TE Vwgh Beschluss 2023/3/23 Ra 2020/06/0053

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Veröffentlicht am 23.03.2023
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Index

L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Vorarlberg
L82000 Bauordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauRallg
ROG Slbg 2009 §31b
ROG Slbg 2009 §78 Abs1 Z4
RPG Vlbg 1996 §57 Abs1 lite
VStG §22

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des M W in I, vertreten durch Mag. Michael Kathrein, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 6/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 7. November 2019, 405-3/589/1/4-2019, betreffend eine Übertretung des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 25. Juli 2019, mit welchem er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH einer Übertretung des § 78 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit § 31b Abs. 1 und 2 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) für schuldig erkannt und mit welchem über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.000,- (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) verhängt worden war, weil die H. GmbH zumindest am 12. April 2019 die Wohnung Top X in einem näher bezeichneten Objekt zur touristischen Beherbergung genutzt habe, indem sie diese tageweise als Ferienwohnung an Beherbergungsgäste vermietet habe, zumal anlässlich einer Erhebung vor Ort am 12. April 2019 zehn Personen aus Italien angetroffen worden seien, welche auf die Schlüsselübergabe für die Wohnung gewartet und eine Buchungsbestätigung für den Zeitraum von 12. April 2019 bis 14. April 2019 vorgewiesen hätten, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass der Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 600,- zu leisten habe, und dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Begründend stellte das Verwaltungsgericht - soweit für den Revisionsfall wesentlich - fest, dass am 12. April 2019 bei einer Polizeikontrolle vor dem gegenständlichen Wohnhaus mehrere aus Italien angereiste Personen angetroffen worden seien, die eine Buchungsbestätigung einer näher bezeichneten Buchungsplattform für die betreffende Wohnung für den Zeitraum 12. bis 14. April 2019 und eine Zahlungsbestätigung über die Kreditkartenabbuchung in der Höhe von € 339,- sowie eine Mitteilung des Vermieters über die erfolgte Reservierung vorgewiesen hätten. Die italienischen Touristen hätten gegenüber den Polizeibeamten angegeben, auf die Schlüsselübergabe zu warten, eine solche hätten die Beamten aber nicht feststellen könne. Laut Angabe einer Hausbewohnerin hätte dies durch eine Person in einem Fahrzeug geschehen sollen, das aber nur an den Beamten vorbeigefahren sei und nicht angehalten habe. Die gegenständliche Wohnung Top X werde im Internet auf der betreffenden Buchungsplattform als vollausgestattete Ferienwohnung angeboten und es fänden sich dort 23 Gästebewertungen ab Juni 2018. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 14. Mai 2019 sei eine Bestrafung des Revisionswerbers als Geschäftsführer der H. GmbH wegen einer Übertretung des § 78 Abs. 1 Z 4 erster Fall in Verbindung mit § 31b Abs. 1 und 2 ROG 2009 betreffend die gegenständliche Wohnung hinsichtlich eines Zeitraumes von 8. bis 11. Juli 2018 bestätigt worden.

6        In der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, dass im gegenständlichen Fall eine Buchungsbestätigung des Vermieters vorliege, in dem dieser die Buchung bestätigt und auch die Mietzahlung entgegengenommen habe. Der Vertrag über die Miete des Apartments sei daher zustande gekommen. Selbst wenn ein Vertragsabschluss und somit eine konkret erfolgende Vermietung für den gegenständlichen Zeitraum nicht zustande gekommen wäre, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Die in Rede stehende Wohnung Top X werde jedenfalls seit Sommer 2018 für die Nutzung zu touristischen Zwecken verwendet. Allein schon das Anbot (im Internet) stelle eine solche Verwendung dar, zumal für den besagten Zeitraum keine andere Verwendung (etwa als Privatwohnung) aktenkundig oder auch nur behauptet worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 4. Juli 2019, Ro 2017/06/0009 bis 0019, ausgesprochen, dass eine gewerbliche Beherbergung als touristische Nutzung im Sinn der raumordnungsrechtlichen Bestimmungen anzusehen sei. Das Anbot im Internet auf einer großen Buchungsplattform sowie der Umstand, dass (durch dort aufscheinende Gästebewertungen dokumentiert) nicht nur in der Vergangenheit solche Gästebeherbergungen stattgefunden hätten, sondern bezogen auf die hier gegenständliche Tatzeit Gäste eine Buchung vorgenommen hätten, ließen keinen anderen Schluss zu als jenen, dass eine touristische Nutzung der Wohnung auch in diesem Zeitraum erfolgt sei. Da die Räumlichkeiten aber baurechtlich mit dem Verwendungszweck „Wohnung“ und nicht für die gewerbliche Gästebeherbergung bewilligt worden seien, liege eine Zweckentfremdung im Sinn des § 31b ROG 2009 vor. Eine solche Verwendung der Wohnung stelle daher eine Verwaltungsübertretung gemäß § 78 Abs. 1 Z 4 ROG 2009 dar. Dass sich der Sitz der H. GmbH in I. befinde, tue hier nichts zur Sache, weil die Verwendung der Wohnung in der Stadt S. erfolgt, Tatort im gegenständlichen Fall somit die Wohnung in der Stadt S. sei, und demnach die belangte Behörde als Bezirksverwaltungsbehörde örtlich und sachlich zuständig sei (Hinweis auf die §§ 26 und 27 Abs. 1 VStG).

7        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision bringt der Revisionswerber vor, es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, weil das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. So habe der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass der Abschluss bzw. das Zustandekommen eines schuldrechtlichen Vertrages nicht gleichzeitig eine „Verwendung“ (im Anlassfall: eines Ausländers in einem Arbeitsverhältnis) darstelle (Hinweis auf VwGH 26.6.2006, 2003/09/0046). Damit sei aber auch aus dem Vertragsabschluss „über die Miete des Apartments“ der Tatbestand des § 78 Abs. 1 Z 4 ROG 2009 nicht erfüllt, zumal das ROG 2009 den Versuch nicht für strafbar erkläre. Das Anbieten (Inserieren) von Wohnungen (im Internet) sowie das Vereinbaren eines Termins zur Schlüsselübergabe stellten damit allenfalls Vorbereitungshandlungen dar, die bei dem zur Last gelegten Delikt nicht strafbar seien.

8        Ferner vertrete der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht, dass eine juristische Person am Sitz ihrer Unternehmensleitung handle (Hinweis auf VwGH 14.12.2007, 2007/02/0290). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes sei es im Revisionsfall zu keiner in Salzburg gesetzten Tathandlung gekommen sei, weshalb eine Bestrafung ebenfalls ausscheide und das angefochtene Erkenntnis von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweiche.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

9        Die Frage, ob die im konkreten Revisionsfall gegenständliche Wohnung Top X im betreffenden Zeitraum für touristische Beherbergungen verwendet wurde oder nicht, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 10.11.2020, Ra 2020/06/0258, mwN).

10       Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der vorliegenden Revision nicht aufgezeigt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der entgegen den gesetzlichen Bestimmung erfolgenden Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung um ein Dauerdelikt und es ist der Begriff der Verwendung eines Freizeitwohnsitzes in zeitlicher Hinsicht nicht punktuell, sondern durchgängig zu verstehen; bei der Beurteilung, ob eine Freizeitwohnung vorliegt sind auch Zeiträume tatbildlich, in denen eine Wohnung nicht bewohnt wird (vgl. VwGH 30.9.2015, Ra 2014/06/0026, mwN, zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 57 Abs. 1 lit. e Vorarlberger Raumplanungsgesetz). Vor dem Hintergrund dieser hg. Judikatur und der im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen und insoweit unbestrittenen Feststellungen (wonach die gegenständliche Wohnung jedenfalls seit Sommer 2018 für die Nutzung zu touristischen Zwecken verwendet werde, diese im Internet auf einer großen Buchungsplattform angeboten werde, dort zahlreiche Gästebewertungen aufschienen und noch am 12. April 2019 vor dem Wohnhaus Gäste mit einer Buchungsbestätigung und in Erwartung der Schlüsselübergabe angetroffen worden seien) erscheint die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass die gegenständliche Wohnung Top X im Tatzeitraum für touristische Beherbergungen verwendet worden sei, nicht unvertretbar.

11       Da die mit dem angefochtenen Erkenntnis erfolgte Bestrafung des Revisionswerbers somit auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht, nämlich der selbst für den Fall der Außerachtlassung des erfolgten Vertragsabschlusses gegebenen Verwendung der gegenständlichen Wohnung für touristische Beherbergungen im fraglichen Zeitraum, hinsichtlich derer - wie oben ausgeführt - keine Rechtsfrage dargelegt wurde, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, hängt das rechtliche Schicksal der Revision nicht von der Beantwortung der in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Frage ab, ob der Abschluss bzw. das Zustandekommen eines schuldrechtlichen Vertrages gleichzeitig eine „Verwendung“ darstelle.

12       Zudem lässt der Revisionswerber bei seinem Vorbringen zu fehlenden Tathandlungen in Salzburg die ausdrückliche gesetzliche Anordnung des § 78 Abs. 3 Z 1 ROG 2009, wonach die Verwaltungsübertretung an jenem Ort begangen wird, an dem sich die betreffende Wohnung befindet, außer Acht, weshalb sein Hinweis auf VwGH 14.12.2007, 2007/02/0290, ins Leere geht.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

13       Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG fließt der auf Grund dieses Bundesgesetzes vom Revisionswerber zu leistende Aufwandersatz jenem Rechtsträger zu, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat. Da die belangte Behörde als zum Vollzug der Strafbestimmungen des ROG 2009 gemäß § 26 VStG berufene örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde für das Land Salzburg gehandelt hat, hätte dieser Rechtsträger einen Kostenersatzanspruch im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG. Da daneben kein Kostenersatzanspruch eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf Kostenzuspruch an die „Stadtgemeinde Salzburg“ gerichtete Antrag der belangten Behörde abzuweisen.

Wien, am 23. März 2023

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020060053.L00

Im RIS seit

25.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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