TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/5 92/08/0003

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Veröffentlicht am 05.09.1995
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §38;
NotstandshilfeV §2 Abs1;
NotstandshilfeV §2 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der K in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt, gegen den aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 21. November 1991, Zl. IVa-AlV-7022/0/B/VNr. 5300 310361/Linz, betreffend Neubemessung sowie Widerruf und Rückforderung von Karenzurlaubsgeld und Sondernotstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bezog in der Zeit vom 10. April bis 14. Dezember 1985 beim Arbeitsamt Linz (erhöhtes) Karenzurlaubsgeld für alleinstehende Mütter; vom 15. Dezember 1985 bis 31. Juli 1986 bezog sie Sondernotstandshilfe für alleinstehende Mütter. Als mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebend wurde sowohl an der ursprünglichen Adresse V-Straße, L, als auch an der späteren Adresse B-Weg, L, nur ihre minderjährige Tochter Elisabeth angegeben. Als Kindesvater wurde Dr. M genannt, der in der H-Straße 25 in L gemeldet war.

Aufgrund einer Überprüfung des Leistungsaktes durch das Landesarbeitsamt wurde festgestellt, daß Dr. M an den jeweiligen Adressen der Beschwerdeführerin im Telefonbuch angeführt ist.

Am 24. Februar 1987 wurden daraufhin die Beschwerdeführerin und Dr. M durch das Landesarbeitsamt niederschriftlich vernommen. Die Beschwerdeführerin gab dabei im wesentlichen folgendes an:

"Ich habe bis 5.11.1985 in V gewohnt und bin dann übersiedelt (B-Weg). ... Ich bin alleinige Mieterin dieser Wohnung (monatliche Miete S 7.500,-- excl. Strom und Heizungskosten). Größe der Wohnung: 110 m2. Wohnung V 65 m2, monatliche Miete ca. S 3.500,--. Während Dr. M in W die Zahnarztausbildung absolvierte, hat er mich, je nachdem wie es die Freizeit zuließ, jedes bzw. jedes 2. Wochenende besucht. Wenn mich Dr. M an den Wochenenden besucht hat, hat er fallweise bei mir genächtigt. Er hat persönliche Effekten wie Waschzeug, Toilettartikel, Unterwäsche, etc. bei mir verwahrt gehabt.

Seit Jänner 1987 wohnen ich und Hr. Dr. M gemeinsam an der Adresse B-Weg und Dr. M ist polizeilich dort nicht gemeldet.

Seit ich in die Wohnung am B-Weg gezogen bin, hat auch Dr. M zur Miete beigetragen (monatlich S 3.500,-- - S 4.000,--); die Wohnung wurde mit den Möbeln von Dr. M eingerichtet, ich habe auch meine eigenen Möbel mitübersiedelt.

Seit 1.8.1986 hat mich Dr. M 2-3mal wöchentlich am B-Weg besucht und manchmal auch dort genächtigt, und hat bei mir auch persönliche Effekten verwahrt.

Dr. M hat das Telefon am B-Weg einleiten lassen (1985), da wir vorhatten, zusammenzuziehen und weil die Einleitung des Telefones schneller geht. Es war bereits bei der Anmietung der Wohnung geplant, daß diese Wohnung von mir, Dr. M und dem gemeinsamen Kind bewohnt wird. ... Ich werde über das Wesen einer Lebensgemeinschaft aufgeklärt. Ich erkläre, daß ich bis 1.1.1987 mit Dr. M keine Lebensgemeinschaft geführt habe. Als Dr. M nach Wien gezogen ist, wurde die Lebensgemeinschaft gelöst (1.10.1984). Wenn mich Dr. M besucht hat, hat er bei mir auch die Mahlzeiten eingenommen (nicht immer). Der persönliche Kontakt zu Dr. M ist auch nicht beendet worden, als er die Ausbildung in Wien absolviert hat. Für mich liegt eine Lebensgemeinschaft nur dann vor, wenn man mit dem Lebensgefährten ständig (alle Tage) zusammenwohnt."

Dr. M gab als Zeuge vernommen im wesentlichen folgendes an:

"Ich bin mit (der Beschwerdeführerin) weder verwandt noch verschwägert. Jedenfalls seit 10.4.1985 bis 31.12.1986 führte ich mit (der Beschwerdeführerin) keine Lebensgemeinschaft. Wir wohnten nicht im selben Haushalt. In der Zeit von 1981 bis Anfang 1985 führte ich mit (der Beschwerdeführerin) eine Lebensgemeinschaft in der Wohnung V. Wer Mieter dieser Wohnung war, kann nicht mit Sicherheit nicht behaupten, ich kann aber diesbezüglich in meine Unterlagen Einsicht nehmen. Jedenfalls habe ich mich ab Anfang 1985 nicht mehr regelmäßig an dieser Adresse aufgehalten, um ein Wohnbedürfnis zu befriedigen. Hauptsächlich hielt ich mich in W auf, wo ich am 1.10.1984 bis 31. 7.1986 einen zahnärztlichen Lehrgang absolvierte. Wenn ich in L war, vor allem an den Wochenenden (Lehrgangzeiten in W: Montag - Freitag von 8.00- 17.00 Uhr) hielt ich mich vor allem bei meinen Eltern in der H-Straße, selten bei anderen Bekannten auf. (Die Beschwerdeführerin) besuchte ich sporadisch, genauer ca. zweimal monatlich nächtigte ich während des Wochenendes bei ihr. Dabei gab es jedoch auch Monate, in denen dies nicht der Fall war. Persönliche Effekten (Toilettartikel, Kleidung, Wäsche, etc.) bewahrte ich in dieser Wohnung ab Anfang 1985 nicht mehr auf, sondern nahm diese bei Besuchen mit.

Die Tatsache, daß das Telefon in dieser Adresse weiter auf meinen Namen lief, erkläre ich damit, daß ich es nicht abmeldete, weil ich nicht wußte, wie lange ich dort nicht wohnen würde bzw. wie sich die persönliche Beziehung zu (der Beschwerdeführerin) entwickeln würde. ... Die Besuchs- bzw. Nächtigungszeiten bei (der Beschwerdeführerin) haben sich durch die Übersiedlung am 5.11.1985 nicht geändert; ich nächtigte weiter ca. jedes 2. Wochenende bei ihr und dem gemeinsamen Kind im Rahmen meiner Besuche.

Warum das Telefon auch an dieser Adresse auf meinen Namen gemeldet wurde, ist mir unerklärlich. Seit Jahresbeginn 1987 wohne ich an dieser Adresse mit (der Beschwerdeführerin), da sich unsere persönliche Beziehung wieder gebessert hat, ich führe seither mit ihr eine Lebensgemeinschaft.

Hinsichtlich der nunmehrigen Beschäftigung (der Beschwerdeführerin) bei mir gebe ich an: Die Ordination ist täglich geöffnet und arbeitet (die Beschwerdeführerin) regelmäßig je nach anfallender Beschäftigung in diesen Zeiten. Als weitere Dienstnehmer beschäftige ich noch eine Assistentin.

Im Zeitraum April 1985 bis 31.12.1986 war ich sehr wohl gewillt, (der Beschwerdeführerin) im Falle von Not je nach meinen Kräften beizustehen."

Zur Aussage des Dr. M erklärte die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs, daß sie mit diesem in den Jahren 1981 bis 1984, jedoch nicht in den Jahren 1985 und 1986 eine Lebensgemeinschaft geführt habe. Eine solche bestünde erst wieder seit Anfang 1987. 1985 und 1986 habe zwischen ihr und Dr. M lediglich ein "freundschaftliches Verhältnis" bestanden, worauf auch die Besuche von Dr. M bei ihr zurückzuführen seien. Die Anmeldung des Telefons auf den Namen von Dr. M an der Adresse B-Weg sei vom Vater des Dr. M veranlaßt worden, um einen möglichst schnellen Anschluß des Telefons zu bewirken. Der Name von Dr. M sei deshalb angegeben worden, da ein Arzt wesentlich rascher mit der Herstellung eines Telefonanschlusses rechnen könne als eine alleinstehende Hausfrau. Für die Möbel in V habe Dr. M keine Verwendung gehabt. Da er sie auch in der Wohnung seiner Eltern nicht habe unterbringen können, habe er sie ihr zur Verfügung gestellt. Die von Dr. M ab der Übersiedlung an die Adresse B-Weg geleisteten monatlichen Zahlungen in der Höhe von ca. S 3.500,-- bis S 4.000,-- habe die Beschwerdeführerin als Unterhalt für das gemeinsame Kind bzw. als Zahlungen für die Miete angenommen.

Mit Datum vom 28. März 1989 erließ das Arbeitsamt Linz gegenüber der Beschwerdeführerin einen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Gemäß § 27 Abs. 1 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 und § 29 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977

- AlVG 1977 -,BGBl. Nr. 609/1977 in der geltenden Fassung wird das Ihnen für die Zeit vom 10.4.1985 bis 14.12.1985 zuerkannte Karenzurlaubsgeld mit tgl. S 133,20 neu bemessen.

Die Ihnen für die Zeit vom 15.12.1985 bis 31.7.1986 zuerkannte Notstandshilfe wird gemäß § 24 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 38 und 39 Abs. 4 AlVG und der zu § 36 ergangenen Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973 in der geltenden Fassung

ab 15.12.1985 mit tgl. S 154,90

ab 01.01.1986 mit tgl. S 164,30

ab 15.10.1986 mit tgl. S 150,50

ab 15.02.1986 mit tgl. S 165,90

ab 15.03.1986 mit tgl. S 152,60

ab 15.04.1986 mit tgl. S 165,90

ab 15.06.1986 mit tgl. S 168,30

ab 15.07.1986 mit tgl. S 165,90 neu bemessen.

Der sich aus der Neubemessung ergebende unberechtigt empfangene Betrag von S 16.434,-- an Karenzurlaubsgeld und S 25.982,-- an Sondernotstandshilfe wird gemäß § 25 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 29 Abs. 1, 38 und 39 Abs. 4 AlVG zum Rückersatz vorgeschrieben."

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin während des Bezuges von Karenzurlaubsgeld und Sondernotstandshilfe verschwiegen, daß sie nicht alleinstehend sei bzw. mit Dr. M eine Lebensgemeinschaft führte.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, wobei sie die Annahme einer Lebensgemeinschaft mit Dr. M in den Jahren 1985 und 1986 in Abrede stellte.

Im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens wurde von der belangten Behörde auch der Vater von Dr. M als Zeuge einvernommen, wobei dieser im wesentlichen angab, daß Dr. M von 1985, vielleicht Ende 1984, bis Ende 1986 mit der Beschwerdeführerin überhaupt nicht zusammengekommen sei. Seiner Ansicht nach habe in dieser Zeit keine Lebensgemeinschaft bestanden. Im Herbst 1986 habe Dr. M seine Ordination eröffnet, Ende 1986 habe sich auch das Verhältnis zur Beschwerdeführerin wieder gebessert und schließlich auch zu einer Eheschließung mit ihr geführt.

Bei einer Einvernahme am 19. April 1990 gab Dr. M u.a. an, die Beschwerdeführerin seit dem Bezug der Wohnung am B-Weg mit monatlich S 3.500,-- bis S 4.000,-- unterstützt zu haben. Dazu seien noch "freiwillige Alimente" in der Höhe von S 2.000,-- für das Kind gekommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsamtes bestätigt. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensgeschehens und der angewendeten Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsrechts vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, daß zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. M im streitgegenständlichen Zeitraum eine Lebensgemeinschaft bestanden habe. Zum Wesen einer Lebensgemeinschaft gehöre, daß die Partner einander im Kampf gegen alle Not des Lebens beistehen und einander an den zur Bestreitung des Unterhaltes verfügbaren Gütern teilhaben ließen. Dafür spreche die Aussage von Dr. M in der Niederschrift vom 24. Februar 1987, wonach er im Zeitraum April 1985 bis 31. Dezember 1986 gewillt gewesen sei, der Beschwerdeführerin im Falle von Not nach seinen Kräften beizustehen. Dieser Wille sei auch durch die finanzielle Unterstützung zur Miete der Wohnung am B-Weg dokumentiert. Für das Bestehen einer Lebensgemeinschaft spreche auch die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin und Dr. M ein gemeinsames Kind erzogen und für dessen Unterhalt und Wohnung gemeinsam gesorgt hätten, wie dies unter Ehegatten oder Lebensgefährten üblich sei. Auch die Tatsache, daß die bestrittene Lebensgemeinschaft in eine Ehe gemündet habe, spreche für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft. Ein weiteres Indiz sei auch die Eintragung von Dr. M im Telefonbuch unter der jeweils gleichen Adresse wie der der Beschwerdeführerin.

In der weiteren Folge der Begründung setzte sich die belangte Behörde mit der Höhe des Einkommens des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin, der Neubemessung des Karenzurlaubsgeldes und der Sondernotstandshilfe sowie mit dem Vorliegen des Rückforderungstatbestandes aufgrund des Verschweigens maßgebender Tatsachen auseinander.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 27 Abs. 2 AlVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 594/1983 erhalten alleinstehende Mütter ein erhöhtes Karenzurlaubsgeld.

Als nicht alleinstehend gilt nach § 27 Abs. 4 AlVG eine Mutter, die ledig, geschieden oder verwitwet ist und mit dem Vater des unehelichen Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, an der gleichen Adresse angemeldet ist oder anzumelden wäre.

Alleinstehenden Mütter, die wegen Betreuung ihres Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil erwiesenermaßen für das Kind keine Unterbrinungsmöglichkeit besteht, ist nach § 39 Abs. 1 AlVG bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres dieses Kindes Notstandshilfe zu gewähren, sofern der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft ist und, mit Ausnahme der Arbeitswilligkeit, die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt werden.

Nach § 39 Abs. 2 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 594/1983 gilt auch hier eine Mutter nicht als alleinstehend, die ledig, geschieden oder verwitwet ist und mit dem Vater des unehelichen Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, an der gleichen Adresse angemeldet ist oder anzumelden wäre.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist lediglich umstritten, ob zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. M in der Zeit zwischen

10. April 1985 und 31. Juli 1986, in der die Beschwerdeführerin Karenzurlaubsgeld und Sondernotstandshilfe bezog, eine Lebensgemeinschaft bestand und deshalb Dr. M an der jeweiligen Adresse der Beschwerdeführerin iS der §§ 27 Abs. 4 und 39 Abs. 2 AlVG nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1972 anzumelden gewesen wäre. In der Beschwerde wird dazu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit die Auffassung vertreten, daß ein wesentliches Element zur Beurteilung einer Lebensgemeinschaft der Wille der jeweiligen Partner sei. Die Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. M sei "von Höhen und Tiefen geprägt" gewesen, sodaß zwar in den Jahren 1981 bis 1984 eine Lebensgemeinschaft vorgelegen sei, infolge von "Meinungsverschiedenheiten und zwischenmenschlichen Spannungen" jedoch nicht in den Jahren 1985 und 1986. In dieser Zeit hätte keineswegs der Wille bestanden, eine Lebensgemeinschaft zu führen. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin in erster Linie vor, daß die monatlichen Zahlungen von Dr. M unter dem Titel der Alimente für seine Tochter geleistet worden seien. Die Erklärung von Dr. M in der Niederschrift vom 24. Februar 1987, daß er im Zeitraum April 1985 bis 31. Dezember 1986 gewillt gewesen wäre, der Beschwerdeführerin im Falle von Not nach seinen Kräften beizustehen, hätte - im Zusammenhang mit den übrigen Angaben des Beschwerdeführers - nicht für den Bestand einer Lebensgemeinschaft gewertet werden dürfen.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Das Wesen einer Lebensgemeinschaft besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Es kommt hier regelmäßig auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an, wobei der Wirtschaftsgemeinschaft nach der Rechtsprechung überragende Bedeutung dafür zukommt, daß an eine Wohngemeinschaft als eheähnlich die gleichen Rechtsfolgen geknüpft werden dürfen wie an eine Ehe (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 17. Mai 1990, Zl. 90/08/0031, und vom 31. Jänner 1995,

Zlen. 92/08/0013, 0100, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn diese - insbesondere aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin und von Dr. M in den Niederschriften vom 24. Februar 1987 - vom Bestand einer Lebensgemeinschaft im streitgegenständlichen Zeitraum ausgegangen ist. Dafür spricht sowohl der Umstand, daß Dr. M, der unter der Woche einen zahnärztlichen Lehrgang in W absolvierte (weshalb insoweit seine Abwesenheit für das Beweisthema des Bestehens einer Lebensgemeinschaft nicht aussagekräftig ist), die Wochenenden regelmäßig mit der Beschwerdeführerin und dem gemeinsamen Kind verbrachte, als auch seine monatlichen Zahlungen in der Höhe von S 3.500,-- bis S 4.000,-- für Miete der Wohnung am B-Weg. Die Behauptungen der Beschwerde, daß es sich bei diesen Zahlungen um Alimente für die Tochter der Beschwerdeführerin gehandelt habe, ist aktenwidrig, da Dr. M bei seiner Vernehmung am 19. April 1990 ausdrücklich erklärt hat, die Beschwerdeführerin seit dem Bezug dieser Wohnung mit den genannten Beträgen unterstützt zu haben, wobei DAZU noch "freiwillige Alimente" in Höhe von S 2.000,-- für das Kind gekommen seien. Die Auffassung der belangten Behörde, daß das geschilderte Verhalten auf einen "gegenseitigen Beistand" (im Sinne des Bestehens einer Lebensgemeinschaft) schließen läßt, kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Bei diesem Beweisergebnis war nicht mehr entscheidend, ob die Wohnung der Beschwerdeführerin am B-Weg zum Teil auch mit Möbeln von Dr. M eingerichtet worden ist, für die dieser keinerlei Verwendung mehr hatte. Dies gilt auch für den Umstand, daß Dr. M im streitgegenständlichen Zeitraum im Telefonbuch an den Adressen der Beschwerdeführerin eingetragen war bzw. für die Frage, wer diese Eintragungen veranlaßt hat.

Aufgrund dieser Erwägungen konnte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum vom Bestehen einer Lebensgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. M auch im Zeitraum vom 10. April 1985 bis 31. Juli 1986 ausgehen. Da die Beschwerdeführerin diese Tatsache bei ihren Anträgen auf Karenzurlaubsgeld und Sondernotstandshilfe verschwieg, erweist sich auch die Neubemessung der Leistungen - die ziffernmäßig in der Beschwerde nicht bestritten wird - sowie die Vorschreibung des entsprechenden Rückersatzes nicht als rechtswidrig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992080003.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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