landes. Die Taliban-Beamten haben sich, wie schon während ihres Aufstands, als flexibel erwiesen, je nach den Erwartungen der lokalen Gemeinschaften. Darüber hinaus werden viele Probleme nach wie vor über persönliche Beziehungen zu einflussreichen Taliban-Figuren gelöst, unabhängig davon, ob deren offizielle Position in der Regierung für das Problem verantwortlich ist (USIP 17.8.2022).

In seiner traditionellen jährlichen Botschaft zum muslimischen Feiertag Eid al-Fitr sagte Haibatullah Akhundzada, sein Land wünsche sich positive Beziehungen zu seinen Nachbarn, den islamischen Ländern und der Welt, doch dürfe sich kein Land in deren innere Angelegenheiten einmischen. Er vermied es, direkt auf das Bildungsverbot von Mädchen und die Beschäftigungseinschränkungen von Frauen einzugehen, sagte jedoch, dass die Taliban-Regierung bedeutende Reformen in den Bereichen Kultur, Bildung, Wirtschaft, Medien und anderen Bereichen eingeleitet habe, und "die schlechten intellektuellen und moralischen Auswirkungen der 20-jährigen Besatzung" seien dabei, zu Ende zu gehen(AnA 18.4.2023; vgl. BAMF 30.6.2023).In seiner traditionellen jährlichen Botschaft zum muslimischen Feiertag Eid al-Fitr sagte Haibatullah Akhundzada, sein Land wünsche sich positive Beziehungen zu seinen Nachbarn, den islamischen Ländern und der Welt, doch dürfe sich kein Land in deren innere Angelegenheiten einmischen. Er vermied es, direkt auf das Bildungsverbot von Mädchen und die Beschäftigungseinschränkungen von Frauen einzugehen, sagte jedoch, dass die Taliban-Regierung bedeutende Reformen in den Bereichen Kultur, Bildung, Wirtschaft, Medien und anderen Bereichen eingeleitet habe, und "die schlechten intellektuellen und moralischen Auswirkungen der 20-jährigen Besatzung" seien dabei, zu Ende zu gehen(AnA 18.4.2023; vergleiche BAMF 30.6.2023).

Anfang Juni 2023 wurde berichtet, dass es Anzeichen dafür gibt, dass die Taliban die Stadt Kandahar zu ihrem Stützpunkt machen würden. Dies wir als ein Zeichen für den schwindenden Einfluss der gemäßigteren Taliban-Mitglieder in der Hauptstadt Kabul gesehen, während das Regime seine repressive Politik weiter verschärft. In den letzten Monaten haben Vertreter des Regimes Delegationen aus Japan und Katar nach Kandahar eingeladen, anstatt sich mit anderen Beamten in Kabul zu treffen. Der oberste Sprecher der Taliban, Zabihullah Mudschahid, und ein zweiter Informationsbeauftragter aus Nordafghanistan, Inamullah Samangani, wurden von ihren Büros in Kabul nach Kandahar verlegt (WP 5.6.2023; vgl. BAMF 30.6.2023).Anfang Juni 2023 wurde berichtet, dass es Anzeichen dafür gibt, dass die Taliban die Stadt Kandahar zu ihrem Stützpunkt machen würden. Dies wir als ein Zeichen für den schwindenden Einfluss der gemäßigteren Taliban-Mitglieder in der Hauptstadt Kabul gesehen, während das Regime seine repressive Politik weiter verschärft. In den letzten Monaten haben Vertreter des Regimes Delegationen aus Japan und Katar nach Kandahar eingeladen, anstatt sich mit anderen Beamten in Kabul zu treffen. Der oberste Sprecher der Taliban, Zabihullah Mudschahid, und ein zweiter Informationsbeauftragter aus Nordafghanistan, Inamullah Samangani, wurden von ihren Büros in Kabul nach Kandahar verlegt (WP 5.6.2023; vergleiche BAMF 30.6.2023).

Bisher hat noch kein Land die Regierung der Taliban anerkannt (TN 30.10.2022; vgl. REU 15.6.2023) dennoch sind Vertreter aus Indien, China, Usbekistan, der Europäischen Union, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Kabul präsent (TN 30.10.2022). Im März 2023 gab der Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid bekannt, dass Diplomaten in mehr als 14 Länder, unter anderem Iran, Türkei, Pakistan, Russland, China und Kazakhstan, entsandt wurden, um die diplomatischen Vertretungen im Ausland zu übernehmen (PBS 25.3.2023; vgl. OI 25.3.2023).Bisher hat noch kein Land die Regierung der Taliban anerkannt (TN 30.10.2022; vergleiche REU 15.6.2023) dennoch sind Vertreter aus Indien, China, Usbekistan, der Europäischen Union, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Kabul präsent (TN 30.10.2022). Im März 2023 gab der Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid bekannt, dass Diplomaten in mehr als 14 Länder, unter anderem Iran, Türkei, Pakistan, Russland, China und Kazakhstan, entsandt wurden, um die diplomatischen Vertretungen im Ausland zu übernehmen (PBS 25.3.2023; vergleiche OI 25.3.2023).

Im Mai 2023 traf sich der Außenminister der Taliban, Khan Muttaqi mit seinen Amtskollegen aus Pakistan und China in Islamabad. Im Mittelpunkt des Treffens stand die Einbeziehung Afghanistans in den chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor (OPEC) sowie die Situation von Frauen in Afghanistan (AnA 5.5.2023; vgl. VOA 6.5.2023).Im Mai 2023 traf sich der Außenminister der Taliban, Khan Muttaqi mit seinen Amtskollegen aus Pakistan und China in Islamabad. Im Mittelpunkt des Treffens stand die Einbeziehung Afghanistans in den chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridor (OPEC) sowie die Situation von Frauen in Afghanistan (AnA 5.5.2023; vergleiche VOA 6.5.2023).

Quellen

Sicherheitslage

Letzte Änderung 2023-09-15 15:51

Seit der Machtübernahme der Taliban in Kabul am 15.8.2021 ist das allgemeine Ausmaß des Konfliktes zurückgegangen (UNGA 28.1.2022, vgl. UNAMA 27.6.2023). Nach Angaben der Vereinten Nationen gab es beispielsweise weniger konfliktbedingte Sicherheitsvorfälle wie bewaffnete Zusammenstöße, Luftangriffe und improvisierte Sprengsätze (IEDs) (UNGA 28.1.2022) sowie eine geringere Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung (UNAMA 27.6.2023; vgl. UNAMA 7.2022). Die Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) hat jedoch weiterhin ein erhebliches Ausmaß an zivilen Opfern durch vorsätzliche Angriffe mit improvisierten Sprengsätzen (IEDs) dokumentiert (UNAMA 27.6.2023).Seit der Machtübernahme der Taliban in Kabul am 15.8.2021 ist das allgemeine Ausmaß des Konfliktes zurückgegangen (UNGA 28.1.2022, vergleiche UNAMA 27.6.2023). Nach Angaben der Vereinten Nationen gab es beispielsweise weniger konfliktbedingte Sicherheitsvorfälle wie bewaffnete Zusammenstöße, Luftangriffe und improvisierte Sprengsätze (IEDs) (UNGA 28.1.2022) sowie eine geringere Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung (UNAMA 27.6.2023; vergleiche UNAMA 7.2022). Die Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) hat jedoch weiterhin ein erhebliches Ausmaß an zivilen Opfern durch vorsätzliche Angriffe mit improvisierten Sprengsätzen (IEDs) dokumentiert (UNAMA 27.6.2023).

UNAMA registrierte zwischen dem 15.08.2021 und dem 30.05.2023 mindestens 3.774 zivile Opfer, davon 1.095 Tote (UNAMA 27.6.2023; vgl. AA 26.6.2023). Im Vergleich waren es in den ersten sechs Monaten nach der Machtübernahme der Taliban 1.153 zivile Opfer, davon 397 Tote, während es in der ersten Jahreshälfte 2021 (also vor der Machtübernahme der Taliban) 5.183 zivile Opfer, davon 1.659 Tote gab. In der Mehrzahl handelte es sich um Anschläge durch Selbstmordattentäter und IEDs. Bei Anschlägen auf religiöse Stätten wurden 1.218 Opfer, inkl. Frauen und Kinder, verletzt oder getötet. 345 Opfer wurden unter den mehrheitlich schiitischen Hazara gefordert. Bei Angriffen auf die Taliban wurden 426 zivile Opfer registriert (AA 26.6.2023).UNAMA registrierte zwischen dem 15.08.2021 und dem 30.05.2023 mindestens 3.774 zivile Opfer, davon 1.095 Tote (UNAMA 27.6.2023; vergleiche AA 26.6.2023). Im Vergleich waren es in den ersten sechs Monaten nach der Machtübernahme der Taliban 1.153 zivile Opfer, davon 397 Tote, während es in der ersten Jahreshälfte 2021 (also vor der Machtübernahme der Taliban) 5.183 zivile Opfer, davon 1.659 Tote gab. In der Mehrzahl handelte es sich um Anschläge durch Selbstmordattentäter und IEDs. Bei Anschlägen auf religiöse Stätten wurden 1.218 Opfer, inkl. Frauen und Kinder, verletzt oder getötet. 345 Opfer wurden unter den mehrheitlich schiitischen Hazara gefordert. Bei Angriffen auf die Taliban wurden 426 zivile Opfer registriert (AA 26.6.2023).

Nach Angaben der Vereinten Nationen entwickelten sich die sicherheitsrelevanten Vorfälle seit der Machtübernahme der Taliban folgend:

?        19.8.2021 - 31.12.2021: 985 sicherheitsrelevante Vorfälle (Rückgang von 91 % gegenüber dem Vorjahr) (UNGA 28.1.2022)

?        1.1.2022 - 21.5.2022: 2.105 sicherheitsrelevante Vorfälle (Rückgang von 467 % gegenüber dem Vorjahr) (UNGA 15.6.2022)

?        22.5.2022 - 16.8.2022: 1.642 sicherheitsrelevante Vorfälle (Rückgang von 77,5 % gegenüber dem Vorjahr) (UNGA 14.9.2022)

?        17.8.2022 - 13.11.2022: 1,587 sicherheitsrelevante Vorfälle (Anstieg von 23 % gegenüber dem Vorjahr) (UNGA 7.12.2022)

?        14.11.2022 - 31.1.2023: 1,088 sicherheitsrelevante Vorfälle (Anstieg von 10 % gegenüber dem Vorjahr) (UNGA 27.2.2023)

?        1.2.2023 - 20.5.2023: 1.650 sicherheitsrelevante Vorfälle (Rückgang von 1 % gegenüber dem Vorjahr) (UNGA 20.6.2023)

Ende 2022 und in der ersten Hälfte des Jahres 2023 nehmen die Zusammenstöße zwischen bewaffneten Gruppierungen und den Taliban weiter ab (UNGA 27.2.2023; vgl. UNGA 20.6.2023). Die Nationale Widerstandsfront, die Afghanische Freiheitsfront und die Bewegung zur Befreiung Afghanistans (ehemals Afghanische Befreiungsfront) bekannten sich zu Anschlägen in den Provinzen Helmand, Kabul, Kandahar, Kapisa, Nangarhar, Nuristan und Panjsher (UNGA 27.2.2023). Die dem Taliban-Verteidigungsministerium unterstehenden Sicherheitskräfte führten weiterhin Operationen gegen Oppositionskämpfer durch, darunter am 11.4.2023 eine Operation gegen die Afghanische Freiheitsfront im Bezirk Salang in der Provinz Parwan, bei der Berichten zufolge acht Oppositionskämpfer getötet wurden (UNGA 20.6.2023).Ende 2022 und in der ersten Hälfte des Jahres 2023 nehmen die Zusammenstöße zwischen bewaffneten Gruppierungen und den Taliban weiter ab (UNGA 27.2.2023; vergleiche UNGA 20.6.2023). Die Nationale Widerstandsfront, die Afghanische Freiheitsfront und die Bewegung zur Befreiung Afghanistans (ehemals Afghanische Befreiungsfront) bekannten sich zu Anschlägen in den Provinzen Helmand, Kabul, Kandahar, Kapisa, Nangarhar, Nuristan und Panjsher (UNGA 27.2.2023). Die dem Taliban-Verteidigungsministerium unterstehenden Sicherheitskräfte führten weiterhin Operationen gegen Oppositionskämpfer durch, darunter am 11.4.2023 eine Operation gegen die Afghanische Freiheitsfront im Bezirk Salang in der Provinz Parwan, bei der Berichten zufolge acht Oppositionskämpfer getötet wurden (UNGA 20.6.2023).

Die Vereinten Nationen berichten, dass Afghanistan nach wie vor ein Ort von globaler Bedeutung für den Terrorismus ist, da etwa 20 terroristische Gruppen in dem Land operieren. Es wird vermutet, dass das Ziel dieser Terrorgruppen darin besteht, ihren jeweiligen Einfluss in der Region zu verbreiten und theokratische Quasi-Staatsgebilde zu errichten (UNSC 25.7.2023). Die Grenzen zwischen Mitgliedern von Al-Qaida und mit ihr verbundenen Gruppen, einschließlich TTP (Tehreek-e Taliban Pakistan), und ISKP (Islamic State Khorasan Province) sind zuweilen fließend, wobei sich Einzelpersonen manchmal mit mehr als einer Gruppe identifizieren und die Tendenz besteht, sich der dominierenden oder aufsteigenden Macht zuzuwenden (UNSC 25.7.2023).

Hatten sich die Aktivitäten des ISKP nach der Machtübernahme der Taliban zunächst verstärkt (UNGA 28.1.2022; vgl. UNGA 15.6.2022, UNGA 14.9.2022, UNGA 7.12.2022) so nahmen die im Lauf des Jahres 2022 (UNGA 7.12.2022; vgl. UNGA 27.2.2023) und in der ersten Hälfte des Jahres 2023 wieder ab (UNGA 20.6.2023). Die Gruppe verübte weiterhin Anschläge auf die Zivilbevölkerung, insbesondere auf die schiitischen Hazara (HRW 12.1.2023). Die Taliban-Sicherheitskräfte führten weiterhin Operationen zur Bekämpfung des ISKP durch, unter anderem in den Provinzen Kabul, Herat, Balkh, Faryab, Jawzjan, Nimroz, Parwan, Kunduz und Takhar (UNGA 20.6.2023).Hatten sich die Aktivitäten des ISKP nach der Machtübernahme der Taliban zunächst verstärkt (UNGA 28.1.2022; vergleiche UNGA 15.6.2022, UNGA 14.9.2022, UNGA 7.12.2022) so nahmen die im Lauf des Jahres 2022 (UNGA 7.12.2022; vergleiche UNGA 27.2.2023) und in der ersten Hälfte des Jahres 2023 wieder ab (UNGA 20.6.2023). Die Gruppe verübte weiterhin Anschläge auf die Zivilbevölkerung, insbesondere auf die schiitischen Hazara (HRW 12.1.2023). Die Taliban-Sicherheitskräfte führten weiterhin Operationen zur Bekämpfung des ISKP durch, unter anderem in den Provinzen Kabul, Herat, Balkh, Faryab, Jawzjan, Nimroz, Parwan, Kunduz und Takhar (UNGA 20.6.2023).

Im Zuge einer im Auftrag der Staatendokumentation von ATR Consulting im November 2021 in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif durchgeführten Studie gaben 68,3 % der Befragten an, sich in ihrer Nachbarschaft sicher zu fühlen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass diese Ergebnisse nicht auf die gesamte Region oder das ganze Land hochgerechnet werden können. Die Befragten wurden gefragt, wie sicher sie sich in ihrer Nachbarschaft fühlen, was sich davon unterscheidet, ob sie sich unter dem Taliban-Regime sicher fühlen oder ob sie die Taliban als Sicherheitsgaranten betrachten, oder ob sie sich in anderen Teilen ihrer Stadt oder anderswo im Land sicher fühlen würden. Das Sicherheitsgefühl ist auch davon abhängig, in welchem Ausmaß die Befragten ihre Nachbarn kennen und wie vertraut sie mit ihrer Nachbarschaft sind und nicht darauf, wie sehr sie sich in Sachen Sicherheit auf externe Akteure verlassen. Nicht erfasst wurde in der Studie, inwieweit bei den Befragten Sicherheitsängste oder Bedenken in Hinblick auf die Taliban oder Gruppen wie den ISKP vorliegen. In Bezug auf Straßenkriminalität und Gewalt gaben 79,7 % bzw. 70,7 % der Befragen an, zwischen September und Oktober 2021 keiner Gewalt ausgesetzt gewesen zu sein. An dieser Stelle ist zu beachten, dass die Ergebnisse nicht erfassen, welche Maßnahmen der Risikominderung von den Befragten durchgeführt werden, wie z. B.: die Verringerung der Zeit, die sie außerhalb ihres Hauses verbringen, die Änderung ihres Verhaltens, einschließlich ihres Kaufverhaltens, um weniger Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, sowie die Einschränkung der Bewegung von Frauen und Mädchen im Freien (ATR/STDOK 18.1.2022).

Im Dezember 2022 wurde von ATR Consulting erneut eine Studie im Auftrag der Staatendokumentation durchgeführt. Diesmal ausschließlich in Kabul. Hier variiert das Sicherheitsempfinden der Befragten, was laut den Autoren der Studie daran liegt, dass sich Ansichten der weiblichen und männlichen Befragten deutlich unterscheiden. Insgesamt gaben die meisten Befragten an, sich in ihrer Nachbarschaft sicher zu fühlen, wobei die relativ positive Wahrnehmung der Sicherheit und die Antworten der Befragten, nach Meinung der Autoren, daran liegt, dass es vielen Befragten aus Angst vor den Taliban unangenehm war, über Sicherheitsfragen zu sprechen. Sie weisen auch darauf hin, dass die Sicherheit in der Nachbarschaft ein schlechtes Maß für das Sicherheitsempfinden der Menschen und ihre Gedanken über das Leben unter dem Taliban-Regime ist (ATR/STDOK 3.2.2023).

Verfolgungungspraxis der Taliban, neue technische Möglichkeiten

Letzte Änderung 2023-03-21 08:01

Trotz mehrfacher Versicherungen der Taliban, von Vergeltungsmaßnahmen gegenüber Angehörigen der ehemaligen Regierung und Sicherheitskräften abzusehen (AA 20.7.2022; vgl. USDOS 12.4.2022a), wurde nach der Machtübernahme der Taliban berichtet, dass diese auf der Suche nach ehemaligen Mitarbeitern der internationalen Streitkräfte oder der afghanischen Reg

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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