TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/21 93/09/0324

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Veröffentlicht am 21.09.1995
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §109 Abs2;
BDG 1979 §91;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Fuchs und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 27. April 1992, GZ. 10/6-DOK/93, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften hinsichtlich des Spruchpunktes b) zur Gänze, hinsichtlich des Spruchpunktes a) insoweit, als dem Beschwerdeführer der Antritt des Dienstes in angeheitertem Zustand vorgeworfen wurde, sowie hinsichtlich der Strafe und der Kostenentscheidung zur Gänze aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Abteilungsinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist Kommandant des Gendarmeriepostens in S.

Mit Disziplinarerkenntnis vom 19. November 1992 hatte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres den Beschwerdeführer für schuldig erkannt,

"a) am 27. Juni 1992, um 10.00 Uhr einen 8stündigen Kanzleidienst im angeheiterten Zustand angetreten und während des Dienstes auf dem Gendarmerieposten in S, Gemeinde W, auch Alkohol getrunken und

b) am 30. Juni 1992, um 08.00 Uhr auf dem Gendarmerieposten S den Tagjournaldienst gleichfalls in einem von Alkohol beeinträchtigten Zustand angetreten und im Laufe des Vormittages abermals Alkohol getrunken zu haben;

c) am 30. Juni 1992, um 12.15 Uhr auf dem Gendarmerieposten S die durch die Amtsärztin Frau Dr. D der BH W und von AbtInsp St durch Alkoholgeruch der Atemluft und gerötete Augenbindehäute festgestellte Alkoholisierung bestritten und sich trotz mehrmaliger Aufforderung durch AbtInsp St seine Nüchternheit durch eine freiwillige Alkotest- und Blutalkoholuntersuchung unter Beweis zu stellen, verweigert zu haben."

Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten gegen die Bestimmungen der §§ 43 Abs. 1 BDG 1979 und 13 Abs. 2 GDI verstoßen und im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung begangen. Wegen Nichtbeachtung der ihm auferlegten Dienstpflichten werde eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- verhängt. Die Disziplinarkommission ging bei ihrem Schuldspruch - nach durchgeführter mündlicher Verhandlung - von folgendem Sachverhalt aus:

"Am 30. Juni 1992, gegen 08.30 Uhr meldete der Sachbearbeiter BezInsp U des GP S fernmündlich dem Bezirksgendarmeriekommandanten, AbtInsp St, daß AbtInsp R in letzter Zeit wieder dem Alkohol zuspreche und dieser auch am 30.6.1992, um 08.00 Uhr auf dem Gendarmerieposten S den Journaldienst mit nach Alkohol riechender Atemluft angetreten habe. Außerdem hätte RevInsp M festgestellt, daß AbtInsp R auch am 27. Juni 1992, während des Kanzleidienstes, auf dem Gendarmerieposten S eine Alkoholausdünstung gehabt und später auch nach frischem Alkohol gerochen habe.

Auf Grund der von BezInsp U erstatteten Meldung begab sich AbtInsp St zur Dienstkontrolle auf den GP S, wo er bei AbtInsp R um 12.15 Uhr deutlichen Alkoholgeruch seiner Atemluft und gerötete Augenbindehäute feststellte. Auch die Amtsärztin Frau Dr. D der BH W, die im Rahmen der Amtshilfe als Sachverständige beigezogen wurde, stellte bei AbtInsp R eindeutig Alkoholgeruch in der Atemluft und gerötete Augenbindehäute fest und stellte über diesen Sachverhalt ein ärztliches Zeugnis aus. Trotz der eindeutig festgestellten Alkoholisierung stellte AbtInsp R jeglichen Alkoholgenuß vor Dienstantritt oder während des Dienstes in Abrede und behauptete, nicht alkoholisiert zu sein. Zum Beweise seiner Behauptung wurde er sowohl von AbtInsp St als auch von der Amtsärztin Dr. D mehrmals vergebens aufgefordert, sich freiwillig einer Alkotest- oder Blutalkoholuntersuchung zu unterziehen.

Auf Grund der bei AbtInsp R eindeutig festgestellten Alkoholisierung wurde diesem um 13.00 Uhr die weitere Dienstverrichtung untersagt. Die fehlenden 3,5 Stunden wurden von ihm im Juli nachverrichtet und die Journaldienstgebühr wurde nicht verrechnet. Diese Anordnungen des Bezirksgendarmeriekommandanten hatte AbtInsp R auch befolgt."

In der weiteren Begründung gab die belangte Behörde die Aussagen verschiedener Auskunftspersonen wieder:

BezInsp U habe bei seiner schriftlichen Einvernahme am 1. Juli 1992 angegeben, er habe, nachdem er am 30. Juni 1992 kurz vor 08.00 Uhr von einem Schulwegsicherungsdienst wieder auf die Dienststelle gekommen sei, bemerkt, daß die Atemluft des Beschwerdeführers nach Alkohol gerochen habe. Nachdem er Informationen gehabt habe, daß der Beschwerdeführer in letzter Zeit wieder dem Alkohol zugesprochen habe, habe er mit ihm vor einigen Tagen diesbezüglich ein Gespräch geführt, wobei er diesem mitgeteilt habe, er sei keinesfalls bereit, zu akzeptieren, daß der Beschwerdeführer im Dienst dem Alkohol zuspreche bzw. zum Dienst betrunken erscheine. Außerdem habe ihm RevInsp M mitgeteilt, daß dieser wahrgenommen habe, der Beschwerdeführer habe am 27. Juni 1992 während des Dienstes auf dem Gendarmerieposten S nach Alkohol gerochen.

RevInsp M habe am 1. Juli 1992 niederschriftlich angegeben, er habe am 27. Juni 1992 gleich bei Betreten der Dienststelle durch den Beschwerdeführer um 08.10 Uhr bei diesem eine Alkoholausdünstung bemerkt. Um 08.30 Uhr habe er die Dienststelle verlassen und sei um 09.00 Uhr wieder zu dieser zurückgekommen. Der Beschwerdeführer sei vom Sozialraum herausgekommen und habe nach Alkohol gerochen. Demnach sei es für ihn klar gewesen, daß der Beschwerdeführer nach seinem Weggehen bis zu seinem Zurückkommen auf die Dienststelle Alkohol zu sich genommen habe. Im Sozialraum habe er dann bemerkt, daß im Hängeschrank ein drei Zehntel Literglas umgestürzt mit Wassertropfen abgestellt gewesen sei. Dieses habe nach Alkohol gerochen. Der Beschwerdeführer müsse dieses Glas kurz zuvor mit Wasser ausgespült und dorthin gestellt haben. Als der Beschwerdeführer um 17.00 Uhr die Dienststelle verlassen habe, habe er auf der Dienststelle nach einer Alkoholflasche gesucht. Tatsächlich sei er im Büro des Beschwerdeführers fündig geworden, denn er habe eine Weinkiste gefunden, in der sich zwei Flaschen Wein und eine Flasche Sekt befunden hätten und weiters zwischen zwei Kacheln des Elektroofens eine leere Einliterflasche. Am Boden sei noch ein kleiner Rest, der nach Wein gerochen habe, übrig gewesen. Da seine "Alkoholausdünstung zunehmend stärker" gewesen sei, sei es für ihn klar gewesen, daß der Beschwerdeführer während des Tages dort Alkohol (Wein) getrunken habe.

GrpInsp K habe in seiner niederschriftlichen Einvernahme am 30. Juni 1992 gesagt, er sei am 30. Juni 1992 gegen 10.00 Uhr auf die Dienststelle gekommen, wobei er im Sozialraum den Beschwerdeführer und RevInsp G beim Kaffeetrinken angetroffen habe. Der Beschwerdeführer sei ihm nicht betrunken vorgekommen, jedoch sei er diesem nie so nahe herangekommen, daß er beurteilen hätte können, ob dessen Atemluft nach Alkohol gerochen habe.

RevInsp G habe am 10. Juli 1992 niederschriftlich angegeben, er sei am 30. Juni 1992 um ca. 09.45 Uhr, außer Dienst und in Zivilkleidung auf den Gendarmerieposten S gekommen, wo er anschließend ca. 15 Minuten lang im Sozialraum mit dem Beschwerdeführer Kaffee getrunken habe. Er habe nicht den Eindruck gehabt, daß der Beschwerdeführer alkoholisiert gewesen sei. "Im gleichen Atemzug" (so die Wiedergabe der Zeugenaussage in der Bescheidbegründung) habe G aber auch angegeben, daß er nicht sagen würde, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich alkoholisiert gewesen wäre.

Zur Beweiswürdigung führte die Disziplinarkommission aus, sie erachte die Aussagen der Zeugen U und M als glaubwürdig und widerspruchsfrei im Gegensatz zu den vom Beschwerdeführer angeführten Zeugen Konrad K und G, die eigentlich zur Entlastung des Beschwerdeführers nichts hätten aussagen können. Obwohl der Beschwerdeführer seit seiner Alkohol-Entwöhnungskur im Jahre 1988 keine disziplinären Verfehlungen mehr gesetzt habe, scheine nunmehr "ein Rückfall in den Alkoholismus" vorzuliegen. Als erschwerend bei der Strafbemessung werde die mangelnde Schuldeinsicht des Beamten "als Postenkommandant und Vorgesetzter" gewertet; Milderungsgründe hätten nicht eruriert werden können.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, eine "angebliche Alkoholausdünstung ist wohl kein Beweis für eine Alkoholisierung bzw. einen Alkoholkonsum im bzw. vor Dienst". Die beiden Zeugen M und U hätten niemals behauptet, ihn im Dienst Alkohol trinken gesehen zu haben. Daß seine Atemluft nach Alkohol gerochen habe, sei mit seinem Konsum von alkoholfreiem Bier zu erklären, welches ebenfalls eine "Fahne" bewirken könne. Insgesamt sei die Behörde daher nicht in der Lage gewesen, ihm einwandfrei den Alkoholkonsum während der Dienstzeit nachzuweisen und er habe somit auch keine Dienstpflichtverletzung gesetzt.

Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung durch, bei der es neben einer Einvernahme des Beschwerdeführers auch zu neuerlichen Einvernahmen der Zeugen U, M, K und G kam.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge. Der Schuldspruch zu Punkt a) des erstinstanzlichen Erkenntnisses wurde bestätigt, der Schuldspruch zu Punkt b) dahingehend abgeändert, daß er zu lauten habe, der Beschwerdeführer sei schuldig am 30. Juni 1992 um 08.00 Uhr auf dem Gendarmerieposten S den Tagjournaldienst in einem von Alkohol beeinträchtigten Zustand angetreten zu haben. Hinsichtlich der Anschuldigung, am 30. Juni 1992 im Dienst Alkohol zu sich genommen zu haben, wurde der Beschwerdeführer ebenso wie von der Anschuldigung des Punktes c) des erstinstanzlichen Erkenntnisses gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen. Die Geldstrafe wurde auf S 3.000,-- herabgesetzt.

Nach Darstellung des bisherigen Verfahrens führte die belangte Behörde zum Faktum a) aus, der Zeuge M habe in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde dasselbe wie in seiner Niederschrift vom 1. Juli 1992 ausgesagt. Vom Beschwerdeführer sei am 27. Juni 1992 um 08.10 Uhr eine Alkoholausdünstung ausgegangen. M sei kurz weggegangen und bei seiner Rückkehr, etwa eine halbe Stunde später, habe er frischen Alkoholgeruch bemerkt. Auch sei ihm ein nach Wein riechendes, frisch ausgewaschenes Glas aufgefallen. Nur er und der Beschwerdeführer seien in diesem Zeitraum im Sozialraum gewesen. Die geröteten Augen habe er bei seiner Rückkehr bemerkt. Am Nachmittag sei auffällig gewesen, daß der Beschwerdeführer Schwierigkeiten gehabt habe, den Dienstplan zu erstellen. Zum Beschwerdeführer habe er (der Zeuge M) ein sehr gutes Verhältnis. Aufgrund dieser widerspruchsfreien Aussage halte die belangte Behörde den Sachverhalt des Punktes a) des erstinstanzlichen Erkenntnisses für erwiesen. Hinsichtlich des Faktums b) sei die belangte Behörde der glaubwürdigen Aussage des Zeugen U gefolgt, der in Übereinstimmung mit seinen niederschriftlichen Angaben vom 1. Juli 1992 angegeben habe, daß er beim Beschwerdeführer bei dessen Dienstantritt am 30. Juni 1992 eine nach Alkohol riechende Atemluft festgestellt habe. Die Zeugen K und G hätten hingegen angegeben, daß sie keine Anzeichen für eine Alkoholisierung bemerkt hätten. Bei diesen beiden Zeugen hätten sich jedoch Widersprüche zu ihren niederschriftlichen Äußerungen ergeben. Während K in seiner Niederschrift vom 30. Juni 1992 angegeben habe, er sei dem Beschwerdeführer nie so nahe gekommen, daß er hätte beurteilen können, ob die Atemluft des Beschwerdeführers nach Alkohol gerochen hätte, habe er in der Verhandlung vor der belangten Behörde ausgesagt, er habe zwei Stunden mit dem Beschwerdeführer Schreibtisch an Schreibtisch zusammengearbeitet und sei ihm dabei auch so nahe gekommen, daß er eine nach Alkohol riechende Atemluft hätte bemerken müssen. Auch falle ein "schiefes Licht" auf die Aussage des Zeugen G, weil er in der niederschriftlichen Aussage vom 10. Juli 1992 angegeben habe, daß er nichts sagen würde, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich alkoholisiert gewesen wäre. In der Verhandlung vor der belangten Behörde habe der Zeuge diese Aussage dahingehend präzisiert, daß er dies nur bezogen auf den Bezirksgendarmeriekommandanten gemeint habe, und daß er vor der Disziplinarkommission bzw. der belangten Behörde sehr wohl sagen würde, wenn er bemerkt hätte, daß der Beschwerdeführer alkoholisiert gewesen wäre. Die Aussagen des Beschwerdeführers, er habe nur alkoholfreies Bier getrunken und habe sich durch stauberzeugende Arbeiten auf seinem Hof eine Bindehautentzündung zugezogen, seien dadurch nicht erhärtet und erschienen neben den Aussagen der Zeugen U und M als Schutzbehauptungen. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß diese Zeugen ihre anschuldigenden Aussagen gegenüber ihrem Vorgesetzten nicht leichtfertig gemacht hätten, denn sie hätten unwidersprochen angegeben, zu ihrem Vorgesetzten (dem Beschwerdeführer) ein gutes Verhältnis zu haben. Da der Beschwerdeführer durch die Bestreitung der ihm vorgeworfenen Alkoholisierung keine Dienstpflicht verletzt habe und für einen Beamten auch keine Dienstpflicht bestehe, sich einem Alkoholtest oder einer Blutalkoholuntersuchung zu unterziehen, sei der Beschwerdeführer hinsichtlich des Faktums c) freizusprechen gewesen. In Anbetracht der Schwere der Dienstpflichtverletzungen, der Erschwerungs- und Milderungsgründe und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers halte die belangte Behörde eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- gerade noch für ausreichend, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Durch den angefochtenen Bescheid sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf "rechtskonforme Anwendung des § 91 BDG" verletzt worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer am 13. Juli 1992 wegen der ihm auch im angefochtenen Bescheid angelasteten Vorfälle vom 27. und 30. Juni 1992 gemäß § 109 Abs. 2 BDG 1979 ermahnt worden ist. Weisungsgemäß wurde dennoch in weiterer Folge gegen den Beschwerdeführer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (d.h. dem neunten Abschnitt des BDG 1979) zur Verantworung zu ziehen.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Nach der im Beschwerdefall geltenden Fassung der Dienstvorschrift des § 13 Abs. 2 der Gendarmeriedienstinstruktion (GDI) ist der Genuß alkoholischer Getränke während und unmittelbar vor dem Antritt eines angeordneten und bekannten, üblicherweise mit Parteienverkehr oder exekutivem Einschreiten verbundenen Dienstes grundsätzlich verboten.

Zur erfolgten Ermahnung nach § 109 Abs. 2 BDG 1979 ist vorweg festzuhalten, daß eine derartige Ermahnung den materiellen Disziplinierungsanspruch der Dienstbehörde nicht verbraucht. Es kann daher auch wegen solcher Verfehlungen eine Disziplinarstrafe verhängt werden, derentwegen gegen den Beamten zuvor eine schriftliche Ermahnung ausgesprochen worden ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0168).

Die Beschwerdeausführungen laufen - entgegen der Geltendmachung einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit - auf eine Bekämpfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde bei Feststellung der schuldhaft vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen hinaus. Dazu ist darauf hinzuweisen, daß es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beweiswürdigung nicht um eine Frage der Gesetzesanwendung, sondern um einen Denkvorgang handelt, der dazu bestimmt ist, den einer Norm zu unterstellenden Sachverhalt zu gewinnen. Da der Verwaltungsgerichtshof nur eine nachprüfende Tätigkeit auszuüben, keinesfalls aber eine Sachentscheidung zu fällen hat, kann die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang zu einem den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechenden Ergebnis geführt hat, bzw. ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 548 ff angeführte Judikatur).

Zum Faktum a) wird die Folgerung von einem wahrgenommenen Alkoholgeruch ("Alkoholausdünstung") seitens des Zeugen M auf eine durch den Beschwerdeführer vorgenommene Alkoholkonsumation nicht dadurch unschlüssig, daß - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - der Zeuge auf Befragen des Verteidigers in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage gewesen ist, die "Qualität dieser Fahne (z.B. Wein oder etwas anderes) zu verifizieren". Daß die belangte Behörde den Angaben des Beschwerdeführers, die geröteten Augen stammten von einer Staubentwicklung anläßlich des Schneidens von Bodenplatten ebenso keinen Glauben schenkte, wie seiner Verantwortung, er habe alkoholfreies Bier getrunken, berührt Fragen der unmittelbaren Beweiswürdigung und ist als solche - da sie ebenfalls vom Ergebnis des Beweisverfahrens aus betrachtet keine Unschlüssigkeit erkennen läßt - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unangreifbar. Eine Denkgesetzwidrigkeit der Beweiswürdigung läßt sich auch nicht daraus ableiten, daß der Zeuge M nicht persönlich wahrgenommen habe, ob der Beschwerdeführer aus dem im Sozialraum aufgefundenden Glas getrunken habe und die belangte Behörde auch nicht festgestellt habe, "von wem dieses Glas herrührt bzw. wann es schließlich ausgewaschen wurde".

Wenn der Beschwerdeführer hiezu erstmalig in der Beschwerde ergänzend vorbringt, daß der Gendarmerieposten durch Putzfrauen gereinigt werde, sodaß es durchaus nicht auszuschließen sei, daß die jeweilige Putzfrau dieses Glas benützt habe, verstößt er insoweit überdies gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot.

Zum Faktum a) ist allerdings zu beachten, daß dieses zwei Vorwürfe beinhaltet. Einerseits wird dem Beschwerdeführer darin zur Last gelegt, am 27. Juni 1992 den Kanzleidienst in ANGEHEITERTEM ZUSTAND angetreten zu haben und andererseits, während des Dienstes auf dem Gendarmerieposten auch Alkohol getrunken zu haben. Ebenso wie der im angefochtenen Bescheid verbliebene Vorwurf zum Faktum b) (der Beschwerdeführer habe am 30. Juni 1992 den Tagjournaldienst in einem VON ALKOHOL BEEINTRÄCHTIGTEN ZUSTAND angetreten) hält der erste im Faktum a) enthaltene Tatvorwurf der Schlüssigkeitskontrolle nicht stand. Der angefochtene Bescheid enthält betreffend die Dienstantritte am 27. und 30. Juni nur Aussagen über einen beim Beschwerdeführer wahrgenommenen Alkoholgeruch; dieser festgestellte Sachverhalt vermag aber den Tatvorwurf, der Beschwerdeführer habe den DIENST IN EINEM ANGEHEITERTEN bzw. DURCH ALKOHOL BEEINTRÄCHTIGTEN ZUSTAND angetreten, für sich allein nicht zu tragen.

Damit war der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes a) insoweit, als dem Beschwerdeführer der Antritt des Dienstes im angeheiterten Zustand vorgeworfen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben. Dasselbe gilt für den Spruchpunkt b) zur Gänze, womit sich insofern auch ein weiteres Eingehen auf die zu diesem Faktum zur Beweiswürdigung erstatteten Beschwerdeausführungen erübrigte. Die erfolgten Aufhebungen ziehen die Aufhebung des Straf- und des Kostenausspruches nach sich.

Im übrigen jedoch (d.h. also, was den Schuldspruch betreffend den Alkoholkonsum während des Dienstes am 27. Juni 1992 betrifft) war die Beschwerde infolge der insoweit schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren von S 120,--, weil die Einbringung der Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung erforderlich war.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993090324.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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