TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/7 95/18/0324

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Veröffentlicht am 07.09.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Dezember 1994, Zl. 102.253/3-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 21. Dezember 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes - AufG, BGBl. Nr. 466/1992 idF

BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen.

Die Erstbehörde habe den Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. Jänner 1994 mit der Begründung abgewiesen, daß der vom Gesetz verlangte gesicherte Unterhalt nicht gegeben sei, weil die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel im Ausmaß von S 9.000,-- für den dauernden Aufenthalt nicht ausreichten.

Gegen diese Entscheidung habe die Beschwerdeführerin (in der Berufung) im wesentlichen eingewendet, daß sie nach Ausscheiden einer Stubenfrau in einem namentlich genannten Hotel wieder eine Anstellung bekommen würde.

Gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Sei der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert, so dürfe gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung nicht erteilt werden.

Diese Beurteilung zeige im Fall der Beschwerdeführerin, daß einem grundsätzlichen Mindestbedarf von S 11.500,-- gemäß dem Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Wien tatsächlich

S 9.000,--, die von der Beschwerdeführerin aufgebracht werden könnten, gegenüberstünden. Angesichts dieser Differenz könne eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden insbesondere dann nicht erteilt werden, wenn deren Lebensunterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

2. Die Behörde erster Instanz hatte ihre auf § 5 Abs. 1 leg. cit. gestützte abweisliche Entscheidung damit begründet, daß die Beschwerdeführerin monatlich S 9.000,-- (inklusive Familienbeihilfe) verdiene, und die Wohnungsmiete pro Monat

S 2.000,-- betrage. Da die Beschwerdeführerin für ihren Gatten und ihr Kind unterhaltspflichtig sei, sei ihr Lebensunterhalt in Österreich auf die Dauer der Bewilligung nicht gesichert.

Die belangte Behörde hat für ihre bestätigende Entscheidung diese Begründung im wesentlichen - unter zusätzlicher Bezugnahme auf den "Sozialhilferichtsatz" des Bundeslandes Wien - übernommen.

3.1. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde einen Verstoß gegen § 37 AVG vor. Die Beschwerdeführerin habe im Berufungsverfahren darauf hingewiesen, daß sie "unmittelbar davorsteht, ein höheres Einkommen zu erzielen", und habe damit dargetan, daß die Begründung der Erstinstanz nicht mehr zutreffend sei. Die belangte Behörde habe jedoch nicht überprüft, ob zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides die Voraussetzungen eines gesicherten Unterhaltes gegeben seien oder nicht; sie habe ihren Bescheid lediglich auf der Grundlage des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens erlassen.

3.2. Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung geltend gemacht, sie könne in einem (bestimmt bezeichneten) Hotel nach Ausscheiden einer Stubenfrau sofort wieder - mit einem Monatsbezug von S 10.790,-- (plus Familienbeihilfe) - zu arbeiten beginnen, und dazu gleichzeitig eine "Bestätigung" des möglichen künftigen Arbeitgebers vom 14. April 1994 vorgelegt, mit welcher dieser bestätigt, daß die Beschwerdeführerin bei Erhalt einer Aufenthaltsbewilligung in dem besagten Hotel als Stubenfrau mit einem "Monatslohn" von S 10.790,-- beschäftigt werde.

Die belangte Behörde hat es unterlassen, sich mit diesem Vorbringen auseinanderzusetzen. Dies wäre aber zur Ermittlung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geboten gewesen, zumal nicht davon ausgegangen werden kann, das - entsprechend belegte - Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin sei von vornherein ungeeignet, glaubhaft zu machen, daß der Ausschließungsgrund des Fehlens eines gesicherten Unterhaltes (§ 5 Abs. 1 AufG) nicht vorliege.

4. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet hat, war jener gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Beweiswürdigung antizipative vorweggenommene Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Erheblichkeit des Beweisantrages Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie Beweiswürdigung Vorweggenommene antizipative Beweiswürdigung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren Berufung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180324.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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