TE Lvwg Erkenntnis 2023/3/15 LVwG-2021/14/0351-4, LVwG-2021/14/0352-4, LVwG-2021/14/0353-4

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Veröffentlicht am 15.03.2023
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Entscheidungsdatum

15.03.2023

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §209
BAO §148 Abs3
  1. BAO § 209 heute
  2. BAO § 209 gültig ab 01.01.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 163/2015
  3. BAO § 209 gültig von 15.12.2010 bis 31.12.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 105/2010
  4. BAO § 209 gültig von 14.01.2010 bis 14.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2010
  5. BAO § 209 gültig von 26.03.2009 bis 13.01.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  6. BAO § 209 gültig von 01.01.2005 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 180/2004
  7. BAO § 209 gültig von 01.01.2005 bis 30.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2004
  8. BAO § 209 gültig von 31.12.2004 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 180/2004
  9. BAO § 209 gültig von 18.07.1987 bis 30.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 312/1987
  10. BAO § 209 gültig von 19.04.1980 bis 17.07.1987 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980
  1. BAO § 148 heute
  2. BAO § 148 gültig ab 01.01.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2022
  3. BAO § 148 gültig von 20.07.2022 bis 31.12.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2022
  4. BAO § 148 gültig von 01.01.2021 bis 19.07.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 3/2021
  5. BAO § 148 gültig von 01.01.2019 bis 31.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 62/2018
  6. BAO § 148 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  7. BAO § 148 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 124/2003
  8. BAO § 148 gültig von 01.01.2003 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002
  9. BAO § 148 gültig von 19.04.1980 bis 31.12.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

         

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA, über die Beschwerde der AA, vertreten durch BB, Adresse 1, **** Z, gegen die Bescheide des Z (belangte Behörde) jeweils vom 3.7.2020, *** (2014), *** (2015) und *** (2016), Beschwerdevorentscheidung für alle gemeinsam vom 1.12.2020, ***, AbgNr ***, betreffend die Festsetzung der Kommunalsteuer für 2014, 2015 und 2016, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26.4.2022

zu Recht:

1.       A.    Der Beschwerde gegen den Bescheid *** wird insoweit Folge gegeben, als die Kommunalsteuer für das Jahr 2014 – wie in der Beschwerdevorentscheidung – mit € 3.936,92 festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B.   Der Beschwerde gegen den Bescheid *** wird insoweit Folge gegeben, als die Kommunalsteuer für das Jahr 2015 – wie in der Beschwerdevorentscheidung – mit € 3.718,67 festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

C.   Der Beschwerde gegen den Bescheid *** wird insoweit Folge gegeben, als die Kommunalsteuer für das Jahr 2016 – wie in der Beschwerdevorentscheidung – mit € 0 festgesetzt wird.

2.       Die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

A. Bescheide

In den angefochtenen Bescheiden schrieb die belangte Behörde die Kommunalsteuer gemäß § 11 Abs 3 KommStG von € 6.121,40 (2014), € 6.243,83 (2015) und € 6.368,71 (2016) jeweils mit Säumniszuschlag von 2% vor.

B. Beschwerden

In der gegen alle drei Bescheide unter einem erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin – zusammengefasst – vor, mit Schreiben vom 6.2.2020 sei der Geschäftsführer der AA von der belangten Behörde informiert worden, dass eine Kommunalsteuernachschau für den Zeitraum 1.1.2014 bis 31.12.2016 erfolge. Die belangte Behörde sei darauf aufmerksam gemacht worden, dass für den erwähnten Zeitraum bereits eine Kommunalsteuerprüfung durch das zuständige Finanzamt Z erfolgt sei. Die entsprechende Niederschrift dieser vorgenommenen GPLA-Prüfung (1.1.2013 bis 31.12.2016) vom 19.2.2019 sei dem zuständigen Sachbearbeiter der belangten Behörde zugesendet worden. Dieser habe sodann gemäß § 184 BAO Bescheide über die Festsetzung von Kommunalsteuern im Schätzungswege für die Jahre 2014 bis 2016 unter der Annahme erlassen, dass die Geschäftsführerbezüge nicht der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage unterzogen worden seien.

Die Gemeinde hätte im Jänner 2020 sämtliche Unterlagen, wie Jahresabschlüsse, Lohnkonten, Aufzeichnungen und detaillierte Kontoblätter der AA für den Zeitraum 1.1.2014 bis 31.12.2016 angefordert, mit der Begründung es werde eine Nachschau der belangten Behörde durchgeführt. Auf Grund des Zeitraums und der angeforderten Unterlagen handle es sich aber um eine Außenprüfung anstatt einer Nachschau. Eine Außenprüfung (§ 147 Abs 1 BAO) umfasse im Gegensatz zur Nachschau nicht nur die Überprüfung einzelner Sachverhalte bzw Sachverhaltselemente zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern die Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen für vollständige Veranlagungsperioden. Laut Erkenntnis des VwGH 5.7.1999, 98/16/0145, diene die Nachschau eher der äußerlichen Kontrolle, wogegen eine Buch- und Betriebsprüfung den Zweck einer konkreten Prüfung habe. Die belangte Behörde hätte über einen Zeitraum von drei Jahren sämtliche Unterlagen angefordert und dies als Nachschau betitelt. Vielmehr sei eine Kommunalsteuerprüfung im Sinne des § 14 Abs 1 KommStG vorgelegen. Demnach bleibe das Recht der Gemeinden auf Durchführung einer Nachschau gemäß der jeweils für sie geltenden Landesabgabenordnung unberührt, wobei § 148 Abs 3 BAO sinngemäß anzuwenden sei. Das Recht der Gemeinde auf Durchführung einer neuerlichen Nachschau werde also dadurch ausgeschlossen, dass bereits eine Prüfung auch der Kommunalsteuer durch das für die Lohnsteuerprüfung zuständige Finanzamt oder der zuständigen Krankenversicherungsträger erfolge.

Dies sei auch bereits in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erörtert worden. Mit Erkenntnis vom 7.7.2011, 2009/15/0223 sei unter anderem erkannt worden, dass das Verbot der Wiederholungsprüfung im Sinne des § 148 Abs 3 BAO auch auf eine Nachschau anzuwenden sei und, dass die damalige Rechtslage durch das Abgabenverwaltungsreformgesetz (BGBl I 2009/20) nicht geändert worden sei. Der Verweis in § 14 Abs 1 KommStG auf die jeweils für die Gemeinden geltende Landesabgabenordnung sei als statische Verweisung zu verstehen. Anzuwenden seien demnach jene Bestimmungen zur Nachschau der jeweiligen Landesabgabenordnung, wie sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Abänderung des § 14 KommStG durch BGBl 2002/132 in Kraft gewesen seien (VwGH 7.7.2011, 2009/15/0223). Die Gemeinden seien somit zu einer Kommunalsteuernachschau nur berechtigt, wenn nicht bereits eine Prüfung der Kommunalsteuer durch das Finanzamt oder der Krankenversicherungsträger erfolgt sei. Ein Recht auf eine Wiederholungsprüfung im Sinne des § 148 Abs 3 BAO sei im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen.

Die belangte Behörde sei in ihrer Schätzung davon ausgegangen, dass die Kommunalsteuer für die bezahlten Geschäftsführerbezüge nicht gemeldet worden seien und habe die Bemessungsgrundlagen anhand von falschen Annahmen geschätzt. Die Kommunalsteuer sei im Jahr 2016 von allen Bezügen (auch den ausbezahlten Geschäftsführerbezügen) gemeldet und auch bezahlt worden, weshalb der Nachforderungsanspruch hier nicht begründet sei. Als Nachweis werden die Lohnkonten, das Betriebsjahreslohnkonto und ein Auszug aus dem Jahresabschluss 2016 vorgelegt.

Für die Jahre 2014 und 2015 seien die Bemessungsgrundlagen für die nicht gemeldeten Kommunalsteuern auf € 208.127,86 (2015) und € 204.046,92 (2014) geschätzt worden. Auch diese Bemessungsgrundlagen seien viel zu hoch und anhand vollkommen falscher Daten geschätzt worden. Aus dem Jahresabschluss des Geschäftsführers CC sei ersichtlich, dass er 2014 einen Geschäftsführerbezug von € 83.775,00 und 2015 € 117.241,67 bezogen habe. Aus den Kontoblättern der Beschwerdeführerin sei ersichtlich, dass DD 2014 und 2015 jeweils € 30.632,50 als Geschäftsführer bezogen habe. In Summe würden die Bemessungsgrundlagen für 2014 € 114.407,50 und für 2015 € 147.874,17 betragen. Die Kommunalsteuernachforderung könne somit maximal € 3.432,23 für 2014 und € 4.436,23 für 2015 betragen.

Die Kommunalsteuer für das Jahr 2014 unterliege der Festsetzungsverjährung nach § 207 BAO, da die Verjährungsfrist am 31.12.2019 geendet sei.

Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin – neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung –, die angefochtenen Abgabenbescheide ersatzlos zu beheben, gegebenenfalls die Kommunalsteuer an die tatsächliche Bemessungsgrundlage anzupassen und die tatsächlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

C. Beschwerdevorentscheidung

In der unter einem erlassenen Beschwerdevorentscheidung vom 1.12.2020, ***, gab die belangte Behörde den Beschwerden teilweise statt und setzte die Kommunalsteuer für 2014 mit € 3.936,92, für 2015 mit € 3.718,67 und für 2016 mit € 0 fest.

D. Vorlageantrag

Im dagegen erhobenen Vorlageantrag vom 10.12.2020 brachte die Beschwerdeführerin – abermals zusammengefasst – vor, die für 2014 festgesetzten Beträgen seien bereits verjährt. Wenn die belangte Behörde behaupte, auf Grund eines E-Mail-Verkehrs vom 19.12.2019 seien erste Verfolgungshandlungen im Sinne des § 209 BAO gesetzt worden, die zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr führten, sei darauf hinzuweisen, dass kein E-Mail-Eingang auf unseren Servern erfolgt sei. Das E-Mail sei somit weder in unserem Verfügungsbereich, noch in dem der AA erfolgt. Es hätte am 19.12.2019 lediglich ein Telefonat zwischen GG und dem Beschwerdeführervertreter gegeben. Um überhaupt eine Verlängerung zu bewirken, bedürfe es einer „Amtshandlung". Darunter seien nur Vorgänge zu verstehen, die dem hoheitlichen Bereich der Erhebung einer Abgabe im Sinne von § 49 Abs 2 zuzuordnen seien. Ein bloß formeller Verkehr mit einem Abgabepflichtigen werde nicht dazugerechnet. Wird etwa ein Rechtsstandpunkt der Behörde bekräftigt oder erläutert, ergebe sich keine Amtshandlung. Wenn die belangte Behörde anführe, es handle sich um keine Wiederholungsprüfung, sondern lediglich um eine Nachschau gemäß § 144 BAO, werde auf die umfangreichen Ausführungen in der Beschwerde vom 20.7.2020 hingewiesen.

Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und die Veranlagung gemäß der abgegebenen Erklärung durchzuführen, die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieser Beschwerde und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

E. Weiteres Verfahren

Das Landesverwaltungsgericht Tirol führte am 26.4.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gemeinsam mit seinem Vertreter EE, sowie FF und GG für die belangte Behörde erschienen.

II.      Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist ein Beratungsunternehmen mit Sitz in Z.

Das Finanzamt Z führte eine Kommunalsteuerprüfung, Lohnsteuerprüfung und Sozialversicherungsprüfung für den Zeitraum von 1.1.2013 bis 31.12.2016 durch. Dahingehend fand am 19.2.2019 eine Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs 1 BAO statt, an der JJ als Prüfungsorgan und KK als Vertreterin der Beschwerdeführerin teilnahmen.

Am 19.12.2019 telefonierte der Vertreter der belangten Behörde, GG, mit Steuerberater EE, dem Vertreter der Beschwerdeführerin. Dabei teilte der Vertreter der belangten Behörde eine Kommunalsteuernachschau für 2014, 2015 und 2016 mit.

Am darauffolgenden Tag verschickte der Vertreter der Beschwerdeführerin ein E-Mail an den Vertreter der belangten Behörde, nahm darin „auf unser gestriges Telefonat und ihre gewünschte Kommunalsteuernachschau“ Bezug und verwies aufgrund der durch das Finanzamt erfolgten Kommunalsteuerprüfung für das Jahr 2014 auf das Verbot einer Wiederholungsprüfung gemäß § 148 Abs 3 BAO, welches auch bei der Kommunalsteuernachschau zu berücksichtigen wäre.

Am 9.6.2020 verfasste der Vertreter der belangten Behörde einen Bericht über die vorgenommene abgabenbehördliche Nachschau gemäß § 144 BAO betreffend Kommunalsteuer vom 1.1.2014 bis 31.12.2016. Aufgrund einer unterschiedlichen einkommenssteuerrechtlichen Berücksichtigung der Geschäftsführerbezüge berechnete der Sachbearbeiter die Kommunalsteuer. Diese wurde in den angefochtenen Bescheiden vorgeschrieben.

Als Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer erklärte die Beschwerdeführerin für 2014 € 1.218.422,88, für 2015 € 1.150.394,30 und für 2016 € 1.187.860,67. Die tatsächliche Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer beträgt für 2014 € 1.347.080,38, für 2015 € 1.271.919,30 und für 2016 € 1.187.860,67. Das ergibt eine Differenz der Bemessungsgrundlage für 2014 von € 128.657,50 und für 2015 von € 121.525. Für 2016 entspricht die tatsächliche Bemessungsgrundlage der Erklärung.

III.     Beweiswürdigung

Das Telefonat vom 19.12.2019 geht auf die glaubwürdige Aussage des Behördenvertreters in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol zurück („Es hat am 19.12. ein Telefonat zwischen mir und dem Vertreter der Beschwerdeführerin gegeben. In diesem Telefonat sind die heute gegenständlichen Jahre besprochen worden, und dass ich den Auftrag habe, für diese Jahre Nachschau zu halten.“). Auch der am Telefonat beteiligte Beschwerdeführervertreter bestätigt dieses Telefonat und den Inhalt („Das Telefonat hat stattgefunden und mir wurde mitgeteilt, dass eine Nachschau stattfinden soll. … Sie wollten in unserem Telefonat umfangreichere Unterlagen sehen. Die kompletten Jahresabschlüsse dieser konkreten drei Jahre, die Lohnkonten für die Betriebsjahre und alles, was sonst bei einer Prüfung noch anzusehen ist.“). Das E-Mail vom 20.12.2019 legte die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag vor.

Im Übrigen ist der Sachverhalt unstrittig und ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen.

Die tatsächlichen Bemessungsgrundlagen entsprechen den Angaben in der Beschwerdevorentscheidung, die der Beschwerdeführervertreter auch ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol anerkannte.

IV.      Erwägungen

A. Gegenstand des Verfahrens

Vorauszuschicken ist, die festgesetzten Beträge stehen grundsätzlich der Höhe nach außer Streit, wie auch der Beschwerdeführervertreter in der mündlichen Verhandlung angab. Auch folgte die belangte Behörde der Argumentation der Beschwerdeführerin und setzte die Kommunalsteuer für 2016 mit € 0 fest.

Für 2014 steht die Frage im Zentrum, ob durch das Telefonat zwischen dem Vertreter der belangten Behörde und dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 19.12.2019 eine „nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs“ im Sinne des § 209 Abs 1 BAO gesetzt wurde. Würde man diese Frage verneinen, wäre der Abgabenanspruch gemäß § 207 Abs 2 BAO verjährt, weshalb dieser nicht (mehr) mit Bescheid vom 3.7.2020 festgesetzt werden hätte dürfen. Bejaht man die Verlängerung der Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs 1 BAO war die Festsetzung rechtzeitig.

Für 2014 und 2015 stellt sich die Frage, ob die von der belangten Behörde durchgeführte Nachschau gemäß § 144 BAO unter das Verbot der Wiederholungsprüfung gemäß § 148 Abs 3 BAO fallen würde.

B. Amtshandlung im Sinne des § 209 Abs 1 BAO

Werden gemäß § 209 Abs 1 BAO innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr.

Zur Frage der Eignung einer Amtshandlung der Abgabenbehörde als Verlängerungshandlung iSd § 209 Abs 1 BAO führte der Verwaltungsgerichtshof in 20.10.2022, Ra 2022/16/0045, umfassend aus, bei an Dritte gerichteten Anfragen ist eine erkennbare Konkretisierung des betroffenen Abgabenanspruches – schon vor dem Hintergrund der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht – nicht notwendig (VwGH 29.11.1988, 86/14/0134). Auch jedermann gestattete Tätigkeiten, wie etwa die Einsichtnahme in öffentliche Register wie das Firmenbuch oder das Grundbuch (VwGH 17.6.2009, 2008/17/0221; 7.9.2006, 2006/16/0041; 5.4.2001, 2000/15/0150; 27.11.2000, 99/17/0312; 29.11.1988, 86/14/0134), stellen Verlängerungshandlungen (bzw früher Unterbrechungshandlungen) iSd § 209 Abs 1 BAO dar, wenn sie der Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches oder der Feststellung des Abgabepflichtigen dienen (VwGH 25.5.2022, Ra 2022/15/0001; 28.3.2014, 2010/16/0176). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob diese Amtshandlungen im Hinblick auf den angestrebten Erfolg, nämlich die Geltendmachung des Abgabenanspruchs zu erreichen, konkret geeignet (VwGH 25.5.2022, Ra 2022/15/0001; 27.9.2012, 2009/16/0185) oder notwendig sind (VwGH 22.2.2008, 2007/17/0128; 7.7.2004, 2004/13/0080). Nach dieser Rechtsprechung stellen Grundbuchsabfragen Verlängerungshandlungen iSd § 209 Abs 1 BAO dar, wenn sie zur Feststellung des Abgabepflichtigen dienen (VwGH 17.6.2009, 2008/17/0221; 27.11.2000, 99/17/0312).

Eine Handlung im Sinne des § 209 Abs 1 BAO muss – so VwGH 25.5.2022, Ra 2022/15/0001 – nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet sein (zB VwGH 18.7.2002, 2002/16/0159) oder der tatsächlich abgabepflichtigen Person zur Kenntnis gelangen (VwGH 29.9.1982, 0201/80). Darunter fallen Schlussbesprechungen (VwGH 2.8.2000, 97/13/0196 bis 0198), Prüfungsberichte (VwGH 4.6.2009, 2006/13/0076) sowie an den Abgabepflichtigen gerichtete Vorhalte, Anfragen und Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen und Beweismitteln (VwGH 27.08.2020, Ra 2020/13/0055, 25.05.2022, Ra 2022/15/0001; zu einer möglichen Verlängerungswirkung von Bescheiden unabhängig von ihrer rechtswirksamen Zustellung VwGH 21.3.1995, 94/14/0156).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Telefongespräch eine Unterbrechungshandlung darstellen, wenn der Inhalt des Telefongesprächs (auch) in einer Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs besteht (VwGH 4.5.2020, Ro 2019/16/0004).

Somit erkannte der Verwaltungsgerichtshof schon an, dass Telefonate grundsätzlich eine Amtshandlung im Sinne des § 209 Abs 1 BAO darstellen können (ebenso LVwG NÖ 12.9.2017, LVwG-AV-560/001-2017). Allerdings ist dazu der Inhalt entscheidend. Im gegenständlichen Fall teilte der Behördenvertreter konkret die Jahre mit, für die eine Kommunalsteuernachschau durchgeführt wird. Somit handelt es sich um eine nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs im Sinne des § 209 Abs 1 BAO. Dadurch verlängerte sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Festsetzung mit Bescheid vom 3.7.2020 war somit rechtzeitig.

Die Beschwerde richtet sich auch gegen die Höhe der Kommunalsteuer für dieses Jahr. Allerdings reduzierte die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung die Kommunalsteuer und folgte damit der Argumentation der Beschwerdeführerin. Dem schließt sich auch das Landesverwaltungsgericht Tirol an. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kamen keinerlei Umstände hervor, die die nunmehrige Höhe der Kommunalsteuer für 2014 in Zweifel ziehen würden. Somit stellte das Landesverwaltungsgericht Tirol zweifelsfrei die tatsächliche Bemessungsgrundlage fest. Aus der Differenz zur entsprechenden Erklärung errechnet sich die 3%ige Kommunalsteuer samt 2%-igem Säumniszuschlag.

Somit ist der Beschwerde insoweit Folge zu geben, als – entsprechend der Beschwerdevorentscheidung – die Kommunalsteuer mit € 3.936,92 festgesetzt wird.

C. Verbot der Wiederholungsprüfung

§ 14 KommStG normiert das Recht der Gemeinde eine Kommunalsteuerprüfung nach den Vorschriften der Bundesabgabenordnung über Außenprüfungen durchzuführen. Dabei ist – wie der Beschwerdeführervertreter richtig angibt – auch das Verbot der Wiederholungsprüfung zu beachten. Gemäß § 148 Abs 3 BAO darf für einen Zeitraum, für den eine Außenprüfung bereits vorgenommen worden ist, ein neuerlicher Prüfungsauftrag (im Sinne des § 148 Abs 1 BAO) ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen nur zu taxativ aufgezählten Zwecken erfolgen.

Das Recht der Gemeinden auf Durchführung einer Nachschau wird also dadurch – im Allgemeinen – ausgeschlossen, dass bereits eine Prüfung (auch) der Kommunalsteuer durch das für die Lohnsteuerprüfung zuständige Finanzamt erfolgte (VwGH 7.7.2011, 2009/15/0223; dazu Mühlberger/Pilz/Rathgeber, Die Abgabenordnung2 [2013] 138).

Es steht außer Frage, bei der vom Finanzamt Z durchgeführten Prüfung, bei der am 19.2.2019 eine Schlussbesprechung stattfand, handelt es sich um eine Außenprüfung gemäß § 147 Abs 1 BAO. Dazu gehörte auch die Kommunalsteuerprüfung (dazu Ritz, BAO7 § 147 Rz 1).

Im Telefonat vom 19.12.2019 kündigte der Vertreter der belangten Behörde ausdrücklich (nur) eine Nachschau (im Sinne des § 144 BAO) in Bücher und Aufzeichnungen des Abgabeverpflichteten an. Dies wurde in weiterer Folge auch durchgeführt und mit Bericht vom 9.6.2020 dokumentiert.

Allerdings stellt eine Nachschau gemäß § 144 BAO ihrer Grundkonzeption nach eine beaufsichtigende Maßnahme dar, die eher der äußerlichen Kontrolle dient, wogegen eine Buchprüfung und Betriebsprüfung gemäß §§ 147 ff BAO den Zweck einer konkreten Prüfung hat. Ziel einer Buchprüfung und Betriebsprüfung sind objektive Feststellungen im Sachverhaltsbereich, um dadurch die Grundlage für eine gesetzmäßige (richtige) Besteuerung zu schaffen (VwGH 5.7.1999, 98/16/0145).

Somit ist die Beschwerdeführerin zwar im Recht, es liegt tatsächlich eine abermalige Außenprüfung im Sinne des § 147 BAO vor, nicht bloß eine Nachschau im Sinne des § 144 BAO. Diese Wiederholungsprüfung wäre gemäß § 148 Abs 3 BAO verboten gewesen. Allerdings existiert kein Beweisverwertungsverbot für die Ergebnisse (VwGH 19.10.2006, 2002/14/0101; 28.5.1997, 94/13/0200). Dies trifft im gegenständlichen Fall umso mehr zu, da die Wiederholungsprüfung keine neuen Ergebnisse lieferte. Vielmehr zog die belangte Behörde aus den schon vorliegenden Ergebnisse andere Schlüsse als das Finanzamt Z. Dazu war die belangte Behörde berechtigt.

Ähnlich wie für 2014 richtet sich die Beschwerde auch gegen die Höhe der Kommunalsteuer für 2015. Allerdings reduzierte die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung die Kommunalsteuer auch für 2015 und folgte damit der Argumentation der Beschwerdeführerin.

Dem schließt sich das Landesverwaltungsgericht Tirol abermals an. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kamen keinerlei Umstände hervor, die die nunmehrige Höhe der Kommunalsteuer für 2015 in Zweifel ziehen würden. Somit stellte das Landesverwaltungsgericht Tirol zweifelsfrei die tatsächliche Bemessungsgrundlage fest. Aus der Differenz zur entsprechenden Erklärung errechnet sich die 3%ige Kommunalsteuer samt 2%-igem Säumniszuschlag.

Wiederum ist der Beschwerde insoweit Folge zu geben, als – entsprechend der Beschwerdevorentscheidung – die Kommunalsteuer mit € 3.645,75 festgesetzt wird.

D. Höhe der Kommunalsteuer für das Jahr 2016

In der Beschwerdevorentscheidung geht die belangte Behörde selbst davon aus, dass die Kommunalsteuer für das Jahr 2016 vollständig erklärt und einbezahlt wurde, weshalb im Spruch die Kommunalsteuer mit € 0 ausgewiesen wird.

Ähnlich wie bei den Beträgen zu den Jahren 2014 und 2015 besteht nunmehr grundsätzliche Einigkeit zwischen den Parteien des Verfahrens über die Höhe. Dem schließt sich auch das Landesverwaltungsgericht Tirol an. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kamen keinerlei Umstände hervor, die die nunmehrige Höhe der Kommunalsteuer für 2016 in Zweifel ziehen würden.

Wiederum ist der Beschwerde insoweit Folge zu geben, als – entsprechend der Beschwerdevorentscheidung – die Kommunalsteuer für 2016 mit € 0 festgesetzt wird.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision – so VwGH 7.4.2021, Ra 2021/09/0051 – zum einen etwa, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (dazu VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0040; 20.12.2017, Ra 2017/12/0124).

B e l e h r u n g u n d H i n w e i s e

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist – abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen – durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.

Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss – abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen – durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, entfällt die Eingabengebühr und es wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bestellt, die oder der den Schriftsatz verfasst.

Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Die für eine allfällige Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühr beträgt € 240 (§ 17a VfGG, § 24a VwGG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA

(Richter)

Schlagworte

Festsetzungsverjährung
Wiederholungsprüfung
Außenprüfung
Nachschau

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2021.14.0351.4

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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