TE Vwgh Beschluss 2023/2/28 Ro 2023/04/0002

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Veröffentlicht am 28.02.2023
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Norm

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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der N Sp. z o.o. in W (Polen), vertreten durch die Beurle Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 4020 Linz, Landstraße 9, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 7. Oktober 2022, Zl. 405 5/104/1/13-2022 und 405-5/104/3/6-2022, betreffend 1.) Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages und 2.) Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jeweils in einer vergaberechtlichen Angelegenheit (mitbeteiligte Partei: S GmbH in S, vertreten durch die Schiefer Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Rooseveltplatz 4-5/5), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        1. Die Mitbeteiligte führte als öffentliche Auftraggeberin ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich betreffend die Lieferung und Wartung von drei Reisegepäck-Kontrollanlagen samt IT und Bedienstation in Form eines Verhandlungsverfahrens mit EU-weiter Bekanntmachung.

2        Die Revisionswerberin stellte mit Schriftsatz vom 26. September 2022 betreffend dieses Vergabeverfahren einen Nachprüfungsantrag samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung an das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht), mit welchem sie die Nichtigerklärung der Ausschreibung des Vergabeverfahrens in näher umschriebener Fassung beantragte. Dieser Antrag wurde am 26. September 2022 per E-Mail eingebracht.

3        Die Mitbeteiligte beantragte die Zurückweisung des Nachprüfungsantrages wegen Verspätung.

4        Mit Verfügung vom 27. September 2022 wurde den Verfahrensparteien die Möglichkeit zur Stellungnahme hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Nachprüfungsantrags eingeräumt, wobei mitgeteilt wurde, dass einem Screenshot zu entnehmen sei, dass das vom Rechtsvertreter der Revisionswerberin versendete E-Mail, mit welchem der oben genannte Nachprüfungsantrag beim Verwaltungsgericht eingebracht wurde, am 26. September 2022 um 16:00:26 Uhr den Server des Verwaltungsgerichts „passiert habe“.

5        Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 2022 nahm die Revisionswerberin Stellung zur Rechtzeitigkeit des Nachprüfungsantrags und stellte - für den Fall, dass das Verwaltungsgericht von dessen Verspätung ausgehen sollte - einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

6        2. Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 7. Oktober 2022 wies das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2022 - den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab (Spruchpunkt I.). Unter einem wies es den - im Spruch des Beschlusses konkretisierten - Nachprüfungsantrag als verspätet zurück (Spruchpunkt II.) und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig (Spruchpunkt III.).

7        2.1. Das Verwaltungsgericht traf zusammengefasst folgende Feststellungen:

8        Im gegenständlichen Vergabeverfahren habe die Frist zur Abgabe der Angebote laut den maßgeblichen Bedingungen am 3. Oktober 2022 um 12:00 Uhr geendet. Die Revisionswerberin habe beabsichtigt, sich mit einem entsprechenden Teilnahmeantrag um den Zuschlag zu bewerben.

9        Der Rechtsvertreter der Revisionswerberin sei - nach einschlägiger juristischer Recherche - davon ausgegangen, dass der Nachprüfungsantrag spätestens am 26. September 2022 (Montag) beim Verwaltungsgericht einzubringen gewesen sei.

10       Die für den 26. September 2022 maßgeblichen Amtsstunden des Verwaltungsgerichts hätten um 16:00 Uhr geendet. Laut Kundmachung des Verwaltungsgerichts zur rechtswirksamen Einbringung könnten Anbringen und Eingaben, die mittels elektronischer Zustellsysteme im Sinn des § 28 Abs. 3 ZustG eingebracht werden, auch außerhalb der Amtsstunden eingebracht werden, würden jedoch erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten und würden (erst) ab diesem Zeitpunkt behandelt.

11       Am 26. September 2022 habe der Rechtsvertreter der Revisionswerberin eine Kanzleimitarbeiterin gegen 15:40 Uhr angewiesen, den Nachprüfungsantrag via E-Mail beim Verwaltungsgericht einzubringen. Das E-Mail sei um 15:59 Uhr selbigen Tages versendet worden, habe um 16:00:25 Uhr den (ersten) Empfangsserver des Landes Salzburg passiert und sei schließlich um 16:00:26 Uhr an der E-Mail Adresse des Verwaltungsgerichts eingelangt. Der Nachprüfungsantrag sei noch am selben Tag vom Verwaltungsgericht in Bearbeitung genommen und dem zuständigen Richter übermittelt worden.

12       Wenige Minuten nach 16:00 Uhr habe der Rechtsvertreter der Revisionswerberin eine Kanzleimitarbeiterin beauftragt, beim Verwaltungsgericht anzurufen, um sich zu erkundigen, ob das obengenannte E-Mail dort rechtzeitig eingegangen sei. In darauffolgendem Telefonat habe der Kanzleileiter des Verwaltungsgerichts der Kanzleimitarbeiterin über deren Frage, ob das E-Mail dort rechtzeitig eingelangt sei, mitgeteilt, dass der betreffend Antrag ausgedruckt und dem zuständigen Richter weitergeleitet worden sei. Die Mitteilung habe keine Auskunft betreffend die Rechtzeitigkeit des Antrags gegeben. Die Kanzleimitarbeiterin habe dem Rechtsvertreter der Revisionswerberin - das erste Mal noch während des laufenden Telefonats; später noch ein zweites Mal auf dessen Nachfrage - mitgeteilt, dass der Nachprüfungsantrag rechtzeitig eingelangt sei. Aufgrund dieser Information habe der Rechtsvertreter auf eine zusätzliche Einbringung auf dem Postweg verzichtet.

13       Mit Kundmachung zu den Amtsstunden vom 30. März 2021 weise das Verwaltungsgericht darauf hin, dass im Falle der Einbringung mittels elektronischer Zustellsysteme ein Anbringen zwar außerhalb der Amtsstunden eingebracht werden könne, jedoch erst ab Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gelte und behandelt werde.

14       2.2. Den festgestellten Sachverhalt würdigte das Verwaltungsgericht rechtlich wie folgt:

15       Unter Berücksichtigung des zu § 13 Abs. 3 S.VKG 2018 deckungsgleichen und auch gemäß den Erläuterungen (Nr. 11 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages, 1. Session der 16. Gesetzgebungsperiode) zu LGBl. Nr. 63/2018 maßgeblichen § 343 Abs. 3 BVergG 2018 sowie hg. Rsp. (VwGH 11.10.2007, 2006/04/0112) habe der gegenständliche Nachprüfungsantrag gemäß § 13 Abs. 3 S.VKG 2018 bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist (3.10.2022) beim Verwaltungsgericht eingebracht werden können; daher bis spätestens 25. September 2022 (Sonntag). Unter - vom Verwaltungsgericht näher betrachteter und schließlich bejahter - Anwendung des § 33 Abs. 2 AVG sei jedoch der 26. September 2022 (Montag) als letzter Tag anzusehen, mit welchem gegenständlicher Nachprüfungsantrag habe eingebracht werden können.

16       Da der elektronisch übermittelte Nachprüfungsantrag am 26. September 2022 jedoch erst um 16:00:26 Uhr, somit nach Ende der Amtsstunden (16:00:00 Uhr), am Server des Verwaltungsgerichts eingelangt sei, sei dieser verspätet.

17       Der Umstand, dass der Nachprüfungsantrag am 26. September 2022 (nach Ende der Amtsstunden) mit einer Aktenzahl versehen worden sei, ändere nichts an dessen Verspätung.

18       Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führte das Verwaltungsgericht aus:

19       Der Umstand, dass es der Rechtsvertreter der Revisionswerberin auf Basis des in Rn. 9 wiedergegebenen Sachverhalts, unterlassen habe, den Nachprüfungsantrag am 26. September 2022 (nach Ende der Amtsstunden) noch - unter Bedingung der Anwendbarkeit von § 33 Abs. 3 AVG - fristwahrend per Post an das Verwaltungsgericht zu übermitteln, stelle kein Versehen minderen Grades dar. Dem Rechtsvertreter der Revisionswerberin sei vorzuwerfen, dass sich dieser bei der (rechtlichen) Beurteilung, ob der übermittelte Nachprüfungsantrag rechtzeitig beim Verwaltungsgericht eingelangt sei, auf die - durch seine Kanzleimitarbeiterin vermittelte - Auskunft eines nichtrichterlichen Mitarbeiters des Verwaltungsgerichts verlassen habe. Dem Rechtsvertreter der Revisionswerberin sei vorzuwerfen, dass er es unterlassen habe, den genauen Zeitpunkt des Einlangens des Nachprüfungsantrags zu erfragen bzw. erfragen zu lassen; dies umso mehr in Anbetracht des Umstands, dass der Nachprüfungsantrag kurz vor Ende der Amtsstunden übermittelt worden sei.

20       Das Verwaltungsgericht erachtete die Revision als zulässig, weil es (zusammengefasst) an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Fragen fehle, ob § 33 AVG auf die aktuelle, einschlägige Gesetzeslage (§ 13 Abs. 3 S.VKG 2018 iVm § 343 Abs. 3 BVergG 2018) anzuwenden sei, ob die Einbringung eines (Nachprüfungs-)Antrags innerhalb der Minute von 16:00:00 bis 16:00:59 Uhr, bei Lauf der Amtsstunden „bis 16 Uhr“, rechtzeitig sei, ob die freiwillige Annahme und Bearbeitung eines (Nachprüfungs-)Antrags durch das Verwaltungsgerichts nach Ende der Amtsstunden Auswirkungen auf die Rechtzeitigkeit des (Nachprüfungs-)Antrags habe und letztlich, ob es sich allenfalls (bloß) um ein Versehen minderen Grads handle, wenn ein Rechtsvertreter auf die Auskunft eines (nichtrichterlichen) Mitarbeiters des Verwaltungsgerichts vertraue, der (Nachprüfungs-)Antrag werde in Behandlung genommen, folglich von der Rechtzeitigkeit der Einbringung des (Nachprüfungs-)Antrags ausgehe und letzten Endes eine zusätzliche fristwahrende postalische Übermittlung des (Nachprüfungs-)Antrags unterlasse.

21       3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. In der Zulässigkeitsbegründung verweist die Revisionswerberin zum einen auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Rechtsfragen. Darüber hinaus bringt die Revisionswerberin weitere Fragen in Bezug auf die Kundmachung des Verwaltungsgerichts zur rechtswirksamen Einbringung vor. Es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dazu, ob die Eingabe via E-Mail als Einbringung mittels eines elektronischen Zustellsystems im Sinn des § 28 Abs. 3 ZustG zu qualifizieren sei. Zudem weiche die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung ab, wonach Anbringen, für den Fall dass die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit halte, nur dann als erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden eingebracht gelten würden, wenn die Behörde eine mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme von Anbringen außerhalb der Amtsstunden zum Ausdruck bringe.

22       Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Zurückweisung der Revision, in eventu die Abweisung der Revision beantragt.

23       3.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

24       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

25       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

26       3.2. Das Verwaltungsgericht führte unbestritten aus, dass sich der letzte Tag für die Einbringung des Nachprüfungsantrags gemäß § 13 Abs. 3 S.VKG 2018, wonach Anträge auf Nachprüfung einer Ausschreibung bis spätestens sieben Tage vor Ende der Teilnahmefrist gestellt werden müssen, mit Sonntag, den 25. September 2022 errechne. Indem das Verwaltungsgericht von der - dort als strittig bezeichneten - Anwendbarkeit des § 33 AVG und somit auch des Abs. 2 leg. cit. auf gegenständlichen Sachverhalt ausgeht, gelangt es - zugunsten der Revisionswerberin - zum Ergebnis, der Nachprüfungsantrag habe spätestens bis Montag, den 26. September 2022 beim Verwaltungsgericht eingebracht werden müssen. Ohne auf die insbesondere auch in der Revisionsbeantwortung der Mitbeteiligten behandelte Fragestellung einzugehen, ob die Einbringungsfrist in einem Fall wie hier, in welchem der gemäß § 13 Abs. 3 S.VKG 2018 bestimmte Zeitpunkt auf einen Sonntag fällt, ein Fristende am vorausgegangenen Werktag nach sich zieht oder - wie das Verwaltungsgericht letztlich meinte - die Anwendung des § 33 AVG zu einem Fristende am darauffolgenden Werktag führen würde, ist angesichts der unstrittigen Feststellung, dass der Nachprüfungsantrag am 26. September 2022 eingebracht wurde, nicht ersichtlich, inwiefern die allfällige Nicht-Anwendbarkeit des § 33 AVG auf die Fristenberechnung im vorliegenden Fall geeignet wäre, etwas an der rechtlichen Beurteilung, der Nachprüfungsantrag sei verspätet, im Sinne der Revision zu ändern, weil die andere Rechtsansicht ja nur zu einer Verkürzung der Frist zur Einbringung des Antrags und damit fallbezogen erst recht nicht zu einer Bejahung der Rechtzeitigkeit führen könnte (vgl. im Übrigen zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem BVergG 2006 VwGH 10.12.2009, 2008/04/0140).

27       Die Revision vermag daher nicht darzulegen, inwiefern die Lösung des gegenständlichen Revisionsfalles von der Frage abhängt, ob § 33 AVG in der gegenständlichen Fallkonstellation anzuwenden sei. Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG setzt voraus, dass die in dieser Bestimmung genannte Rechtsfrage eine solche ist, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 22.11.2018, Ra 2018/17/0184).

28       3.3. Mit dem Zulässigkeitsvorbringen zur Frage, ob die Einbringung eines (Nachprüfungs-)Antrags innerhalb der Minute von 16:00:00 bis 16:00:59 Uhr, bei Lauf der Amtsstunden „bis 16 Uhr“, rechtzeitig sei, lässt die Revisionswerberin keinen Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs betreffend das anzunehmende Ende eines für die Vornahme von Parteihandlungen maßgeblichen Zeitraums (vgl. hierzu VwGH 27.4.2006, 2005/17/0269, wonach sich die Übermittlung des Schriftsatzes via Telefax, die am letzten Tag der Frist um 23:59:36 Uhr begann, 54 Sekunden dauerte und somit nach 24:00 Uhr endete, als verspätet erwies) erkennen.

29       3.4. Zum Vorbringen der Revisionswerberin, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die Eingabe via E-Mail als Einbringung mittels eines elektronischen Zustellsystems zu qualifizieren sei, genügt der Hinweis, dass die bereits bezogene Kundmachung des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg nicht nur für Eingaben mittels elektronischer Zustellsysteme, sondern auch für alle anderen Anbringen und Eingaben, die im Wege des elektronischen Verkehrs eingebracht werden, auf die Einbringung erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden abstellt. Dass es sich bei einer per E-Mail eingebrachten Eingabe um eine im Wege des elektronischen Verkehrs eingebrachte Eingabe im Sinn dieser Kundmachung handelt, ergibt sich aus deren weiteren Regelungen unzweifelhaft (vgl. zudem dazu, dass eine E-Mail-Adresse als eine elektronische Zustelladresse im Sinn des § 2 Z 5 ZustG gilt, VwGH 14.10.2011, 2009/09/0244).

30       Auch das Vorbringen der Revisionswerberin, wonach die Entscheidung des Verwaltungsgerichts insofern von der Rechtsprechung abweiche, als Anbringen, sofern die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit halte, nur dann als erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden eingebracht gelten würden, sofern die Behörde eine mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme von Anbringen außerhalb der Amtsstunden zum Ausdruck bringe, erweist sich als nicht geeignet eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Kundmachung zur rechtswirksamen Einbringung in Bezug auf elektronisch eingebrachte Anbringen dezidiert festgehalten, dass „[solche] auch außerhalb der Amtsstunden eingebracht werden [können], [diese] aber erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt und [...] vom Landesverwaltungsgericht (erst) ab diesem Zeitpunkt behandelt [werden]“; es brachte somit seine mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme von Anbringen außerhalb der Amtsstunden unzweifelhaft hinreichend zum Ausdruck.

31       Mit dem Zulässigkeitsvorbringen, es bedürfe einer Klärung der Rechtsfrage, ob die freiwillige Annahme und Bearbeitung eines Antrags durch das Verwaltungsgericht nach Ende der Amtsstunden Auswirkungen auf die Rechtzeitigkeit des Antrags habe, zeigt die Revisionswerberin die Zulässigkeit nicht auf, weil bereits ausgesprochen wurde, dass der - konkreten - tatsächlichen Entgegennahme eines Schriftstücks (unter Anbringung des Eingangsstempels desselben Tages) außerhalb der Amtsstunden kein stärkeres Gewicht als der - allgemeinen - Kundmachung der mangelnden Bereitschaft zur Entgegennahme von Schriftstücken, die außerhalb der Amtsstunden abgegeben werden, zukommt (vgl. VwGH 27.3.2019, Ro 2017/10/0025).

32       3.5. Dem Vorbringen der Revisionswerberin, es handle sich allenfalls um ein Versehen minderen Grades, wenn ein Rechtsvertreter auf die Auskunft eines (nichtrichterlichen) Mitarbeiters des Verwaltungsgerichts vertraue, der (Nachprüfungs-)Antrag werde in Behandlung genommen, folglich von der Rechtzeitigkeit der Einbringung des Antrags ausgehe und eine zusätzliche fristwahrende postalische Übermittlung des (Nachprüfungs-)Antrags unterlasse, ist folgende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entgegen zu halten:

33       Der Wiedereinsetzungswerber darf nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. An rechtskundige Parteienvertreter ist hierbei ein strengerer Maßstab anzulegen als an am Verfahren beteiligte rechtsunkundige Parteien. Die Einhaltung der Rechtsmittelfristen erfordert von der Partei und ihrem Vertreter größtmögliche Sorgfalt. Dabei muss sich nach ständiger Rechtsprechung der Vertretene das Verschulden seines Vertreters zurechnen lassen (vgl. etwa VwGH 26.2.2014, 2012/13/0051).

34       Die Frage, ob das Verwaltungsgericht fallbezogen zu Recht das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens in einem Verfahren betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verneint hat, stellt nur dann eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, wenn die Beurteilung in einer unvertretbaren Weise vorgenommen wird (vgl. idZ VwGH 1.9.2022, Ra 2022/03/0118, mwN). Derartiges vermag die Revision auf dem Boden des Gesagten (vgl. Rn 33) nicht aufzuzeigen. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. VwGH 5.3.2015, Ra 2015/02/0027, mwN).

35       3.6. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

36       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. Februar 2023

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RO2023040002.J00

Im RIS seit

12.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

12.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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